22101393595 tm w. MS MUD • v '•«Ö» 5gp SKfcs Sfe wEwM« rav g£ 9k *•••'. •• »■•V.V ,‘3^Ajßßt^ >& itivft'. ■I. - 'äm. :■' ; 3&K ;«c SS» .WM «tes. 4* .V' " mlk „T..- > .-W *» -i ■ a?' J * »'■ V ; &5E '■ V ;••'■ <:3£» s, • ■•- T-v. - J; .-. v: : .'• '■• ••••, V > • »ir '.».•' ^s?w» ; Rsf^w» ,»iK' k” "t-V ‘».'V; #Ss «Sfe f*>4* ST. $*L , EggRl ~ “ ‘ ' ^ is >ii * -Mkae^.- .iri^'fi : -^7.« 4CTnfl c Cu V .-.Ös • ■ *' KKyLgraaai^^ PPIHPfl^fvW a£SSt. AiT $Sj££N$ä r ?kv «^raKWSS»! SalrJilill :%£*s£* ,. « .*■: .>#?’ j*r -tp V, :V ' i •'•■:-•■ . - s. •. .• ■ ‘ » iyc^r-f << WEf^SSai PSflBfU, -'iÄ’.ip-Y'- - x »ß^S£ >, y : f' ^••>',;tv' ,'’"r>-'> *' ■ Sb % •” .f •.. • ■ ü,'- ^.- : W. Schleyer Bäder und Badeanstalten Digitized by the Internet Archive in 2016 https://archive.org/details/b24869910 Bäder und Badeanstalten Von W. Schleyer Professor an der Technischen Hochschule zu Hannover, Geheimer Baurat Mit 584 Abbildungen Leipzig Carl Scholtze (W. Junghans) Verlag für Architektur, Technik und Gewerbe 1909 A c a t 0 L C 6- Nachdruck verboten. Alle Rechte Vorbehalten. Druck von Fr. Richter, G. m. b. H., Leipzig. Vorwort. Mit der kaum geahnten Entwickelung und der erfreulichen Ausdehnung, welche das Badewesen in Deutschland während der letzten zwei bis drei Jahrzehnte erfahren, hat die technische Literatur über Anlage und Einrichtung der Bäder bei weitem nicht gleichen Schritt gehalten. Wohl sind einige wertvolle Arbeiten auf diesem Gebiete entstanden; aber dem vor etwa 20 Jahren erschienenen Werke von Osthoff (Bäder und Badeanstalten der Neuzeit), das zum ersten Male den Stoff im Zusammenhänge behandelte, sind nur wenige von gleich epochemachender Bedeutung gefolgt, und alle greifen mehr oder weniger auf jene grundlegende Arbeit zurück. Bei dem gewaltigen Aufschwung der Technik des Badewesens konnte es indessen nicht ausbleiben, daß die Ergebnisse der neueren Forschungen und die Erfahrungen der nicht ruhenden Praxis dem Osthoffschen Buche vorauseilten. Teilweise ging das Badewesen auch andere Wege, als man kurz zuvor bei seiner Wiederbelebung gedacht hatte; ist doch z. B. das Brausebad, von dem Osthoff noch so gut wie nichts zu berichten hatte, in- zwischen von allergrößter Bedeutung gerade bei uns geworden und hat die weiteste Verbreitung gefunden. Als es daher galt, die vergriffene Auflage dieses Werkes auf zeitgemäßer Grundlage durch eine neue zu ersetzen, konnte der Unterzeichnete dem Wunsche der Verlagshandlung nur dadurch nachkommen, daß ihm der Auf- trag wurde, auf dem völlig veränderten Boden ein ganz neues Werk zu schreiben, in welchem nur die Erinnerung an Osthoff fortleben konnte. Neben der ausführlichen technischen Behandlung des Stoffes mußte auch der historischen Seite des Badewesens, welche dort nur andeutungsweise auf wenigen Seiten berücksichtigt war, ein breiterer Raum zugestanden werden. So gliedert sich das neue Buch in zwei Teile; während der erste bau- und kulturgeschichtlich das Badewesen der Völker betrachtet von den ältesten Zeiten bis an die Schwelle der Gegenwart, behandelt der zweite Teil die bauliche Disposition und die badetechnische Einrichtung der neuzeitlichen Bäder und Badeanstalten. Die vorliegende, vom Standpunkte des Architekten geschriebene Arbeit wendet sich vorwiegend an diejenigen, welche mit Bau, Einrichtung und Betrieb von Bädern zu tun haben, und gibt deshalb nicht nur über die bau- liche Anlage, die Konstruktionen und Materialien der Bäder, sondern auch über die badetechnischen Einrichtungen und deren Berechnung Aufschluß, soweit es für den entwerfenden und ausführenden Architekten von Wichtig- keit ist. Für den badetechnischen Spezialisten bleibt trotzdem noch Detail- arbeit genug, die ihm der Architekt, der dem Bau von Bädern vielleicht noch nicht näher treten konnte, nicht erschweren soll. Aber auch weiteren Kreisen, denen die Volkswohlfahrt am Herzen liegt, hofft der Verfasser, indem er durch den geschichtlichen Teil vor Augen führt, zu welch’ hoher Be- deutung die im Badewesen liegende Quelle der Gesundheit und Gesundung des Volkes schon in der Blütezeit der bereits der Geschichte angehörenden Nationen gediehen war, lebendiges Interesse an der weiteren Entwickelung unseres modernen Badewesens zu erwecken und dazu den Weg zu weisen. Allen, die mich bei der Arbeit freundlichst unterstützt, allen, welche die Benutzung von Abbildungen bereitwilligst gestattet und die Mehrung des Illustrations-Materials gefördert, insbesondere auch der Verlagshandlung, welche durch weitgehendes Entgegenkommen dem Buche die reiche Aus- stattung gegeben hat, spreche ich auch an dieser Stelle verbindlichsten Dank aus und verfehle nicht, auf die folgenden Nachträge, Ergänzungen und Quellenangaben ausdrücklich hinzuweisen. W. Schleyer. Inhalt Seite Vorwort III Einleitung 1 Erster Teil. Das Badewesen in der Vergangenheit. I. Abschnitt. Das Badewesen des vorklassischen Altertums. Das Badewesen in Indien 3 bei den Parsen 5 bei den babylonisch-assyrischen Völkern 5 bei den Juden in Palästina 6 in Syrien 8 bei den Ägyptern 10 II. Abschnitt. Das Badewesen des klassischen Altertums. Das Badewesen der Griechen 13 in homerischer Zeit, Tiryns, Mykene 14 in Sparta 17 in Olympia 19 in Epidauros 21 in Priene 21 nach Vasenmalereien 24 Gymnasien in Assos, Eretria, Termessos 28 Gymnasien in Hierapolis, Ephesos, Alexandreia-Troas 30 Hausbad in Priene 33 Mineral- und Seebäder, Heilbäder 35 Das Badewesen der Römer 36 Hausbäder im alten Rom 37 Wasserversorgung der Stadt Rom .... 38 VIII Seile Luxusbäder in Schiffen und Palästen 40 Hausbäder in den Provinzen, Villen bei Pforzheim, Allenz 42 Hausbad der Villa rustica in Boscoreale 44 Badetechnische Einrichtung, Heizung der Bäder . 47 Warmwasserbereitung, Feuerung der Bäder 59 Wannen, Rohrleitungen 66 Öffentliche Bäder 70 Die Thermen von Pompeji 71 Die Thermen von Timgad (Nordafrika) 88 Bad im Lager von Lambaesis (desgl.) 97 Die Thermen von Velleja 98 Die Kaiserthermen in Rom 99 Die Thermen des Agrippa 101 Die Thermen des Nero 104 Die Titus-Thermen 106 Die Thermen des Caracalla . . . . 110 Die Thermen des Gallienus (Minerva-Medica) 123 Die Diocletians-Thermen 124 Die Thermen Constantins 126 Die Bäder der Villa Hadrians bei Tivoli 129 Verfall der Bäder in Rom . 134 Die Bäder in den Provinzen 137 Die Thermen von St. Barbara in Trier 137 Die Thermen im Lager von Lambaesis (Algier) 141 Die Thermen von Julia Caesarea (Algier) 143 Die Thermen von Guelma (Prov. Constantine) 143 Die Großen Nord-Thermen von Timgad 143 Mineral- und Thermalbäder der Römer 148 Das Thermalbad zu Baden weder 150 Die Bäder von Nimes 153 Das Thermalbad Aquae Flavianae (Algier) 155 Die Bäder von Bajae, Wasserversorgung daselbst 156 Römische Seebäder 159 III. Abschnitt. Das Badewesen der Byzantiner. Römische Bäder in Byzanz nebst Wasserversorgung 163 Byzantinische Bäder in Konstantinopel, Thermen des Honorius und Arcadius .... 167 Bad im Großen Kaiserpalast in Konstantinopel 169 Byzantinische Wasserversorgung 170 Mineralbäder 171 IV. Abschnitt. Das Badewesen der Muhammedaner. Religiöse Reinigungs-Gebräuche des Islam 172 Wasserversorgung und öffentliche Brunnen 172 Waschplätze der Moscheen in Konstantinopel, Kairo 174 Muhammedanische Schwitzbäder 177 Tschukur-Hammämi in Konstantinopel 178 IX Seite Türkisches Bad in Athen 180 Hammäm zu Baalbek (Syrien) 181 Hammäm-el-Kischani zu Damascus 186 Hausbäder in Kairo 188 Feuerung der öffentlichen Bäder 189 Öffentliches Doppelbad im Bezirk Surugieh in Kairo 190 Bad des Sultans Mahmud Melek-el-Mo'ayyad 192 Hammam-el-Beschtäk in Kairo 193 Hammäm Abbas Pascha in Kairo . • 195 Maurisches Bad in der Alhambra zu Granada 196 Maurisches Thermalbad in S. Pedro do Sul .197 Öffentliches Bad zu Kaschan (Persien) 199 Türkische Thermalbäder in Brussa, Kleinasien, Ägypten 202 Türkische Mineralbäder in den Balkanländern und Ungarn, in Budapest 206 / V. Abschnitt. Das Badewesen der germanischen Völker. In römischer Zeit 207 Die Kirche und das Badewesen 208 Das Badewesen des deutschen Rittertums 210 Das Badewesen des frühen deutschen Bürgertums 213 Freibäder und Seeibäder 216 Die Gesellschaftsbäder im 15. und 16. Jahrhundert 223 Badestuben nach bildlicher Darstellung 224 Die Höhe und der Verfall des mittelalterlichen Badewesens 233 Anhang: Die Judenbäder in Deutschland 237 zu Speyer 238 zu Worms 241 zu Andernach 241 zu Friedberg (Hessen) 244 Die Mineral- und Thermalbäder im Mittelalter 247 Der Jungbrunnen 250 Kalte Flußbäder 255 VI. Abschnitt. Einiges vom Badewesen der ost- und nordeuropäischen, sowie der ost- asiatischen Völker. Das Bad der Skythen, Finnen, Slaven, Russen 256 Das Bad der Skandinavier 257 Badewesen der Chinesen und Japaner 258 VII. Abschnitt. Das Badewesen der Renaissance- und Barockzeit. Fürstliches Bad im Palazzo del Te zu Mantua 260 Das Bad im Fugger-Hause zu Augsburg 260 Die Badenburg im Park von Nymphenburg 261 Das Marmorbad in der Karlsaue zu Kassel 269 Vollbad aus einem Thermalbad bei Pisa 271 X VIII. Abschnitt. Bas Badewesen der Neuzeit. Seite Die Wiederbelebung des Badewesens im 17., 18. und 19. Jahrhundert 272 Volksbäder in England 274 Die öffentliche Wasch- und Badeanstalt in Liverpool 275 Das Hammäm in London 277 Das Western Bath in Glasgow 280 Das Badewesen in Frankreich, Belgien 282 Österreichisches Badewesen, Dianabad in Wien 285 Das Badewesen Deutschlands, Wasch- und Badeanstalt in Hamburg 288 Die öffentliche Wasch- und Badeanstalt in Berlin, Schillingstr 290 Das Friedrichsbad in Magdeburg 292 Die Hannoversche Badehalle 295 Das Bade- und Kurhaus in Salzburg - 298 Das Sophienbad in Leipzig 298 Das Bad zu Ashton-under-Lyne 299 Die Badeanstalt zu Sheffield 301 Das Victoria-Bad zu Southport (Lancashire) 302 Das Raitzenbad zu Budapest (Ofen) 303 Zweiter Teil. Das Badewesen der Gegenwart, insbesondere in Deutschland. Einleitung 305 I. Abschnitt. 1. Die öffentlichen Stadt- und Landbäder. A. Allgemeine Erfordernisse. Lage und Zahl der Badeanstalten 311 Größe der Badeanstalt * 312 Kosten der Badeanstalt 313 Allgemeine Anordnung der Badeanstalten 313 B. Bestandteile und Einzelheiten der Badeanstalten. 1. Die Schwimmhalle mit Zubehör 314 Gestalt und Größe des Schwimmbeckens 316 Konstruktion des Schwimmbeckens 318 Tabelle ausgeführter Schwimmbecken 321 Umgänge und Auskleidezellen 325 Massenauskleideräume • . . 328 Reinigungsräume 328 Ausstattung der Schwimmhalle, Decke, Wände 329 Wellenbad-Einrichtung 332 2. Das Vollbad 333 3. Das Wannenbad. Anordnung und Größe der Zellen 336 Bewegliche Wannen. Größe und Material. Abfluß . 336 Feste Fliesenwannen 340 Sitzwannen 344 v XI Seite Wäschewärmer 344 Ausstattung der Wannenzellen 344 4. Das Schwitzbad. Der Ruheraum 345 Der Duscheraum nebst Duschen 345 Das Dampfbad 347 Der Behandlungs- oder Knetraum 347 Dampfkastenbäder , 349 Der Warmluft- und der Heißluftraum 350 Heißluftkastenbäder 351 5. Das Brausebad. Wert und Wesen der Brausebäder 352 Umfang der Brausebäder 353 Wasserverbrauch der Brausebäder 354 Anordnung und Größe der Zellen 355 Bauart der Trennungswände 356 Fußboden und Fußwannen. Abfluß 359 Brausen 360 6. Das Luft- und Sonnenbad 361 7. Medizinische Bäder ... 362 Wellen-, Strom- und Quellbäder 363 Hydro-elektrische Bäder und elektrische Lichtbäder 364 8. Die Wasserversorgung 365 9. Die Warmwasserbereitung 367 Direkte Erwärmung durch Strahlapparate 369 Indirekte Erwärmung durch Heizschlangen und Gegenstromapparate 372 10. Die Wasserbehälter 375 Inhalt und Wasserbedarf 377 Berechnung der Reservoire (Wandstärken) 380 11. Die Rohrleitungen 383 Disposition der Rohre und der technischen Einrichtungen 384 Ausführung der Rohrleitungen 396 Material und Dichtung der Rohre 397 Probedruck der fertigen Anlage 399 Isolierung der Rohre 399 Anstrich der Rohre 400 12. Heizung, Lüftung, künstliche Beleuchtung. Aborte 400 Temperaturen der Räume 404 Berechnung des Wärmebedarfes 407 System der Lüftung 408 Lüftungsquantum. Kontrolleinrichtungen 412 Kanalquerschnitte 413 Elektrisches und Gaslicht 414 Aborte 415 13. Die Wäscherei 415 Bauliche Anlage 416 Maschinen-Einrichtung 417 Trockenapparate 418 14. Das Hundebad 419 15. Nebenräume und Nebenanlagen. Verwaltungsräume und Dienstwohnung 421 Friseurladen, Erfrischungsräume 422 Fahrradstände 422 XII C. Berechnung der technischen Einrichtungen (erläutert an einem Beispiel). Seite I. Wärmebedarf bei Tagesbetrieb im Winter 423 a) Die Lüftungsanlage. Heizkammern und Ventilatoren 423 b) Die Heizungsanlage 426 c) Die Warmwasserbereitung 426 II. Wärmebedarf bei Füllung der Schwimmbecken während der Nacht im Winter . . 428 III. Wärmebedarf bei Tagesbetrieb im Sommer 429 IV. Wärmebedarf bei Füllung der Schwimmbecken während der Nacht im Sommer . 430 V. Berechnung der Dampfmenge und Kesselheizfläche 431 VI. Berechnung des Schornsteins 436 VII. Berechnung der Wasserreservoire 438 D. Ausgeführte Stadt- und Landbäder nebst Entwürfen. I. Bäder mit Schwimmhallen. 1. Das städtische Vierordtbad in Karlsruhe 440 2. Die städtische Badeanstalt zu Plauen i. V 445 3. Die öffentliche Badeanstalt in Bremen 446 4. Badeanstalt für Nürnberg (Entwurf) 452 5. Die südliche Badeanstalt in Dortmund 454 6. Die städtische Badeanstalt in Essen (Ruhr) 457 7. Das Hohenstaufenbad in Köln 459 8. Die städtischen Badeanstalten in Elberfeld und Barmen 462 9. Die städtische Badeanstalt zu Münster (Westf.) . . 464 10. Das Stuttgarter Schwimmbad 467 11. Die älteren Bäder in Berlin (z. B. Verein der Wasserfreunde) 470 12. Die neueren Badeanstalten einiger Großstädte: Hamburg 472 Köln. Städtisches Schwimm- und Volksbad an der Fleisch mengergasse ... . 473 Frankfurt a. M. Städtisches Schwimmbad 475 Breslau. Hallenschwimmbad 477 Magdeburg. Wilhelmsbad ... 480 München. Miillersches Volksbad 482 Hannover. Städtische Badeanstalt an der Goseriede 489 13. Die Bäder der Provinzialstädte. Rheydt. Schwimm- und Volksbad des Vereins „Sanitas" 500 Eisenach. Sophienbad 501 Gießen. Volksbad 504 Nordhausen. Stadtbad 506 Aschersleben. Schwimm- und Volksbad . . 507 Dülken. Kaiser Friedrichsbad 507 Quedlinburg. Schwimm- und Volksbad 511 Viersen (Rheinland). Städtische Badeanstalt * 512 Dessau. Städtische Badeanstalt ... .517 Göttingen. Stadtbadehaus ... 517 Hermannstadt. Hallenschwimmbad 521 14. Die neueren Bäder in Berlin 523 Volksbad an der Oderberger Straße 524 Volksbad an der Baerwaldstraße 525 Volksbad an der Dennewitzstraße 528 XIII Seite 15. Bäder mit 2 Schwimmhallen in Provinzialstädten. Städtisches Schwimm- und Volksbad in Colmar i. E. 530 Hildesheimer Badehallen in Hildesheim 531 Forstersches Schwimm- und Volksbad in Augsburg 533 II. Bäder ohne Schwimmhallen, a) Volksbäder mit Wannen und Brausen. 1. Die städtischen Wasch- und Badeanstalten in Metz 536 2. Die Bade- und Waschanstalt in Augsburg . . . 539 3. Das Bad am Praterstern in Wien 539 4. Das Volksbad in Anklam 541 5. Das Volksbad in Einbeck 544 6. Das Volksbad am Steffensweg in Bremen 545 7. Die Volksbadeanssalt in Lüneburg 548 8. Zwei Volksbadeanstalten in Berlin, Wall- und Gartenstraße 550 9. Das Volksbad an der Schleißheimer Straße in München 551 10. Das Volksbad an der Rheinischen Straße in Dortmund 552 11. Das Stadtbad II in Krefeld 555 12. Das Volksbad Nord in Kiel 556 13. Das Volksbad am Hakelwerk in Danzig 557 14. Das Volksbad bei der Schule in Neufahrwasser 559 15. Entwurf eines ländlichen Bades 559 16. Volksbäder kleinsten Umfanges (Dorfbäder) 559 b) Volksbrausebäder. 1. Lassarsches Brausebad der Berliner Hygiene-Ausstellung 561 2. Lassarsches Modell-Brausebad 563 3. Volksbrausebäder in Wien 564 4. Volksbrausebad am Wilhelmithor in Braunschweig (do. Mannheim) 564 5. I. städtisches Brausebad (am Friedrichsplatz) in Chemnitz 566 6. Städtisches Volksbad in Essen (Ruhr) 566 7. Städtisches Volksbad Magdeburg-Sudenburg 567 8. Städtisches Brausebad II auf dem Klagesmarkt in Hannover 568 9. II. städtisches Brausebad in Chemnitz 569 10. Volksbrausebad in Breslau ' 571 11. Volksbrausebad in Magdeburg (Marstallstraße) mit Desinfektionsanstalt 572 12. Volksbrausebad in Magdeburg (Nordfront) mit öffentlicher Bibliothek und Lesehalle 573 13. Brausebad auf dem Meriansplatz in Frankfurt a. M 574 14. Brausebad in der Frühlingstraße in München 575 15. Brausebad am Bavariaring in München .... 576 16. Brausebad in St. Pauli zu Hamburg 577 2. Stadt- und Landbäder für besondere Zwecke. a) Schulbäder. Wert, Geschichte und Betrieb der Schulbäder 579 1. Die ersten Schulbäder in Göttingen 582 2. Schulbad in Weimar 583 3. Schulbäder in Berlin 584 4. Schulbäder in Danzig 586 5. Schulbäder in Magdeburg, Hannover 587 6. Schulbäder in Frankfurt a. M., München, Nürnberg und Düsseldorf 587 7. Schulbäder des Kölner Systems in Köln, Krefeld, Dülken 589 XIV Seite 8. Bad der Volksschule im Bongard zu Aachen 591 9. Bäder in ländlichen Volksschulen 591 10. Bad im Schullehrer-Seminar zu Bamberg 592 b) Fabrik- und Arbeiterbäder. Wert, Art und Betrieb 592 Einrichtung der Arbeiter- Brausebäder 595 1. Erstes Arbeiterbad von Gebr. Heyl & Co. in Charlottenburg 598 2. Arbeiterbad in Leinhausen 598 3. Badeanstalt der Main-Neckar-Bahn in Darmstadt 599 4. Arbeiterbad der Zementfabrik „Stern“ bei Stettin .... 600 5. Arbeiterbäder von Krupp in Essen 601 6. Arbeiterbad der „Rhenania“ in Stollberg bei Aachen 603 7. Arbeiterbad des Aachener Hüttenvereins Rote Erde 604 8. Arbeiterbad der Zuckerraffinerie Fr. Meyers Sohn in Tangermünde 605 Ältere Waschkauen der Bergarbeiter: 1. Bad der Zeche König in Oberschlesien 606 2. Bad der Zeche Prosper in Oberhausen 606 3. Knappschaftsbad in Eisleben 607 Brausebäder mit Waschbatterien: Waschbatterien, Kleideraufzüge 608 1. Arbeiterbad der Sprengstoffwerke Dr. Nahnsen & Co. in Dömitz a. E 609 2. Arbeiterbad der Buderus’schen Eisenwerke (Sophienhütte) in Wetzlar 610 3. Arbeiterbad der Firma C. Heckmann in München, Werk Aschaffenburg .... 610 Neuere Bergarbeiterbäder 611 1. Bergarbeiterbad der Zeche „Adolf von Hansemann“ bei Dortmund 613 2. Bergarbeiterbad auf dem Ostfeld der Königsgrube zu Königshütte 614 3. Bergarbeiterbad auf dem Oppelschacht des Steinkohlenbergwerks Zauckerode . . . 614 c) Die Bäder für Armee und Marine. Allgemeine Anordnung 616 Brausebad in der Kaserne des 4. Garderegiments zu Fuß in Berlin 617 Schwimmhalle der Kadettenanstalt in Wahlstatt 618 Bäder für die Marine 619 d) Anstaltsbäder. Bäder in Gefängnissen 620 Bäder in Krankenhäusern 622 II. Abschnitt. Die Kur- und Heilbäder 625 A. Wasserheilanstalten. Bade- und Heilanstalt Dr. Schiobig in Zwickau 626 Kneipp-Kuranstalten 628 Germaniabad in München 628 Zentralbadeanstalt der Arbeiterheilstätten in Beelitz bei Berlin 630 B. Mineral- und Thermalbäder. Anordnung und Wassererwärmung 630 Schwarzsche Wanne 631 Dampfschlange in Bad Nenndorf . . 632 XV Seite Betriebsgebäude in Bad Nenndorf 632 Soolbad in Donaueschingen 636 Soolbad in Segeberg 636 Soolbad in Lüneburg 638 Soolbad in Oeynhausen, Badehaus I 640 Soolbad in Oeynhausen, Badehaus II 642 Soolbad in Oeynhausen, Badehaus IV 644 Bäder in Aachen: Kaiserbad, Quirinusbad, Königin von Ungarn 644 Bäder in Wiesbaden: Schützenhof, Augusta-Victoria-Bad 649 Trink- und Badehalle zu Ragaz 651 Bäder in Baden-Baden: Friedrichsbad, Kaiserin Augustabad, Landesbad 652 Bassinbäder in Badenweiler 656 Margaretenbad bei Budapest 658 Schwefelbad Längenfeld im Oetzthal 659 Schwefelbad Acque albule bei Tivoli 661 Bäder in Bad Nenndorf 663 Bäder in Neuenahr 665 C. Trinkhallen und Inhalatorien. Trinkhalle in Bad Nenndorf 667 Inhalationseinrichtungen 668 Gurgel stände 669 Inhalation in Nauheim 670 D. Moor- und Schlammbäder. Geschichtliches und Betriebstechnisches 670 Moorbad zu Driburg 674 Moorbad in Bad Elster 676 Moorbad in Kissingen 679 Schlammbad in Bad Nenndorf 679 Moorbad in Langenschwalbach 688 III. Abschnitt. Die Freibäder. a Allgemeine Anforderungen 690 A. Freibäder in künstlich geschaffenen Bassins. Bade- und Schwimmanstalt des Elisabeth-Regiments in Grunewald 692 Bade- und Schwimmanstalt für das Kadettenhaus zu Köslin ... 692 Marienbad in Mehadia bei den Herkulesbädern (Ungarn) 693 Freibad in Meerane i. S 695 Thermalschwimmbad in Müllheim (Baden) 696 Badeanstalt in Durlach 698 Freibäder von München: Männerfreibad Schyrenstraße, Frauenfreibad Isaranlagen, Maria Einsiedel 701 Fummelbäder für Schüler und Schülerinnen in Königsberg i. Pr., Schaffhausen, Helsingfors, Breslau 703 B. Freibäder in Seen und Flüssen. Allgemeine Anordnung. Schwimmkonstruktion 705 Badeanstalt Hohenfelde (Außen-Alster) bei Hamburg . 706 Militär-Schwimmanstalt zu Angermünde 707 XVI Alsterlust in Hamburg Städtisches Donaubad in Wien Badeanstalten auf der Hunte in Oldenburg: Frauenbad, Männerbad Städtische Flußbadeanstalt an der Oberspree zu Berlin Thiebesche Flußbadeanstalten im Rhein zu Bonn: Damenbad, Herrenbad Henri IV-Bad auf der Seine zu Paris C. Freibäder in der See (Seebäder). Seebad im Hafen von Triest (Bagno Maria) Herrenbadeanstalt zu Heringsdorf Ostseebad Sandvig auf Bornholm Ostseebad Göhren auf Rügen Seebad Cuxhaven Seebad Borkum Seebad Norderney Ostseebad Zoppot Warmbadeanstalten der Seebäder: Borkum, Zoppot D. Licht-, Luft- und Sonnenbäder. Geschichte, Anordnung Licht- und Luftbad in München, Schyrenstraße Licht- und Luftbad in Maria Einsiedel bei München Seite 708 709 711 713 714 716 717 718 719 720 723 724 726 727 728 733 735 737 IV. Abschnitt. Bäder der Tiere. Anforderungen 738 Hunde-Badeplätze, z. B. in der Außenalster zu Hamburg . 739 Pferde-Schwemmen 739 Pferd e-Sch wem me in Salzburg 739 Warme Bäder für Tiere 740 Wasserstand für Pferde 741 Heilbäder für Tiere 742 Einleitung. v Wenn die öffentliche Gesundheitspflege unserer Zeit der Förderung des Bade- wesens überall in Stadt und Land gesteigerte Aufmerksamkeit schenkt, so ist ihr Ziel nicht gerade etwas Neues; handelt es sich doch bei diesen Bestrebungen nur darum, ein verlorenes Gut, das schon in alten Zeiten hoch geschätzt und allgemein im Gebrauch war, den neueren Generationen wiederzugewinnen. Denn das Bade- wesen ist so alt wie das Menschengeschlecht selbst. Wenn auch der Mensch auf tiefster Kulturstufe in dem Wasser etwas Unheimliches gefürchtet und sich deshalb mit einer gewissen Scheu von ihm fern gehalten haben mag, so mußte ihn doch andererseits die wohltätige Abkühlung eines Bades zu heißer Sommerzeit von der Annehmlichkeit des nassen Elementes überzeugen, und schon der Kampf ums Dasein, der den Fischreichtum der Gewässer auszunutzen gebot, wird ihm manches frei- willige oder unfreiwillige Bad bereitet haben. Dagegen dürfte der zielbewußte Gebrauch der Bäder zur Körperpflege durch die Reinlichkeit erst einer höheren Kulturstufe angehören; man mußte erst die Einsicht gewonnen haben, daß in der Reinigung des Körpers durch ein Bad das einfachste und sicherste Mittel gegeben sei, die Gesundheit zu erhalten und zu fördern, den Körper zu kräftigen und abzuhärten und so den Menschen widerstandsfähiger zu machen. In hohem Maße mußte das Badewesen an Bedeutung gewinnen, als bei der Entwickelung religiöser Anschauungen die äußerliche Reinlichkeit und Sauberkeit zum Symbol der inneren, geistigen und sittlichen Reinheit erhoben wurde. Damit ging das bis dahin fast nur instinktive Streben nach Reinlichkeit in die Kultus- gebräuche über; aus Sitte und Gebrauch wurde ein Gesetz der Religionsübung ab- geleitet. Wie die physische Säuberung des Leibes durch ein Bad alles Unreine äußerlich beseitigt, so schafft die Anwendung des Wassers symbolisch die Reinheit und Makellosigkeit der Seele. Nur wer sich durch Wasser von allem Unreinen befreit hat, ist rein genug, um in das Heiligtum, vor das Götterbild, an den Altar treten zu dürfen. Nach dieser Vorstellung wohnt im Wasser eine hohe sühnende Kraft und Wirkung, und deshalb setzen verschiedene Religionsgemeinschaften häufige Waschungen und Bäder als integrierenden Bestandteil der religiösen Handlungen und Gebräuche ein und erheben sie zur religiösen Pflicht, wie denn auch die christliche Taufe in der ursprünglichen Form des Untertauchens des Täuflings gleicherweise symbolisch aufzufassen ist. Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 1 2 Für die Bedeutung des Badewesens überall und zu allen Zeiten spricht am besten der Umstand, daß bei allen Völkern die Entwickelung des Badewesens mit der Hebung der Kultur immer parallel läuft, und in der Blüte der Kultur eines Volkes das Badewesen stets eine bevorzugte und vorbildliche Regelung erfährt, die dem hohen Grad der Ausbildung nur entspricht. Hiernach kann es keinem Zweifel unterliegen, daß dem althergebrachten Gebrauch der Bäder auch Badeeinrichtungen baulicher Art schon in den ältesten Zeiten gedient haben müssen; dies ist als sicher auch da anzunehmen, wo Baureste nicht mehr gefunden sind, und nur literarische Berichte es bezeugen. Gerade deshalb verlohnt es sich aber, vom technischen Standpunkte aus den Spuren der Bade- anlagen bis in die ältesten Zeiten hinauf nachzugehen, ihre weitere Entwickelung zu verfolgen und dabei zu prüfen, inwiefern die alten Anlagen und Einrichtungen, die sich bisweilen zur höchsten Höhe von Hauptwerken der Baukunst erhoben haben, für die neuen Bedürfnisse vorbildlich sein können. Erster Teil. Das Badewesen in der Vergangenheit. I. Abschnitt. Das Badewesen des vorklassischen Altertums. Das Ländergebiet der Völker des vorklassischen und klassischen Altertums liegt unter einer südlicheren Sonne; das wärmere Klima bringt es mit sich, daß dem Menschen infolge der intensiveren Hauttätigkeit leichter und eindringlicher als bei uns die Unreinlichkeit des Körpers sich bemerklich macht. Die klimatischen Verhältnisse zwingen förmlich zum Bade, das fast zu den Existenzbedingungen des Menschen gehören müßte, wie man glauben sollte; dennoch war ursprünglich der Ge- brauch der Bäder ohne weiteres noch nicht allgemein; es bedurfte zu ihrer Einführung noch gesetzlicher Vorschriften, welche indessen erst dann Verbreitung und wirksame Anerkennung fanden, als sie auf religiöser Grundlage erlassen wurden. Es ist deshalb eine weise, hygienische Maßnahme, ein Akt von höchstem sanitären Nutzen, daß die Religionsgesetze eines Brahma, Buddha, Zoroaster, Manu, Moses und Muhammed häufige Bäder und Waschungen als religiöse Notwendigkeit eingeführt haben. Bei den Kultusgebräuchen der vorklassischen Völker des Altertums spielen die Begriffe rein und unrein eine wichtige Rolle; es gibt vielerlei Veranlassung, unrein zu werden. Unrein wird der Mann durch Kohabitation und Pollution, un- rein die Frau durch Menstruation und Entbindung, unrein ist das neugeborene Kind, der Kranke, die Leiche, deren Berührung schon unrein macht, unrein sind die Höhlen des menschlichen Körpers unterhalb des Nabels und alle Ausscheidungen desselben u. s. w. Aber jegliche Unreinheit beseitigt das Wasser, indessen muß es „lebendiges" Wasser sein, d. h. Quellwasser oder mindestens Grundwasser, klar, hell und ohne alle Verunreinigung. Den alten Indern, denen Manu in dem Gesetzbuche Dharmagästra Vor- schriften über Recht, Sitte und Kultus gegeben, wird das Bad behufs Wieder- gewinnung der verlorenen Reinheit zur Pflicht gemacht. Neben der religiösen Wirksamkeit soll das Bad aber auch ausgesprochen der Körperpflege dienen, Ab- härtung, Stärkung und Kräftigung und alle sonst schätzbaren Vorteile und äußer- lichen Vorzüge bringen. Dazu bildete das Bad unter freiem Himmel, das kalte Flußbad ohne wesentliche Badeeinrichtungen, sicherlich die Regel. Mit den re- ligiösen Zeremonien waren von Alters her für die Priester sowohl wie für das gläubige Volk sühnende Bäder und Waschungen verbunden deren häufige Wieder- 1* holung förmlich zu den guten Werken gerechnet wurde; deshalb mußten auch alle Tempel und sonstigen Kultstätten mit den dazu erforderlichen Einrichtungen ver- sehen sein. Unter allen Wässern des Landes haben in dem Glauben der Inder von den ältesten bis auf unsere Tage wirksamst sündentilgende Kraft die Fluten des Ganges, seiner Nebenflüsse und des Brahmaputra, welche als heilig gelten; der heiligste unter ihnen ist der Ganges selbst. Wer an ihm wohnt, badet regelmäßig jeden Morgen im Flusse und reinigt sich mit dessen Schlamm; die entfernter Wohnenden begnügen sich mit einer Wallfahrt dahin. Wie in alter Vorzeit, so ziehen noch heute aus ganz Indien zahlreiche Pilgerscharen frommer Hindus an den Ganges, um in dem heiligen Strom zu baden, unter vielen anderen Göttern die Flußgottheit (eine Göttin) zu verehren, dem heiligen Wasser zu opfern und in Bild 1. Pokuna in Anaradhapura. ' ihm sich der Sünden los und ledig zu waschen. Benares ist der bevorzugte Wall- fahrtsort; hier das Leben zu beschließen, sich verbrennen und seine Asche dem heiligen Strom übergeben zu lassen, ist das erstrebenswerte höchste Glück des Brahminen. Von der langen Reihe prächtiger Tempel steigen die Gläubigen ohne Zahl die Marmorstufen hinab in den Fluß, darin sie stundenlang verweilen; in Ver- zückung begießen sie sich, schöpfen und spielen mit dem heiligen Naß, tauchen sich feierlich in 'die sühnenden Wogen und wenden sich dann erst den Heiligtümern der Stadt zu, denen man nur durch solche Reinigung vorbereitet sich nahen darf. Auch heute noch wie ehedem erwartet der Kranke zuversichtliche Heilung durch das gesegnete Bad im Ganges. 1 Wie in Indien, so erfreute sich auch auf der Insel Ceylon das Wasser hoher Wertschätzung, zumal es dort durch Talsperren mühsam in Stauteichen gesammelt 1 Vergl. Hesse-Wartegg, Benares. Velhagen & Klasing, Monatshefte 1905. 5 werden mußte, an denen man die prächtigen Tempel, wie z. B. die Bergtempel von Mihintala mit ihren Kultusbädern errichtete. In den etwa aus dem 5. Jahr- hundert n. Chr. stammenden Ruinen der alten Königsstadt Anaradhapura finden sich die »Pokuna« genannten Bäder in großer Zahl. Wie Bild 1 zeigt, bestehen sie aus einem steinernen Bassin mit reich profilierter abgestufter Einfassung, vielleicht Sitzstufen bildend; Treppen führen in das Wasser hinab, aus welchem sich eine Plattform erhebt, in die das eigentliche oder das bevorzugte Bad eingesenkt ist, das nach den erkennbaren Resten überdeckt war. Solche Pokuna finden sich auf Ceylon von mannigfaltigster Form und reichster Ausstattung, die jetzt jedoch meist ver- loren oder zerstört ist; sie dienten sowohl zu den ritu- ellen Waschungen und Bä- dern der Priester, wie auch als öffentliche Badeanlagen für das Volk, zum Teil auch als Bäder der könig- lichen Paläste. Bei den Parsen, den alten Iraniern, findet man in ihrem uralten Reli- gionsbuche des Zoroaster, im Zendavesta, die religiösen San itäts Vorschriften, wonach ähnlich wie bei den Indern alles Unreine durch Wasser und Waschungen getilgt werden soll, bevor der Gläubige zum Gebet und zu den heiligen Handlungen zugelassen werden kann; wie noch heute bei den Muhammedanern müssen täglich wiederholt die Hände und Unterarme, die Füße bis über die Knöchel und das ganze Gesicht gewaschen werden, während das volle Bad weder vorgeschrieben noch empfohlen wird. Das Badewesen der babylonisch-assyrischen Völkerschaften war uns bis vor kurzem noch völlig unbekannt. Zwar berichtet Herodot (I, 198), wann dort die Sitte es erforderte, durch ein Bad symbolisch die Reinheit wiederzugewinnen, aber von Badeeinrichtungen ist nirgends die Rede. Wie bei den Indern der Ganges so war bei den Babyloniern der Euphrat ein heiliger Strom, in dessen Wellen zu baden sowohl sündenreinigend als heilkräftig wirkte. Erst die neuesten Forschungen fangen an, einiges Licht darüber zu verbreiten, wie man bei den Assyrern badete. In den Ruinen von Assur hat W. Andrae im Palast Königs Adadniraris I. (ca. 1350 v. Chr.) in dem sogenannten Nischenzimmer ein Bad gefunden (s. Bild 2). Bild 2. Badezimmer in den Ruinen von Assur. 6 Es ist ein größerer Raum, an einer Seite durch eine Nische erweitert; teils in, teils vor derselben liegt das kleine, mit Platten ausgelegte Badebassin, dessen Abfluß noch erkennbar ist. Zwei ganz ähnliche Badeanlagen sind gleichfalls dort gefunden, gehören aber zu den jüngeren assyrischen Bauten.1 Zu Sendschirli in Nord-Syrien2 ist ein Palast des Asarhaddon (681 — 668 v. Chr.) aufgedeckt worden, welcher drei als Badezimmer anzusprechende Räume enthält. Im oberen Palast findet sich (s. Bild 3, I und II) im Männer- und im Frauen- hause jedesmal nahe bei einem größeren Saal hinter einem Vorraum V das Bad B. Beide liegen nicht weit voneinander entfernt. In dem einen ist der Fußboden mit unregelmäßigen Steinplatten, in dem anderen mit gebrannten Tonfliesen belegt, die Fugen sorgfältig mit Mörtel gedichtet; das Gefälle ist nach einer größeren Platte ge- zogen, deren runde Öffnung von 15 cm Weite mit Falz für ein Gitter das abfließende Badewasser in einen unterirdischen Kanal fallen ließ. Die Wände sind mit Steinplatten bekleidet, deren Fugen dicht verstrichen sind. Von der Badewanne sind keine Reste ge- funden; sie dürfte frei auf dem Fußboden gestanden haben. Wesentlich interessanter ist das Badezimmer des unteren Palastes (s. Bild 3, III), gleichfalls unweit eines Saales hinter einem Vorzimmer gelegen. Neben der ebenso wie oben angelegten Abflußöff- nung fanden sich vor der Wand vier Zungen- mauern von Ziegeln, ein Stein stark und ein Stein voneinander entfernt, die Zwischen- räume voller Asche, Schlacke und Kohle, das Mauerwerk offenbar vom Feuer an- gegiffen. Hiernach ist nicht zu bezweifeln, daß über den vier Zungen die Badewanne, vermutlich von Bronze oder gebranntem Ton, gestanden hat und von unten erwärmt wurde, während das gebrauchte Badewasser unmittelbar neben der Wanne im Fuß- boden verschwand. — Daß auch die Kultusstätten der Assyrer mit Badeeinrichtungen für die Priester versehen waren, haben die Ausgrabungen von Sendschirli ebenfalls erwiesen, wo bei einer solchen noch Reste der Wasserversorgung aufgedeckt sind: eine Tonrohrleitung von 11 cm Lichtweite und 2 cm Wandstärke; die einzelnen Rohrstücke von 30 cm Länge greifen mit 5 cm langer Nase in einen entsprechenden Einschnitt des Nebenrohres ein und sind mit Ton gedichtet. — Übrigens ist nicht ausgeschlossen, daß die Anlagen von Sendschirli nicht den Assyrern, sondern einem Hittiter-Fürsten, der den Assyrern tributpflichtig war, zugeschrieben werden müssen. Bei den Juden war das Badewesen hoch entwickelt, und welche Bedeutung sie ihm beilegten, ist uns aus dem mosaischen Gesetz und vielen Einzelbemerkungen E mWtV/»,77/?7?7777?7W, lÄff y /jyz/y/y////sss///s//s, 1 1 SAA'L H li nr ^ /y 8 5" ' V AT yy///. a Yyyyyyy. //////yy/yyyyyyyyssyysyyyyyyyyys '//yyy/yy/y/y///,. SAAL k Z EL st O 2. 6 S 10 £0 Bild 3. Badezimmer im Palast von Sendschirli. 1 Mitt. d. deutschen Orient-Gesellschaft 1905 No. 28, S. 51. 2 Koldewey, Ausgrabungen zu Sendschirli. Berlin 1893. 7 des alten Testaments bekannt. Wenn auch ältere Vorbilder beeinflussend mitgewirkt haben mögen, so ist und bleibt es doch das unbestreitbare Verdienst des Moses, nicht nur den hygienischen Wert der Bäder für sein Volk richtig erkannt, sondern auch die Reinigung durch Bad und Waschung in den vielen Fällen, wo der Mensch unrein werden kann, in die Kultusgebräuche aufgenommen und auf religiöser Grund- lage vorgeschrieben zu haben. Das mosaische Gesetz hat zum Wohle des jüdischen Volkes sanitäre Maßnahmen getroffen, als ob die mosaische Zeit bereits von der Krankheitsübertragung durch Keime bei Berührung der Kranken, ihrer Kleider und der von ihnen benutzten Gegenstände gewußt hätte. War schon jedermann ver- pflichtet, vor dem Gebet gewisse Waschungen vorzunehmen, vor dem Betreten des Tempels durch Wasser sich zu heiligen ", so waren für die Priester ganz besonders strenge Vorschriften der Reinigung verordnet; vor Beginn des Tempeldienstes hatten sie den ganzen Körper zu säubern, reine Kleider anzulegen und bei allem Zeremoniell auf peinlichste Sauberkeit zu achten. Als bauliche Einrichtung für diese Zwecke stand im Priesterhofe des Salomonischen Tempels vor dem „Heiligen« unweit des Brandopferaltars ein großes Wasserbecken, „das eherne Meer, daß Aaron und seine Söhne ihre Hände und Füße daraus waschen« sollten, und die ehernen Fahrstühle mit Wassergefäßen, deren Bedeutung freilich nicht ganz sicher ist; vielleicht waren sie zur Reinigung der Priester nach der Opferhandlung bestimmt. Neben dem rituellen Gebrauch des Wassers bediente man sich bei den Juden schon in sehr früher Zeit der Bäder auch zur körperlichen Reinigung, zur Er- frischung und Pflege der Gesundheit. Naemi rät der Schwiegertochter Ruth (Ruth 3, 3), bevor sie behufs Anbahnung der Ehe zu Boas geht: „So bade dich und salbe dich« u. s. w. Daß man von dem gewohnten Bade nur aus besonderem Anlaß absah, berichtet Nehemiah (4, 23); beim Wiederaufbau der Stadtmauern von Jerusalem blieb man der Wachsamkeit wegen in den Kleidern und „ein jeglicher ließ das Baden anstehen.« Die Sekte der Essäer hielt mit peinlicher Strenge an den gesetzlichen Bädern fest und begann sogar das Tagewerk stets mit einem gemeinsamen Bad der Männer und der Frauen. War das Bad im lebendigen Wasser der Flüsse allgemein beliebt, so stand das Bad im Jordan schon bei den Juden der alttestamentlichen Zeit — nicht erst infolge der christlichen Taufe — hoch über allen anderen; ja es wurden ihm sogar wertvolle Heilwirkungen bei schwerer Krankheit nachgerühmt, so z. B. 2. Kön. 5, 10 bei Aussatz. In Ermangelung von Flußbädern mußte man sich vielfach, und be- sonders in Jerusalem selbst, mit künstlichen Teichen, gemauerten Becken und Fels- zisternen behelfen, die unter freiem Himmel lagen. So erklärt sich, daß König David vom Dache seines Palastes aus die Bathseba badend in einem Teiche erblicken konnte, als welcher der heutige Sultansteich „Birket-es-Sultän« gezeigt wird. So konnte Susanna während des Bades im Garten ihres Hauses überrascht werden, als sie ihre Mägde fortgeschickt hatte, um Balsam und Seife zu holen.1 Das sogenannte Patriarchen bad ist gleichfalls ein altjüdischer Teich, dessen Anlage dem König Hiskias zugeschrieben wird. Ein sehr altes Bad, dessen Heilkraft bis auf den heutigen 1 Daß das Einsalben des Körpers nach dem Bade schon in dieser frühen Zeit bekannt und gebräuchlich war, verbürgen neben der Erzählung von der Susanna noch manche Bibelstellen, z. B. Ruth 3, 2 u.s. w. Judith badet und salbt sich mit köstlichem Wasser. 8 Tag gerühmt wird, ist das Ham mam-esch-Schifä im Bazar zu Jerusalem, welches, mit einem ca. 10,5 m hohen Türmchen überbaut, 30 m tief (20 m unter Terrain) sein Wasser in einem teils gemauerten, teils in den Felsen gehauenen Bassin mit Abflußkanal enthält. Dieses Bad, in welchem man fälschlich den vielgesuchten Teich Bethesda hat finden wollen, ähnelt einigermaßen den deutschen Judenbädern, von denen später die Rede sein wird.1 In diesen erkennen wir ein Beispiel der von Moses vorgesehenen Mikvaoth, welche die periodisch zu benutzenden Frauenbäder zur Wiederherstellung der gesetzlichen Reinheit gewesen sein müssen. Öffentliche Bäder sind bei den Juden, als sie ihre politische Selbständigkeit verloren, nach dem Zeugnis des Flavius Josephus ebenfalls vorhanden gewesen. Auch Kurbäder im heutigen Sinne haben die Juden gekannt und als solche die nicht eben seltenen Mineral- und Thermalquellen des Landes seit alter Zeit be- nutzt. 'So war der Teich Bethesda (d. h. Gnadenort), dessen Lage in oder bei Jerusalem freilich noch nicht sicher nachgewiesen ist, ein stark besuchtes Heilbad; stundenlang verweilte man in seinem Wasser oder nahm in den umgebenden fünf Hallen Luft- und Sonnenbäder. Hoch berühmt waren heiße Quellen, am See Genezareth südlich von Tiberias gelegen, deren eine 62° warm ist. Sie enthalten Schwefel und Chlormagnesium und waren schon längst in Benutzung, als sie von den Römern in den Bau eines umfangreichen Bades einbezogen wurden, wovon noch ein Aquädukt und viele Architekturstücke übrig geblieben sind; in neuerer Zeit von den Türken restauriert, werden diese Bäder unter dem Namen Hammäm Ibrahim Pascha und Sidna Subiman heute noch stark frequentiert. Ähnlich die 62,8° warmen Quellen des Hammäm-es-Zerka, des alten Kallirrhoe, welche viel heißen Dampf ausströmen und starke mineralische Ablagerungen hervorbringen; sie waren von Alters her sehr hoch geschätzt wie heute noch bei den Arabern; auch Herodes der Große suchte bei ihnen Heilung. Als nicht minder heilkräftig werden die Thermalquellen „el Hammi“ von Amatha (Gadara) schon im Altertum und heute noch gepriesen. Ein natürliches Dampfbad „ Hammäm Belkis“, auf dessen hohes Alter die Bezeichnung „Bad der Königin von Saba“ schließen läßt, hatte man in Karjaten, zwischen Damaskus und Palmyra, und schätzte seine Heil- kraft bei Gicht und Rheuma. Bauliche Reste davon sind leider nicht vorhanden. Die Reinheitsgesetze des Talmud dehnen die Anwendung der Bäder und Waschungen noch weiter aus, als das mosaische Gesetz vorgesehen hatte. Unter dem römischen Einfluß kommt sehr bald das Schwitzbad mit kalten Übergießungen hinzu; aber das Flußbad im Freien wurde ebensowenig vergessen wie das Wannen- bad im Hause. Im Kultus der Syrer und ihrer nächsten Nachbarn hatte das Wasser dieselbe Bedeutung wie bei den anderen altorientalischen Völkern. Dem haben auch die Römer Rechnung getragen, als sie Herren des Landes wurden. Wir finden nämlich bei den großen Tempelanlagen Syriens in den monumentalen Vorhöfen des öfteren Wasserbecken von erheblicher Größe angeordnet; sie waren zur Weihung und Reinigung derer bestimmt, welche ein Opfer darbringen oder das Haus des Gottes betreten wollten und zuvor Hände und Füße waschen mußten, eine Einrichtung, 1 Vgl. V. Abschnitt. 9 <3 u ;o: y ;p: jp; :o; ;o. . -739 Bild 4. Tempel des Jupiter Heliopolitanus (sogenannter Sonnentempel) zu Baalbek. 10 die an die Vorschriften und das eherne Meer des Tempels zu Jerusalem erinnert. Derartige Lustrationsbecken liegen (s. Bild 4) auf dem zweiten, von Säulenhallen umschlossenen Vorhofe des Tempels des Jupiter Heliopolitanus (des sogenannten Sonnentempels) zu Baalbek, beiderseits des Brandopferaltars, das nördliche etwa 20 zu 6 m, das südliche (später überbaute) etwa 25 zu 5 m messend. Wie Bild 5 zeigt, ist die 0,75 m hohe Einfassung der Bassins, um welche außen eine steinerne Rinne herumläuft, durch gerundete Nischen zierlich gegliedert. Welche Bedeutung man der Stätte beilegte, lehrt der reiche Schmuck durch äußerst reizvolle, leider nicht ganz vollendete Reliefs von Hippokampen, Seegreifen, Seelöwen, von Köpfen, Ranken, Laubgewinden, die von Putten oder Stierköpfen getragen werden; Bild 6 Bild 5. Lustrationsbecken im Tempel des Jupiter Heliopolitanus zu Baalbek gibt davon eine Vorstellung. Der Boden des Bassins war mit Mosaik ausgelegt, und in der Mitte stand in Form eines runden Baldachins ein zierlicher Laufbrunnen, den jedenfalls eine Brunnenfigur schmückte. — Auch aus dem Tempelbezirk des Sonnengottes zu Palmyra kennt man ähnliche Lustrationsbecken, die aber mit ca. 60 zu 30 m erheblich größer sind als die zu Baalbek und vor allem wesent- lich tiefer. Von dem Badewesen der alten Ägypter wissen wir bei weitem nicht soviel, wie man nach unserer sonstigen eingehenden Kenntnis aller ihrer Lebensverhältnisse erwarten sollte. Zweifellos waren bei ihnen die Begriffe Reinlichkeit und Reinheit sehr stark ausgeprägt, und mehr als irgend anderswo wurde die körperliche Reinigung und Reinheit in dem götterreichen Kultus symbolisch auf die Reinheit des Geistes über- tragen. Wenn auch vielleicht weniger dem niederen Volke, so war doch den höheren 11 ■ : ' ■ • . Bild 6. Details von den Lustrationsbecken im Tempelvorhof zu Baalbek. — 12 — Ständen größte Reinlichkeit ein Lebensbedürfnis, Unreinheit ein Greuel; deshalb verlangte Sitte und Gefühl, daß man nach zufällig eingetretener Unreinheit, die nur allzu leicht möglich war — nach Herodot (II, 47) schon durch Berührung eines Schweines oder eines anderen unreinen Tieres nur im Vorübergehen! — schleunigst ein Bad nahm. Peinlichste Reinlichkeit und Sauberkeit wurde von den Priestern verlangt, welche nach Herodot (II, 37) zweimal des Tages und zweimal in der Nacht in kaltem Wasser sich zu baden hatten. Zu einem so ausgedehnten Gebrauch der Bäder müssen sowohl bei den Wohnungen der Ägypter wie bei ihren Tempeln Bild 7. Bad der Kleopatra zu Assuan. Badeeinrichtungen bestanden haben; aber es sind solche in den Bauresten bisher noch nicht nachgewiesen. Nur im Tempel von Edfu (aus der Ptolemäerzeit) sind an der großen dreischiffigen Halle zwei kleine kapellenartige Räume angebaut, deren einer als „Weihezimmer" zur symbolischen Reinigung durch geweihtes Wasser bezeichnet wird. Ja es muß auffallen, daß unter den bildlichen Darstellungen aller möglichen Dinge des täglichen Lebens eigentliche Badeszenen nicht bekannt geworden sind. Freilich läßt das heiße Klima Ägyptens auf kalte Bäder unter freiem Himmel schließen und Badezimmer entbehrlich erscheinen, und es mögen in den Gärten die Teiche, welche man auf den Abbildungen findet, die Badebassins ge- bildet haben, wenn man das höher geschätzte Flußbad nicht haben konnte. Ganz besonders begehrenswert war es, im heiligen Nil zu baden; dieses Flußbad war so allgemein gebräuchlich und beliebt, daß sogar die Tochter Pharaos zum Baden 13 an den Nil gegangen war, als sie den kleinen Moses im Schilf versteckt fand. Danach scheint es, als ob die alten Ägypter zu den Flußbädern spezielle Einrichtungen nicht gebaut haben; erst unter römischer Herrschaft, als römische Kultur mit den in der Heimat verfeinerten Lebensansprüchen nach Ägypten vordrang, sind am Nilfluß Bäderbauten errichtet worden. Einen Rest davon zeigt Bild 7 in dem sogenannten Bad der Kleopatra, deren Name aber wohl nur durch die Sage damit in Verbindung gebracht werden konnte. II. Abschnitt. Das Badewesen des klassischen Altertums. Über das Badewesen der Völker des klassischen Altertums sind wir ungleich besser unterrichtet, als über die Bäder der früheren Zeit, weil uns sowohl die Literatur wie die aufgefundenen Baureste ein umfangreiches Material dazu geliefert haben. Badewesen der Griechen. Bei den Griechen, deren Kultur sich auf den Errungenschaften der alt- orientalischen Völker aufbaute, findet sich zu aller Zeit der ausgeprägte Hang zur größten Sauberkeit an Leib und Kleidung. Die vom Wasser reich gegliederte Be- schaffenheit des Landes warf ihnen das Bad in der ursprünglichsten Lorm des kalten Lluß- oder Seebades förmlich in den Schoß. Wer soviel wie die Griechen mit dem Wasser in Berührung kam, konnte sich dem Baden, dem beliebten ^u/po7ouT£iv, gar nicht entziehen, ohne den Vorwurf der Vernachlässigung der Reinlichkeit auf sich zu laden, wie es den als schmutzig bekannten Dardanern geschah, denen man nachsagte, daß sie nur dreimal im Leben badeten! (Nicol. Damasc. bei Stob. V, 51). Das kalte Bad wurde von selbst zum notwendigen täg- 14 liehen Lebensbedürfnis lind führte dazu, daß jedermann schwimmen konnte. So hoch man aber auch nach Homers anziehenden Schilderungen die kalten Bäder im Fluß und im nervenstärkenden Meere schätzte, verschmähte man doch keineswegs die warmen Bäder in schön geglätteter Wanne. Selbst die Götter steigen in das Bad, und die Benutzung, um nicht zu sagen die Erfindung der warmen Bäder wird auf Hephaestos und Pallas Athene zurückgeführt. Der hastige Jäger Aktäon überrascht die Artemis im Bade und wird von ihr in einen Hirsch verwandelt, der von seinen eigenen Hunden zerrissen wird. Bild 8 gibt eine Darstellung des Mythos nach einem Sarkophag-Relief im Louvre (unweit von Rom gefunden): Artemis, völlig entkleidet, läßt sich in einer Felsgrotte, an deren Rande Aktäon jagend erscheint, von zwei Putten mit Wasser be- gießen. Obwohl Homer kalte und warme Bäder so oft erwähnt, be- schreibt er doch niemals ein Bade- haus oder Badezimmer. Trotzdem haben solche in vorhistorischer Zeit existiert, und es gehört zu den interessantesten Funden Schliemanns die Aufdeckung eines Badezimmers im Königspalast der Burg von Tiryns, vielleicht das älteste uns bekannte Bad, in dem schon homerische Gestalten nach ihrer Kriegesarbeit Erfrischung gesucht haben (s. Bild 9). In der Nähe des Megaron, des großen Männerhauses, hat es eine bevor- zugte Lage; bevor man dort ein- trat, konnte man sich baden und salben. Eine mächtige, sauber geschliffene, monolithe Platte von ca. 3 zu 4 m Größe bei 70 cm Stärke, welche unter die Mauer greift, bildet den Fußboden. Vor den Wänden, ausgenommen vor der Tür, ist darauf ein 13 cm breiter, 3 mm hoher Randstreifen stehen geblieben mit regelmäßig angeord- neten, 3 cm weiten Löchern zur Befestigung einer hölzernen Wandbekleidung, wodurch der Raum auf die sehr bescheidene Größe von 3,05 zu 2,65 m eingeschränkt wurde. Das Fußbodengefälle bezeichnet den Standplatz der Wanne; überlaufendes Wasser floß nach einer angearbeiteten flachen Rinne, welche sich in einer anstoßenden Steinrinne fortsetzt. Gegenüber der Tür sind in der Wand zwei Löcher von 44 bis 48 cm Weite, worin vermutlich Tongefäße für Öl und Salbe standen, deren Gebrauch bei den Griechen sehr alt ist. Auch von den oft genannten a■ v _4_ r ‘. 7 4 1 f- 8 y 10 m. -r x \ V ' •< ;.nt nur „ die Seelen der dargestellten Personen fehlten.«1 Dieser Prachtbau, der den Gipfel aller Thermenkunst in Konstantinopel bildete, ging mit den unschätzbaren Kunstsammlungen im Nika-Auf- stande (unter Justinian i. J. 532) vollständig zugrunde. Später, in- dessen nicht mehr von Justinian, wurde der Zeuxippus zwar wieder aufgebaut, aber er hat weder die alte Pracht, noch seine frühere Be- deutung als erstes und hervor- ragendstes Bad der Residenz je wieder erlangt. Zuletzt wird es unter dem Namen Numera genannt und nicht höher geschätzt als ein kleineres Bad, vielleicht ein Kon- kurrenzbad, welches sich neben dem Zeuxippus befand. — Außerdem hat Septimius Severus in Byzanz noch eine zweite Thermenanlage gebaut, die Kaminia, und zwar außerhalb der alten Stadt; es war gleichfalls ein herrliches, prächtiges Bad und von einer Größe, daß täglich 2000 Personen darin baden konnten.2 Bemerkenswert ist dazu die Nachricht, daß man es mit «medischem Feuer« heizte, d. h. mit Petroleum oder Naphtha, das aus Baku kam. Erkennbare bau- liche Reste sind von den beiden leider nicht mehr aufzufinden. Die Thermen, welche Kon- stantin d. Gr. errichtete, sind erst unter seinem Sohne Constantius (337 — 361) vollendet und in Be- nutzung genommen worden. Theo- dosius II. (408 — 450) hat sie er- weitern und ihre innere Ausstattung wieder hersteilen lassen, worauf sie i. J. 427 von neuem eingeweiht wurden. Während von diesem Bau nichts auf uns gekommen ist, besteht noch heute ein Teil der zugehörigen Wasserversorgung in der Zisterne des Philoxenos, die höchstwahrscheinlich \ ■ V Ai / : N (• NJ V; \ * >: >: K ---4--- ■>: V >, >- H ■ ■ > S U V V 2, ' v i . / ■■ . * / 50 Bild 133. Zisterne des Philoxenos (?), jetzt Bin bir direk in Konstantinopel. 1 Cedren. I, 647. 2 Codin. 708. 165 identisch ist mit der Zisterne Bin bir direk (1001 Säule), wovon Bild 133 den Grundriß nebst Schnitt und Bild 134 eine innere Ansicht gibt. Der unter- irdische Bau, der bei rund 60 m Länge, 50,6 m Breite, 3036 qm Fläche und ursprünglich 13 m Tiefe mehr als 40 000 cbm Wasser faßte, hat eine Kreuz- gewölbedecke auf 224 Stützen (14 Reihen von je 16 Stück), welche aus je drei aufeinandergestellten Säulen, 0,58 m stark, von weißem Marmor bestehen und mit ihren einfachen Würfelkapitellen, an denen Monogramme und Kreuze sich finden, die Gurtbögen tragen. Das gewaltige Reservoir ist mehr als die Hälfte der Säulen hoch verschüttet und dient gegenwärtig den Seilern als Arbeitsplatz. Bild 134. Zisterne des Philoxenos. (Jetzt Bin bir direk) in Konstantinopel. Bild 135. Aquädukt des Valens in Konstantinopel. 166 Auch Kaiser Valens (364 — 379), der sich die Assanierung der Stadt besonders angelegen sein ließ, erkannte die Bedeutung der Thermen für das öffentliche Leben und vollendete dazu i. J. 368 die großartige Wasserleitung, welche schon Hadrian begonnen hatte. Zwei Thermenbauten nahm er in Angriff und benannte sie nach seinen Töchtern Anastasia und Carosa. Während die Carosianischen i. J. 375 voll- endet und dem Volke zur unentgeltlichen Benutzung übergeben wurden, verzögerte sich der Bau der Anastasianischen1 Thermen so, daß erst der baulustige Justinian 1 Es ist nicht ausgeschlossen, daß diese Thermen nach einer Schwester Constantins benannt sind. 167 (527 - 565) sie fertig stellte. Auch von diesen ohne Zweifel großartigen Bauten sind keine Reste erhalten geblieben, wohl aber von den Wasserversorgungsanlagen derselben. Noch heute steht und dient, wenn auch in etwas verfallenem Zustande, bis jetzt noch immer als Wasserleitung der Aquädukt des Valens (s. Bild 135), türkisch Bosdoghan Kemeri, der einem Teil von Stambul das Trinkwasser zuführt. Der von den byzantinischen Kaisern wiederholt nnd zuletzt von Suleiman restaurierte Bau ist 625 m lang und erreicht stellenweise 23 m Höhe; er beginnt bei der Moschee Mohammeds II. des Eroberers, wo die bis dahin unterirdische Zuleitung aufhört, und endigt am Eski Serai. Hoch über die modernen Häuser sich er- hebend, gewährt das altersgraue, von hängenden Schlingpflanzen überwucherte Bau- denkmal, eines der ältesten von Konstantinopel, einen ebenso imposanten wie malerischen Anblick. Von 'den Thermen, welche Honorius an zwei verschiedenen Stellen der Stadt errichtet hat, wissen wir sehr wenig; die eine Anlage war nach seiner Ge- mahlin Maria, einer Tochter des Stilicho, benannt. — Unter Arcadius (395 — 408) wurden auf Betreiben seiner Tochter Arcadia ebenfalls Thermen erbaut, die aber verhältnismäßig einfach gewesen zu sein scheinen; erst Justinian, der einen Prachthof1 mit Säulenhallen hinzufügte, wo man landen konnte, wenn man auf der Propontis zu Schiff sich ins Bad begab, hat das Bad wesentlich verschönert und mit Fuß- böden und Täfelungen in kostbarem Marmor und Mosaik glänzend ausgestattet, auch viele Bildwerke in Stein und Erz darin aufgestellt, darunter eine Porträtfigur der Kaiserin Theodora. Auch diesen Prachtbau haben die wiederholten Verwüstungen Konstantinopels gründlich beseitigt. Von Justinians Wasserleitung ist jedoch die große Cisterna Basilica (türkisch Jerebatan Serai, d. i. das versunkene Schloß) erhalten und noch heute in Benutzung. Bild 136 gibt davon eine innere Ansicht; die in Ziegeln hergestellten Kreuzgewölbe der Decke ruhen auf 336 Marmorsäulen (12 Reihen zu 28 Stück) mit meist korinthischen Kapitellen der Spätzeit und eingehauenen Mono- grammen. Über dem etwa 105 zu 57 m messenden Reservoir hat sich ein kleines Stadtviertel angesiedelt, welches seinen Wasserbedarf teilweise noch dem uralten Behälter entnimmt. — Des Arkadius zweite Tochter Marina baute einen Palast, der später gleichfalls zu einem öffentlichen Bad eingerichtet wurde, welches nach längerem Verfall Konstantin VII. Porphyrogenitus (886 — 911) weit schöner und größer wiederhergestellt hat; es wird als ein weitläufiger Bau und ein Wunder- werk des Gemeinwesens genannt. — Ungefähr gleichzeitig mit den Arkadianischen Thermen dürften die Achilleischen entstanden sein, deren Erbauer nicht bekannt ist; sie sind i. J. 433 durch Feuer zerstört, 440 durch den Präfekten Cyrus wieder- hergestellt und (nach Chron. paschale zu 01. 305, 4) i. J. 443 wieder in Betrieb ge- nommen worden. - Von anderen Thermen und Bädern in Konstantinopel kennen wir nicht mehr als die Namen. Daß das Badewesen von Byzanz dieselbe Stellung einnahm und nicht minder üppig blühte und wucherte wie im alten Rom, bezeugt uns die (kurz nach 424 ver- faßte) Beschreibung der XIV Regionen der Stadt, in welcher acht große öffent- lichen Thermen und 153 Privatbäder aufgezählt werden. Wie in Alt-Rom wurden 1 Procop. Bauten I, 11, S. 205. Bild 136. Cisierna Basilica, erbaut von Justinian. (Jetz;t Jerebatan Serai) in Konstantinopel. 168 die öffentlichen Thermen meist auf Staatskosten unterhalten und betrieben, während der Besuch seitens des Volkes meist unentgeltlich war. Nach einer Verordnung des Arkadius und Honorius aus dem Jahre 395 1 sollte der dritte Teil der Einkünfte aus den Staatsgütern zur Herstellung der öffentlichen Mauern und zum Heizen der Thermen verwendet werden! Bekannt ist, daß in Konstantinopel gerade von den Thermen nicht selten politische und religiöse Bewegungen ausgegangen sind, weil hier die gebildeten Kreise des Volkes zusammenkamen und bei scheinbar harmlosem 1 Theod. Cod. XV. 1. Ges. 32. 169 Verkehr die schwerwiegendsten Erörterungen der Zeitfragen ungestört vornehmen konnten. Ganz wie im alten Rom! Auch in den Wohnungen der Vornehmen und in den Palästen der Herrscher hatte man selbstverständlich Bäder. In dem von Konstantin d. Gr. begonnenen und von Justinian beträchtlich vergrößerten Kaiserpalast befanden sich zwei der Pracht dieser Gebäudegruppe jedenfalls entsprechende Bäder, und von Kaiser Isaak II. Angelos (1185— 1195) wird noch berichtet, daß er in dem Konstanti- nischen Palast, der öfter der große genannt wird, und in dem Palast der Blachernen die glänzendsten Bäder eingerichtet habe.1 Das Bad in dem großen Palast hat eine gewisse Berühmtheit dadurch erlangt, daß der Kaiser Romanos III. Argyros (1028— 1034) darin ertränkt worden ist. In einer mit 575 Bildern ausgestatteten , ; , . & ^04 cidfa^A w'Wa 4&U' fcajiypft'TWJJfyiMi/ artafa) y. q\ ^ Bild 137. Ermordung des Kaisers Romanus III. Argyros im Bade des großen Palastes zu Konstantinopel. Handschrift des Skylitzes, der die byzantinische Geschichte von Michael I. Rhangabe (811) bis zur Mitte des 11. Jahrhunderts geschrieben hat, ist das Ereignis mit einer Zeichnung dargestellt, welche Bild 137 nebst der ausführlichen Beischrift wiedergibt.2 Die beiden oberen Zeilen nebst Anfang der dritten lauten: xal £7attu[x7|cra<; XouffaafVat x.ard to £v t(j> {/.eyaXo) nalocruo ßa7av£iov xod zigz'k&ihv oi.X,Tpü>; a7U07TVLY£Tat U7U0 TWV 7T£pl TOV \ £V T'/j X,oXuy.ß7ji)-pa TOÜ 7oi»Tpoü ßact- IsüGxg £tt] 7t£vt£ *al pjv a; £$. (und als er baden wollte in dem Bade des großen Palastes und hineinkam, wurde er kläglich ertränkt von den Anhängern des Michael in dem Bassin des Bades; er hatte fünf Jahre sechs Monate geherrscht). Oberhalb des Bildes, welches den Vorgang mit erschreckender Deutlichkeit zeigt, und über den drei Figuren, welche offenbar den Erfolg abwarten, 3 steht in Ma- 1 Nicet. Chon. Is. III, 5, S. 580. 2 Beylie, l'habitation byzantine. Paris 1902. Leroux. :i «Schmiere stehen.« 170 juskeln die harmlose Überschrift: ts'Xsott; Ttop.avoü ßaatXsoj? tou 'Apyupoö. (Ende des Königs Romanos Argyros) und in den Bogenfeldern über dem Badebassin: 7my dptsvo? 6 ßoccnXsu; iiq T7jv sg.ßasLv (wie der König in der Badewanne ertränkt wird). Die beiden unteren Zeilen fahren fort: *ai Taurv] tyj vuxtI twv ayicov Trahojv <]>aVXop.sv<:ov [/.7]vusTai 6 7uaTpiap^yj? ’ A^s^to? utco tou ßacrtAs to; Top. avoü Totya avsX9-£iv £v toi; ava*Topoi£ ' x,al dvsX9-a>v supfaicsi yxv vsxpov tov ava^Topa. foto . . . (und in dieser Nacht, als die heilige Passion zelebriert ward, wurde der Patriarch Alexios von dem König Romanos aufgefordert, schnell in den Palast zu kommen, und als er ankam, fand er den Herrscher Ro . . . schon tot Die byzantinische Architektur des Bades, obwohl als solche erkennbar, ist wohl nur schematisch an- gedeutet; interessant ist jedoch die über dem Haupt des Kaisers aufgehängte Lampe - die Ermordung geschah bei Nacht, tocutt) ttJ vujctI - und die Hypokausten- anlage links neben dem Bassin. Bei den vielfachen und grauenhaften Verwüstungen, welche über Konstanti- nopel hingegangen sind, ist es nicht zu verwundern, daß von all dieser Bäder- Hj pPpipt Am Jpläw*! WM. ■^Z - : : vJjAwm c iiXOOm. Bild 138. Disposition der Suterasi. herrlichkeit ganz und gar nichts auf uns gekommen ist; die letzten Bäderbauten werden bei der Eroberung der Stadt durch die Türken i. J. 1453 zugrunde gerichtet sein. Nur von den Wasserleitungen haben sich z. T. bedeutende Reste erhalten, davon einige, wie wir gesehen haben, heute noch im Betriebe sind. Die byzan- tinischen Wasserleitungen, jedenfalls die späteren, sind im allgemeinen nicht wie die der Römer angelegt, welche das Wasser in Rinnen über Täler und Flüsse hinweg auf hohen Pfeiler- und Bogenstellungen fortleiteten, sondern nach dem Prinzip der Suterasi;1 d. h. es wird von der hochliegenden Quelle das Wasser in Rinnen oder Rohren bis zum Rande des Tales und bis zur Talsohle geführt, wo in Abständen von 150 — 200 m einzelne Steinpfeiler, die Suterasi, errichtet sind, in denen das Wasser mittelst Bleirohren nach dem Gesetz der kommunizierenden Röhren emporsteigt und sich in ein kleines Becken ergießt, die mitgeführte Luft dabei ausscheidend. Von hier fällt es durch ein zweites Bleirohr, dessen Mündung 15 — 20 cm tiefer liegt als der Einlauf, wieder herab, wird n^it geringem Gefälle in der Talsohle bis zum nächsten Suterasi geführt, wo sich dasselbe Auf- und Ab- steigen wiederholt. Bild 138 zeigt schematisch die interessante Anordnung. Die Zerlegung der Leitung in einzelne Abschnitte von Pfeiler zu Pfeiler erleichtert es, 1 Vergl. Allg. Bauzeitung, Wien 1853, S. 36. Die Versorgung der Stadt Konstantinopel mit Wasser und die öffentl. Brunnen daselbst. 171 bei Betriebsstörungen die schadhafte Stelle zu finden, und die ganze Anlage ver- einfacht sich dadurch, daß die oft sehr langen und sehr hohen Brückenbauwerke, die Aquädukte der Römer, nur durch einzelne Pfeiler ersetzt werden. Wo das Wasser entnommen werden soll, wird es in einem trogartigen Behälter (Taxim oder Taksim) geleitet, aus dessen Wandungen die Verteilungsrohre abgehen, die man durch Stöpsel verschließen konnte, eine Einrichtung, die sich noch auf dem Aquädukt des Valens leidlich erhalten findet. Das überschüssige Wasser wurde in die großen Zisternen geleitet, wo es als Vorrat für trockene Zeiten oder für den Fall einer Belagerung der Stadt aufgespeichert wurde. Zu welcher Zeit die Suterasi- anlagen zuerst entstanden sind, ist nicht ausgemacht. Indessen auch Aquädukte nach römischer Art finden sich unweit der Stadt noch mehrere, darunter in der Gegend von Pyrgos ca. 17 km von Stambul der Aquädukt Justinians (jetzt Muallak Kerner, d. h. die hängenden Bogen) der bei 240 m Länge 36 m Höhe erreicht, und der des Kaisers Andronikos Komnenos (1183— 1 185), der 200 m lang aus drei Bogen- stellungen übereinander besteht, jetzt Egri Kerner, der Krumme Aquädukt. Andererseits errichtete Andronikos im Tal des Barbyses einen Wasserturm (7Uüpyo?), wovon der Ort seinen Namen hat. Die größte Wahrscheinlichkeit spricht dafür, daß das Prinzip der Suterasi schon byzantinisch, nicht erst türkisch ist; sie sind aber auch nicht ausschließlich oströmisch, denn in Alatri, Arelatum (Arles), Aspendos (Südküste von Kleinasien), Lyon (Lugdunum), Palermo, Pergamon sind römische Wasserleitungen bekannt geworden, welche das Prinzip der kommunizierenden Röhren verwendet haben und ohne Zweifel abendländischen Ursprunges sind. Was an Mineralquellen und Heilbädern den Byzantinern zur Verfügung stand, lag meist jenseits des Meeres; nur die warmen Quellen von Therme am Ther- mäischen Golf (bei Thessalonike) und in Sofia werden auf europäischer Seite genannt und auf den Inseln des Ägäischen Meeres andere, z. B. auf Lemnos. In Kleinasien sind warme Quellen nicht selten. Mit Justinian werden noch die Thermen Ilidscha in Ilghün (an der Bahn nach Konia) in Verbindung gebracht, obwohl die jetzigen Bauten von Ala-eddin stammen. In Nicaea (Isnik), wo schon der jüngere Plinius das Gymnasion wiederhergestellt hatte, erbaute Justinian neue Thermen und dazu eine Wasserleitung. In Nikomedia (Ismid) befanden sich alte Bäder, die von Trajan und Diocletian restauriert wurden, aber jetzt stark zerstört sind. Am Golf von Ismid, in der Nähe der nach Konstantins d. Gr. Mutter genannten Stadt Hele- nopolis (jetzt Jalowa) liegen die heißen Mineralquellen und Bäder von Pythia (jetzt Cury), welche schon die Kaiserin Helena und Konstantin fleißig besuchten, und die durch wiederholte Anwesenheit Justinians und seiner Gemahlin Theodora bei der byzantinischen Aristokratie sehr in Aufnahme kamen. Zu dieser Zeit hieß das Bad Soteropolis; die Ruinen, welche dort noch erhalten sind, stammen jedoch aus römischer Zeit. Weitaus am bedeutendsten und berühmtesten waren die heißen und warmen Schwefel- und eisenhaltigen Thermen (sechs an der Zahl) von Brussa (einst Prusa) in Bithynien, welche in unübertrefflich schöner Landschaft am Fuße des Olymp gelegen, sicher schon vor und in der römischen Kaiserzeit viel benutzt und in der byzantinischen Zeit abermals mit Bauten ausgestattet worden sind. Da die gegenwärtig bestehenden Bäder jedoch zweifellos aus türkischer Zeit stammen, sollen sie im nächsten Abschnitt besprochen werden. 172 IV. Abschnitt. Das Badewesen der Muhammedaner. Wie wir oben gesehen haben, ist im Orient das Badewesen von Alters her nicht vernachlässigt worden; die Anforderungen, welche das Klima an die erhöhte Aufmerksamkeit auf körperliche Reinlichkeit stellt, und das natürliche Bedürfnis, bei großer Hitze sich abzukühlen, haben stets dafür gesorgt, daß den jeweiligen Ver- hältnissen entsprechende Badeeinrichtnngen bestanden. Im byzantinischen Reiche hatte das Badewesen nur allzu schnell die Formen des überfeinerten Luxus und des übertriebenen Genusses angenommen, welche zwar die üppigsten, glänzendsten Thermenbauten im Osten wie im Westen erstehen ließen, aber auch hier wie dort die Entwickelung des Verfalles beschleunigt haben. Muhammed, der wie Moses die große sanitäre Bedeutung des Bades für das Wohl des Volkes erkannte, nahm die Waschungen und Bäder, die ursprsprünglich nur der Förderung körperlicher Reinlichkeit dienen sollten, in die Religionsgebräuche auf; indem er die äußere Reinlichkeit als das Sinnbild der inneren Reinheit des Menschen hinstellte, verlieh er dem Wasser die Kraft, die leicht verloren gehende Reinheit durch Bad oder Waschung wiederzugewinnen und das Sündige aus der Menschenbrust zu ver- bannen. Nur rein darf der Moslem die täglichen fünf Gebete sprechen, wenn sie Gültigkeit haben sollen, rein soll er bei allen wichtigen Akten und bei allen feier- lichen Gelegenheiten erscheinen. Deshalb ist auch das Brautbad bei den Orientalen, besonders in Syrien, gebräuchlich. Nachden der Ehekontrakt abgeschlossen, wird die Braut, auf das reichste und schönste geschmückt und in einen dichten Schleier förmlich eingewickelt, in feierlichem Zuge „zeffet el-hammäm", mit Musikanten an der Spitze und am Schluß, von Freundinnen und Verwandten in das Bad geleitet. Wenn die gesetzliche Reinheit, die durch allerlei natürliche Vorgänge und Zufälligkeiten eingebüßt werden kann, alsbald wiederhergestellt werden soll, so bedarf man dazu des häufigen Gebrauches von Wasser, über dessen Anwendung und Beschaffenheit denn auch der Koran vielerlei Bestimmungen enthält. Unter diesen Umständen ist die Beschaffung eines guten Wassers in ausreichender Menge allezeit eine der vornehmsten Sorgen der Machthaber bei den Muhamedanern ge- wesen, und die großartigen Wasserversorgungsanlagen bilden neben den Kultus- bauten oft die bedeutsamsten Zeugen der Staatsgewalt und ihrer Bautätigkeit in muhammedanischen Landen. Es ist leicht erklärlich, daß man vielfach die römischen und byzantinischen Anlagen benutzte und deren Reste wiederherstellte, weil man sie besser nicht machen konnte; aber in großen Städten wie Konstantinopel, Da- maskus u. s. w. haben die Muhammedaner auch eigene und neue Anlagen geschaffen, die wir bewundern müssen; so gehört die Wasserleitung des Sultans Mahmuds I., erbaut i. J. 1732, bestehend aus Stauteichen (türkisch Bend) mit Talsperren, Aquä- dukt- und Suterasi-Strecken, Wasserverteilern und Rohrleitungen, ebenso wie die Wasserleitung des Sultans Mustafa III. (1766), obwohl darin justinianische und byzantinische Reste Verwendung gefunden haben, zu den hervorragendsten Bau- werken von Konstantinopel. — Mit den Wasserleitungen geht die Errichtung öffentlicher Brunnen Hand in Hand, von denen sich in der Regel an jedem Taksim 173 (Verteiler) einer befindet, weil er zu den im Leben des Moslem notwendigen Dingen gehört, und da die Stiftung von Brunnen zu den guten Werken gerechnet wird, ist es verständlich, daß überall im weiten türkischen Reiche zur Erinnerung an das 25jährige Regierungsjubiläum des Sultans Abdul Hamids II. öffentliche Brunnen erbaut worden sind. Der deutsche Kaiser konnte deshalb den Bewohnern von Stambul zur Erinnerung an seinen Besuch im Jahre 1898 kein höher aufgenommenes Geschenk machen, als die Gott wohlgefällige Stiftung des öffentlichen Brunnens, den Bild 1 39 zeigt.1 Bild 139. Brunnen Kaiser Wilhelms II. in Konstantinopel. (Im Hintergründe die Hagia Sophia.) Wegen der zum Gebet erforderlichen Reinheit verlegt man die Brunnen gern in die Nähe der Moscheen und gibt ihnen nicht selten reizvolle Fassungen in Gestalt reich geschmückter Pavillons. Ein treffliches Beispiel davon bietet das Brunnenhaus Sultan Ahmeds III. in Konstantinopel,1 auf dem Serail-Platze östlich der Hagia Sophia gelegen (s. Bild 140). Der quadratische Marmorbau erweitert sich an den Ecken zu halbrunden, mit vergoldeten Gittern gezierten Pavillons, zwischen denen an jeder Seite ein Marmortrog das auslaufende Wasser aufnimmt, während die Wandflächen mit feinem Ornamentwerk und Inschriften, teils vergoldet, und mit farbenprächtigen Fayenceplatten bedeckt sind. Der laut Inschrift aus dem Jahre 1728 stammende Bau ist eines der zierlichsten und reizendsten Werke türkischer Kunst. 1 Eigene Aufnahme. 174 Bild 140. Brunnenhaus des Sultan Ahmed III. in Konstantinopel. flache, auf dem Boden liegende breite Rinnen mit fließendem Wasser, in einzelne Abteilungen geteilt, vor denen die Gläubigen hockend sich waschen, wie es der Ritus fordert. In anderen Moscheen sind die Waschgelegenheiten in besondere Brunnen- häuser verlegt, meist achteckige Pavillons. Die Moschee Mohammeds II. des Eroberers in Konstantinopel, hat in der Mitte des Haram ein achteckiges Brunnenhäuschen mit 24 Waschplätzen. Bei der Hagia Sophia liegen die Wascheinrichtungen auf dem südwestlichen Vorhofe, und sind, wie Bild 141 1 zeigt, teils in dem achteckigen Brunnenüberbau, teils in der wenig stilvollen, an die Wände der Moschee an- Eigene Aufnahme. Dem unmittelbaren religiösen Bedürfnis dienen die mit den Moscheen ver- bundenen und an keiner fehlenden Waschgelegenheiten, die bisweilen in großer Ausdehnung und mit reichster Wasserfülle sich finden. So ist die Moschee Ahmeds I. in Konstantinopel (erbaut 1609— 1614) und der zugehörige Säulenhof (Haram) an den beiden Langwänden mit zahlreichen Waschplätzen besetzt; und auch an der Moschee Suleimans des Prächtigen, gleichfalls in Konstantinopel (erbaut 1550 1566 von Sinan), finden sich außen zwei lange Reihen von Waschplätzen, d. h. i 175 gelehnten Halle untergebracht. Im Innern der H. Sophia finden sich noch zwei weitere Waschplätze bei den riesigen eiförmigen Urnen von Alabaster, die aus Ephesus oder Pergamon stammen sollen; bei Benutzung der südlichen von beiden / 1 i M 1 J a# 1 * i I *i j M 11 'lW | \ f§Hj mm *1 :«[v .. tritt man auf ein hervorragend schönes ionisches Kapitell von weißem Marmor. Außerordentlich wirkungsvoll in seiner Umgebung ist das die Waschplätze über- deckende malerische Brunnenhäuschen der i. J. 1356 — 1359 erbauten Hassan- Bild 141. Waschplätze bei der Hagia Sophia in Konstantinopel. 176 Moschee in Kairo;1 wie Bild 142 zeigt, ist der Brunnen auf ein Minimum redu- ziert und der in dem Mittelhofe stehende kleine Kuppelbau bedeckt nur 16 Wasch- plätze, während für den übrigen Bedarf ein in einem Nebenhofe angelegtes größeres Becken sorgt, eine Einrichtung, die sich bei fast allen der zahlreichen Moscheen von Kairo findet. Bild 142. Waschplätze im Brunnenhaus der Hassan- Moschee zu Kairo. Nicht selten hat man bei den Moscheen in besonderen „Höfen der Ab- waschungen" neben offenen Waschplätzen noch kleine abgeschlossene Gelasse mit steinernen Wannen (chod) zum Bad für Arme. Die eigentlichen Bäder und Badeanstalten, welche die Muhammedaner bei ihrem Eigene Aufnahme. 177 Vordringen nach Westen in Benutzung nahmen, waren selbstverständlich römischen oder byzantinischen Ursprungs; sie wurden, wie sie waren, zunächst beibehalten, oder, wenn zerstört, auf den früheren Grundrissen wieder aufgebaut. So sollen in Konstantinopel die 13 schönsten und größten Bäder auf alter Stätte neu erstanden sein. Erst allmählich richtete sich der eigene Badegebrauch der Muhammedaner ein und schuf für die veränderten Bedürfnisse neue Bauten, die nunmehr überall in Stadt und Land errichtet wurden, damit auch die große Masse des ärmeren Volkes, das sich den Luxus des eigenen Bades nicht erlauben konnte, dieses mehr und mehr unentbehrlichen Genusses sich erfreuen sollte. In den großen Städten schlossen sich nicht selten einzelne gesellschaftliche Kreise oder auch Handwerkszweige zu- sammen, um sich ein eigenes Bad zu bauen, das je nach den Mitteln mit Marmor und Majolikafliesen oft überraschend reich ausgestattet ist. Dadurch steigt die Zahl der Bäder bisweilen sehr hoch; so soll nach amtlicher Zählung Konstantinopel im Jahre 1885 nicht weniger denn 169 öffentliche Bäder gehabt haben, unter denen das Mahmud Pascha-Hammämi in Stambul als das größte, das Galata Serai Ham- mämi und das Perschembe Sokak- Hammämi, beide in Galata, am bemerkens- wertesten sind. Im Orient hat aber auch die kleinste Stadt in der Regel ihr Bad, oft eine Stiftung der Wohlhabenden, welche damit ein gutes Werk zu tun glauben. Wegen der Pracht ihrer Ausstattung werden von den Orientalen bis zur Über- schwänglichkeit gerühmt die Bäder von Damaskus und Kairo; der abendländische Reisende würde dem vielleicht in einigen vereinzelten Fällen beistimmen, wenn darin etwas mehr Reinlichkeit herrschte! Das Bad der Muhammedaner, der Araber wie der Türken, ist ein Schwitzbad in heißer Luft und etwas Dampf und von dem der Griechen und Römer vollends dadurch verschieden, daß auf das Vollbad und besonders das Schwimmbad ebenso verzichtet wird wie auf die sportlichen Übungen und Spiele, mit denen eine körper- liche Bewegung und Anstrengung verbunden ist; an deren Stelle tritt eine allerdings ganz raffiniert ausgeübte Massage, d. h. ein systematisches Kneten, Streichen, Zerren, Dehnen, Reiben, Klopfen, Bewegen aller Muskeln und Glieder, worauf der ganze Körper frottiert, abgeseift und gewaschen wird, eine Arbeit, welche — wenn auch sehr nebensächlich — schon bei den Römern von eigenen Tractatores ausgeführt wurde. Übergießungen, welche allmählich kälter werden, dienen zur Abkühlung und zur Beendigung des Schwitzens; einige Badewannen pflegen wohl vorhanden und bereit zu sein, werden aber durchaus nicht immer beim gewöhnlichen Bade benutzt, sondern meist nur in Krankheitsfällen. Die Badeanstalten sind bisweilen doppelt mit getrennten Abteilungen für Männer und Frauen (tschifte-hammäm = Doppelbad), in den weitaus meisten Fällen dagegen einfach; dann baden die Geschlechter zu verschiedenen Zeiten, und ein über der Tür ausgestecktes rotes Tuch zeigt an, daß das Bad eben von den Frauen benutzt wird. Der Eingang führt alsbald in den großen, mit einer Kuppel überwölbten Hauptraum (türkisch dschämekjän, arabisch meschlakh oder meschiah), in dessen Mitte ein Springbrunnen (tscheschme, faskije) sich befindet, an den Wänden einige Ruhebänke (soffa, diwän) und ein Platz für den Kaffeewirt (kahwetschi). Die Beleuchtung erfolgt durch zahlreiche weiße und bunte Glas- warzen, welche in das Gewölbe eingesetzt sind. Hat man sich hier entkleidet, ein Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 12 178 Tuch (peschtimäl) um die Hüften geschlungen und ein Paar Holzpantoffel mit zwei Füßen (nalin, kabkab) angezogen, so geht man in einen mit Ruhebetten ver- sehenen Mittelraum (söükluk = kühler Raum, Wustäni oder Bet-el-awwel), der schwach geheizt ist und im allgemeinen zum Übergang aus der kalten in die heiße Luft und umgekehrt auf kurze Zeit benutzt wird, bei kaltem Wetter überhaupt als Auskleideraum dient. Hat man hier 5 — 10 Minuten geweilt, so geht man in das eigentliche Schwitzbad (halvet, harära), wo die Temperatur auf etwa 48 0 gesteigert ist; dieser Raum ist in der Regel mit einer Kuppel überwölbt und am besten aus- gestattet, wenn möglich mit Marmor und Fayencen. Auf Leintüchern, die auf den Ruhebänken ausgebreitet werden, läßt man sich nieder, wartet den Schweiß ab, wird nunmehr massiert, mit Filzlappen oder Bastwisch frottiert und vollständig ab- geseift, darauf in einem der anstoßenden Gemächer (hanefiye), wo sich auch Bassins oder Wannen befinden (martas), mit Wasser von abnehmender Temperatur wieder- holt übergossen und mit Tüchern um Hüften und Kopf, in ein Badelaken gehüllt, nach dem ersten Raum (dschämekjän, meschiah) auf das Ruhebett zurückgeführt, wo sich der Orientale mit höchstem Behagen seiner Lieblingsbeschäftigung, dem stundenlangen Nichtstun, hingibt; eine Wasserpfeife (nargile), kühles Wasser und kalte Limonade, Kaffee (Kahwe) und Zigaretten erhöhen den Genuß. Ist nach mehrmaligem Wechsel der Tücher völlige Abkühlung eingetreten, so kleidet man sich an und verläßt das Bad, nachdem der Badediener sein Trinkgeld (bachschisch = Almosen) und der Besitzer des Bades (hammamdschi) sein Badegeld erhalten. Oft sind die öffentlichen Bäder jedoch aus frommen Stiftungen errichtet und stehen zur unentgeltlichen Benutzung frei, mindestens den Armen, oder sie werden aus Stiftungen unterhalten und geheizt, und der Orientale zahlt einen mäßigen Preis nach seinen Vermögensverhältnissen. Dem Fremden wird, da eine Taxe nirgends besteht, für ein Bad, das allerdings 3 Stunden und darüber währt, möglichst viel abgenommen. Zu den ältesten türkischen Bädern gehört und das älteste in Konstantinopel ist das Tschukur-Hammämi (Grubenbad, weil es zum Teil unter dem Straßen- niveau liegt). Bild 143 gibt den Grundriß und einen Durchschnitt davon.1 Es wurde von Mohammed II., dem Eroberer, 1469 erbaut und steht auf den Ruinen der Konstantins-Thermen. Man erkennt auf den ersten Blick die Doppelanlage für Männer und Frauen; jede hat nach römischem Bilde Apodyterium A, Tepidarium B und Caldarium C. Abweichend von dem orientalischen Gebrauch tritt man von der Straße her unmittelbar in den großen dschämekjän, der durch eine Anzahl kleiner Fenster und ein Kuppeloberlicht spärlich beleuchtet wird und in der Mitte den Springbrunnen enthält, und geht an den Aborten D vorüber in den söükluk (kühlen Raum) B, dessen Nischen Wandbrunnen mit kleinen Becken enthalten, ebenso das anstoßende Schwitzbad (halvet) C mit Diwan-Nischen und den kleinen Kuppelräumen für die Übergießungen. Auf der Frauenseite ist das Tepidarium und das Caldarium soviel schmäler angelegt, daß seitlich die den beiden Abteilungen gemeinsamen Heizräume H gewonnen wurden, während die beiden Apodyterien gleich groß sind. Wie Bild 144 zeigt,2 ist die Heizung ganz in der Art der römi- 1 Vergl. Beylie, l’habitation byzantine. Paris 1902. 2 Nach Beylie a. a. O. und Texier, architecture byzantine 179 sehen Hypokausten und mit tubulierten Wänden gemacht. Die Ausstattung des Baues, der außen rund 37 zu 48 m mißt, muß überaus prächtig gewesen sein, so daß Pierre Gilles, der ihn im 16. Jahrhundert sah, ihn als das schönste Bad von Kon- Schnitt e t. O 40 20 •jo * o Bild 143. Tschukur-Hammämi in Konstantinopel. stantinopel bezeichnet. Es wurde durch Erdbeben i. J. 1592 stark beschädigt, aber wiederhergestellt, und i. J. 1763 fast ganz zerstört, so daß es nach aber- maliger Erschütterung i. J. 1792 außer Betrieb gesetzt und geschlossen werden mußte, aber in diesem Zustande noch heute besteht. Als ein Beispiel, wie die öffentlichen Bäder, welche nicht Thermen waren, in Rom wie in Byzanz wahr- 12* 180 Bild 144. Heizung des Tschukur-Ham- mämi in Konstantinopel. scheinlich disponiert gewesen sind, hat dieses Bad Mohammeds für uns einen nicht unbedeutenden Wert. Aus der Zeit der türkischen Herrschaft in Athen haben sich daselbst trotz fortschreitenden Verfalls zwei Bäder erhalten, deren eines Bild 145 im Grundriß und Schnitt darstellt.1 Von einem Vorhofe aus ge- langt man sogleich in den Auskleideraum E (dschä- mekjän), wo an der Tür links ein Platz für den kahwetschi und den Aufseher und Geldeinnehmer (tesgiachdar) und auf dem erhöhten Podium D die durch Vorhänge abgeteilten Plätze für Ruhebetten sich befinden; der Springbrunnen steht in der Mittel- achse der Baderäume. Hieran schließt sich ein kleinerer Auskleideraum F, der offenbar nachträg- lich angebaut und für solche Gäste bestimmt ist, die sich aus irgendwelchem Grunde absondern wollen, was der Orientale im allgemeinen nicht kennt; auch hier finden sich die Podien D für Ruhebetten. Obwohl also der Auskleideraum zweimal vorhanden ist, müssen die Geschechter behufs Trennung zu verschiedenen Zeiten baden. Von hier geht man in den Vorraum P, an den sich der Abort und ein ungeheiztes Nebengelaß C anschließt, in den Hauptraum L, der mit einer teilweise auf zwei Halbkuppeln sich stützenden hohen Kuppel überdeckt ist und nur durch die eingesetzten Glasaugen mäßig Licht empfängt. Wesent- lich höhere Temperatur herrscht in den beiden anstoßenden Ge- mächern H, welche mit Hei- zung reichlich versehen sind. Überall sind Wandbrunnen angebracht, deren warmes oder kaltes Wasser zu den Über- gießungen dient und in Ton- rohren zugeleitet und verteilt wird; die Massage wird in A vorgenommen. Von dem Feuer- raum P aus wird der Kessel K geheizt, unter welchem von a bis a die punktierten Rauch- kanäle münden, welche einzeln über Dach geführt sind. Darin besteht die ganze, aber völlig ausreichende Heizvorrichtung, die so viel Wärme liefert, daß durch Ausgießen von Wasser auf den Fußboden noch der erforderliche 10 Bild 145. Türkisches Bad in Athen. 15' 1 Allg. Bauzeitung. Wien 1847. R. v. Waldheim. 181 Dampf erzeugt wird, und man auf dem stark erhitzten Boden nur in Holz- pantoffeln gehen kann. Als Beispiel eines arabischen öffentlichen Bades möge folgen das Hammäm zu Baalbek in Syrien; Bild 146 gibt davon einen Grundriß nebst Durchschnitt.1 Von einer engen Straße aus betritt man durch einen Flur 1 in der auch für Bild 146. Hammäm zu Baalbek (Syrien). mohammedanische Wohnhäuser charakteristischen, mehrfach gebrochenen Form, welche das Hineinsehen verhindern soll, den im Aufbau bedeutend hervorgehobenen Auskleideraum (Meschiah), in Syrien meist Berani genannt. An seine vier Seiten schließen sich in tiefen Nischen die mit Polsterbänken zum Auskleiden und Ruhen ausgestatteten, 90 cm über den Fußboden gehobenen Liwane 3 an. Einfach ge- 1 Die Aufmessung und photographische Aufnahme dieses Bades verdanke ich meinem Reisegefährten, Herrn Reg.-Baumeister v. Lüpke. — 182 — musterter Marmorfußboden und ein stattliches Wasserbecken 4 (Bachara) mit Springbrünnlein (5) bilden die einzige Zierde des bis zum Scheitel der kleinen Kuppel fast 15 m hohen Berani, von welchem Bild 147 eine innere Ansicht gibt. Eine Treppe führt zu dem geräumigen Umgang über den Liwanen, wo die Badewäsche getrocknet wird. Der ganze obere Aufbau dieses Bauteils, der einst mit einer Kuppel überwölbt war, stammt aus neuester Zeit und hat jeden Anklang an die orientalische Bauweise abgestreift (s. Bild 148). — Nur mit einem Lendenschurz und Stelz- schuhen bekleidet, geht man durch den schmalen Gang (6), an dessen einem Ende ein unnütz großer Vorraum (7) mit Aborten (8) (Bet-el-moie), Bachara (9) mit kaltem Wasser und Kaffeeherd (10), am anderen Ende ein unbenutzter kleiner Kuppelraum liegt, in das Wustäni (12). Dieser durch Fußbodenheizung mäßig erwärmte, mit Ruhebänken und zwei niedrigen Wasserbecken (Fastije) (13) ausgestattete Raum ist 183 für empfindliche Badegäste und bei kalter Witterung1 überhaupt der Auskleide- raum, sonst die Zwischenstation beim Betreten und Verlassen des Schwitzraumes Bet-el-harara (14), der unmittelbar folgt und die aus Bild 143 bekannte typische Form hat. Hier in der dampferfüllten heißen Luft streckt man sich auf dem etwas erhöhten Liwan (15), in den Achtecksnischen oder sonst neben einem der Marmor- becken in den Nebenräumen (Ma'sura) (16) auf dem Fußboden nieder. Bald er- Bild 148. Hammäm zu Baalbek. scheint der Bademeister (abu kis oder abu säbün), um den Körper zu kneten, zu reiben, abzuseifen und mit Wasser abzugießen, das von dem im Gefälle liegenden Fußboden schnell abfließt. In der Ma’sura (17) befindet sich hinter einer halb- hohen Wand ein heißes Vollbad, in dem man zwar tauchen, aber nicht sich aus- strecken kann. Ist die Badeprozedur beendet, so geht man, in ein Badetuch gehüllt, 1 Baalbek liegt ca. 1200 m hoch am Antilibanon und hat im Winter oft längere Zeit hindurch Schnee. 184 Bild 149. Hammäm zu Baalbek (Berani). Bild 150. Hammäm zu Baalbek. Rücken der Kuppeln und Gewölbe mit den Glasaugen 185 ein anderes Tuch zum Turban um den Kopf geschlungen, in das Berani zurück, wo andere Gäste bereits mit Nargileh und Kahwe beschäftigt sind; s. Bild 149. In die Kuppelgewölbe sind zahlreiche, zu Sternen oder anderen Mustern geordnete Glaswarzen eingesetzt, welche eine mäßige Beleuchtung gewähren (s. Bild 150). Außer HAMM AM* EL-K1SCHANI • AK BASAR* ZU -DAMASCUS . 5CHN1TT A B. !-* 1 i ■ i- i i l i--i— !■■■ i I- I -l -l - \ * <• s 6 n | ' MM 11 II l» II« Bild 151. Hammäm-el-Kischani zu Damascus. farbig gemusterten Marmorfußböden und gelegentlich einem Stalaktitenkranz unter den Kuppeln (11) und (16) fehlt jede Kunstform an den schlicht getünchten Wänden, die durch Feuchtigkeit stark gelitten haben. In einem ruinenhaften Anbau befindet sich die zwar primitive, aber doch sehr interessante Heizungsanlage. Aus dem Raum (19) für Brennmaterial (trockener Kamelmist) führt abwärts die schräge Öffnung zum Nachschütten, während darunter der gewölbte Raum die eigentliche — 186 — Schüröffnung enthält. Der Feuerraum ist mit dünnen Ziegelplatten stark überwölbt, und darüber der Heiß Wasserkessel in Gestalt eines gleichfalls überwölbten, gemauerten, steinernen und sorgfältig geputzten Gelasses angeordnet, aus dem der Wasserdampf durch eine Maueröffnung in das Bet-el-harara einströmt, während das Badewasser von da durch Bleirohre zu den einzelnen Becken geleitet wird. In diesem Bade wird also das Badewasser in einem steinernen Behälter bis zu den höchsten Wärmegraden erhitzt. (Vergl. S. 62 und Krell a. a. O. S. 32). Die eigentlichen Baderäume (12, 14, 15, 16, 17) sind mit überwölbten Hypokausten versehen, aus denen die Verbrennungsgase durch den in der Rückwand des Berani 3 angelegten Schornstein strömen. Bild 152. Hammäm-el-Kischani zu Datnascus. Das Berani. Die wegen ihrer prächtigen Ausstattung im ganzen Orient gepriesenen Bäder von Damascus verdienen durchaus nicht alle diesen Ruf; neben dem Hammäm- el-Kischäni, dem bedeutendsten, kommen noch das Hammäm-el-Chaijätin und das Hammäm-el-Molike (ed Derwischije) wesentlich in Betracht, die übrigen nur bei recht bescheidenen Ansprüchen. Das Hammäm-el-Kischani übertrifft zwar durch Größe der Räume und Reichtum der Ausstattung des Berani und seiner Liwane das Bad von Baalbek, steht ihm aber in der Grundrißdisposition ohne Zweifel nach und hat insbesondere der reizenden Raumwirkung des dortigen reich ge- gliederten Bet-el-harara nichts an die Seite zu stellen. Die Gesamtanordnung ist jedoch die gleiche, wie Bild 151 zeigt. Der Eingang (1), durch ein hübsches Portal geziert, führt wenig zweckmäßig von einem Bazar aus direkt in das Berani (2), dessen Mittelraum mit hoher Pendantifkuppel überwölbt ist, unter deren Scheitel 187 ein großes Bachara (7) sich befindet, während die Rückwände der Liwane (3) teil- weise mit reicher Fayencebekleidung bedeckt sind; der Fußboden ist in buntem Marmor reich gemustert. Bei (5) ist die Kasse, in (6) der Kaffeewirt, in (8) die Treppe untergebracht, welche zu dem um die Kuppel gelegenen flachen Dach, dem Wäschetrockenplatz, führt. Auf den Liwanen sind die einzelnen Ruhebetten durch Vorhänge voneinander getrennt (s. Bild 152). Ein kleines Gewölbe (9), in welchem man sich nach dem Schwitzbade einige Eimer kalten Wassers aus dem Bachara (11) über- gießen lassen kann, bildet den Durchgang zum Wustäni (10), an das sich links ein kaltes Vollbad mit Douche (13) und — sehr häßlich — die Aborte (12) anschließen. Es folgt das große, kuppelbedeckte Bet-el-harara (14) mit einem Podium in der Bild 153. Hammäm-el-Kischani zu Dmascus. Das Berani. Mitte zum Ruhen und mit auf drei Seiten anstoßenden Ma'sura (17), zahlreiche Becken enthaltend, und dem Martas (19). Der kleine Kuppelraum (16) dient der im Orient weit verbreiteten Sitte, mit Hilfe eines Breies von Kalk und anderen Substanzen die von der Kleidung bedeckte Behaarung des Körpers zu beseitigen, wozu im Flammäm von Baalbek eins der Ma'sura benutzt wird. Von dem Ge- samteindruck des Bades, den die vielen hängenden Petroleumlampen keineswegs steigern, gibt Bild 153 eine Vorstellung; Bild 154 zeigt einen Teil der Fayence- bekleidung. Im übrigen ist die Bauart, die Beleuchtung in den Kuppeln und die Ausstattung der Baderäume die gleiche wie in dem Baalbeker Bade; die Fleizungs- einrichtung, die nicht zugänglich war, dürfte nach Lage des Schornsteins von jener kaum wesentlich verschieden sein. Bei dem Vordringen der Muhammedaner nach Afrika und nach Spanien 188 fanden sie überall und in großer Zahl römische Badeanlagen vor, welche sie ohne weiteres ihren Badegewohnheiten dienstbar machten. Als unter dem Khalifen Omar i. J. 640 Alexandrien erobert und unter anderem auch die dortige Bibliothek des Serapeum zerstört wurde, sollen mit deren Büchern die 4/1/10 Bäder der Stadt sechs Monate lang geheizt worden sein — zweifellos eine echt arabische Über- treibung nach zwei Seiten hin! Indessen läßt diese Fabel doch auf eine große Zahl von Bädern in der Stadt schließen. Mit dem Aufblühen der arabischen Wissenschaften zu Anfang des 8. Jahrhunderts gewann die Erkenntnis des hygienischen Wertes der Bäder gerade in dem heißen Klima Nordafrikas mehr an Boden, und die einsichtigen Sultane wie Ahmed-Ibn-Toulun, Beybars u. s. w. Bild 154. Hammäm-el-Kischani zu Damascus. Fayence- Bekleidung. trugen dem öffentlichen Badebedürfnis Rechnung, indem sie eine ganze Anzahl von prächtigen Bädern errichteten, die jedoch unter türkischer Herrschaft meistens zugrunde gegangen sind. Trotzdem nimmt gegenwärtig auch Ägypten für sich den Ruhm in Anspruch, die schönsten, bequemsten und am besten eingerichteten Bäder des ganzen Orients zu besitzen. Wenn auch dies übertrieben ist, so bleibt doch anzuerkennen, daß wenigstens in den großen Städten Ägyptens und Nord- afrikas eine große Zahl brauchbarer Bäder gefunden wird, unter denen die von Kairo besonders genannt zu werden verdienen. Die Bäder von Kairo entstammen freilich erst einer späteren Zeit und sind ausgesprochene Dampfbäder, in denen der Dampf von offenen Kesseln in den Schwitzraum (harära) und einige Nebenräume unmittelbar eingeleitet wird, wie in dem Hammäm zu Baalbek. 189 Betrachten wir zunächst die Haus bä der. Bild 155 stellt ein Privatbad aus Kairo in Grundriß und zwei Schnitten dar.1 Neben dem Entree E, an das der Vorraum V mit Abort stößt, liegt der Auskleide- und Ruheraum A mit Ruhebett S. Der Schwitzraum H ist mit Badewanne und Wandbrunnen versehen, welche das warme Wasser aus dem Kessel K beziehen; dieser befindet sich ganz wie bei den römischen Hausbädern über der Feuer- stelle F, von welcher die Hypokausten- anlage mit beheizt wird, und sendet seinen Dampf durch die Öffnung D unmittelbar in den Schwitzraum. Die flach gewölbten Decken sind in Gipsguß hergestellt und oft eigenartig reich dekoriert, wobei die für den Lichteinfall eingesetzten Glocken aus buntfarbigem Glase in den ornamen- talen Mustern besonders betonte Punkte bezeichnen.2 Die Wände sind meist schlicht geputzt und leicht gefärbt, die Wandbrunnen von Marmor; die Innentüren — meist recht klein — sind mit rotem Tuch bespannt, von dem sich die groß- köpfigen blanken Messingnägel gut ab- heben. Während in diesem Falle die Hei- zungs- und Wassererwärmungs-Einrichtung noch ganz nach römischem Muster ge- troffen ist, sind die meisten ägyptischen Bäder wegen des äußerst milden Klimas des Landes in dieser Beziehung einfacher bedacht. Bild 156 gibt die Feuerungs- anlage eines modernen Bades im Quartier Nahassin zu Kairo wieder. Aus dem Feuer- raum V, in welchem trockener Mist und Straßenkehricht verbrannt wird, dessen Asche in Z gesammelt wird, ziehen die Feuergase nach den vier Schornsteinen R und in den Kuppelraum L, wo die vier zylindrischen Kessel K stehen; diese von Blei, 1,80 m hoch und 0,75 m weit, endigen oben bündig mit einem Gewölbe, welches den Raum M gegen die Feuer- gase abschließt und nur die Kesseldämpfe nach M gelangen läßt. Warmes Wasser 4 X l V 5 Bild 155. Privatbad in Kairo. 1 Nach Handb. d. Arch. II, Bd. 3, zweite Hälfte mit Genehmigung des Verlages A. Bergsträsser. 2 Franz-Pascha hat im Handb. d. Architektur, II. Teil, 3. Band, zweite Hälfte, 2. Aufl., S. 162 mehrere sehr reizvolle Decken dieser Art veröffentlicht. — 190 — und die Wasserdämpfe werden von hier in die tiefer liegenden Baderäume geleitet; so ist z. B. der Raum N die Hanefiye des Bades, die durch ein kleines Decken- licht in der Kuppel eine äußerst spärliche Beleuchtung empfängt. Unter den öffentlichen Bädern finden sich in Ägypten auch Doppelbäder; Bild 157 stellt ein Beispiel davon dar aus dem Stadtbezirk Surugieh zu Kairo,1 ein Bad GRUNDRISS T.T. SCHNITT C-H. O Z * 6 8 40 Bild 156. Feuerungsanlage eines Bades zu Kairo. mit nahezu gleichen Abteilungen für Männer und Frauen, das sich aber z. B. von dem Konstantinopeler Tschukur-Hammäm dadurch unterscheidet, daß es zwischen Häusern eingebaut ist. Der den Einblick hindernde, gebrochene Eingang C bis A führt in den mit breiten, zum Ruhen bestimmten Liwänen versehenen Meschlakh E, dessen für ein Oberlicht erhöhte Mitte mit einem Springbrunnen geziert ist. Ein gleich- falls gebrochener Gang F, an dem die Aborte liegen, leitet in den leicht angewärmten 1 Nach Handb. d. Arch. a. a. O. S. 161 mit Genehmigung des Verlages. 191 Vorraum (Bet-el-awel) G, der wieder mit der durch Dämpfe stark erhitzten Harära in Verbindung steht. An diesen kuppelgedeckten Raum stoßen als Nebenräume die Hanefiyen und die mit Badewannen versehenen Makdas oder Martas. Bei D befindet sich von einer Nebenstraße her der Eingang zu der nicht viel kleineren Bild 157. Doppelbad im Bezirk Surugieh in Kairo. Frauen-Abteilung. Die heißen Baderäume sind mit Marmorfußboden und niedriger marmorner Wandbekleidung versehen; auch kann man daselbst an vielen Stellen warmes und kaltes Wasser für die Übergießungen abzapfen. Wie überall in den Bädern des Orients darf der Kaffeewirt nicht fehlen. Eines der schönsten und vielleicht architektonisch das bedeutendste Bad von Kairo ist das leider stark verfallene, jetzt nicht mehr benutzte des Mamelukken — 192 — Sultans Mahmudi Melek-el-Mo’ayyad, dessen Grundriß Bild 158 darstellt.1 Es ist mit der Moschee desselben Sultans verbunden und von zwei Seiten zugänglich. Der Haupteingang A, an den eine große öffentliche Abortanlage H stößt, geht in den stattlichen Meschlakh B, dessen vier Seiten tiefe Liwane einnehmen. Ein Gang (mit Aborten) führt an dem Bet-el-awel D vorüber zu dem Schwitzraum E, der sich nach den beiden kleinen Hanefiyen und den vier großen Martas F und G öffnet. Von der Raumwirkung und dem Reichtum der einstigen Ausstattung gibt ////// ////////// ////////// | A/y/yy/y/A | 1-1 II 1 1 1 11 o 5 40 %0 Bild 158. Bad des Sultans Mahmudi Melek-el-Mo’ayyad in Kairo. Bild 159 2 mit der Ansicht des Mescklakh und seiner prächtig dekorierten, auf Stalaktiten-Pendantifs ruhenden Kuppel eine Vorstellung; vor dem Kuppelpfeiler stehen noch die Reste des in Holz geschnitzten Häuschens, in welchem der Kaffee- wirt untergebracht war. Der Bau ist im Anschluß an die gleichnamige Moschee in der Zeit von 1414 bis 1421 errichtet worden. Die technischen Einrichtungen des Bades sind nicht mehr erhalten; nach einer Beschreibung des Abd-el-Latif soll 1 Nach Prisse d'Avennes, art arabe. Paris 1877. S. 147. Morel & Co. 2 Nach Handb. d. Arch. IV, 5, 3, S. 33, mit Genehmigung des Verlages A. Kröner. 193 man, um die Wärme zusammen zu halten, auf die Feuerstelle ein großes Quantum Salz geschüttet haben, ein Verfahren, dessen Wirkungsweise nicht klar ist. Bild 159. Meschlakh im Bade Sultan Mo’ayyad zu Kairo. Reichlich so groß wie das eben genannte, aber weniger aufwendig in der Ausstattung, ist ein anderes öffentliches Bad, das Hammäm - el - Beschtäk zu Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. io 194 Kairo,1 dessen Grundriß Bild 160 gibt. Von einer Gasse aus steigt man auf einigen Stufen zu dem ca. 1 m tiefer liegenden kleinen offenen Vorhofe (1) hinab und steht vor dem mit reicher farbiger Marmor-Inkrustation ausgezeichneten Portal des im äußeren sonst völlig schmucklosen Baues (s. Bild 161). Unter einer eckig umgrenzten, reich gefalteten Muschel betritt man durch die mit leichtem Kielbogen geschlossene Tür einen kleinen Vorflur (2) und gelangt von hier seitlich weiter im rechten Winkel in den über 10 m im Geviert großen Auskleideraum (3). Auf den vier Ecken des großen, außen quadratisch, innen achteckigen Bachara (6) erheben sich vier Holz- stützen, welche die in 6 bis 7 m Höhe liegende, unverputzte horizontale Balken- decke tragen, deren Mitte von einem La- ternen-Aufbau durchbrochen ist. Drei Seiten dieses Berani (3) öffnen sich zu etwa je 2/3 als niedrige, ebenfalls mit wagerechter Holz- decke abgeschlossene Liwane (4) von ca. 2,3 m lichter Höhe, deren Fußboden als Podium ca. 80 cm über das Niveau des Raumes gehoben ist und nur an der vierten liwanlosen Seite (5) stärker, sonst nur schwach in den Mittelraum vorspringt. Der eine der Liwane ist durch eine Zwischenwand und durch vordere Glasverschläge in zwei abgesonderte Kabinette geteilt. Das letzte Drittel der drei Baraniseiten wird einge- nommen durch den Flur (2) und zwei Räume (8) für Geräte, Wäsche und die Treppe zu den über den Liwanen gelegenen Trocken- böden, welche mit dem Mittelraum durch große verglaste Fenster in Verbindung stehen. Die geringe Höhe der ziemlich dunklen Liwane, die spärliche Beleuchtung und die äußerst einfache Ausstattung lassen eine befriedigende Raumwirkung nicht auf- kommen. — Durch einen tonnengewölbten Gang (9), an welchem links der Abort (10) Hegt, gelangt man in das Wustäni (11), das ganz ohne Bachara ist, und das ebenso wie der nebenliegende große Raum (16), sowie die Räume (10, 13, 19, 20) durch leichte, mit zahlreichen, helles Licht spendenden Öffnungen versehenen Pendantifkuppeln abgedeckt ist, während die drei Nischen mit den Ruhebänken (12) wie auch die entsprechenden Liwane (15) des Bet-el-harara (13) von Gurtbögen bezw. Tonnengewölben überspannt sind. Der Schwitzraum (13), durch einen engen Gang mit Raum (11) verbunden, stellt sich als Viereck mit abgestumpften Ecken dar, auf allen vier Seiten durch die mehr oder minder tiefen, um eine Stufe erhöhten Liwane (15) erweitert; seine 1 Die Aufnahme stammt von Reg.-Baumeister Th. v. Lüpke, der sich für die absolute Genauigkeit der Maße in diesem Falle jedoch nicht verbürgen möchte. HAMA\AM-EL-BESCHTAK • ZV- KAIRO u t/t n < C 5 195 Mitte bedeckt ein ca. 80 cm hohes Podium (14) zum Ruhen, auf welchem ein weiterer kleiner Mittelaufbau als Lehne dient Dieses Podium und der ganze Fuß- boden des Bet-el-harara ist durch einen Marmorbelag in reicher schöner Musterung und Farbengebung ausgezeichnet. Die anschließenden Waschräume (16), ein großer und zwei kleine, sind mit Laufbrunnen (18), Wasserbecken, einer außerdem mit einer Douche ausgestattet. Endlich stehen mit dem Schwitzhause noch zwei Voll- bäder in Verbindung, deren eines nur für heißes (19), das andere dagegen für Bild 161. Portal des Hammäm-el-Beschtak zu Kairo. heißes und kaltes Wasser (20) eingerichtet ist. Um eine ausreichende Wassertiefe zu gewinnen, ohne auf die Bodenentleerung der Bassins verzichten zu müssen, ist der Fußboden dieser Räume um etwa 1 m gehoben. Selbstverständlich sind in einer Stadt wie Kairo die Ansprüche an die Bäder außerordentlich verschieden, und dem haben die Einrichtungen Rechnung zu tragen. Bild 162 zeigt das Innere des Schwitzraumes aus dem Bade Ab bas Pascha; es ist ein Kuppelraum, der nach vier Seiten durch Liwane, um eine Stufe erhöht, erweitert ist und in der Mitte das Ruhepodium enthält. In den Gewölben sitzen die bekannten Glasaugen für die spärliche Beleuchtung. Zwischen den Liwanen 13* 196 in den Ecken befinden sich die Waschräume. Fußboden und Wände sind völlig schmucklos, wie denn überhaupt die Ausstattung dieses Bades recht einfach ist. Wie in Kairo, so hat man auch im übrigen Ägypten und allgemein in ganz Nordafrika in allen größeren Städten Bäder nach orientalischer Art, z. T. in altrömischen Bädern eingerichtet. Sogar bis nach Spanien haben die Muhammedaner ihr Badewesen getragen. In ihrem bedeutendsten Bauwerk daselbst, in der maurischen Alhambra zu Granada (begonnen i. J. 1136, vollendet wahrscheinlich i. J. 1231) findet sich zwischen dem sogenannten Myrtenhofe und einem kleineren Schmuck- hofe die Badeanlage; in Bild 163 ist der betreffende Teil des Grundrisses dar- Bild 162. Schwitzraum im Bad Abbas Pascha zu Kairo. gestellt. Das Bad besteht aus einer Reihe von Räumlichkeiten für kalte und für Schwitzbäder, unter denen am wertvollsten der mit Bassin und Springbrunnen, mit niedrigen Estraden und Tribünen (vielleicht für Musiker) ausgestattete Meschlakh ist, dessen eigenartig schöne Raumwirkung und Dekoration Bild 1 64 1 veranschaulicht. In den zugehörigen Gemächern waren zwar die Fußböden und teilweise auch die Wände mit Marmor inkrustiert, aber trotz arger Zerstörung des Ganzen kann man doch erkennen, daß hier dem Bade nicht dieselbe Bedeutung beigelegt wurde, wie bei den römischen und orientalischen Bädern; es ist 'durchaus nicht geräumig und so wenig luxuriös, daß dies Bad jedenfalls als der einfachste Bauteil der 1 Nach einem Aquarell, dessen Wiedergabe Prof. A. Haupt verdankt wird. — 197 — Alhambra zu bezeichnen ist. Technisch interessant ist es, daß die Heizungsein- richtungen hier dieselben sind wie bei den römisch-orientalischen Bädern. Auch Thermalbäder sind von den Mauren auf der hispanischen Halbinsel angelegt und benutzt worden. Im nordöstlichen Portugal bei Lamego findet sich an den Thermalquellen von Caldas de S. Pedro do Sul ein altes Badegebäude, welches laut Inschrift schon i. J. 1169 existiert hat, in seiner jetzigen Gestalt der architektonischen Ausbildung nach vielleicht erst ums Jahr 1500 gebaut sein dürfte.1 Man sagt, daß es ursprünglich nach dem Vorbilde des Bades am Teich Bethesda beim Schafhause zu Jerusalem (Ev. Johannis 5, 2) angelegt und mit fünf Hallen aus- gestattet gewesen sei; der jetzige Bau (s. Bild 165 u. 166) enthält in dem Hauptraum ein von drei Stufen begrenztes Badebassin, in welches das Thermalwasser durch einen Tierkopf als Wasserspeier geleitet wird. Ringsum zieht sich ein Umgang, den eine steinerne Brüstung von 1 Elle Höhe mit darauf stehenden viereckigen Pfeilern und Steinbalken von dem Bassin trennt; auf jeder Seite hat die Brüstung einen Durchgang zum Bassin. Fünf Bogenöffnungen führen von außen auf den Umgang: auf der Nordseite liegen drei, deren mittlere zu einer Nische (vermutlich zum Auskleiden) gestaltet ist, während die beiden anderen in einen Nebensaal gehen; östlich schließt sich eine kleine Kapelle der „Mutter Gottes von der Gesund- heit" an, und im Westen bildet ein ornamental umrahmtes spitzbogiges Portal den Haupteingang. — Dieses Bad war nur für Männer bestimmt; ganz in der Nähe befand sich das Frauenbad und unmittelbar über der dampfenden Quelle das 1 Nach Arte Portugueza. Revista illustrada de archeologia e arte moderna. Lisboa 1905. S. 19 und nach Angaben von Prof. A. Haupt. 198 Bild 164. Bad der Alhambra in Granada. Meschlakh 199 ‘$1 ' ;•!* ? : 0,315-,- > I 1 Abb. 1. Wand- Abb. 5. Querschnitt B-C. Abt». 0. Grundrifs in Höhe R~ F. Bild 190. Judenbad in Friedberg, 16* 244 schub des großen Halbkreisbogens (im Schnitt g — h punktiert) auf die Außen- wand zu übertragen. Die sechs Löcher yy werden das Lehrgerüst des Gewölbes aufgenommen haben. Der Bau dürfte im Anfang des 1 3. Jahrhunderts entstanden sein, worauf die wenigen Kunstformen hinweisen. Historische Nachrichten fehlen. Von den vorigen Beispielen wesentlich verschieden und künstlerisch viel bedeutender und geräumiger ist das Judenbad zu Friedberg1 (Prov. Oberhessen), welches fast 25 m tief in den Boden hinabreicht und deshalb eine besonders sorg- fältige Anlage der Treppe erforderte. Wie in Bild 190 der Grundriß, Abb. 6, und Bild 191. Judenbad in Friedberg. Detail. der Querschnitt, Abb. 5, zeigen, tritt man durch das noch erhaltene Portal D des restaurierten gewölbten Vortreppenbaues ein und gelangt 4,85 m tiefer durch die Tür A in den Baderaum vorüber an einer jetzt verschütteten Öffnung G, die vielleicht in einen Auskleideraum geführt hat. An den Wänden des quadratischen 3,28 m weiten Baderaumes führt eine Treppe von 1 m Breite und von fünf Läufen zu je elf Stufen, welche unter einhüftigen Bögen in Wandnischen liegen, zu einem kleinen Vorplatz vor dem Wasserbassin hinab. Auf den Eckpodesten der Treppe stehen unter den Bogen-Anfängern zierliche Freisäulen, welche in Wirklich- keit nichts tragen, weil mächtige Quaderplatten über ihnen die Last der einhüftigen Bögen aufnehmen; die Ecksäulchen und die entsprechenden Wandkonsolen siehe in Bild 191. Der Bau beginnt auf dem unregelmäßig abgerichteten Basaltfelsen und ist ganz in Sandstein errichtet. Das Gemäuer ist von einigen Kanälen durch- zogen, welche nahe am Boden des Bassins in einer Öffnung von 0,55 m Breite, 2 Vergl. Denkmalpflege. Berlin 1902. Wilh. Ernst & Sohn. — Dieffenbach, Denkm. deutsch. Bauk. Darmstadt 1856. 245 Bild 192. Judenbad in Friedberg. 246 0,37 m Höhe und 0,48 m Tiefe münden; es ist deshalb anzunehmen, daß sie dazu bestimmt waren, dem Bade Tagewasser zuzuführen, woraus sich die sehr stark schwankende Höhe des Wasserstandes um mehr als 3 m erklärt; bisweilen erreicht das Wasser das 4,37 m hoch liegende zweite Podest. Die mittlere Tem- peratur des Wassers soll nur 6° R. betragen, bedurfte also der Steigerung durch heißes Wasser dringend, um den badenden Frauen erträglich zu sein. Die Be- leuchtung erfolgte durch die 1,20 m weite Rundöffnung des Deckengewölbes. Bild 192 gibt einige Ansichten aus dem Baderaum nach Zeichnungen des Archi- tekten H. Kratz, der die Wiederherstellung des Bades 1902 bis 1903 geleitet hat. Wie die Details von Bild 193 und 191 erkennen lassen, stammt der Bau nach «Abb. 2. Eckdienst. Abb. .3. T ntere Säule und Laubwerk. Canitell- \ Bild 193. Judenbad in Friedberg. Details. seinen Kunstformen, besonders den Rundsäulen mit Blattwerk auf Kelchkapitellen, den charakteristischen Basen und Konsolen, den spitzbogigen Wandnischen und dem gefälligen Portal aus der frühgotischen Periode; und ist nach identischen Steinmetzzeichen gleichzeitig mit der Liebfrauenkirche zu Friedberg erbaut. Man würde es schon danach um die Mitte des 1 3. Jahrhunderts datieren müssen, wenn nicht überdies noch in der Nähe der Tür A die Zahl MCCLX eingehauen wäre, welche offenbar das Jahr der Erbauung (1260) angibt. Auch hebräische Buch- staben und Inschriften sind darin gefunden, von denen jedoch nur eine lesbar ist: Jizchak Kublenz (Isaak Koblenz), vermutlich der Name des Gründers oder Vor- stehers der Gemeinde aus der Erbauungszeit. Urkundlich erwähnt wird es erst 1350, als Ulrich v. Hanau den »Scheffen und Rad und gemeiner Stadt zu Fried- berg“ die Judenschule, das Judenbad, alle Judenhäuser und Hobestede verkauft. 247 Wie Thomas Murner in seiner „ Badenfahrt« die Vorgänge im öffentlichen Bade allegorisch auf Sünde, Buße und Strafe bezogen darstellt, so existiert für die Juden ein Gegenstück dazu in der allegorischen Satire: „Der Jüden Badstub" von Adr. Warnerus. Ursell 1606 (Scheibles Schaltjahr, Bd. 3, Stuttgart 1847). Darin werden die Geldgeschäfte der Juden gegeißelt, die eine Badestube eröffnen und jeden Gast vom Gelde reinigen; wer reich eingetreten ist, kann es erleben, arm wieder herauszukommen. Als zu Ende des Mittelalters die besitzenden Klassen für den Verlust der Bade- stuben sich dadurch schadlos hielten, daß sie die naturwarmen Quellen und die Mineral- bäder aufsuchten, entwickelte sich nicht etwa ein neuer Zweig des Badewesens, sondern diese längst bekannten Bäder kamen damit nur allgemein in Gebrauch. Denn bekannt und benutzt waren diese, die man natürliche Bäder, Badbrunnen, Wildbäder oder Heilbäder nannte, wenigstens zum Teil schon außerordentlich viel früher; so waren die Heilquellen von Badenweiler, Baden-Baden, Niederbronn im Elsaß, Wiesbaden wahrscheinlich schon vor der Römerzeit von den Deutschen benutzt; sicher von den Römern, und nachdem man aus Italien gehört hatte, daß die altrömischen Heilbäder wieder aufgesucht würden, ahmte man es in Deutschland nach. Schon zur Merovingerzeit waren einzelne wieder im Betriebe; Karl der Große besuchte fleißig und mit größerem Gefolge die Schwefelthermen zu Aachen, und althoch- deutsche Namen wie Badün und Wisibadün (Baden und Wiesbaden) deuten darauf hin, wie frühe man an diesen Orten die Bäder kannte. Aus den Urkunden der Klöster erfahren wir öfter deren Besitz von Heilbädern; seit 786 gehörten die Thermen von Arles, seit 823 die Saline von Kissingen (Kissecke), seit 1140 das Bad Rippoldsau den Benediktinern. In einer Urkunde König Heinrichs III. von 1050 werden die Quellen von Pfaeffers (in der Schweiz) erwähnt, und am Ende des 13. Jahrhunderts war Plummers (Plombieres) im Wasgau stark in Aufnahme gekommen. Im Jahre 1358 baute Karl IV. zu Karlsbad ein Schloß und nahm dort mehrmals einen Badeaufenthalt. Zu Anfang des 15. Jahrhunderts wird Liebe- zell in Schwaben, seit 1490 Kreuznach unter den Kurorten genannt; zu Anfang des 16. Jahrhunderts sind Baden-Baden, Baden im Aargau, Baden bei Wien, Ems, Wiesbaden, Wildbad im Schwarzwald, Christofsbad bei Göppingen (Württemberg), Teplitz, Karlsbad, Gastein, Villach, Ofen, Mehadia in Ungarn, Bormio am Stilfser- joch bekannte Bäder, die von Deutschen viel besucht werden. Kissingen war 1544 als besonders vornehmes Bad längst geschätzt, ebenso Pyrmont seit 1582, und es ist nicht zu bezweifeln, daß der steigende Gebrauch der Mineral- und Thermal- bäder gerade in der Zeit des Niederganges der städtischen Badestuben diesen viel Abbruch tat und zu ihrem Verfall mitwirkte. Seit dem Anfang des 14. Jahrhunderts war insofern ein Umschwung ein- getreten, als die Heilbäder nicht nur von Kranken, sondern in ungleich höherem Maße von Gesunden oder eingebildeten Kranken aufgesucht wurden, denen die Belustigung und rauschende Vergnügung die Hauptsache war. Hier fand man alles wieder, was man in den engen Badestuben aufgegeben hatte und noch mehr. Die Kurbäder bildeten sich zu großartigen Unterhaltungs- und Vergnügungsplätzen heraus, die auch Fürsten nicht verschmähten; Friedrich III. badete 1473 in Baden- Baden, Kaiser Max 1517 und Herzog Ludwig von Bayern 1539 in Gastein. Hohe 248 städtische Beamte ließen sich Urlaub und Geldmittel zum Besuch der Bäder be- willigen; im 16. Jahrhundert folgten auch Geistliche diesem Beispiel, und es wurde Modesache und gehörte zum guten Ton, alljährlich in ein Bad zu gehen — eine Badenfahrt zu machen, wie man es nannte — ungeachtet der hohen Kosten, die damit verbunden waren. Da trieb man alle erdenklichen geselligen Freuden: man aß, trank und schlemmte nach Herzenslust, man spielte und sang, liebte und musizierte und trieb ein äußerst freies und lustiges, lockeres und in jeder Hinsicht unterhaltendes Leben. Dazu fanden sich Artisten, Gaukler und Possenreißer, fahrendes Volk, Musikanten und Sänger, aber auch manche fahrenden Fräulein als ständige Gäste ein. Im 16. Jahrhundert fing, wiederum unter italienischem Einfluß, auch die ärztliche Welt an, für die Heilbäder sich zu interessieren und zu ihren Gunsten sich zu regen. Man schrieb über ihre Anwendung vom medizinischen Standpunkte aus und veröffentlichte sogar Analysen ihrer Wässer. Weniger Bedeutung als das Baden gewann das Trinken des Wassers, obgleich auch dieses ärztlich empfohlen wurde. Es kam eine Zeit, in der die Ärzte in der Badekur ein Universalheilmittel sahen, das „alle gebrechen des leibes heilen könne", und deshalb schickte man auch arme Kranke ins Bad; sie erhielten dazu entweder ein „Wildbad-Almosen“ oder freie Bäder, wie schon 1480 in Baden-Baden das große Bad von „alters her armen eilenden menschen umb Gotteswillen allweg fry" war. Den Monat Mai hielt man nach dem Vorbilde der Italiener blindlings für die geeignetste Zeit zu einer Bade- kur, obwohl das deutsche Klima sie erfahrungsmäßig auch heute noch oft genug stört. Die Kur pflegte man in 14 Tagen zu beendigen, aber deshalb die An- wendung der Kurmittel zu konzentrieren, indem man stundenlang im Wasser blieb und eine Unzahl von „Töpflein" Wassers trank. Bald war auch in den Kurorten dieselbe Sittenlosigkeit eingerissen, wie daheim. Beide Geschlechter badeten miteinander, die Männer freilich in Badehosen, die Frauen in weiten Badehemden, aber man fand sich in größeren Bassins zusammen, in denen alles mögliche getrieben wurde, darunter vieles, was zu einer Badekur nicht gehört. Bisweilen waren in den Bassins wohl Trennungswände vorhanden, welche die Männer von den Frauen und die Mädchen von den Jünglingen scheiden sollten; indessen waren sie niedrig genug und überdies noch mit Fenstern und Türchen zur bequemen Kommunikation versehen. Ringsum liefen nicht selten Gallerien für Zuschauer, die sich mit den Badenden unterhielten und ihnen Näschereien, Blumen und dergl. zuwarfen, die die Damen mit dem Badehemd auf- zufangen pflegten. Theophrastus Paracelsus hat in seinem „Badenfahrt-Büchlein" (1566) die Darstellung eines Wildbades: In einem von hoher Mauerbrüstung und schmalem Umgang umzogenen Bassin, dessen Mitte ein reicher Laufbrunnen ziert, sitzen Männer und Frauen; auf ein Pärchen im Hintergründe zielt Amor mit dem Pfeil, im Vordergründe steht die Weinkanne. Bild 194 zeigt ein ähnliches Gesell- schaftsbad nach einem Stich von Merian von 1645. Manche besuchten des Tages 3 bis 4 Bäder, andere dehnten das Bad 6 bis 8 Stunden lang aus, einzelne kamen sogar auf 24 Stunden, und Michael Savonarola (gest. 1462) berichtet sogar von einem Wassersüchtigen, der 10 Tage hinter einander im Bade sitzen blieb. Selbst- verständlich mußte man dann im Wasser essen und trinken, wozu auf schwimmenden — 249 — Tischchen serviert wurde, und man mußte sich, was in diesen Bädern, die man deshalb auch scherzhaft „Freßbadl" nannte, die Hauptsache war, auf alle Art be- lustigen. „Außig Wasser, inne Wein, Laßt uns alle fröhlich sein/' lautet die Losung. Welche Wirkung sie bei gesunden Badegästen hatte, folgt aus einem Briefe Herzog Ulrichs von Württemberg, der i. J. 1545 seinem Sohne nach Wildbad schreibt: »Wenn auch das Bad zum allerbesten geriete, so ist keine andere Vermutung, als daß du nach solchem Bad so feist werdest wie eine Mastsau/' Das Treiben in diesen stundenlangen Bädern scheint durch einen förmlichen „Wein- Bild 194. Gesellschaftsbad in Baden bei Wien. (Nach Merian). komment“ geregelt gewesen zu sein, welcher Verstöße mit einer Kanne bestrafte nach der Baderegel: „nimm mit dir ein voll wein Kandel und bekommst du im Bad ein Handel so sei stäts willig und bereit zu bussen mit dem Kandel dein tumpheit." Wie es in so lustiger Gesellschaft hergeht, davon gibt Melchior Seibiz in seiner „Beschreibung etlicher Mißbräuche u. s. w." (1647) eine Vorstellung: „Wie es dann Brauch bei den Reichen ist, solche Badenfahrt mehr zu leiblicher Wollust denn für Krankheiten einzurichten. Manche scheuen sich deswegen nicht, ganze durchgehende Nächte zu zechen, zu schreien, zu johlen, zu rasseln und zu spielen; haben auch wohl bis an den hellen lichten Morgen Spielleut bei sich!“ Schilderungen aus bestimmten Bädern mit Illustrationen dazu sind verschiedentlich erhalten; eine der anschaulichsten gibt der Humanist Giov. Franc. Poggio Bracciolini, Sekretär 250 des Papstes Johann XXIII in einem Brief vom Jahre 1417 als Augenzeuge aus Baden im Aargau, das wegen der kochsalzhaltigen Schwefelquelle von vielen Gästen aus Deutschland, Italien und der Schweiz besucht wurde. Rings um einen großen Platz lagen die Hotels, etwa 30 an der Zahl, deren jedes für seine Gäste sein eigenes Bad hatte; außerdem gab es noch zwei große offene Bäder für die unteren Volksklassen. In allen badeten Männlein und Weiblein, jung und alt, ungeniert beisammen, unbekümmert um die keineswegs sehr störende Scheidewand, die manch- mal jedoch nur scheinbar zur Trennung der Geschlechter errichtet war, und unter den Augen von Zuschauern, denen auch der Anblick der badenden Damen nicht verwehrt war, deren Bademantel, von oben bis in die Mitte oder von der Seite offen, so daß weder Hals, noch Brust, noch Arme, noch Schultern bedeckt waren, kaum noch etwas verhüllen konnte. Förmliche Feste von stundenlanger Dauer wurden veranstaltet mit Schmausereien, Neckereien, Gesang und allerlei Ergötzung- lind Kurzweil, die nach dem Bade auf Rasenplätzen mit Spiel und Tanz fortgesetzt ward. „Alle, die lieben, alle die heiraten wollen, oder wer sonst das Leben im Genüsse findet, alle strömen hierher, wo sie finden, was sie wünschen." Freude- trunken und nur darauf bedacht, „wie sie des Lebens und seiner Freuden ge- nießen mögen," vermied jeder jegliche Störung und jegliche Unzufriedenheit mit dem Tun und Lassen des Anderen, weil man eben alles von der liebenswürdigen Seite betrachtete, lediglich um zu genießen. Seit dem 16. Jahrhundert waren die „Badenfahrten" so in Aufnahme ge- kommen, daß die Damenwelt ohne sie nicht leben zu können glaubte, daß sie — nach Guarinonius — „viel weniger als die Gänns und Enten des Wassers ge- raten" konnten und irgend eine Krankheit vorzuschützen wußten, um nur ja nicht der Badefreuden verlustig zu gehen. „Was maaßen dann die Weibsbilder sonderlich hierauff abgericht, ist niemand, der es nicht wiss, wie lustig sie ihren Männern ein Muttersucht für und das Wildtbad einbilden, und denselben ein waxene Nasen traeen künden." Oft genug reisten die Damen allein, die vornehmen Mütter mit heiratsfähigen Töchtern, und trieben unerhörten Aufwand nach jeder Richtung hin, während der Mann zu ihren Gunsten der hohen Kosten wegen sich das Vergnügen versagen mußte: „Der Mann schafft Tag und Nacht, badet in seinem Schweiß, „Alles die Frau verzehrt in ihrem Bad mit Fleiß" so lautet ein Vers aus dem Ende des 17. Jahrhunderts. Schließlich bildete jedoch die Badenfahrt, trotz der unverkennbaren moralischen Gefahren für die Frauen, einen so begehrten Luxus, daß im 18. Jahrhundert die Braut sich wohl die jährliche Badereise im Ehekontrakt festschreiben ließ, um gegen Launen des Gatten ge- sichert zu sein. So ließen sich z. B. Bräute aus Frankfurt a. M. gern den Besuch von Schwalbach garantieren, von dessen Brunnenanlage Merian ein Abbildung über- liefert hat Die Männer mußten auf das Badfahren verzichten, und da man auch daheim nicht mehr baden konnte, es wenigstens für das ärmere Volk ausgeschlossen war, so ging das Baden allmählich mehr und mehr zurück und hörte schließlich überhaupt fast ganz auf. Neben den allgemeinen Heilwirkungen der Wildbäder wurde ihnen auch die Eigenschaft zugeschrieben, das Jugendliche des Menschen zu erhalten und die ver- 251 lorene Jugend zurückzugeben. Diese Vorstellung birgt offenbar die Sage vom Bad im Jungbrunnen in sich, der die Kraft besitzt, selbst Greise in Jugendliche um- zuwandeln und Schönheit und Jugend mit allen ihren Vorzügen von neuem er- stehen zu lassen. Wie es scheint, zum ersten Male in dem mittelhochdeutschen Gedicht „Wolf dietrich" , wird uns poetisch geschildert, wie die „rauhe Else" im Jungbrunnen zur schönen Sigminne wird. Auch im späteren Mittelalter ist die Sage öfter behandelt worden, unter anderen von Hans Sachs (1542), der den Jungbrunnen rühmt, daß sich selbst ein Achtzigjähriger darin verjüngen lassen kann „sein gmüt, herz und alle gelider." Dorthin kommt gefahren und gelaufen, an Krücken schleichend und sogar getragen viel Volks von jeder Art zusammen: „allerlei nation und geschlechte, „münich, pfaffen, ritter und knechte, „burger, bauer und hantwerker „der kam on zal zum brunnen her „und wollten sich verjüngen lassen. In der Tat ganz überraschend ist die Wirkung des Bades: „nach einer stunt, mit freien Sprüngen „sprangen sie aus dem brunnen runt „schön, wohlgefarbt, frisch, jung und gsunt „ganz leichtsinnig und wolgeberig „als ob sie weren zwanzig jerig." Auch bildliche Darstellungen dieser Sage sind uns erhalten; sie haben für uns deshalb besonderen Wert, weil wir daraus die bauliche Anlage der Wildbäder jener Zeit, denen sie nach den Beschreibungen völlig gleichen, sicher entnehmen können. Bild 195 gibt den Jungbrunnen des „Meisters mit den Bandrollen" aus der Samm- lung der Albertina zu Wien wieder. Links kommen die Alten an Stöcken und Krücken heran, ein Weib wird kopfüber in das sechseckige Bassin befördert, aus welchem nach vorn eine Freitreppe führt, rechts sieht man schon die Wirkung an den schlanken, jungen Gestalten — nach Hans Sachs, „ganz leichtsinnig und wohlgeberig (?), als ob sie waren zwanzig jerig". — Lukas Kranach hat denselben Stoff in einem Bilde der Berliner Gallerie von 1546 behandelt. (Bild 196.) In freier Landschaft befindet sich das mit einem Laufbrunnen gezierte Badebassin, zu dem man auf drei Stufen hinabsteigt. Von links her kommen Leiterwagen mit den Alten; in Schubkarren, ja auf dem Rücken getragen, werden sie herangeschafft. Jugendfrisch steigen sie rechts heraus und genießen an der Tafel, im Zelt und in der Laube die Freuden der Jugend. Zu allen Zeiten des Mittelalters war man — und besonders die Jugend — der ursprünglichsten Badeform, d. h. dem von den alten Germanen überkommenen Flußbad treu geblieben, das sich alljährlich im heißen Sommer von Neuem als ein unersetzlicher Genuß erwies, dessen Bedeutung für die Gesundheit stets hoch geschätzt und auch von Ärzten empfohlen wurde, weil damit das Schwimmen — das Turnen im Wasser — verbunden war. Welchen Wert diesem Sport das Ritter- tum beimaß, ist bereits früher erwähnt. Als aber die Kirche mehr und mehr dahin drängte, jeden körperlichen Genuß als schädlich anzusehen, weil er im Wider- 252 Spruch stände mit dem allein erstrebenswerten Heil der Seele, mußte das Bad zurück- treten, und man ging schließlich sogar soweit, dem kalten Bade eine direkte Schädigung des Leibes nachzusagen. Wurde doch auch durch Kirchenverordnung vom Jahre 1287 bestimmt, daß die Taufe nicht mehr durch Untertauchen, sondern durch dreimaliches Benetzen des Täuflings an der Stirn vollzogen werden sollte. Hierbei mag wohl für die Kirche bestimmend gewesen sein, daß man nicht so sehr am Flußbade selbst, als vielmehr an dem Zusammenbaden der beiden Geschlechter, das sich aus den Badestuben auf die offenen Gewässer übertrug, berechtigten An- stoß nahm. In Basel badeten ganz allgemein und überall Männer und Frauen Bild 195. Jungbrunnen. Nach Zeichnung des „Meisters mit den Bandrollen''. »ganz unnverschambt" mit einander, bis es i. J. 1431 vom Rate der Stadt unter- sagt wurde. Wo man auch im Freien badete, stets verlangte die Obrigkeit ein züchtiges Benehmen; so sollte man zu Frankfurt im Main zur Wahrung der Sitt- lichkeit nur in Hosen baden, und als gegen dieses Gebot i. J. 1541 acht Männer nackt und bloß im Main gebadet, dabei lustig herumgesprungen und getanzt hatten, wurden sie dafür auf vier Wochen ins Gefängnis geworfen. Bisweilen kam man dem Badebedürfnis dadurch entgegen, daß man die Badeplätze an abgelegene Stellen schob, wo das muntere Treiben nicht leicht Ärgernis bereiten konnte. In Nürnberg lag das Flußbad am Oberlauf der Pegnitz auf der hinteren Schüttinsel. Wahrscheinlich hatte man auch kalte Bassinbäder im Freien; ein solches schildert Albrecht Dürer in seinem „ Männerbad", Bild 197. Das leicht überdachte steinerne Wasserbecken erhält den Zufluß aus einem Brunnenpfosten mit Hahn, hat aber 253 Bild 196. Lukas Cranach. Der Jungbrunnen. (Berliner Gallerie.) 254 255 nur geringe Wassertiefe. Die Badenden sind nackt und tragen nur den auf das äußerste zusammengeschrumpften Schamgürtel, einige eine Bademütze. Auch hier herrscht Fröhlichkeit; man ißt und trinkt, zwei Musikanten sorgen für Unterhaltung, während ein Weib hinter dem Bretterzaun dem lustigen Treiben zuschaut. Eine gewisse Ähnlichkeit mit diesem Bilde hat eine Handzeichnung der Berliner Kgl. Kupferstichsammlung, genannt das Wildbad. Männer und Weiber baden völlig nackt und ergötzen sich im Wasser, das ihnen bis über die Knie reicht, bei Speise, Trank und Musik; ein Mann drückt eine Frau unter den Strahl eines Wasserspeiers. Im 1 6. Jahrhundert fing man an, in weiterem Umfange, das Baden im freien Wasser unter freiem Himmel als unpassend und unnützlich anzusehen, und mehr oder weniger scharf zu verbieten. Am schwersten wurde dadurch die Schuljugend betroffen, welcher dadurch die schönste aller Badefreuden genommen werden sollte; aber das Beispiel Italiens, wo im 16. Jahrhundert das Bad im offenen Wasser eifrig gepflegt ward, und die Genuesen und Venetianer als die besten Schwimmer und Taucher von sich reden machten, erhielt bei der deutschen Jugend trotz alledem die Vorliebe für das sommerliche Flußbad wach. Wir können es kaum verstehen, daß die Schulordnung des Johanneums zu Hamburg i. J. 1537 bestimmt: „De an dat Water gehn unde sick baden und schwemmen gelyck also de Göse edder de Entechen, schälen schwerlicken gestraffet werden/' Wir begreifen auch nicht, daß der weitblickende Reformator Ulrich Zwingli der Ansicht war: „Schwimmen habe ich wenigen nützen gesehen, wiewohl es zu Zeiten lustig ist, die Glieder im Wassser zu strecken und ein Fisch zu werden;" denn gerade in der Schweiz und speziell in Zürich, war die Jugend auf Baden und Schwimmen erpicht, wie schon aus der Existenz eines Werkes, „Taucherbüchlein" (Augsburg 1538), hervorgeht. Trotz aller Verbote badete die Jugend lustig weiter; denn im „Froschmäusler" (1595) heißt es: „Wie auf den Schulen die Studenten „Baden und tauchen gleich den Enten, „Schwimmen künstlich wie Gans und Schwanen „Fischen, fahren in Schiff und Kähnen" — Das 17. Jahrhundert wollte in dem Nackten durchaus etwas Unsittliches sehen und glaubte das Flußbad seiner großen Gefährlichkeit wegen, da es gesundheits- schädlich sei, polizeilich unterdrücken zu müssen. In Wien wurde das Baden im Fluß 1633 zunächst der Schuljugend, und 1643 für Jedermann bei Strafe gänzlich verboten. In Frankfurt wurde es durch eine Verordnung von 1697 streng unter- sagt, „weilen das Baden der jungen Menschen und Buben Sommerzeit sehr ärgerlich und viel schlimbes nach sich ziehet." — Und in Baden wurde i. J. 1736 den Lehrern geboten, die Schüler vor dem „so gemeinen als höchst gefährlichen und ärgerlichen Baden" zu warnen „und die Übertreter zu bestrafen;" mit Rutenhieben wurde solche Übeltat geahndet! — An der Übermoral dieser Zeit, die es geradezu für obszön hielt, wenn man unter freiem Himmel den Körper entblößte, ging dann auch in Deutschland die herrlichste Badeform, das freie kalte Schwimmbad, dem Volksgenuß und der Volksgesundheit tatsächlich verloren. 256 VI. Abschnitt. Einiges vom Badewesen der ost- und nordeuropäischen, sowie der ostasiatischen Völker. Die ost- und nordeuropäischen Völker scheinen das ihnen allen gemeinsame Bad, das Dampfschwitzbad, aus einer und derselben Quelle übernommen zu haben und zwar von den uralaltaischen Völkerschaften, wie Kochendörffer1 sehr wahr- scheinlich gemacht hat. Herodot (IV. 73 bis 75) erzählt von den im südlichen Rußland bis zur Donau wohnenden Skythen, daß nach dem Leichenbegängnis eines gemeinsamen Mannes die Teilnehmer sich reinigen, indem sie den Kopf reiben und abwaschen, den übrigen Körper aber einem primitiven Dampfbad ausetzen: „Sie stellen drei Stangen „auf, mit den Spitzen gegen einander gekehrt, und darüber breiten sie eine Filz- „ decke; die spannen sie recht an und sodann werfen sie glühende Steine in eine „Wanne, die in der Mitte zwischen den Stangen und dem Filz steht/' Den Ge- nuß steigern sie, indem sie gleichfalls unter dem Filzzelt auf glühende Steine Hanf- körner werfen; diese „verbreiten einen solchen Dampf, daß kein hellenisches Dampf- bad darüber kommt. Die Skythen aber heulen vor Freude über den f „Dampf. Das gilt ihnen als Bad, denn im Wasser baden sie sich gar nicht." Vermutlich war die etwas narkotisierende Wirkung des rauchenden Hanfes den Skythen die angenehmere Seite des Dampf- bades. Reinlichkeit kannten die Männer nicht — sie wuschen sich nie! — und ihre Weiber reinigten sich nur mit einem Brei aus zerriebenem Cypressen-, Zedern- oder Weihrauchholz und Wasser, den sie auf das Gesicht und den ganzen Körper auftrugen, in der Absicht, nicht nur glän- zende Reinheit, sondern auch lieblichen Geruch zu bekommen. Letzteres scheint ihnen die Hauptsache gewesen zu sein. Auch bei den Finnen, die aus der uralaltaischen Heimat in das östliche Europa (Rußland) schon vor Beginn unserer Zeitrechnung eingewandert sind — Tacitus und Ptolemaeus kennen sie bereits — findet man seit den ältesten Zeiten als zu den unentbehrlichen Lebensbedürfnissen gehörig das Dampfschwitzbad im Gebrauch, wie es noch heute bei den Slawen, Russen und Skandinaviern üblich und nach Retzius2 in Bild 198 dargestellt ist. Ein Blockhäuschen von quadratischem Grundriß und ca. 4,20 m Seite, enthält in einer Ecke den roh von Steinen auf- gesetzten Ofen, welcher die Wärme erhalten und aufgeschüttete Kiesel erhitzen soll; Bild 198. Finnisches Dampfbad. 1 Kochendörffer, Zum mittelalterl. Badewesen. Zeitschrift f. deutsche Philol. Bd.24, S. 500. 2 Retzius, Finnland, übersetzt v. Appel. Berlin 1885, S. 90. 257 eine steile Treppe führt zu den nach Art der Hängeböden angebrachten Schwitz- bänken. Fenster fehlen, nur einige schmale Luken lassen in Ermangelung eines Schornsteins den Rauch und Dampf abziehen. Sind der Ofen und die aufge- schütteten Steine heiß genug, so gießt ein Weib Wasser darauf, um Dampf zu bilden, wodurch die Temperatur auf 70° und darüber steigen soll. Darin ver- sammelt sich die ganze Familie des finnischen Bauern nebst Gesinde, jung und alt, Mann und Frau, alle völlig nackt unter dem Schutze der herrschenden Dunkel- heit. „Da herrscht eine paradisische Unschuld und Gleichheit. Ein jeder ge- nießt mit vollen Zügen in der mit Rauch und Dampf gefüllten Atmosphäre, ohne „sich um die andern zu kümmern, peitscht sich mit Birkenreisern und übergießt „sich von Zeit zu Zeit mit kaltem Wasser« — so schildert es Retzius! Nachdem sie bis zu einer Stunde im Bade verweilt, wälzen sie sich bei größter Kälte draußen im Schnee und laufen nackt, wie sie gekommen, zum Wohnhause zurück, ohne daß der krasse Wechsel ihnen schädlich würde. Die Finnen baden häufig so, in der Regel wöchentlich zwei- bis dreimal, in der Erntezeit jeden Tag abends und finden darin den höchsten Lebensgenuß. Das Bad soll gegen allerlei Krankheit wirksam sein und wird durch Reiben und Kneten unterstützt. Das Badehaus gilt den Finnen förmlich als heiliger Ort; ein dort begangenes Verbrechen wird viel schlimmer beurteilt. Im Badehause werden auch fast alle Kinder geboren, da man die Wöchnerin zuvor dorthin zu bringen pflegt. Bei den Slaven, die sich wie die Skythen nicht der Wasserbäder bedienten, waren ganz ähnliche Bäder in Holzhäuschen im Gebrauch; wir erfahren darüber in einem Bericht des jüdischen Arztes Ibrahim-ibn-Jakub vom Jahre 973 1 und einer spanisch-arabischen Quelle des Abu Obeid al Bekri vom Jahre 948. Auch die Russen haben das finnische Dampfbad und benutzen es mit Vor- liebe. Große Städte haben daraus Anstalten gemacht, die mit aller Eleganz und mit allen Komfort der Neuzeit ausgestattet sind, und neben den Schwitz- und Duscheräumen noch besondere Säle zum Ruhen nach dem Bade enthalten. Ein spezifisch russischer Bautypus hat sich aus den höchst eigenartigen Anforderungen jedoch bis jetzt noch nicht entwickelt. In vornehmen Privathäusern besteht das Bad in der Regel aus einem Schwitz- und einem Ruheraum. Auf dem Lande findet es sich vielfach noch ganz genau so, wie es vor Jahrhunderten beschrieben wird; auch die Art der Dampferzeugung auf heißen Steinen ist noch dieselbe geblieben. Im Betriebe ist noch ein Abseifen und Abreiben des Körpers und wiederholtes Abgießen oder Abduschen mit kaltem Wasser den älteren Bade- prozeduren hinzugefügt. Auch in dem kleinsten Dorfe ist wenigstens ein, wenn auch noch so bescheidenes Dampfbad vorhanden. — Besonders verdient es be- merkt zu werden, daß bei den Russen auch das Baden in Flüssen und Seen im Sommer sehr beliebt und verbreitet ist. Bei den Skandinaviern und auf Island (wo man übrigens die zahlreich vorhandenen heißen Quellen schon in frühester Zeit zum Baden benutzt hat) war das finnische Dampfbad im gesonderten Blockhause bis in das Mittelalter hinein eine unentbehrliche Einrichtung, seit Anlage des Ofens mit Rauchabzug oft der 1 Wigger, Bericht des Ibrahim-ibn-Jakub über die Slaven aus dem Jahre 973. Jahrb. d. Vereins f. mecklenb. Gesch. 1880, S. 19. Vergl. S. 224. Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 17 253 einzige gut geheizte Raum, der deshalb auch zum Aufenthalt der Familie, der Kranken und Wöchnerinnen und des Gesindes benutzt wurde. Ganz in alter Weise bereitete und genoß man das Dampfschwitzbad, wie wir es bei den Finnen kennen gelernt haben. Später ging das Baden stark zurück, zuerst in den Städten, dann auf dem Lande, und zwar zuerst in Dänemark. Noch bis etwa zum Jahre 1800 soll es in Smäland1 Sitte gewesen sein, daß alle Bewohner des Bauernhofes all- jährlich zur Vorbereitung auf das Weihnachtsfest gemeinsam ein Dampfbad nahmen. Jetzt ist es — abgesehen von den im 16. Jahrhundert eingewanderten Finnen, die der alten Badegewohnheit bis auf den heutigen Tag treu geblieben sind — in Skandinavien wie in Island verschwunden. Nur in Stockholm und in einigen anderen größeren Garnisonstädten Schwedens finden sich wieder „finnische Dampf- bäder" zur obligatorischen Benutzung der Land- und Seesoldaten, möglichst in Ver- bindung mit Schwimmbädern für den Sommer. In Ostasien stehen wie in vielen anderen Dingen so auch bezüglich des Bade- wesens die Chinesen den Japanern schroff gegenüber. Die Chinesen, obwohl eines der ältesten Kulturvölker der Erde, sind weder durch religiöse Gesetze zur Reinlich- keit verpflichtet, noch fühlt das Volk das Bedürfnis dazu. Zwar wird den Kindern nach den Vorschriften für das häusliche Leben „Kia-li"2 3 geboten, jeden Morgen sich zu waschen, und es wird in diesen Vorschriften auch das Vorhandensein von Badezimmern, getrennt für männliche und weibliche Familienmitglieder, erwähnt; aber von einem Badewesen des chinesischen Volkes kann keine Rede sein. Nur ausnahmsweise hat sich unter europäischem Einflüsse hier und da in jüngster Zeit das Seebad Eingang verschafft. So z. B. hatte sich kurz vor den chinesischen Wirren der letzten Jahre unweit Tientsin das Seebad Peitaiho entwickelt, dessen Baulichkeiten seitens der chinesischen Regierung den deutschen Truppen zur Unter- kunft während ihres Erholungsaufenthaltes zur Verfügung gestellt worden sind. Ganz im Gegensatz dazu erfreut sich das Badewesen bei den Japanern-^ einer außerordentlichen Höhe; sie haben einen angeborenen, stark ausgeprägten Reinlichkeitssinn, daher auch überall im Lande, selbst in den kleinsten Orten, Bade- anstalten sich finden, wahre Volksbäder, in denen sich ein gut Teil des öffentlichen Lebens abspielt. Da trifft man sich mit seinen Bekannten, um Neuigkeiten zu hören und mitzuteilen und die Zeit zu verplaudern. In Tokio allein sollen gegen- wärtig an 1000 öffentliche Bäder existieren, in denen täglich etwa 400000 Personen baden und nur etwa fünf Pfennige pro Person für das Bad bezahlen; es müssen wohl noch allerlei Nebenkosten hinzukommen, weil sonst die Einnahme (durch- schnittlich 20 Mark) für den Betrieb und die Unterhaltung einer Badeanstalt nicht ausreichen würde. Außerdem besitzt jedes Hotel und jedes gute Privathaus sein eigenes Bad; wer dazu keinen Platz hat, stellt seine Badewanne einfach vor die Haustür und läßt sich durch den vorüberziehenden Verkehr durchaus nicht stören. Das Bad des Japaners ist allgemein das warme oder vielmehr heiße Wannen- bad; denn die Temperatur des Wassers wird auf 40 bis 45° C. gehalten, was auf 1 Troels Lund, D. tägl. Leben in Skandinavien, S. 228 ff. 2 Bäumer, Gesch. d. Badewesens, Breslau 1903. 3 Rein, J. J., Japan, Leipzig 1881 und 1886; und Chamberlain, Things Japanese, London u. Tokyo 1890. 259 die eigenartigen klimatischen Verhältnisse des Landes zurückzuführen ist, derart, daß auch Fremde im Interesse der Gesundheit sich diesem Badegebrauch an- schließen müssen. In der kurz- eiförmigen hölzernen Wanne von 1,0 bis 1,5 m Länge, Breite und Tiefe, ist das spitze Ende durch eine durchbrochene Gitterwand abgeteilt, hinter welcher ein Metallrohr, welches unten und oben offen durch den Boden führt, auf einem Rost, das Holzkohlenfeuer enthält und so die Erwärmung des Wassers, welches durch das Gitter zirkuliert, in jeder Wanne selbst besorgt Vor dem Einsteigen in die Wanne hat jeder den ganzen Körper mit Wasser und Seife zu reinigen. In den öffentlichen Bädern, wo früher beide Geschlechter zu- sammen badeten, sind jetzt die Männer von den Frauen durch eine ca. 1,5 m hohe Zwischenwand geschieden; die Wannen sind, weil für sechs bis acht Personen gleichzeitig bestimmt, entsprechend größer und stehen ihrer mehrere in einem Raum, wodurch die Unterhaltung und Geselligkeit noch befördert wird, aber auch leicht zu dem für japanische Bäder charakteristischen geräuschvollen Treiben führt. Die in der Regel mit einem Aus- und Ankleidezimmer versehenen Privat- bäder enthalten nur eine Wanne, deren Wasser alle Hausgenossen einschließlich Dienstboten der Reihe nach, mit dem Hausherrn beginnend, benutzen, was nur dadurch zu entschuldigen ist, daß man täglich und nur vorher gereinigt badet. Bei der vulkanischen Natur des Landes sind heiße Mineralquellen in Japan sehr häufig anzutreffen; sie werden, da sie der Temperatur nach dem Badebedürfnis der Japaner durchaus entsprechen, von jeher zu Kur- und Heilbädern benutzt, wobei man sich der ärgsten Übertreibungen in der Ausdehnung der Bäder schuldig machen soll. In den letzten 20 Jahren sind auch -- jedenfalls infolge des fremdländischen Einflusses — die Seebäder stark in Aufnahme gekommen und haben sich in der kurzen Zeit ihres Bestehens zum Teil bereits glänzend entwickelt. VII. Abschnitt. Das Badewesen der Renaissance- und Barockzeit. Als das mittelalterliche Badewesen nach den Stürmen des dreißigjährigen Krieges aus den verschiedensten Gründen nahezu bis auf den letzten Rest unter- gegangen war, hatten zwar die begüterten Klassen — wenigstens bis zu einem ge- wissen Grade — in den beliebten Badefahrten zu Kur- und Heilbädern Ersatz ge- funden, aber der großen Masse des Volkes standen fast gar keine Bäder zur Ver- fügung, denn auch die sommerlichen Flußbäder wurden ihm durch moralische Bedenken und polizeiliche Maßnahmen so gut wie unmöglich gemacht. Die nach- folgende Renaissancezeit konnte hieran nichts ändern; es gelang ihr nicht, den Bädergebrauch auf einen den Verhältnissen entsprechenden Boden zu stellen und wieder volkstümlich zu machen. Das Baden wurde und blieb ein Luxus. Nur in den Palästen der Fürsten und in den Häusern der wohlhabenden Patrizier, wo die Wertschätzung des Bades niemals abhanden gekommen war, gab es noch Bäder, und zwar solche, die mit größter baulicher Pracht, wenn möglich 17* 260 in schönster gartenkünstlerischer Fassung, errichtet, den Beweis liefern, wie der ver- feinerte Lebensgenuß dieser wahrhaft großen Zeit sich mit dem vornehmsten Kunst- geschmack zu vereinigen verstand. Badetechnische Neuerungen freilich sind in diesen Bädern weder erreicht noch beabsichtigt worden; sind es doch fast aus- nahmslos einzelne Wasserbäder, die in so prächtiger Fassung angelegt wurden. Unter den zahlreichen Beispielen dieser Art, die in Deutschland, Italien und Frankreich entstanden sind, ist eines der ältesten das Bad des Palazzo del Te zu Mantua, welches Bild 199 im Grundriß darstellt. Am Ende des Gartenhofes stehen, symmetrisch zur Mittelachse angeordnet, zwei äußerlich sehr ähnliche Bauten, die Pförtnerwohnung und die „ Casa della Grotta " , enthaltend das Bad, beide durch eine im Grundriß halbkreisförmige Bogenhalle verbunden. Die kleine Baugruppe des Bades liegt an der Schmalseite eines Gärtchens, ihr gegenüber eine offene Bild 199. Bad im Palazzo del Te zu Mantua (Casa della Qrotta). Halle, die mit herrlichen dekorativen Malereien ausgestattet ist, und zur Seite einige Erholungsräume. Das Bad selbst besteht aus dem kuppelbedeckten kleinen Vestibül, welches sich zu einer in Tuffsteinen, Muscheln und Stuck reichgeschmückten Grotte öffnet, während zu beiden Seiten die eigentlichen, ziemlich einfach gehaltenen Badezimmer angeordnet sind. Bild 200 gibt in zwei Durchschnitten1 die archi- tektonische Ausgestaltung dieser Räume. Der überaus reizvolle Bau, in welchem die Maler i. J. 1534 ihre Arbeiten vollendeten, ist ein Werk des Giulio Pippi Romano. Aus nicht viel späterer Zeit stammt das Bad des Fugger-Hauses in Augsburg, bestehend aus zwei im Stil der italienischen Renaissance, i. J. 1570 bis 1572 auf das reichste ausgeschmückten Gemächern, deren eines Bild 201 zeigt. Die feinen Stückarbeiten und die prachtvollen Malereien von Antonio Ponzano sind noch wohl erhalten; die badetechnischen Einrichtungen haben jedoch einem Umbau für ander- weite Verwendung der Räume weichen müssen. 1 Nach Allg. Bauzeitung. Wien 1884. R. v. Waldheim. Mit Genehmigung des Verlages. v 261 Während wir es in diesen prächtigen Bädern mit Werken italienischer Künstler zu tun haben, sind die fürstlichen Bäder Deutschlands in der Mehrzahl der Fälle unter französischem Einfluß entstanden und haben in künstlerischer Hinsicht wohl den Höhepunkt von dem erreicht, was an zierlichen Bäderbauten überhaupt jemals und irgendwo geschaffen worden ist. Schnitt c~d (MffHl — 1 — J — | — | j 1 1 1- — | — | i Bild 200. Bad im Palazzo del Te zu Mantua (Casa della Grotta). Vor allem ist hier die Badenburg im Park von Nymphenburg bei München zu nennen, ein herrliches Badeschlößchen, welches der kunstsinnige Kur- fürst Max Emanuel, ein Verehrer des Geschmacks Ludwigs XIV., durch Effner i. J. 1718 erbauen ließ. Das nur für die fürstlichen Herrschaften bestimmte Bad ist ein köstlicher Beweis für die üppige, durch die Kunst geläuterte Lebensführung des hohen Bauherrn; es ist unter den im Park zerstreuten Bauwerken dasjenige, welches den höchsten künstlerischen Reiz von Nymphenburg bietet. Die Umgebung mit den prächtigsten Rasen- und Blumenparterres, Wasser- becken und Wasserkünsten, den Heckenwänden und Laubengängen französischen Stils, sollte ein Wunderwerk der Gartenkunst werden, wie ein Stich von Math. Diesel, 262 Bild 201. Badezimmer des Fugger-Hauses in Augsbur . Bild 202. Badenburg in Nymphenburg. (Nach dem Entwurf von Math. Diesel.) 263 Kurfürstlicher Hof-Garten-Ingenieur, erkennen läßt, den Bild 202 wiedergibt; die Ausführung ist dahinter wohl ein wenig zurückgeblieben (vergl. Bild 203). Dagegen ist der Bau für sich, trotz unverkennbarem französischem Einfluß, ohne direkte Nach- ahmung zu sein, in einem Guß im ganzen Reichtum des Barockstils nach der Eigenart des Architekten und seiner künstlerischen Mitarbeiter zur Ausführung gekommen. Bild 203. Badenburg zu Nymphenburg. Äußere Ansicht. Der Grundriß des Hauptgeschosses (Bild 204) vereinigt die erforderlichen Räume. Über einer stattlichen Freitreppe vor der Hauptfront gelangt man unmittelbar in einen Speisesaal, während man von der entgegengesetzten Seite zunächst in eine Vorhalle, das sogenannte Fuchszimmer, eintritt, welches links von dem Badezimmer, rechts von dem sogenannten chinesischen Zimmer mit kleinem Nebenraum begrenzt wird. Zwei sehr knappe Wandeltreppen führen in das hohe Sockelgeschoß und in das nur an der Hinterseite befindliche Obergeschoß, welches einige Dienerschafts- 1 Dem Kgl. Bayrischen Oberst -Hofmeisterstab in München bin ich für die Erlaubnis zur Aufnahme des Badeschlößchens zu wärmstem Dank verpflichtet. D. Veif. 264 räume enthält. Für „zahlreiche Säle und diskrete Gemächer“, die man hier ge- wittert hat,1 ist in dem kleinen Bau kein Raum; er dient eben nur dem Bade und der Erfrischung nach dem Bade für eine beschränkte Anzahl badelustiger fürstlicher Personen. Den Baderaum von knapp 9 zu 6 m Größe füllt ein bis tief in das Sockelgeschoß hinabreichendes Schwimmbassin; in Höhe des Hauptgeschoß-Fuß- bodens läuft auf prächtigen, mit reizenden Köpfen gezierten Konsolen eine Galerie herum, welche ein reich geschmiedetes Gitter (schwarz mit Gold dekoriert) einfaßt. Von hier führt eine Wendeltreppe in das Bassin hinab, dessen Wände bis zum Wasserspiegel zementiert, darüber bis zur Galerie mit blauweißem indischen Pozellan- platten bekleidet sind. Die Wasserfüllung erfolgte durch zwei broncene Hähne (kalt und warm). Vor der Treppe sind marmorne Sitzstufen eingebaut, unter denen die Entleerung des Beckens angeordnet ist. Bild 205 läßt die außerordentliche Schönheit des Badebassins erkennen. Im Hauptgeschoß sind die Wände des Badezimmers über der Gallerie mit tiefrotem Marmor in verschiede- nen Tönen belegt und durch Pilaster mit vergoldeten Kapitellen gegliedert; ohne Ge- sims leitet eine reich dekorierte Hohlkehle über zur Decke, welche ohne weitere Teilung durch Bertins Künstlerhand gemalt ist. Bild 206 stellt den oberen Teil des Bade- zimmers dar, mit dem prächtigen Schmuck der Kristallkrone, welche leider nicht in elek- trischem Licht erstrahlt. Daß über das Gitter und über das Bassin Netze und verhüllende Stoffe gespannt worden seien, hinter denen Musiker ihre Weisen ertönen ließen, während die fürstlichen Herrschaften sich im Bade belustigten, gehört wohl in das Reich der Fabel; die wunderbare Wirkung des Raumes wäre dadurch nur arg beeinträchtigt worden. Nicht minder schön sind die Nebenräume durchgebildet. Die kleine Vor- halle, das sogenannte Fuchszimmer (s. Bild 207), äußerst zurückhaltend in der feinen dekorativen Ausstattung, gewinnt an Wert durch die herrlichen Ausblicke, welche man durch die grüne Umrahmung des Bildes nach rückwärts auf den Park und das ferne Gebirge genießt. Der Konversation oder als Ankleideraum diente wohl das chinesische Zimmer (s. Bild 208), so genannt von den eigenartigen Tapeten chinesischer Herkunft, welche die Wände bedecken. Die Perle des Ganzen ist der Speisesaal (s. Bild 209); die prächtige Stuckdekoration, auf das feinste ab- gewogen, in den Verhältnissen und in Verteilung der Massen, mit der köstlichen Steigerung nach der von Amigoni gemalten flachen Decke, entzückend durchgeführt, im ornamentalen, wie im figürlichen Detail, gehört zu den schönsten und besten -4M -W- Bild 204. Badenburg im Park von Nymphenburg. 1 Markgraf, Badewesen u. Badetechnik d. Vergangenheit a. a. O., S. 25. Bild 206. Badenburg in Nymphenburg. Badezimmer (oberhalb der Gallerie). Bild 205. Badenburg in Nymphenburg. Bassin (unterhalb der Gallerie). 266 Bild 208. Badenburg in Nymphenburg. Chinesisches Zimmer, Bild 209. Badenburg in N)mphenburg. Speisesaal. Bild 210. Badenburg in Nymphenburg Vorderseite. 268 Leistungen des Rokoko in Deutschland, allerdings entstanden unter Mitwirkung der französischen Bildhauer de Groffe und Dubut (Paris). Unübertrefflich glänzend müßte dieser Raum wirken, wenn elektrisches Licht seinen Kristallkronen ent- strömte! Nicht im entferntesten läßt auf den Reichtum der harmonischen Innen- architektur die überaus einfache, aber höchst vornehme Gestaltung der Außenfronten schließen, welche der Vollständigkeit halber in Bild 210 und 211 mitgeteilt seien und dazu anregen mögen, dieses Juwel deutscher Baukunst näher zu studieren. Nicht so umfangreich wie die zierliche Badenburg, weil ohne alle Neben- räume angelegt, ist das wegen seiner kostbaren Marmor - Bildwerke berühmte Marmorbad zu Kassel. Es bildet einen Teil des in der Karlsaue belegenen Orangerieschlosses insofern, als es einen der beiden flankierenden Pavillons ein- Bild 211. Badenburg in Nymphenburg. Hinterseite. nimmt, deren Äußeres (vergl. Bild 212) den entzückenden Einbau nicht ahnen läßt. Unmittelbar von Außen betritt man den quadratischen, 13 m messenden Bade- raum, dessen Mitte das achteckige, mit vier gerundeten Seiten angelegte Badebecken vom 6,15 m Weite einnimmt, zu dem man auf einer Marmortreppe hinabsteigt. (Vergl. Grundriß und Schnitt in Bild 113.) Darüber erhebt sich, von Pfeilern und Bögen getragen, eine Kuppel, während rings ein Umgang, von 3 m Breite verbleibt, der gleichfalls überwölbt ist. Die Gewölbe sind fein in Stuck dekoriert, die Wände, Pfeiler und Fußböden mit kostbaren buntfarbigen Marmoren bekleidet. Den offenen Scheitel der Kuppel- umgibt ein vergoldetes Gitter, von welchem Putten neugierig in das Bad hinabschauen. Darüber befindet sich ein von den obersten Fenstern des Gebäudes scharf beleuchtetes Deckenbild von Chr. Hochfeld, eine blumen- streuende Aurora. In den Kuppelfeldern sind die vier Elemente und die vier 269 Jahreszeiten plastisch dargestellt. Den Hauptschmuck des Marmorbades bilden jedoch die hervorragenden Skulpturwerke aus weißem Marmor, sämtlich von Pierre Bild 212. Das Marmorbad zu Kassel. Bild 213. Das Mormorbad zu Kassel. Monnot; es sind acht Reliefs an den Wänden mit Szenen aus Ovids Metamorphosen, zwei allegorische Darstellungen mit den Porträts des Landgrafen Karl und seiner Gemahlin und zwölf lebensgroße Statuen ovidischer Persönlichkeiten. Bild 214 Bild 214. Das Marmorbad zu Kassel. Wand- und Kuppeldekoration. Mit Genehmigung des Verlages von Alb. Brüning in Berlin. 271 gibt eine ungefähre Vorstellung von der überaus reichen plastischen Ausschmückung, des in der Zeit von 1720 bis 1728 unter dem prachtliebenden, kunstsinnigen Land- grafen Karl errichteten Bades, dessen Architekt wahrscheinlich Monnot ebenfalls ge- wesen ist. Daß dieser Prachtbau jemals zum Baden benutzt ist — Jerome Bonaparte soll darin ein Weinbad genommen haben — dürfte zu bezweifeln sein, weil ein Auskleideraum fehlt und die beabsichtigte Verbindung mit dem Orangerieschloß niemals ausgeführt worden ist. Bild 215. Vollbad aus einem Thermalbad bei Pisa. Unter den fürstlichen Bädern von hervorragender künstlerischer Bedeutung erfreut sich noch besonderen Rufes das Bad Lazienki bei Warschau, und auch in Kurbädern dieser Zeit findet man Baderäume mit so bedeutendem architektonischem Aufwand, daß sie, wenn auch nicht ausschließlich für Fürstlichkeiten bestimmt, doch einem auserlesenen Publikum Vorbehalten gewesen sein dürften. Bild 215 gibt nach Mesny1 die Ansicht des Vollbades in einem Thermalbad von Pisa. Über dem runden Becken erhebt sich auf Pfeilern in reicher Zopfarchitektur eine Kuppel, unter deren Scheitel ein von der Hygiea gekrönter stattlicher Laufbrunnen das Thermal- wasser in das Bassin fallen läßt. Ein Kranker schleppt sich auf Krücken heran, während ein anderer in das Wasser getragen wird, worin einige Personen schon 1 Mesny, Bart. Bagni di Pisa. Firenze 1758. 272 baden. In welchem der zahlreichen Bäder von Pisa diese Rotunde sich befindet oder befunden hat, ist nicht näher angegeben. Aber trotz aller Pracht und Schönheit sind diese Luxusbäder für den Bedarf der Fürsten und Vornehmen kaum ausreichend, für das Volk jedoch ganz und gar nicht vorhanden. Das Volk kann den Luxus gern entbehren; aber es bedarf auskömmlicher Bäder mit guten Einrichtungen. VIII. Abschnitt. Das Badewesen der Neuzeit. Die ersten Anregungen zur Wiederbelebung des Badewesens nach seinem Untergange am Ende des Mittelalters gehen bis in die Zeit zurück, wo zwar noch die polizeiliche Unterdrückung des Flußbades im besten Schwange war, andererseits aber doch die Überzeugung schon durchdrang, daß bei allen Volksschichten zur Hebung der allgemeinen Volksgesundheit unbedingt etwas geschehen müsse. Der Philosoph Joh n Locke stellte schon i. J. 1693 die Forderung auf, daß alle Knaben im Interesse ihrer körperlichen Entwickelung gehalten sein müßten, schwimmen zu lernen, und bald präzisierten Rousseau und Basedow die Forderung dahin, daß das Schwimmen Unterrichtsgegenstand in den Schulen werden solle, was indessen erst zu Anfang des 19. Jahrhunderts in einigen Schulen, wie z. B. in der Landes- schule zur Pforta und in der Frankeschen Stiftung zu Halle (1810), geschehen zu sein scheint. Dagegen hatte Rousseaus Anregung zwar den unmittelbaren Erfolg, daß auf der Seine zu Paris i. J. 1740 von Poitevin ein Badeschiff errichtet wurde, aber in Deutschland hielt das unbegreifliche Vourteil und der bureaukratische Wider- wille gegen die „Rückkehr zur Natur“ an, d. h. zum Bade unter freiem Himmel, das bei der guten Gesellschaft für unschicklich und unanständig galt. Goethe nannte das Badewesen noch i. J. 1770 eine „Verrücktheit der Enthusiasten für den Naturzustand,“ und in „Wahrheit und Dichtung“1 spricht er sich wiederholt aus- führlicher darüber aus: „Unter die damaligen Verrücktheiten, die aus dem Begriff „entstanden, man müsse sich in einen Naturzustand zu versetzen suchen, gehörte „denn auch das Baden im freien Wasser, unter offenem Himmel; und unsere Freunde »; — die beiden Grafen Stollberg sind es, — und man war in Darmstadt i. J. 1775 — „konnten auch hier, nach allenfalls überstandener Schicklichkeit, auch dieses „Unschickliche nicht unterlassen;“ sie sprangen in einen Teich — „es gab „Skandal auf alle Fälle.“ Dies hinderte aber Goethe selbst nicht, bei Amstäg in der Reuß, sich „in den rauschenden Wellen zu erquicken.“ Indessen „wollten „dergleichen Naturübungen nicht gut zu den modernen Sitten paßlich erscheinen,“ und als die Freunde später in der Limmat, an heimlicher Stelle, fern von jeder Wohnung, fern von jedem Fußpfad, fröhlich jauchzend vor Lust „sich kühnlich den schäumenden Stromwellen entgegensetzten,“ wurden sie durch Steinwürfe über- rascht und aus dem Bade fortgetrieben! „Nackte Körper leuchten weit, und wer „es auch mochte gesehen haben, nahm Ärgernis daran;“ man war darüber empört, 1 Goethes Werke. Stuttgart 1867, Cotta. Bd. 12, S. 275. 273 daß es vornehme junge Leute waren, „deren wildes, unbändiges, unchristliches, ja „heidnisches Naturell, einen solchen Skandal in einer gesitteten, wohlgeregelten „Gegend anrichte!“ So dachte man in gewissen Kreisen noch 1775 über ein ab- seits von jedem Verkehre genommenes, harmloses Flußbad! Dennoch war kurz zuvor, i. J. 1774 in Goethes Vaterstadt Frankfurt, die erste öffentliche Flußbadeanstalt errichtet worden, seit 1800 schwamm in Frankfurt das erste Badeschiff auf dem Main, und in Wien war auf Betreiben von Pascal Josef Ferro i. J. 1781 das erste Flußbad erbaut worden. Allgemein war aber das Baden im Fluß doch noch nicht wieder erwacht, und oft genug wurde noch von Einzelnen wie von Gesellschaften und Behörden gegen das Schwimmen geeifert, bis i. J. 1817 in Berlin die erste Militär-Schwimmanstalt durch den General v. Pfuel gebaut wurde, die noch jetzt an der Oberspree hinter der Kaserne der Garde-Pioniere be- stehende Badeanstalt, welche von Anfang an auch der Zivil-Bevölkerung offen stand, und wenige Jahre später in Potsdam eine Zivil- und eine Militär-Badeanstalt, gleich- zeitig auch in Magdeburg eine öffentliche Badeanstalt in der Elbe für Militär und Bürgerschaft, deren Begründer der Major von Neindorf war. Nicht so bald folgten andere Städte, obwohl ein Jahn lebhaft dafür eintrat, daß auch im Wasser die Leibesübung durch Schwimmen gepflegt werden müsse. Erst 1837 wurde in Breslau ein Herren- und ein Damen -Schwimmbad eröffnet und 1839 für die Garnision von Graz in einem Arm der Mur ein Militär- Schwimmbad erbaut, welches nicht nur auch von Zivilisten mit benutzt werden konnte, sondern sogar mit einer abgetrennten Frauenabteilung versehen war.1 Auch andere Heeres- verwaltungen nahmen allmählich das Beispiel Preußens und Österreichs auf. So kam es, daß es um die Mitte des 19. Jahrhunderts schon eine große Zahl von Flußbädern in Deutschland gab, deren Benutzung endlich eine förderliche Anregung dadurch erfuhr, daß i. J. 1873 das Schwimmen in den preußischen Lehrerseminaren und in der Turnlehrer-Bildungsanstalt obligatorisch eingeführt wurde. Noch mehr als das Flußbad war das Bad im Meere vernachlässigt worden; nachdem es im Anfang des 18. Jahrhunderts zuerst in England wieder in Auf- nahme gekommen war, folgte Deutschland erst viel später nach, indem der Herzog Friedrich Franz von Mecklenburg i. J. 1793 das erste deutsche Seebad in Heiligendamm bei Doberan gründete, und damit ein Vorbild zur Anlage für manches andere gab. In unserem Klima können jedoch die Fluß- und Seebäder nur während eines kleinen Teiles des Jahres benutzt werden und bieten somit dem Volke durch- aus nicht in ausreichendem Maße die wünschenswerte Badegelegenheit, die vielmehr während sieben bis acht Monaten des Jahres völlig versagt, wenn man nur auf das Baden im Freien angewiesen ist. Geschlossene Badeanstalten mit warmen Bädern gab es nicht, oder doch nur ausnahmsweise in den großen Hauptstädten, wie London, Brüssel, Paris, wo sie aber auch nur Wannenbäder enthielten, welche dem Luxus dienten und wegen der hohen Preise nur dem Wohlhabenden erreichbar waren. Ein Beispiel dieser Art ist das Vauxhallbad in Paris (veröffentlicht in Allg. Bauzeitung, Wien 1838, S. 147), das wegen seiner eleganten Ausstattung trotz 1 Genzmer, Bade- und Schwimm-Anstalten. Handb. d. Architektur, IV. Teil, 5. Halb- band, Heft 3. Stuttgart 1899. S. 49, 50. Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 18 274 Kleinheit der Anlage sich einer gewissen Berühmtheit erfreute. Solche Bäder bildeten bisweilen jedoch auch nur den Deckmantel für weniger sauberen Betrieb; so be- richtet Franklin1 von dergleichen Anstalten in Paris: „Maisons meublees fort sus- pectes, endroits de luxe et de debauche, le bain n’y figurait le plus souvent que conime accessoir." Unter diesen Umständen war es ein hochverdienstvolles Werk weltbekannter Ärzte, daß sie mit dem ganzen Gewicht ihres Namens auf den Nutzen der schier vergessenen Bäder eindringlich hinwiesen und ihre Wiederaufnahme vom ärztlichen Standpunkte aus dringend forderten. So Hufeland in seiner „Makrobiotik" (Jena 1796) und „Nöthige Erinnerungen an die Bäder und ihre Wiedereinführung in Teutsch- land." (Weimar 1801) mit den Worten: „Wollte Gott, daß die Badehäuser an allen Orten wieder in Gang gesetzt würden, damit auch der unbegüterte Theil des Volkes diese Wohlthat genießen könnte." Wichelhausen, der „über die Bäder des Altertums" schrieb (Mannheim 1807), redete besonders der Wiederaufnahme der römischen Bäder das Wort; mit welch geringem Erfolge, das lehrt noch ca. 20 Jahre später eine Schrift von Meißner (Abhandlung über die Bäder u. s. w. Leipzig 1832), der sich darüber wundert, daß man den Haustieren zur Pflege des Gedeihens überall Badegelegenheit zu bieten suche, während es Menschen gebe, die ihr Leben lang niemals gebadet hätten. Indessen muß es rühmend anerkannt werden, daß in Wien bereits i. J. 1804 ein öffentliches Bad errichtet worden war, das 1842 von Foerster und Etzel um- gebaute und durch ein Schwimmbad erweitere Dianabad. Da es anfänglich aber nur teure Wannenbäder enthielt, konnte es noch nicht als Volksbad gelten. Wohl entstanden in Wien noch einige kleinere Bäder, die jedoch nur äußerst dürftig und mit so mangelhaften badetechnischen Einrichtungen versehen waren, daß sie sich über mittelalterliche nicht erhoben. Sollten wahre Volksbäder wieder erstehen, so mußte erst durch alle Kreise die Erkenntnis dringen, daß da, wo — wie bei den arbeitenden Klassen — die gröbste Verunreinigung des Körpers ganz naturgemäß war, eine regelmäßige Reinigung der zu lebhafter Tätigkeit angeregten Haut im Interesse der Gesundheit und Leistungsfähigkeit dringend geboten, und daß diese Art der Körperpflege das beste Mittel zur Bekämpfung von Volkskrankheiten sei; denn man hatte längst die Erfahrung gemacht, daß bei epidemischen Krankheiten die Seuche immer da am heftigsten auftritt, wo am wenigsten Reinlichkeit herrscht. Diese Erkenntnis wurde in England dem Volke von neuem zum Bewußtsein gebracht, als i. J. 1832 Eng- land von Cholera heimgesucht wurde, die gerade unter der Arbeiter-Bevölkerung von London und anderen Großstädten erschreckend zahlreiche Opfer forderte. Dies wurde für England die Veranlassung, der öffentlichen Gesundheitspflege erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken und den zeitgemäßen Bedürfnissen durch Wiecterauf- nahme des Badewesens Rechnung zu tragen. Während nun Behörden und Vereine darüber Beratungen pflogen, wie man den unteren, an mangelhafte Wohnungen gebundenen Volksschichten bequemer und trotzdem wohlfeiler die Reinigung bieten könne, soll eine Arbeiterfrau in Liverpool Franklin, La vie privee d’autrefois. Paris 1787. j 275 sofort zur Tat geschritten sein und eine wenn auch recht primitive Waschanstalt errichtet haben, worin zunächst 85 Arbeiterfamilien gegen 1 Penny (10 Pfg.) wöchentlich ihre Wäsche besorgen und so außerhalb ihrer beengten Wohnungen dieses unangenehme Geschäft vornehmen konnten. Das günstige Geschäftsresultat dieses Unternehmens soll auf den naheliegenden Gedanken geführt haben, die An- lage der Bäder mit den Waschanstalten zu verbinden, und tatsächlich wurde im Mai 1842 in Liverpool die erste Wasch- und Badeanstalt mit 21 Waschständen und 8 Wannenbädern in Betrieb gesetzt,1 welche schon im dritten Jahre ihres Bild 216. Öffentliche Wasch- und Badeanstalt zu Liverpool. Erdgeschoß (unten). 1. Aufseher (Kasse). 2. Einzelbäder. 3. Wannenbäder. 4. Dampfbäder. 5. Eingang für Männer. 6. Eingang für Frauen. 7. Warteraum für Männer. 8. Warteraum für Frauen. 9. Schwimmbäder. 10. Kesselhaus. 11. Waschhaus für Kleider. 12. Wasch- und Trockenhaus. 13. Wohnung des Bademeisters. 14. Aborte. 15. Aschenplätze. Obergeschoß (oben). 1. Aufseher. 2 Einzelbäder. 3. Wannenbäder. 4. Dampfbäder. 5. Sitzungszimmer. 7. Wartezimmer. 9. 10. 12. zweigeschossig aus dem Erdgeschoß. 13. Wohnnng des Bademeisters. Bestehens einen Reinertrag lieferte. Da bei der allzeit großen Vorliebe der Eng- länder für sportliche Körperpflege das Bedürfnis nach Schwimmbädern lebhaft hervortrat, mußten solche nunmehr ebenfalls geschaffen werden, und so entstand gleichfalls i. J. 1842 in Liverpool die erste größere Bade- und Waschanstalt für die arbeitende Klasse, welche Bild 216 darstellt. Das zweistöckige Badehaus enthält eine Männer- und eine kleinere Frauenabteilung, jede mit Wannen- und Dampf- bädern versehen. Die Schwimmbäder sind einstöckig angebaut; das der Männerseite 1 Behrend, die öffentl. Bade- und Waschanstalten. Berlin u. Cassel 1854. Birgl und Lobeck. 18* 276 hat 8,23 zu 5,38 m Wasserfläche bei 1,44 bis 3,10 m Tiefe, während das Frauen- schwimmbad noch etwas kleiner ist. Die Wohnung des Bademeisters liegt in zwei Etagen neben der Frauenabteilung. Das abgesonderte Waschhaus enthält 52 Wasch- stände mit 10 Waschkesseln und hat ein eigenes Trockenhaus. Mit dem gleich- falls abgesonderten Kesselhause ist noch ein größerer Waschraum zum Reinigen von Kleidern verbunden. Auch diese Anstalt hatte so günstige Erfolge zu verzeichnen, daß man in Liverpool zur baldigen Errichtung einer zweiten und dritten Anstalt gleicher Art, aber wesentlich größeren Umfanges sich veranlaßt sah. Die in Liverpool erzielten Resultate führten aisbad auch in London zur An- lage ähnlicher Wasch- und Badeanstalten. Die erste (Glashouse Yard, London Docks) von geringerem Umfange wurde 1845 eröffnet, konnte sich jedoch nicht halten und mußte später den Betrieb einstellen; die zweite (George Street, Euston Square), die ursprünglich 30 Wannenbäder für Männer, 10 desgleichen für Frauen, 9 Dampfbadezellen, 2 Schwimmbassins und 60 Waschstände enthielt und 1846 vollendet wurde, erfreute sich sogleich außerordentlich lebhaften Zuspruches; sie wurde später auf 94 Bäder und 96 Waschstände erweitert und bewährte sich so, daß sie für mehrere später errichtete Anlagen das Musterbild abgab. Überall in England entstanden bald darauf ähnliche Bade- und Waschhäuser, wie z. B. in Aberdeen, Dundee, Edinburg, Glasgow, Greenwich, Manchester und anderen Städten, und die Anstalt in Edinburg war sogar ein Unternehmen der Arbeiterschaft aus eigener Kraft und eigenen Mitteln! So war die Entwickelung des Badewesens in England schon in guten Fluß gekommen, als sich unter dem Lord-Bischof von London Sir Henry R. Dukinfield i. J. 1844 der „Centralverein für die Beförderung der öffentlichen Bade- und Wasch- anstalten" bildete, welcher zunächst in London, Goulston Square, Witechapel eine Musteranstalt errichtete (deren Bäderabteilung 1847, deren Waschabteilung jedoch erst 1850 eröffnet wurde), im übrigen aber seine Hauptaufgabe in einer gesetz- lichen Regelung und Hebung des Badewesens sah. Dank der Mitwirkung hervor- ragender Persönlichkeiten waren seine Bestrebungen unerwartet schnell von Erfolg gekrönt; denn schon am 26. August 1846 erhielt die nach dem verdienstvollen Präsidenten benannte Parlamentsakte (Sir Henry Dukinfields Act) mit der Königlichen Bestätigung die gesetzliche Gültigkeit. In dieser Akte von ungemein wichtiger sozialer Bedeutung wird unter ausdrücklicher Betonung des Wertes der Bäder für Behaglichkeit und Gesundheit der Bevölkerung jede Gemeinde in England und Wales ermächtigt, Bade- und Waschanstalten aus öffentlichen Mitteln zu errichten, sobald auf Anregung von zehn Mitgliedern die Gemeinde mit zwei Drittel Majorität die Anlage beschlossen hat. Mangels der Selbstverwaltung, die dort nicht bestand, hat eine Kommission von drei bis sieben Bürgern den Bau zu besorgen und unter gewisser Aufsicht der Regierung im Aufträge der Gemeinde in Betrieb zu nehmen. Für den Ankauf des Grundstückes werden sogar Expropriationsrechte eingeräumt, die Baumittel aus allgemeinen oder ad hoc erhobenen Steuern, auch aus Fonds der Armenverwaltung entnommen, denen aber die etwaigen Betriebsüberschüsse wieder zufließen sollen. Den Wasser- und Gaswerken wird möglichst billige oder unentgeltliche Lieferung von Wasser und Gas für diese Zwecke empfohlen. Den 277 volkstümlichen Charakter der Anlagen wahrt die Akte durch die Vorschrift, daß von den Bädern mindestens zwei Drittel für die unteren und nur ein Drittel für die obere Klasse bestimmt sein sollen. Im Betriebe, für welchen wohlinstruierte Beamte mit bestimmten Rechten und Pflichten fest angestellt sind, werden die Ge- schlechter getrennt, nur Knaben unter acht Jahren den Frauen zugewiesen. Die Preise sollen 2 Penny (20 Pfg.) für ein warmes und 1 Penny (10 Pfg.) für ein kaltes Arbeiterbad einschließlich Trockentuch nicht übersteigen, für die höheren Klassen nicht das Dreifache jener Preise; ein Bad in größeren Gemeinschafts- bassins soll nur V2 Penny kosten. Für Benutzung eines Waschstandes in der ersten Stunde wird 1 Penny, in 2 Stunden hintereinander 3 Penny gezahlt. Obwohl es nicht an Stimmen fehlte, welche in den Wasch- und Badeanstalten Stätten fürchteten, um die Frauen vom häuslichen Flerde und der Familie weg und wohl gar der Liederlichkeit in die Arme zu führen, drang doch die bessere Einsicht schnell durch. Nach den Grundsätzen der Parlaments-Akte errichtete bereits i. J. 1849 in London das Kirchspiel St. Martins in the field eine Bade- und Wasch- anstalt, und i. J. 1854 hatte London schon dreizehn, meist mit Schimmhallen ver- sehene Anstalten dieser Art. So gebührt England das Verdienst, durch Einrichtung wahrer Volksbäder im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege bahnbrechend vorgegangen zu sein. Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts ist ferner auch die Zeit, in welcher die gleichfalls in Vergessenheit geratenen Heißluft- und Dampfbäder im westlichen Europa wieder eingeführt wurden. Die Dampfbäder sind wahrscheinlich durch die französischen Heerschaaren in Rußland bekannt geworden, und da sie baulich höchst einfach sein konnten, wurden sie leicht in die Heimat verpflanzt und als „russische Bäder " in Gestalt der Dampfbäder mit kalten Übergießungen im Westen schnell verbreitet. Das ursprünglich römische, von den Orientalen übernommene Heißluftbad, lernten die Engländer im Krimkriege kennen und wegen seiner sanitären Nützlichkeit und außerordentlichen Annehmlichkeit so hoch schätzen, daß sie es ohne weiteres in England einführten. Der englische Arzt Dr. R. Barther legte das erste derartige Bad i. J. 1856 in St. Anns Hill bei Cork in Irland an, wonach diese Badeform den Namen „römisch-irisches Bad" erhalten hat. (— Das erste römisch-irische Bad in Deutschland richtete unmittelbar darauf Dr. Luther in Nudersdorf bei Wittenberg ein. — ) Während die Römer jedoch sich ausschließlich der kalten Übergießungen bedienten, folgten die Engländer mehr dem orientalischen Brauch, wonach bei den Übergießungen zunächst wärmeres, später zur Abkühlung kälteres Wasser verwendet wird, deshalb findet sich dafür auch wohl der Name türkisches Bad. Bild 217 stellt Grundriß und Ansicht des Hauptraumes aus dem i. J. 1863 eröffneten römisch-irischen Bad „Hammam" in London (Jermyn Street St James) dar.1 Nach orientalischen Vorbildern ist der Schwitzraum mit einer Kuppel über- deckt, welche durch sternförmige bunte Glasaugen mäßig Licht einfallen läßt, und durch vier Nischen erweitert, deren eine das kalte Vollbad (plunge tank) enthält und die Verbindung mit dem kalten Vorraum herstellt, welcher mit den 1 Nach Handb. d. Architektur IV, 5, Heft 3. (Genzmer.) Mit Genehmigung des Ver- lages (A. Kröner). 27S Bild 217. Das Hammäm zu London. Hauptraum 279 Kojen zum Aiiskleiden und Ruhen nach dem Bade versehen ist. Die übrigen drei Nischen enthalten erhöhte Liwane mit Ruhebänken zum Schwitzen. In der Mitte des Raumes ist eine Erhöhung eingebaut, auf welcher die Massage vorge- nommen wird, während unter derselben die Duschekammer angeordnet ist, zu der man seitlich auf zwei Treppen hinabsteigt. In den vier Ecken liegen die Heißluft- und Waschräume. Die Ausstattung mit Marmorbelag der Fußböden und der er- höhten Einbauten, sowie die reichliche Verwendung von orientalischen Teppichen, bringen in Verbindung mit der eigenartigen Beleuchtung den stimmungsvollen Charakter der türkischen Bäder ziemlich gut zum Ausdruck. Die römisch-irischen Bäder fanden überall in England lebhaften Anklang und schnelle und weite Verbreitung, so daß sie fast in jedem Ort zu finden sind; in den größeren und großen Städten jedoch sind sie oft genug von höchst luxuriöser Ausstattung, infolgedessen die Bäderpreise nur den Wohlhabenden erschwinglich sind, so daß sie als Volksbäder nicht in Betracht kommen können. Häufig bilden diese Schwitzbäder eine den Bade- und Waschanstalten angehängte besondere Ab- teilung, wie z. B. im Victoriabath zu Glasgow, und erfreuen sich in dieser Gestalt allgemeiner Beliebtheit ebenso wie die Schwimmbäder, obwohl diese längere Zeit hindurch nur für den Sommerbetrieb eingerichtet werden konnten. So groß war aber die Nachfrage nach Schwimmbädern, daß bei den meisten öffentlichen Bade- und Waschanstalten sogleich getrennte Schwimmbassins für Männer und Frauen angelegt wurden, bisweilen sogar mehrere für die Arbeiterbevölkerung und für die höheren Klassen. Dadurch wurde der für die Ausbildung gemeinnütziger Wohl- fahrtseinrichtungen nicht zu unterschätzende praktische Vorteil gewonnen, daß bei relativ einfacher Einrichtung und Bedienung der Anlagen an Stelle mangelhafter Verzinsung der Baukapitalien durch den starken Besuch eine gute Rentabilität des Unternehmens erzielt wurde. Da man ein so günstiges Ergebnis schon mit den ersten Anstalten erzielt hatte, hielt man an dem erprobten Musterbau, wie er in der Bade- und Waschanstalt zu London, George Street, Euston Square geschaffen war, nicht nur in London, sondern auch in weiterem Umfange fest, was jedoch nicht hinderte, unter Umständen auch ganz erheblich größere Anlagen zu bauen, wie z. B. die Paddington baths and washhouses in London (vergl. Builder 1874, S. 90, 91) von Isaacs. Charakteristisch bleibt indessen für Englands Volksbäder immer die Verbindung der Badeanstalt mit dem Waschhause, die sich dort zweifel- los gut und besser bewährt hat als in anderen Ländern, weil sie den Lebens- gewohnheiten des englischen Volkes entspricht. Neben den auf Grund des Dukinfield-Gesetzes errichteten Volksbadeanstalten entstanden in dem Maße, wie man die Vorteile großer öffentlicher Bäder mehr und mehr einsah, auch noch private Bäderunternehmungen, welche unabhängig von gesetzlichen Vorschriften in der wirtschaftlichen und geschäftlichen Behandlung des Betriebes frei und unbeeinflußt sein wollten; da ihnen öffentliche Geldmittel nicht zur Verfügung stehen, wurden und werden sie entweder als Subskriptionsunter- nehmungen oder als allgemeine Aktienunternehmungen ins Leben gerufen. In ihrer baulichen Einrichtung weichen sie von den Volksbädern nicht wesentlich ab, tragen vielmehr nur in ihrer Ausstattung den Ansprüchen ihrer Besucher genügend Rechnung. 280 Endlich finden sich in England noch als besondere Art privater Badeanstalten die Gentleman-Klubbäder, die, weit entfernt Volksbäder zu sein, lediglich und ausschließlich dem Bedürfnis einer beschränkten Zahl von Klubmitgliedern und ihrer Familien dienen, welche, als Aktionäre aus bestimmten Gesellschaftskreisen sich rekrutierend, die erforderlichen Geldmittel aufbringen. Diesen entsprechend sind die so geschaffenen Bäder mehr oder weniger luxuriös ausgestattet. Was die Klubbäder von allen anderen unterscheidet, ist die Verbindung der musterhaft eingerichteten Baderäume, in denen sich ein oder mehrere Schwimmbassins, Wannen- und Brausebäder, römisch- irische und russische Bäder u. s. w. befinden, mit Nebenräumen für Massage und Gymnastik, Turnsäle, Lese-, Billard-, Rauchzimmer und Restaurants.1 Die Hinzu- nahme der Pflege sportlicher Übungen und der Geselligkeit zu den Bädern lassen uns hier Anlagen erkennen, welche eine gewisse Verwandtschaft mit den Thermen der antiken Welt besitzen und bei der bekannten Vorliebe der Engländer für das Klubwesen sich großer Beliebtheit und stetig steigender Verbreitung erfreuen. Die Benutzung der Klubbäder ist allgemein an Jahresabonnements gebunden, wofür die Aktionäre je nach Zahl ihrer Aktien 20 bis 40 Mk., Nichtaktionäre 45 und 20 Mk. Eintrittsgeld entrichten; die Gastlichkeit des englischen Gentlemans gestattet jedoch Fremden, welche durch Mitglieder eingeführt werden, unentgeltlich den Zutritt. Von den Gemeinden verlangen und erhalten die Klubbäder keinerlei Zuschüsse oder Vergünstigungen und bezahlen z. B. auch voll ihren Bedarf an Wasser u. s. w. Bei dem Verwaltungsgrundsatze äußerst peinlicher Sauberkeit und strengster Sittlich- keit sind die Klubbäder äußerst wertvolle Glieder unter den Badeanlagen der großen Städte in England. Ein gutes Beispiel dafür ist das Western Bath in Glasgow,2 welches vom Arlington Club auf Aktien gegründet und i. J. 1871 eröffnet worden ist; Eigen- tum der „Glasgow Swimming Bath Company", ist das Bad nur für den Kreis seiner Klubmitglieder und deren Damen und Kinder bestimmt, und dem ent- sprechend mit allem zeitgemäßen Komfort versehen. Die Badeeinrichtungen setzen sich zusammen aus einer Schwimmhalle für Herren und Damen mit Winter- und Sommerbetrieb nebst 26 Kojen zum Aus- und Ankleiden, 6 Wannenbädern, römischen und russischen Bädern mit zugehörigen Ruheräumen und Wartezimmern; ange- schlossen sind Lese- und Billardzimmer, Toiletten und Klosets, Wohnungen für Beamte, Waschhaus für den Bedarf der Anstalt und endlich Kessel- und Maschinen- räume. Bild 218 gibt Grundriß und Längenschnitt dieses Bades. Die stattliche Schwimmhalle von 33,5 zu 14 m Größe ist mit sichtbarem eisernem Dachstuhl von spitzbogigen Bindern überdeckt, bis zum Scheitel 15 m hoch und mit einer ringsumlaufenden Gallerie versehen. Das Schwimmbassin von 27,5 m Länge und 10,7 m Breite hat rund 294 qm Wasserfläche, und bei einer gleichmäßig zu- nehmenden Wassertiefe von 0,92 bis 2,30 m rund 475 cbm Inhalt. Der Umgang des Bassins ist mit Holzfußboden belegt, der den Bassinrand etwas überragt. Sogenannte „Stiefelgänge" sind noch nicht vorhanden; statt dessen hat, um das Hineintragen von Schmutz an den Stiefeln zu vermeiden, jeder Besucher den „Shoe 1 Vgl. Deutsche Vierteljahrschr. f. öffentl. Gesundheitspfl. 1880, Bd. XII, S. 188: Über öffentliche Badeanstalten. 2 Deutsche Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspfl. VII, Heft 2. 281 Room“ J zu passieren und daselbst sein Schuhzeug mit Pantoffeln der Anstalt zu vertauschen. Die Einrichtungen der Bäder, sowie für Heizung, Lüftung und Be- leuchtung lassen nichts zu wünschen übrig und entsprechen durchaus der übrigen vornehmen und soliden Ausstattung des ganzen. Das Gebäude enthält 1185 qm bebaute Grundfläche und hat (ohne Grunderwerb) 180000 Mk. Baukosten erfordert, d. i. 152 Mk. pro Quadratmeter. Alle Mitglieder des Klubs, Aktionäre wie Nicht- Bild 218. Western Bath in Glasgow (Arlington Club). Bild 218a. Western Bath in Glasgow (Arlington Club). A Swimming Bath. B Hot Room. C Washing Room. D Bath Room. E Cabinets. F Cooling Dressing Room. G Vapour Baths. H Passage. I Shoe Room. K Attendants Room. L Waiting and Committie Room. M Open Dressing Room. N Bill Room. O Vestibül. P Porch. Q Dressing Room. R Urinals. S Water Closets. aktionäre müssen sich zu ihrer Aufnahme der Ballotage unterwerfen; die Aktionäre zahlen aber geringere Jahresbeiträge, die folgendermaßen festgesetzt sind: es zahlen 2. Mitglieder (Nichtaktionäre) Jahresbeitrag 45 sh. Einmaliges Eintrittsgeld 20 sh. 3. Damen der Mitglieder unter 10 Jahren 10 sh. von 10 — 15 Jahren 15 sh. über 15 Jahre 20 sh. 1. Mitglieder (Aktionäre) Inhaber von 1— 5 Aktien 40 sh. 6 — 10 Aktien 35 sh. 11 — 15 Aktien 30 sh. 16 — 23 Aktien 25 sh. 24 und mehr Aktien 20 sh. 4. Söhne der Mitglieder unter 10 Jahren 10 sh., unter 15 Jahren 15 sh. 2S2 Derartige Klubbäder bestehen in England in großer Zahl; von ihnen sei noch, gleichfalls aus Glasgow, das Victoria Bath genannt, welches i. J. 1876 bis 1877 von Watson mit einem Kostenaufwande von rund 200000 Mk. erbaut ist; es ent- hält außer den nötigsten Vor- und Verwaltungsräumen ein Schwimmbad von rund 11 zu 24 m = 264 qm Wasserfläche nebst Auskleidezellen und anstoßender Turn- halle, ein besonders geräumiges römisch-irisches Bad mit Ruheräumen, ferner eine Reihe von Wannenbädern, Sprech- und Konversationszimmer, Wirtschaftsküche u. s. w. Die der Geselligkeit dienenden Räumlichkeiten sind in dem an zwei Straßenseiten angeordneten Obergeschoß untergebracht.1 Eine besonders glänzende Entwickelung hat, wie nicht anders zu erwarten, das Badewesen der Landeshauptstadt London erfahren, wo bei dem allgemein üb- lichen Gebrauch, die Wäsche nur in den öffentlichen Waschhäusern zu besorgen, der Anschluß der Volksbäder an die Waschanstalten zu außerordentlich zahlreichen Doppelanlagen geführt hat, von denen auf etwa 50000 Seelen je eine entfällt. Außerdem sind in London etwa 75 öffentliche Hallenschwimmbäder und nicht weniger denn 17 Klubbäder im Betriebe. Die Kunde von den großartigen Erfolgen Englands auf dem Gebiete des Badewesens veranlaßte die französische Regierung, zum Studium der Bade- und Waschhäuser eine Kommission über den Kanal zu entsenden, deren überaus günstiger Bericht die Anregung gab, dem bewährten Vorgehen Englands zu folgen. Unter der Präsidentschaft Napoleon Bonapartes wurde auf den Antrag des Ministers für Ackerbau und Handel, M. Dumas, i. J. 1850 von der Nationalversammlung ein Kredit von 600000 Francs eröffnet zur Unterstützung solcher Gemeinden, welche Bade- und Waschanstalten nach englischer Art errichten wollten. Das betreffende Gesetz vom 31. Mai 1850 bestimmt, daß die subventionierten Städte zwei Drittel aller Kosten selbst aufzubringen und Projekte nebst Kostenanschlägen der Ge- nehmigung des Ministers zu unterbreiten haben. Die Verwaltung regelt die Gründung und den Betrieb der Anstalten von dem Gesichtspunkte aus, daß deren Benutzung den unteren Volkschichten möglichst erleichtert werde. Die Stadt Paris ging mit großem Eifer vor und beschloß, eine Anleihe von zwei Millionen Francs aufzu- nehmen, um nach und nach 14 Bade- und Waschanstalten nach englischem Muster zu errichten, was auch geschehen ist. Avignon, Lyon, Rouen, Reims und andere französische Städte folgten diesem Beispiel. Im ganzen haben aber doch alle Bestrebungen, das Badewesen in Frankreich zu heben, bei weitem nicht den Erfolg gehabt, wie in England. Zwar hat es wohl jede nur leidlich gut situierte Stadt zu einer Bade- und Waschanstalt gebracht; aber man legt den größeren Wert, auch bezüglich der technischen Einrichtung, entschieden auf die Waschabteilung, die außerordentlich stark in Anspruch genommen wird, während die Bäder verhältnismäßig wenig benutzt werden, und insbesondere die Schwimmbäder nichts weniger als beliebt, deshalb auch nicht oft vertreten sind. Im Vergleich zu anderen Ländern lassen die Bäder in Frankreich viel zu wünschen übrig, und die groß angelegten Pläne haben in ihrer Ausführung den Erwartungen 1 Vgl. Dtsch. Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspfl., 1880, Bd. XII, S. 189: Über öffentl. Badeanstalten; vgl. auch Handb. d. Arch. a. a. O., Genzmer, S. 58. 283 nicht entsprochen; das Badewesen ist in Frankreich bis auf den heutigen Tag noch nicht so volkstümlich geworden, wie es der Fall sein müßte. Von ausgeführten Anlagen in Paris sei eine der ältesten genannt, die für die Arbeiterbevölkerung der Cite Napoleon und der Nachbarquartiere erbaut ist. Die Anstalt zerfällt in zwei einstöckige Teile. Der kleinere, schuppenartig behandelt, ist durch 2,5 m hohe Scheidewände in Zellen geteilt; eine 3,75 m hohe Mittel- wand trennt die Männer- von der Frauenabteilung, deren jede zwölf Zellen für eine Wanne und vier Zellen für zwei Wannen in völlig gleicher Anordnung enthält. Schwimmbad und Dampfbäder fehlen. Die Beleuchtung der oben offenen Zellen erfolgt durch Glasflächen im Dache. Die Warmwasserbereitung geschieht im Waschhause, von wo warmes und kaltes Wasser in Rohrleitungen den Wannen zugeführt wird. Der zweite größere Teil des Gebäudes enthält die Waschanstalt mit 45 Waschständen, die Kessel und Wassereservoirs, einen Trockenraum und ein kleines Bureau. — Ein Wannenbad kostet 40 Cts., ein Flandtuch noch 5 Cts., ein Bademantel 20 Cts. Für Volksbäder, zumal sie sich erst einbürgern sollen, sind diese Preise recht hoch und entsprechen nicht der Ausstattung des Ganzen und der aufgewendeten Kostensumme, die einschließlich badetechnischer Einrichtung nur 48000 Frcs. betragen hat. Schwimmbäder finden in Paris auch heute noch so wenig Entgegenkommen beim Publikum, daß sie höchstens während einiger Sommermonate den Betrieb lohnen; deshalb werden die wenigen Anstalten, die es überhaupt gibt, so einge- richtet, daß sie im Winter anderen Zwecken dienstbar gemacht werden können. Sie gleichen darin den ältesten Badeanstalten mit Schwimmbecken in England, wo man anfänglich nur Sommerbetriebe halten konnte, für den Winter aber das große Bassin überdachte und durch Fortnahme der leichtgefügten Auskleidekojen einen großen Saal gewann, der für Versammlungen, Konzerte und selbst als Balllokal benutzt wurde. Ebenso in Frankreich, und speziell noch in Paris, wofür das Schwimmbad in der Rue St. Honore in Paris1 ein sehr bezeichnendes Beispiel bietet, wo die großartigen, prächtig ausgestatteten Räume des Ollerschen Etablisse- ments im Winter als Zirkus benutzt werden, in welchem neben Vorführungen der Reit- und Turnkunst auch Wasserschauspiele geboten werden. Der zentrale Haupt- raum enthält das aus Beton hergestellte, mit weißem Marmor ausgekleidete Schwimm- becken von 25 m Durchmesser. Der mittlere Kreis des Bassins von 13,5 m Durch- messer bildet für den Zirkus die Manege und wird durch 20 eiserne Stützen begrenzt, welche die eiserne Kuppelkonstruktion tragen und durch unten dazwischen gespanntes Gitterwerk das Publikum von der Manege trennen. Außerhalb der Stützen sind ansteigend die Bänke und 60 Logen für Zuschauer angeordnet und ringsumlaufend ein geräumiger Wandelgang. Falls bei den Zirkusproduktionen nautische Kunststücke vorgeführt werden sollen, läßt sich mit Hilfe eines unter der Bassinmitte befindlichen hydraulischen Aufzuges in wenigen Minuten der Fuß- boden senken. Dasselbe geschieht auch, wenn der Zirkus zum Bad werden soll, und zwar so, daß die eine Hälfte der Manege eine Tiefe von 1,35 m erhält, die andere Hälfte im Boden von 1,35 m bis auf 0,90 m ansteigt. Während dieser 1 Illustrierte Zeitung 1886 (No. 2253), S. 253. 284 Mittelteil für Nichtschwimmer und Kinder bestimmt ist, wird der umgebende Ring von 5,75 m Breite und etwa 3,0 m Tiefe zum Schwimmbassin. Die Logen und Bankreihen werden fortgenommen und dafür je 60 Auskleidezellen in zwei Etagen eingebaut; der obere Wandelgang wird mit Ruheplätzen und Erfrischungsräumen zur Benutzung nach dem Bade eingerichtet. Die an die Schwimmhalle anstoßenden Räume werden zu Heißluft- und Dampfbädern mit Massagekojen, Kaltwasserkuren und Douchen aller Art umgewandelt; auch der Reinigungsraum fehlt nicht, in welchem sich jeder Besucher zu säubern hat, bevor er zum Schwimmbecken zu- gelassen wird. Die Stallungen nehmen während des Sommers die Zirkusbau- materialien auf, und der Vorplatz vor den Stallungen wird zum Turnplatz. — Das Bassin faßt rund 1200 cbm Wasser, welches auf einer Temperatur von 24° C. gehalten wird; die Erwärmung erfolgt durch das von Schmierfett gereinigte Konden- sationswasser der Dampfmaschinen, welche die elektrische Beleuchtung besorgen und mit ihren Pumpen Wasserkünste speisen und das Bassin füllen und entleeren. Stündlich werden 50 cbm Wasser frisch zugeführt, so daß bei gleichem Ablauf der Inhalt des Bassins jeden zweiten Tag erneuert wird. Große Sorgfalt ist den Beleuchtungseinriclrtungen gewidmet; zur Verhütung von Beschädigungen der Decken- und Wandmalerei, sowie der übrigen Ausstattung durch feuchte Nieder- schläge während der Badezeit werden stündlich 60000 cbm Luft eingeführt, wobei eine gleichmäßige Temperatur von 18 bis 20° C. gehalten wird, ohne daß in dem großen Raume Zugerscheinungen bemerklich sind. Unter den Bädern von Paris ist gegenwärtig das bekannteste, das nach orientalischer Art prachtvoll ausgestattete römisch-türkische Schwitzbad „Le Häm- in am" (Rue neuve des Mathurins), in welchem zwar die verschiedenartigsten Bäder verabreicht werden, das Schwimmbad aber doch nur in dem etwas vergrößerten Vollbad der Heißluft- und Dampfbäder zu finden ist. Entsprechend der reichlichen Verwendung von Marmorbelägen und -Vertäfelungen, Fayencebekleidungen und kostbaren Teppichen sind die Bäderpreise sehr hoch — Schwitzbad für Herren 5,50 Frcs., für Damen 10 Frcs.; Brausebad 1,50 Frcs. — so daß diese Bäder nur den Begüterten offen stehen und als Volksbäder nicht in Betracht kommen, ebenso wenig andere Schwitzbäder, wie z. B. Le Hammam Monge (Rue Cardinal Lemoine), wo immer noch für ein Schwitzbad 2,50 Frcs. gezahlt werden. In den Provinzialstädten Frankreichs beherrscht das englische Vorbild auch heute noch die neuen Anlagen so, daß das Waschhaus weitaus größere Bedeutung und erhebliches Übergewicht über die Badeanstalt erhält. Ein Beispiel dafür bietet die ältere, von Brunotte errichtete Bade- und Waschanstalt zu Reims.1 Während hier die Waschanstalt den größeren Teil des Grundstückes einnimmt und mit allem technischen Komfort zum Beuchen, Waschen, Trocknen, Rollen und Plätten ein- gerichtet ist, sind die Bäder — 17 Wannen für Männer und 15 für Frauen — unter einfachen Dächern lose angehängt, und außerdem sind zwei runde Vollbäder von 6 m Duchmesser und ein längliches Bassin von 6:9m Größe unter freiem Himmel — also nur für den Sommer benutzbar — mit 17 bedeckten Ankleide- zellen angelegt. — Erst seit neuester Zeit besitzt Reims eine selbständige Bade- 1 Wulliam et Farge. Ce recueil d’architecture. Paris 14 annee, F. 57; 2. section F. 11. 285 anstalt ohne die Kombination mit der Waschanstalt, aber mit schmaler, auffallend langer Schwimmhalle und allen sonstigen Bädern, Erfrischungs- und Sporträumen. Das Vorbild Englands führte auch noch in anderen Ländern dazu, dem Bade- wesen erneute Aufmerksamkeit zu schenken. In Belgien unterstützte die Regierung den Bau von Bade- und Waschanstalten in Brüssel, Lüttich, Antwerpen und anderen Städten so tatkräftig, daß die erste in Brüssel (rue des tanneurs) schon i. J. 1854 Bild 219. Dianabad in Wien (nach dem Umbau von 1842). eröffnet werden konnte;1 anfänglich mit 30 Wannenbädern für Männer und nur 7 für Frauen versehen, mußte sehr bald eine Erweiterung um weitere 10 Wannen- bäder für Frauen vorgenommen werden, wobei außerdem noch einige Zellen mit zwei Wannen ausgestattet wurden. Ein Schwimmbad ist nicht vorhanden, die Waschabteilung dagegen von sehr großem Umfange. — Erst 25 Jahre später erhielt Brüssel in der für die Societe anonyme du Bain Royal erbauten und 1879 er- 1 Jaussens. Bains et lavoirs publics. Brüssel 1855. 286 öffneten großartigen Badeanstalt ein angemessenes Schwimmbad; in einer Halle von 19 zu 38 m ist ein Schwimmbassin von 12,5 zu 30 m Wasserfläche und 0,5 bis 3,5 m Wassertiefe nebst vielen Auskleidekojen in zwei Etagen angelegt, anstoßend ein kleines Cafe. Das Schwimmbad bildet eine eigene Abteilung der ganzen Anlage und hat einen besonderen Zugang von der Rue de l’Enseignement her; die andere Abteilung, von der Rue du Moniteur zugänglich, enthält in zwei Etagen Wannen-, Brause-, Heißluft- und Dampfbäder nebst Douchen und hydro- therapeutische Einrichtungen bester Qualität, sowie eine Dienstwohnung. Auch in Amsterdam gewann das neu erwachte Interesse für das Badewesen schnell und stetig an Boden; ebenso regte es sich in Dänemark, speziell in Kopen- hagen, und in den skandinavischen Ländern. In Italien ging die Stadtverwaltung von Venedig voran, indem sie 250000 Lire für den Bau von Bade- und Wasch- anstalten aufzuwenden beschloß, ähnlich Turin und Genua. In Madrid, Barce- lona und Lissabon beschäftigten sich die städtischen Behörden ernstlich mit dieser Angelegenheit. In Nordamerika entstanden bald nach den englischen und Bild 220. Schwimmhalle des Dianabades in Wien. nach deren Muster zahlreiche Bade- und Waschanstalten in schneller Folge zu Newyork, Philadelphia, Boston und in vielen anderen Städten der Union. In Österreich übernahm die Führung der Bewegung die Kaiserstadt Wien, wo schon 50 Jahre früher (i.J. 1804) eine größere Badeanstalt, das Dianabad, als Aktienunternehmen entstanden war, ursprünglich aber nur Wannenbäder hatte, die sich in schöner Anordnung um einen mit Gartenanlagen geschmückten Binnenhof gruppieren; erst i. J. 1842 erhielt es bei dem durchgreifenden Um- und Erweiterungs- bau durch Foerster und Etzel seine jetzige Gestalt itnd Größe (vergl. Bild 219) durch Hinzufügung einer großartigen Schwimmhalle von 53,0 zu 20,2 m mit einem Bassin von 37,9 m Länge 13,3 m Breite und 0,95 bis 2,50 m Wassertiefe. Bei rund 500 qm Fläche beträgt der Wasserinhalt etwa 850 cbm. Die Erwärmung des Wassers auf 20 bis 22 0 C. wird durch Zuführung von Warmwasser mittels eines Rohrsystems von 8 cm Weite, dessen Verteilung Bild 220 angibt, unmittel- bar aus dem Warmwasserkessel bewirkt; ein beständiger Zu- und Abfluß findet nicht statt. Die Schwimmhalle enthält 100 Auskleidezellen in zwei Etagen ange- ordnet und fünf Duschen. (Siehe Bild 221.) Im übrigen sind noch 35 Wannen- bäder (die Wannen von Zink mit Holzumkleidung) in drei Klassen geteilt und zwei getrennte Dampfbäder in zwei Klassen da. Eigenartig ist bei den Dampfbädern die 287 Anordnung, daß in der I. Klasse sieben und in der II. Klasse drei Räume so an- gelegt sind, daß behufs Steigerung der Temperatur jeder folgende höher liegt als der vorherhergehende; außerdem gehört zu jedem Dampfbad ein Raum mit größerem Kaltbad und allerlei Douchen, welche auch allein benutzt werden können. Das Wasser fließt aus dem Donaukanal in ein Filterbassin, von wo es durch Maschinen- kraft (zweimal 12 P.S.) in die Anstalt gepumpt wird. - Die Bäderpreise sind sehr hoch: ein Wannenbad mit Wäsche und Heizung 3,30 Mk. in I., 2,10 Mk. in II., 1,20 Mk. in III. Klasse, Volksbad 0,74 Mk., Schwimmbad 0,80 Mk. Im Jahre 1845 erhielt Wien ein zweites vornehmes Bad, das Sophienbad,1 das von den Architekten der K. K. Hofoper Van der Nüll und Siccardsburg für eine Aktiengesellschaft erbaut worden ist. Es enthält eine geräumige, mit Holz- decke auf eisernen Bogenbindern überdachte Schwimmhalle, deren Bassin bei 41 m 0 j t , r . . , ( , , i n MJ Bild 221. Schwimmhalle des Dianabades in Wien. Länge und 13 m Breite 533 qm Wasserfläche und bei allseitig von 0,80 bis 3,40 m zunehmender Wassertiefe 1121 cbm Wasser faßt. Durch Grottenstein -Kaskaden findet ein fortlaufender Zufluß in dem Maße statt, daß jeden zweiten oder dritten Tag eine neue Füllung des Bassins zustande kommt. Die Erwärmung erfolgt ver- mittelst Dampf in Rohrschlangen, welche unter einem Rost von Holzlatten am Boden des Bassins verlegt sind. Am Eingang zum Bassin sind drei Brausen und zwei Strahldouchen vorgesehen. An Auskleidekojen sind 126 Stück vorhanden. Die für Männer und Frauen bestimmte Schwimmhalle ist nicht heizbar und deshalb nur in den Sommermonaten Mai bis September zu benutzen. Außerdem enthält die Anstalt 37 Wannenbäder (darunter ein Doppelbad), die Wannen von glasierten Fliesen, zwei Dampfbäder für Herren, ein Dampfbad für Damen, ferner für Heil- zwecke besondere Dampfbäder und eine pneumatische Badeeinrichtung. Die an- gehängte Waschanstalt besorgt nur den eigenen Bedarf des Bades. Das Wasser 1 Deutsche Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspfl., Bd. XII, Heft 2. 288 wird durch eine fast 3,5 km lange Rohrleitung aus dem Donaukanal entnommen, durch ein Filter geschickt und in ein Reservoir gepumpt. Die Maschine (von 34 P.S.) erfordert einen Kessel, der zugleich das Schwimmbassin heizt, während ein zweiter Kessel die übrige Warmwasserbereitung zu leisten hat. — Die Bäderpreise sind auch hier noch recht hoch: Wannenbäder I., II., III. Klasse 2,00, 1,40, 1,00 Mk., Schwimmbad 0,70 Mk. Als erstes Volksbad von Wien kann erst die „Öffentliche Bade- und Waschanstalt in der Leopoldstadt" gelten, welche, von Foerster erbaut, i. J. 1855 in Betrieb kam, aber die Verbindung des Bades mit dem Waschhause noch nicht abzuschütteln wagte; ja es nimmt die Waschanstalt noch weit mehr als die Hälfte des ganzen Raumes ein. Die Badeabteilung enthält an Wannenbädern 30 für Männer und IQ für Frauen, einige Dampf- und Brausebadzellen, sowie ein kleines Schwimmbad von 15,5 zu 9 m Wasserfläche; die Waschabteilung mit Trocken- anlagen, Roll- und Plättraum u. s. w. zeichnet sich durch Vollkommenheit der technischen Einrichtungen aus, die der Größe des Ganzen durchaus entsprechen. — Die Baukosten beliefen sich auf rund 140000 Gulden (ca. 230000 Mk.). Die später in Wien errichteten namhaften Badeanstalten bestitzen keineswegs sämtlich ein bedecktes Schwimmbad; unter den älteren haben nur das Esterhazybad und das Margaretenbad von Anfang an eine Schwimmhalle gehabt. Für die Wiener Verhältnisse und für den Grad der Bäderbenutzung ist es sehr bezeichnend, daß alle älteren Schwimmhallen anfänglich und lange Zeit hindurch nur während des Sommers Badebetrieb hatten, aber während des Winters als Tanz- und Vergnügungs- säle benutzt zu werden pflegten. In Deutschland ging die Bewegung zugunsten des Badewesens von Hamburg aus. Zwar hatte man schon 1826 in Breslau ein russisches Dampfbad eingerichtet; aber dieses Beispiel des Frhrn. v. Keller blieb vereinzelt und ohne weitere Folge. Nun hatte sich i.J. 1850 in Hamburg ein Komitee gebildet unter dem Ingenieur W. Lindley, der über Wesen und Ziele der öffentlichen Wasch- und Badeanstalten an der Hand der in England gemachten Erfahrungen aufklärend und interessierend wirkte und zu einem derartigen Bau einen Entwurf aufstellte, welcher für Rechnung einer Aktiengesellschaft auf dem Schweinemarkt zu Hamburg ausgeführt wurde. Wenn auch die i. J. 1855 eröffnete Anstalt1 gegenwärtig als veraltet und überholt angesehen werden muß, so bietet doch der Bau soviel historisches Interesse, daß seine Be- sprechung hier noch gerechtfertigt erscheint. Bild 222 gibt den Grundriß, Bild 223 eine Ansicht, der um den Schornstein als Mitte angeordneten Zentralanlage von 37 m Durchmesser. Der über 45 m hohe Schornstein ist durch Einführung eines 18 m hohen gußeisernen Rohres, welches die Rauchgase der Kesselfeuerung ab- führt, zu einem mächtigen Aspirationsschacht der Lüftungseinrichtungen des ganzen Gebäudes und des benachbarten Kanalnetzes ausgestaltet. In einigem Abstande ist durch eine offene Arkade auf gußeisernen Säulen ein breiter Ring abgetrennt, über welchem das von dem Schornstein durchsetzte Haupt- Wasserreservoir sich be- findet, welches aus der städtischen Wasserleitung gespeist wird. Wiederum ring- förmig sind die 32 Waschstände A beiderseits des Umganges CD und die Plätt- 1 Zeitschr. d. Hann. Arch.- und Ing.-Vereins 1857, S. 371. 289 stände B, disponiert; zu jedem Waschstand gehört ein mit Heißwasser geheizter Trockenraum, während Wringmaschinen, Wäscherollen und Plättöfen angemessen verteilt sind. Das kegelförmige Dach der Wäscherei ist in etwa 2 m breitem Ringe mit Glas eingedeckt und mit äußerst wirksamen Lüftungsklappen versehen. Die Bäder sind ausschließlich Wannenbäder und ziehen sich rings um die Wasch- anstalt, sind für Männer und Frauen völlig getrennt (38 für Männer, 16 für Frauen) und haben durch Vorhallen M besondere Eingänge T und U. Der Fraueneingang führt zugleich in die Waschanstalt. Der ringförmige Korridor F und die einzelnen Badezellen sind durch 2,20 m hohe Bretterwände abgeteilt, ober- halb deren die Beleuchtung durch hohes Seitenlicht von außen erfolgt. Die Bade- wannen sind teils aus Zink, teils aus gebranntem Ton und werden durch Rohre Bild 222. Wasch- und Badeanstalt in Hamburg. A Waschstände. B Plättstände. C D Umgang des Wasch- hauses. E Frauenbäder I. Klasse. F Frauenbäder II. Klasse. G Männerbäder I. Klasse. H Männerbäder II. Klasse. / Treppe der Inspektor- wohnung. K Wartezimmer. L Kassen. M Vorhallen. N Kesselanlage. O für Hauswäsche. P Passage. Q Rollkammer. R Durchgang. S Treppe zur Maschinisten - wohnung. T Eingang für Männer. U Eingang für Frauen. gefüllt, deren Ventile nur vom Korridor aus, und zwar nur durch den Wärter bedient werden sollen. Einige wenige Zellen haben nur eine einfache Brause. Die Erwärmung der Räume erfolgt durch eine Heißwasserheizung, die Beleuchtung durch Gas. Die Ausstattung ist höchst einfach. Die Kesselanlage N liegt außer- halb des Gebäudes unter einer Terrasse, woselbst auch die Anstaltswäscherei unter- gebracht ist. — Ein Schwimmbad fehlt gänzlich, ebenso wenig sind Dampfbäder und Douchen vorgesehen. Die Baukosten haben 201 500 Mk. betragen. — Im Gegensatz zu englischen Anlagen, wo die Waschanstalten nur von Frauen benutzt werden, welche ihre eigene Wäsche besorgen, weshalb bisweilen für deren Kinder sogar Aufenthalts- und Schulräume angelegt worden sind, dient die Hamburger Anlage lediglich berufsmäßigen Lohnwäscherinnen und ist somit nicht zur Volks- waschanstalt geworden, wie es beabsichtigt war. Ungefähr gleichzeitig mit Hamburg wurde das Interesse für das Badewesen Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 19 — 290 — in Berlin geweckt, indem der Polizeiarzt Dr. Behrend i. J. 1851 eine Denkschrift über den sanitären Nutzen der Bade- und Waschanstalten und die im Auslande damit gemachten Erfahrungen an den regsamen und tatkräftigen Polizeipräsidenten v. Hinckeldey einreichte, und zu gleicher Zeit Prof. Gneist im Zentralverein für das Wohl der arbeitenden Klassen einen Aufsehen erregenden Vortrag über dasselbe Thema hielt. Diese Anregung genügte, um eine Aktiengesellschaft zu bilden, welche die öffentliche Wasch- und Badeanstalt in Berlin, Schillingstr. 7 — 9, gründete und nach den Entwürfen des Branddirektors Scabell i. J. 1855 zur Ausführung brachte. Diese Anstalt ist die erste in Deutschland, welche sogleich beim Neubau ein bedecktes Schwimmbad erhalten hat. Bei einer bebauten Grundfläche von Bild 223. Wasch- und Badeanstalt in Hamburg. 860 qm haben die Baukosten rund 209000 Mk. betragen, d. h. 243 Mk. pro Quadratmeter; i. J. 1874 erweitert auf 16 000 qm, stiegen die Gesamtkosten auf rund 300000 Mk., d. h. 187,5 Mk. pro Quadratmeter. Bild 224 gibt den Grundriß des Gebäudes in der erweiterten Gestalt. Die Anlage enthält ein Schwimmbad, nur für Männer, zur Benutzung nur im Sommer, mit 21 Auskleidekojen und Douchezimmer, ferner Wannenbäder für Männer, 14 erster und 10 zweiter Klasse, desgleichen für Frauen, 6 erster und 9 zweiter Klasse, außerdem eine Waschanstalt erheblichen Umfanges mit den erforderlichen Waschständen, Trockenräumen und Zentrifugen, Roll- und Plättstube, darin eine Abteilung zur Besorgung der Anstaltswäsche. Im Obergeschoß ist eine Dienstwohnung für den Inspektor eingerichtet. Das Schwimmbassin mißt 13 zu 291 7 m = 91 qm Fläche; die Wassertiefe steigt von 1,25 m gleichmäßig bis zu 1,88 m, daher der Inhalt 132 cbm beträgt. Bei starker Benutzung wird das Wasser in jeder Nacht innerhalb sechs Stunden erneuert, bei schwacher Benutzung jeden fünften bis sechsten Tag; ein regelmäßiger Zufluß findet nur durch eine Brause statt, dem ein gleicher Abfluß durch ein Oberlaufrohr entspricht. Das Wasser wird der städtischen Wasserleitung entnommen, im Warmwasserkessel erwärmt und nahe am Boden des Bassins in solcher Menge eingeführt, daß durch Mischung mit kaltem Wasser eine Wassertemperatur von 22° C. gehalten wird. Das ge- mauerte Bassin ist mit gemustertem Marmor ausgelegt, die Überdeckung der A Schwimmbassin. B Aus- und Ankleidezellen. C Frauenbäder I. Klasse. D Frauenbäder II. Klasse. E Männerbäder I. Klasse. F Männerbäder II. Klasse. G Wärtesäle I. Klasse. H Wartesäle II. Klasse. / Trockenkammern. K Waschräume I. Klasse. L Waschräume II. Klasse. M Trockenkammern. iV Kesselhaus. O Zentrifugalmaschine. P Plättstube. Q Anstaltswäsche. R Rollen. 6' Kas§e. T Eingang für Frauen. U Eingang lür Männer. Bild 224. Öffentliche Wasch- und Badeanstalt in Berlin, Schillingstraße 7—9. Halle unter möglichster Vermeidung von Holz in Eisenkonstruktion ausgeführt. Es gelang jedoch nicht, die Schwimmhalle für den Winter genügend zu erwärmen, und deshalb mußte alljährlich im November der Betrieb eingestellt werden. Für die Wannenbäder sind Zellen von 1,84 m Länge und Breite durch 2 m hohe Wände aus Schieferplatten in dünnen Eisenrahmen gebildet. Die Wannen von hell glasiertem Ton sind oben 1,53 m, im Boden 1,23 m lang, im Mittel 0,58 m breit und 0,54 m tief; sie fassen, was sehr reichlich ist, bis zum Rande 340 Liter Wasser. Der Rand ist mit einem Rahmen von sauber gescheuertem Tannenholz abgedeckt. Die Füllung der Wannen geschieht durch ein gemeinschaftliches Zu- laufrohr für kaltes und warmes Wasser; die Ablaufhähne liegen außerhalb der Zellen im Korridor. 19* 292 Dieselbe Aktiengesellschaft hat sehr bald nach dem ersten ein zweites, ganz ähnlich angelegtes Bad in der Auguststraße in Berlin errichtet und hat, ohne auf die Rentabilität allzu sehr hinzuwirken, doch bisweilen so gute Geschäftserfolge ge- habt, daß an die Aktionäre 6 bis 7°/0 Dividende gegeben werden konnten. Trotzdem fanden diese Beispiele in Deutschland keine nennenswerte Nach- ahmung; denn die Haupteinnahme resultierte aus dem Waschhause, dessen Be- nutzung durch die einzelnen Familien sich bei uns nicht einbürgern wollte, weil es nicht Landessitte war. Man gewann allmählich den Eindruck, daß die Ver- bindung des Bades mit der Waschanstalt in Deutschland dem Bade mehr hinderlich als fördernd war, wagte aber doch noch nicht, die Verbindung ohne weiteres zu Bild 225. Friediichsbad in Magdeburg. Erste Anlage. A Schwimmbassin. B Auskleidezellen C Saal für Brausen. D Saal für 30 Waschstände. E Saal für 16 Wasch- stände. F Rollkammer. G Dampfbäder. H Abkühlungszimmer. / Korridor. K Wannenbäder für Männer. L Salonbäder. M Wartezimmer. N Schwitzzimmer. O Wannenbäder für Frauen. P Vorzimmer. Q Saal für 36 Waschstände. R Trockenkammern. 5 Kesselhaus. T Hof. lösen. Wichtiger erschien es zunächst, die Schwimmbäder so anzulegen, daß sie während des ganzen Jahres im Betriebe gehalten werden konnten; denn nur da- durch wurde es möglich, den vollen Nutzen des Badewesens für alle Volkskreise im ganzen Umfange Winter und Sommer hindurch sicherzustellen. Der kräftig aufblühenden Provinzialstadt Magdeburg blieb es Vorbehalten, in Deutschland die erste Stadt zu sein, welche eine Schwimmhalle mit durchlaufendem Sommer- und Winterbetriebe schuf, nachdem freilich dort schon längst Versuche zur Wiederbelebung des Badewesens stattgefunden hatten; denn bald nach Er- öffnung der von Major v. Neindorf begründeten Flußbadeanstalt in der Nähe des Packhofes (vergl. S. 273) war auch für den Winterbetrieb eine kleine Bade- und Schwimmanstalt eingerichtet worden, welche im Interesse der guten Sache das erforderliche warme und kalte Wasser aus dem benachbarten städtischen Wasser- — 293 — werk bezog. Als dieses aber dem Bau der jetzigen Elbe-Strombrücke weichen mußte, ging auch die Winterschwimmanstalt wieder ein, und die Stadt hatte, abgesehen von drei nach und nach entstandenen offenen Flußbädern, nur eine kleine Bade- anstalt mit zwölf Wannenbädern und einem römischen Bad. Da war es ein be- deutendes Unternehmen, als i. J. 1859 die Aktiengesellschaft „Magdeburger Bade- und Waschanstalt'' sich bildete, um ohne Beihilfe der Stadt aus eigenen Kräften eine jahraus jahrein geöffnete Schwimmanstalt ins Leben zu rufen. Mit einem Kapital von 240000 Mk. errichtete sie nach den Entwürfen von Mareks einen Bau, der schon am 1. März 1860 eröffnet wurde. Derselbe, jetzt Friedrichs- bad genannt, enthielt eine durch vier eiserne Öfen heizbare Schwimmhalle mit Bassin von 15,75 zu 8,75 m Größe (rund 138 qm Wasserfläche) und von 1,25 Bild 226. Schwimmhalle des Friedrichsbades in Magdeburg. bis 2,82 m gleichmäßig zunehmender Tiefe von ca. 275 cbm Inhalt, dazu 75 Aus- kleidekojen in zwei Geschossen und anstoßend einen Doucheraum, ferner 8 Salon- bäder und 25 Wannenbäder (I. und II. Klasse) mit Wannen für 290 Liter Wasser von schlesischem Marmor in Zellen von 4,0 zu 2,9 m Größe und endlich eine Waschanstalt, welche, dem Bedürfnisse der damaligen Zeit entsprechend, ziemlich großen Umfanges war. Bild 225 gibt den Grundriß der ältesten Anlage, Bild 226 eine Ansicht von der Schwimmhalle derselben. Mit steigender Entwickelung des Wohnwesens ging die Benutzung der Waschabteilung mehr und mehr zurück; schließlich wurde sie nach Ankauf des Nachbargrundstückes in der Weißgerber- straße jenseits des Kesselhauses verlegt, und es konnten die frei werdenden Räum- lichkeiten weiteren Badezwecken dienstbar gemacht werden. So wurden i. J. 1885 Dampf- und Schwitzbäder eingerichtet, deren Ruheraum Bild 227 zeigt, und i. J. 1888 294 Bild 227. Ruheraum des Friedrichsbades in Magdeburg. Bild 228. Damen-Schwimrnhalle des Friedrichsbades in Magdeburg. 295 eine zweite Schwimmhalle (s. Bild 228), ursprünglich für Damen bestimmt, beides nach Entwürfen von Duvigneau. Hier findet sich hinter den Auskleidezellen die Einrichtung der sogenannten Stiefelgänge, welche so wesentlich zur Reinhaltung des Bassins beitragen und nachträglich auch noch in der älteren Schwimmhalle an- gelegt wurden. Bild 229 gibt den Grundriß der ausgebauten Anstalt, welche später (1893?) noch einmal verändert wurde, insofern als in dem Nachbargrund- stück (Weißgerberstraße) ein Volksbad eingerichtet worden ist, und zwar im Erd- geschoß für Frauen mit sechs Wannen, mit kalten und warmen Brausen, und im 1. Stock für Männer mit neun Wannen, gleichfalls mit kalten und warmen Brausen. Unter dem „Trocken raum" befindet sich die Waschküche. Durch Einführung Bild 229. Friedrichsbad in Magdeburg. Jüngste Gestalt. aller technischen Neuerungen, Umwälzung des Wassers der Schwimmbassins, be- hufs Gewinnung einer gleichmäßigen Temperatur in allen Tiefenschichten, zweck- mäßige Heizung und Lüftung der Schwimmhallen, Anlage warmer Doucheräume u. s. w., hat die Anlage eine Gestalt angenommen, die berechtigten Anforderungen voll- kommen genügt und für die Ausbreitung des Badewesens in Magdeburg von so großem Einfluß war, daß die Gesellschaft i. J. 1898 eine zweite Badeanstalt, das Wilhelmsbad, erbauen konnte, wovon später die Rede sein wird. In dem älteren Friedrichsbad wurde gleichzeitig das größere Schwimmbad den Damen zugewiesen, denen zeitweise auch das russisch-römische Bad offen steht. Das Vorbild von Magdeburg führte dazu, daß i. J. 1867 auch in Hannover eine Aktiengesellschaft die „Hannoversche Badehalle" errichtete, welche inso- 296 fern einen Fortschritt bietet, als von vornherein auf die Kombination von Bad und Waschanstalt verzichtet wurde. Nach den Entwürfen von Gersting auf einem städtischen, der Gesellschaft auf die Dauer von 100 Jahren verpachteten Grund- stück erbaut, enthielt das Bad ursprünglich nur das Herrenschwimmbad, je acht A Waschhaus. B Kessel- und Maschinenhaus. C Caldarium. D Dampfbad. E Tepidarium. F Frigidarium. G Apodyterium. H Vorzimmer. / Sturzbad. K Nichtschwimmer. L Schwimmer. M Auskleide-Kabinen. N Korridor der Herrenabteilung. O Korridor der Damenabteilung. P Wohnung des Inspektors. Q Wartezimmer für Damen. R Wartezimmer für Herren. 5 Garderobe. T Kasse. U Vorhalle. V Geschäftszimmer. W Wärter. X Wärterin Y Küche. Z Aborte. Bild 230. Ehemalige Hannoversche Badehalle in Hannover. Wannenbäder für Herren und Damen, ein römisch-irisches Heißluftbad in vier und ein Dampfbad in zwei Räumen nebst Douchen. Die sorgfältig angelegten bade- technischen Einrichtungen enthielten manches Neue; dennoch gelang es nicht, die Schwimmhalle auch im Winter offen zu halten, weil die erforderliche Erwärmung nicht zu erzielen und der Besuch allzu schwach und deshalb nicht einbringlich genug war. Später wurde noch ein Damenschwimmbad, welches sich als ein Bedürfnis 297 erwies, angebaut und interessant ausgestaltet, und schließlich erhielt das Bad sogar noch durch eine Soolquelle, welche man an Ort und Stelle erbohrte, eine wertvolle Bereicherung der Betriebseinrichtung, weil man nunmehr auch echte natürliche Soolbäder verabreichen konnte. Trotzdem hat die auch in guter Lage (am Friedrichs- wall) befindliche Anstalt nicht immer sonderlich prosperiert, und ihre Tage waren Bild 231. Bade- und Kurhaus in Salzburg. A Terrasse. B Großer Saal. C Kleiner Saal. D Cafe. E Speisesaal. F Ausschank. G Lesezimmer. H Garderobe. I Wirtschaftshof. K Vollbad. L Rotunde. M Toilette für Damen. N Toilette für Herren. O Damenbäder. P Herrenbäder. Q Unterfahrt. R Wäsche. S Kasse. T Vorzimmer. U Wohnung des Badehaus- Pächters. V Wohnung des Restau- rateurs. gezählt, als i. J. 1905 das großartige, mit allem Komfort der Neuzeit eingerichtete Städtische Bad an der Goseriede eröffnet wurde, worauf die Stadt Hannover die alte Badehalle ankaufte und den aussichtslosen Betrieb einstellte. Das historische Interesse an dem Bade, das einst auch über die Mauern von Hannover hinaus eine gewisse Bedeutung hatte, rechtfertigt es, daß in Bild 230 der Grundriß noch einmal wieder mitgeteilt wird. 298 Ungefähr gleichzeitig mit der Hannoverschen Badehalle wurde i. J. 1867 das Hedwigsbad in Chemnitz eröffnet, i. J. 1868 das Bade- und Kurhaus in Salz- burg,1 welches, mit einem vornehmen Gesellschaftshause zu einer prächtigen Bau- gruppe verbunden, aber erst 1872 nach den Plänen von Bayer & Thienemann (vergL Bild 231) ganz vollendet ist. Es hat eine gewisse Ähnlichkeit mit den englischen Klubbädern. Im Sockelgeschoß liegen Dampf- und römisch -irische Bäder nebst Wäscherei, Kessel- und Maschinenhaus, im Erdgeschoß hinter stattlicher Rampe das kuppelbedeckte Vestibül, von welchem man rechts und links zu den Wannen- bädern I. und II. Klasse (die I. mit Marmorwannen) und geradeaus durch eine mit Toiletten ausgestattete geräumige Garderobe in die aus mehreren Salons und Sälen bestehenden Gesellschaftsräume gelangt. Terrassen und Freitreppen gewähren reich- liche Verbindung mit dem umgebenden schönen Park. Die zugehörigen Wirtschafts- A Vorsaal. B Saal zum Abkühlen. C Gallerie. D Dampfbad. E Schwitzbäder. F Douche. G Heizung. H Schwimmbad. * Bild 232. Sophienbad zu Leipzig. räume liegen im Sockelgeschoß, die Wohnung des Wirtes über dem Speisesaal. Unzureichend und wenig schön ist in dem linksseitigen Hofe ein unbedecktes Schwimmbad angelegt, welches bei 10,5 zu 11,5 m Größe 1,4 bis 2,2 m Wasser- tiefe besitzt. Die Gesamtkosten einschließlich Grundstück, Bau und aller Ein- richtungen haben rund 530000 Mk. betragen. Aus nahezu der gleichen Zeit stammt das i. J. 1869 eröffnete, von Münch ent- worfene Sophienbad in Leipzig,2 ein schon etwas eleganteres Privatunternehmen, dessen Grundriß Bild 232 darstellt. Von dem Vorsaal A gelangt man einerseits in das Schwimmbad H und andererseits in den großen Auskleide- und RuheraumB der Dampf- und Schwitzbäder D und E nebst Douchen F. Die Haupttreppe führt zur Gallerie des Schwimmbades und zu den Wannenbädern. Das Schwimm- bassin, 15,57 m lang, 6,94 m breit, hat ca. 108 qm Wasserfläche und bei 0,85 bis 1 Allg. Bauzeitung, Wien 1872, S. 353. 2 Deutsche Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspfl., XII, Heft 2. 299 2,83 m Wassertiefe ca. 200 cbm Inhalt; es ist in Mauerwerk hergestellt und mit Marmor ausgelegt. Der Umgang ragt 0,75 m weit über den Bassinrand hinaus und ist mit Lattenbelag und Geländer versehen, darunter Spucklöcher. Schwimmer und Nichtschwimmer sind nur durch ein Seil getrennt. Unter dem Schwimm- bassin befindet sich ein Filterbassin, welches das der Pleiße entnommene Wasser zur Klärung passieren muß, bevor es verwendet werden kann; indessen wird bei allzu starker Trübung des Pleißewassers auch die städtische Wasserleitung heran- gezogen. Ein kontinuierlicher Wasserzu- und -Ablauf ist — abgesehen von zwei Brausen — nicht vorhanden; die Erneuerung des Wassers erfolgt je nach der Be- nutzung in verschiedenen Zeitabständen. Das Wasser wird durch ein von der Dampfmaschine getriebenes Vollrad in Bewegung gehalten. Die Wasserwärme be- trägt im Winter 25°, im Sommer 22,5° und wird durch direkte Zuführung von Dampf in zwei Längsrohren bewirkt. Im Winter wird die Schwimmhalle durch eine Dampfheizung auf 20° C. erwärmt. Auskleidekojen für 75 Personen sind in zwei Geschossen angeordnet, kalte und warme Brausen in zwei anstoßenden Doucheräumen untergebracht. Die Wannenbäder sind in zwei Klassen vorhanden, deren Zellen jedoch sämtlich voneinander getrennt und durch Dampfheizung zu erwärmen sind; in der I. Klasse sind Marmorwannen, Wäschewärmer, kalte und warme Brausen und Sitzdouchen vorhanden, in der II. Klasse Zinkwannen und nur kalte Brausen bei einfacherer Ausstattung. Die bebaute Grundfläche beträgt ca. 800 qm; die Baukosten haben sich auf rund 225 000 Mk. belaufen, d. h. auf 281 Mk. pro Quadratmeter. Inzwischen hatten sich auch in England die Verhältnisse insofern vorteilhaft verändert, als rrram erkannt hatte, daß eine gut eingerichtete Badeanstalt auch ohne die bisher für unentbehrlich gehaltene Verbindung mit einer Waschanstalt sehr wohl bestehen könne. Ein Beispiel dafür bietet das von den Architekten Pauli und Robinson für eine Gesellschaft erbaute Bad zu Ashton-under-Lyne (Lan- cashire),1 wovon Bild 233 die Grundrisse des Erd- und Obergeschosses wieder- gibt. Mehr als die Hälfte des Ganzen nimmt die große Männer- Schwimmhalle ein, welche durch ein Bogendach von Delormeschen Bohlenbindern überdeckt ist und die Auskleidezellen in zwei Klassen und in zwei Geschossen enthält; die Zellen zweiter Klasse werden zum Teil von zehn Personen gemeinschaftlich benutzt. Ein sehr bescheidenes Frauen-Schwimmbad ist von einem Nebeneingang aus direkt zu- gänglich und mit Auskleidekojen I. und II. Klasse versehen. Im Erdgeschoß liegen ferner noch die leider nur durch Oberlicht beleuchteten Wannenbäder in solcher Anordnung zu den getrennten Eingängen, daß sie ebenso bequem von Männern wie von Frauen benutzt werden können. Eine kleine Waschanstalt dient lediglich dem Bedarf des Hauses. Im Obergeschoß befindet sich ein Dampfbad mit Massage- und Doucheraum, sowie Säle mit Ruhekojen. Auf beide Etagen verteilt ist eine kleine Dienstwohnung für den Inspektor, an dem Eingang für Frauen angelegt, welcher mit einem Turm für das allgemeine Wasserreservoir überbaut ist. Besondere 1 The Builder, 1870, S. 524. — Klasen, Grundrißvorbilder, IV, S. 281. 300 Sorgfalt ist der Lüftung der Räume zugewandt; durch das Rauchrohr der Kessel- feuerung innerhalb eines großen Schornsteins wird eine kräftige Aspiration erzeugt welche für den nötigen Luftwechsel sorgt. Die Architektur ist in romanischen 301 Formen im Ziegelbau unter sparsamer Verwendung von Haustein durchgebildet und bringt den Charakter des Bauwerkes markig zum Ausdruck. Ein Bad ähnlicher Art, das wegen der schwierigen Raumdisposition auf drei- seitigem Grundstück besonders bemerkenswert ist, ist die von der „Sheffield Bath Company, Limited« erbaute Badeanstalt zu Sheffield (vergl. Bild 234). Außer zwei Schwimmbädern (I. und II. Klasse) sind Dampfbäder und Wannenbäder nur für Damen vorhanden; Wannenbäder für Herren sind bei dem Aufblühen des Schwimmsportes in England für entbehrlich gehalten worden. Das Schwimmbad A Dampfbad. B Auskleidesaal. C Vorzimmer. D Küche. E Wohnzimmer. F Vestibül. G Eingang für Herren. H Kasse. I Eingang für Damen. K Damenbäder I. Klasse. L Frisiersalon. M Speisesaal. N Flur. O Schwimmbad II. Klasse. P Schwimmbad I. Klasse. Bild 234. Badeanstalt zu Sheffield. I. Klasse P ist für Herren und Damen bestimmt und ist deshalb, durch die ge- trennten Eingänge G und J leicht erreichbar, für Herren mit dem Dampfbad A, B und für Damen mit den Wannenbädern K in Verbindung; es enthält 32 Aus- kleidekojen. An das Schwimmbad stößt unmittelbar ein Speisesaal M, der durch einen eigenen Eingang N auch direkt zu erreichen ist; man vermißt hier einen isolierenden Raum zur Abhaltung des Badegeruchs aus der Schwimmhalle. Gegenüber dem Speisesaal gelangt man in den Frisiersalon L. Das der Männerabteilung zu- gelegte Schwimmbad II. Klasse O ist wesentlich kleiner; es verfügt aber doch über acht Auskleidezellen im Erdgeschoß und 24 auf der Gallerie. Das Dampfbad A 302 liegt in einem achtseitigen Kuppelraum, ebenso der Auskleidesaal B, der mit 50 Ruhebetten ausgestattet ist, die sich auf zwei Geschosse verteilen. In das ziemlich kleine Kaltbad b führen sowohl aus A wie aus B Treppen hinab; a sind zwei sehr kleine Waschräume, c ein Gemach für heißeren Dampf, d drei separate kleine Dampfbäder. Durch die Passage e kann man das große Schwimmbad erreichen und dort die Abkühlung beschleunigen. Die Wannenbäder (I. und II. Klasse) können nach ihrer Lage nur von Frauen benutzt werden und bilden im Verhältnis zum Ganzen einen verschwindend kleinen und stiefmütterlich bedachten Teil der Badeanstalt. Bild 235. Victoria-Bad zu Southport, Lancashire. A Hintere Straße. B Kesselhaus. C Maschine. D Waschhaus. E Reservierter Platz. F Seiteneingang. G Kaltes Bassin I. Klasse für Herren. H Laues Bassin I. Klasse für Herren. I Kasse. K Seife. L Herrenbäder II. Klasse. M Laues Bad II. Klasse für Herren. N Korridor II. Klasse für Herren. N‘ Korridor I. Klasse für Herren. O Herreneingang. 0‘ Dameneingang. P Kaltes Bassin I. Klasse für Damen. P' Laues Bassin II. Klasse für Damen. Q Dampfbad. R Damenbäder I. Klasse. 5 Laues Bassin I. Klasse für Damen. T Korridor I. Klasse für Damen. T‘ Korridor II. Klasse für Damen. Ungleich großzügiger ist das Victoria- Bad zu Southport (Lancashire) erdacht, welches durch die „ Southport Baths and Assembly Room Company, Limited" nach den Plänen von Horton und Bridgford in Manchester, die badetechnische und maschinelle Einrichtung von Beloe in Liverpool, sowohl für Süßwasser- als für Seewasserbäder mit einem Kostenaufwande von 460000 Mk. erbaut worden ist. Wie aus Bild 235 ersichtlich, enthält es nicht weniger denn sechs Schwimm- bassins verschiedener Größe, welche zusammen rund 1050 cbm Wasser fassen. Das Seewasser wird 1353 m weit durch eine Rohrleitung von 23 cm Lichtweite behufs Reinigung in ein Filter und von da in ein ca. 800 cbm fassendes Reservoir 303 vermittelst Dampfpumpen geschafft, welche stündlich etwa 120 cbm fördern; ins- gesamt können die Seewasserreservoirs 1 154 cbm Wasser aufnehmen. Die Schwimm- hallen sind mit sichtbarem Holzdach auf elliptisch geformten gußeisernen Bindern überdeckt und werden durch Oberlicht beleuchtet. Die Wannenbäder I. Klasse haben, um die Benutzung jeder einzelnen Wanne zu steigern, je zwei Vorzimmer erhalten; neben jedem Bad befindet sich auf der einen Seite ein Doucheraum, auf der anderen ein Klosett. Die ganze Anlage ist trotz aller Größe doch außerordentlich übersichtlich, weil bei den getrennten Eingängen für Männer und Frauen die beiden Klassen wiederum getrennte Korridore haben. Die Waschanstalt arbeitet lediglich für den Hausbedarf. Über den Bädern befindet sich ein Aufbau von teils einem, teils zwei Geschossen, in denen Gesellschafts- und Versammlungsräume Bild 236. Das Raitzenbad zu Budapest (Ofen). liegen. Die Architektur des umfangreichen Gebäudes bewegt sich in den Formen einer reichen, eleganten französischen Renaissance. In den Ländern der Habsburgischen Monarchie war bis dahin eine Be- wegung zugunsten des städtischen Badewesens nur in Wien bemerkbar geworden; Prag beschränkte sich auf Flußbäder, und in Budapest, wo sich Reste von Bädern seit den Römerzeiten her gefunden haben, lag das Badewesen arg darnieder. Hier war es eine den Zeitverhältnissen weit vorauseilende Tat, als Dr. v. Heinrich das schon unter Mathias Corvinus angelegte Raitzenbad zu Ofen i. J. 1 860 ankaufte und durch den Architekten Ybel aus einer verkommenen Ruine zu einem großartigen Bade ausbauen ließ, welches wegen seiner musterhaften Einrichtung und wegen seiner glänzenden Ausstattung zu den hervorragendsten Sehenswürdigkeiten der ungarischen Hauptstadt gezählt wurde. Bild 236 gibt den Grundriß1 und läßt an der Un- 1 Allg. Bauzeitung, Wien 1873, R. v. Waldheim, wo auch zahlreiche innere Ansichten der Baderäume abgebildet sind. 304 regelmäßigkeit der Planbildung auf den ersten Blick erkennen, daß wir eine aus verschiedenen Bauzeiten entstandene Anlage vor uns haben, deren Teile meist auf die Vorbilder der orientalischen Bäder zurückgehen, indessen auch Wannen- und Bassinbäder reichlich enthalten, während eigentliche Schwimmbäder nicht angelegt sind. Das Herrenbad wird durch das in der Mitte gelegene Volksbad von dem Damenbad getrennt, jede der drei Abteilungen ist mit einem warmen Bassinbad in einem Kuppelraum versehen, der im Herrenbad ganz besonders stattlich ist; das darin befindliche Becken wird von einer Thermalquelle von 37,5° gespeist. Der Hauptwert ist auf die Heißluft- und Dampfbäder gelegt, welche mit Douchen und Brausen in großer Zahl ausgestattet sind; auch regelrechte Brausebäder sind vor- handen. Räume für Frisieren, Haare- und Hühneraugenschneiden, Massieren, Promenieren, Rauchen und Lesen fehlen nicht, und zur besseren Ausnutzung des Baues sind in den straßenseitig aufgebauten Obergeschossen Gesellschaftsräume aller Art und sogar noch Logierzimmer angelegt. Zweiter Teil. Das Badewesen der Gegenwart, insbesondere in Deutschland. Einleitung. Die großen politischen Ereignisse des Jahres 1870 hatten überall, wo die deutsche Zunge klingt, kraftvolle Regsamkeit, sichtlichen Aufschwung und zu- nehmenden Wohlstand im Gefolge, wodurch in allen Kreisen der Bevölkerung die gesamte Lebenshaltung auf ein höheres Niveau gehoben wurde. Was über die Sorge um Wohnung, Nahrung und Kleidung hinausgehend noch unlängst als un- erschwinglich galt, konnte man sich nunmehr vereinzelt gestatten, wenn auch zu- nächst in bescheidenen Grenzen. Überall in Deutschland gab sich ein Fortschreiten zu erkennen, und das natürlich da am deutlichsten, wo die Entwickelung sich an eine schon eingeleitete Bewegung unmittelbar anschließen konnte, wie es auf dem Gebiete des Badewesens nun gerade der Fall war. Hier war von der größten Bedeutung die zunehmende Erkenntnis, daß zu den nächstliegenden öffentlichen Aufgaben die wirksamere Für- sorge für das Wohl der arbeitenden Klassen gehöre, denen -im Interesse der Volks- gesundheitspflege bequemere Gelegenheit gegeben werden müsse, durch regelmäßige Bäder zu leichterschwinglichem Preise sich die zum Kampfe gegen Volkskrankheiten nötige größere Widerstandsfähigkeit zu erwerben und durch Reinlichkeit die all- gemeine sittliche Hebung zu fördern. Obwohl das Ziel bekannt war, war es nicht leicht, die erkannten Forderungen in die Wirklichkeit zu übersetzen; denn es reichten einmal die vorhandenen Badeanstalten weder nach Zahl, noch nach Art dazu aus, und weiter war gerade die große Masse des Volkes, dem die Ver- allgemeinerung des Badegebrauches in erster Linie zugute kommen sollte, teils aus Gleichgültigkeit, teils aus bewußter Abneigung von der Notwendigkeit regelmäßiger Bäder durchaus nicht überzeugt. Gab und gibt es doch — besonders auf dem Lande — noch genug Menschen, denen die Hebeamme das erste und letzte Bad bereitet hat, die sich vor dem Bade mit der eingebildeten Meinung entschuldigen, ihr Körper könne »das Nasse nicht vertragen." Daß das Baden eine köstliche Wohltat sei, wußte man in weiten Kreisen noch nicht wieder, und es bedurfte noch mehr als ein Jahrzehnt hindurch der emsigen Tätigkeit der Vereine für öffent- liche Gesundheitspflege, der Ärzte und später der Ärztekammern, um die Ge- meinden für die angemessene Hebung des Badewesens zu gewinnen, denn in Deutschland folgte keine Staatsregierung den Beispielen des Auslandes, das Bade- wesen in staatliche Fürsorge zu nehmen. Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 20 306 Als ein bedeutsamer Wendepunkt in der Entwicklung des Badewesens ist es zu bezeichnen, daß auf der 7. Versammlung des Vereins für öffentliche Gesund- heitspflege zu Stuttgart (17. Sept. 1879) von Oberingenieur Andreas Meyer und Architekt Henry Robertson aus Hamburg über öffentliche Badeanstalten ein Referat1 erstattet wurde, in welchem folgende Grundsätze, die auch heute noch nicht ihren Wert verloren haben, für Bau, Einrichtung und Betrieb von Volksbädern aufge- stellt waren: 1. Öffentliche Volksbadeanstalten in Städten oder Stadtbezirken von mehr als 25000 Einwohnern erfordern unabweislich gedeckte Schwimmhallen zum kontinuier- lichen Gebrauch für jeden Tag des Jahres. 2. Die öffentlichen Volksbadeanstalten sind sorgfältig zu konstruieren, in solidem Material zu erbauen, in behaglicher Weise auszustatten, mit Duschen und Ruhezimmern (eventuell Buffet) zu versehen. 3. Bei dem Betriebe der Schwimmhalle ist peinlichste Reinlichkeit und Dezenz zur Geltung zu bringen. Das Bassin muß unter Beaufsichtigung eines guten Schwimmlehrers bezw. einer guten Schwimmlehrerin stehen. 4. Das Bassinwasser muß während der Badestunden kräftig und kontinuier- lich zufließen, gleichmäßig (22° C.) temperiert sein und in passenden Zeitinter- vallen erneuert werden. Die Halle muß entsprechende Temperatur und gute Ven- tilation haben. 5. Die stete Benutzung ist durch billiges Jahresabonnement (Maximum 30 Mk.) zu erleichtern. Das Einzelbad kann entsprechend teurer sein (Maximum 50 Pf.). 6. Überschüssige Grundfläche und Geldmittel sind in erster Linie zu Wannen- bädern, womöglich in zwei Klassen mit billiger zweiter und verhältnismäßig teurer, erster Klasse, unter Trennung von Männer- und Frauenabteilung, zu verwenden, und erst in zweiter Linie zu Dampf- und römisch-irischen Bädern. Diese Grundsätze, welche die damals noch nicht wieder aufgelebten Volks- brausebäder noch nicht berücksichtigen, schienen im ganzen Umfange das Erstrebens- werte zu enthalten und fanden deshalb in weiten Kreisen, bei Verwaltungen, Ärzten und Technikern volle Anerkennung, infolgedessen denn auch in vielen größeren Städten Bäder mit geschlossenen Schwimmhallen errichtet wurden; die mittleren und kleinen Städte jedoch scheuten sich meist vor den Kosten der Anlage, die sie nicht für rentabel hielten, und es bedurfte wieder erst des Nachweises an aus- geführten Beispielen, daß auch kleinere Anstalten sich selbst erhalten könnten, oder daß etwaige Zuschüsse aus dem Stadtsäckel im Vergleich zu dem segensreichen Nutzen, den sie stiften, garnicht nennenswert, mindestens aber doch erschwinglich seien. Vortrefflich schildert Marggraff2 den Wert des Schwimmbades, wie folgt: „Wo Flüsse und geeignete Wasserläufe oder Binnenseen vorhanden sind, da wird wohl überall für Badegelegenheit im Freien gesorgt; meist aber liegen die Flußbäder außerhalb des Weichbildes der Stadt und sind, abgesehen von anderen gewichtigen Mißständen, wie z. B. Abhängigkeit vom Wasserstande und von der jeweiligen Temperatur und Reinheit des Flußwassers, nur mit Unkosten und größerem Zeitaufwande zu erreichen. 1 Deutsche Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspflege. Bd. XII, Heft 2. 2 Marggraff, Moderne Stadtbäder. (Deutsche Zeit- und Streitfragen, Heft 163 u. 164, S. 13.) 307 „Wenn auch die Flußbäder von nicht zu unterschätzendem Vorteile für die rauch- und staubschluckende Bevölkerung sind, ja selbst in baulicher Beziehung manches zu denken geben, so ist doch vor allem zu berücksichtigen, daß dieselben in unserem Klima mit seinen rapid wechselnden Temperatur- und Witterungsver- hältnissen kaum den vierten Teil des Jahres mit wirklichem Genuß und Wohl- behagen zu kultivieren sind und auch während der heißen Sommerszeit haupt- sächlich nur der momentanen Abkühlung und Erfrischung des Körpers dienen. Im Spätlenze und im Frühherbste sind die Flußbäder im großen ganzen zu den kalten Bädern im strengen Sinne (unter 1 6 0 R. = 20 0 C) zu rechnen, überschreiten also die Minimaltemperatur für einen diätetischen Wassergebrauch und sind, nament- lich bei länger dauerndem Aufenthalt im Wasser, nicht jedem Menschen förderlich. Die zeitweisen Unreinlichkeiten und Trübungen der fließenden Gewässer nach stattgehabten Regenschauern laden gewiß nicht zum Baden im Freien ein. „Die wahre Aufmunterung zu häufigem, regelmäßigem, in keiner Jahreszeit unterbrochenem Gebrauch von Bädern und zur Pflege der Wassergymnastik, eine wahrhaft heilbringende Wirkung gewähren einzig und allein die Stadtbäder mit allseits geschlossenen, gedeckten, heizbaren Schwimmhallen und stets gleichmäßig temperiertem, konstant zu- und abfließendem Bassinwasser, weil sie dadurch unab- hängig von Klima, Saison und Witterung sind. Der diätetische Genuß kühler Bäder wird von den Ärzten als ein vortreffliches, abhärtendes Schutzmittel gegen die nachteiligen Folgen des rauhen und niederschlagsreichen Klimas von Nordwest- Europa empfohlen; im trockenen Osten sind allerdings die heißen Badeformen mehr am Platze." Bei dem Publikum aller Orte, wo man das temperierte Hallenschwimmbad einrichtete, fand es auch vollste Anerkennung; man schätzte darin die nerven- beruhigende, den Körper stärkende, die Haut reinigende Badeform, während man die übrigen Bäder, die Wannenbäder wie die Dampf- und römisch-irischen Bäder, mehr als medizinische betrachtete und deshalb als Zugabe gern mitnahm. Da auch die Erfahrung, zunächst in Süddeutschland, unzweifelhaft lehrte, daß Stadtbäder mit Schwimmhallen aus eigener Kraft tatsächlich sich erhalten und dadurch, daß sie die Bäder zu äußerst niedrigem Preise abgeben, zu wahren Volksbädern werden können, so hat man dort in der Errichtung der öffentlichen Hallenschwimmbäder mit allem Zubehör wohl die Lösung der brennenden Frage, wie die Volksbäder gestaltet sein müssen, als gefunden angesehen. Bei aller Anerkennung und Wertschätzung dessen, was in dieser Richtung geleistet worden ist, läßt sich aber doch nicht leugnen, daß die Durchführung der obigen Stuttgarter Grundsätze zur Gewinnung wahrer Volksbäder auch nicht selten unüberwindlichen Schwierigkeiten begegnet, denen sich allerlei Bedenken und indi- viduelle Abneigung hinzugesellen. Da ein Hallenschwimmbad wegen der hohen Anlage- und Betriebskosten naturgemäß nur in einer größeren Stadt oder für einen entsprechend großen Stadt- bezirk einer Großstadt errichtet werden kann, muß es im Interesse bequemer Er- reichbarkeit seitens der Besucher möglichst nahe der Stadtmitte gelegen sein. Eine Badeanstalt mit Schwimmbad gebraucht nun aber einen erheblich großen Raum und deshalb ein großes Grundstück, welches in passender Lage und zu mäßigem 20* 308 Preise in oder an der Mitte der Stadt durchaus nicht leicht zu finden ist. Ferner sind große Städte von 100000 Einwohnern und darüber wohl in der Lage, aus dem Erträgnis der eigenen Steuereinkünfte, eventuell unter Heranziehung der Mittel von Sparkassen, Landesversicherungsanstalten und dergl. die Baukosten eines Volks- bades mit Hallenschwimmbad aufzubringen und die besonders in den ersten Jahren leicht erforderlichen Betriebskosten -Zuschüsse aus dem Stadtsäckel zu leisten. Städten von 50 bis 60000 Einwohnern indessen dürfte es schon nicht mehr recht gelingen, wenn sie nicht etwa in der Lage sind, aus Liegenschaften, Schenkungen und Stiftungen mindestens einen erheblichen Grundstock zu den Baukosten ent- nehmen zu können. Städte von 10 bis 15 000 Einwohnern und weniger müssen sich den Bau von Hallenschwimmbädern meistens versagen, wenn sie nicht etwa zufällig in der eben gedachten Weise im Besitz der erforderlichen Geldmittel sind; in ganz kleinen Städten würden jedoch die Kosten des Betriebes eines Schwimm- bades durch die Einnahmen auch nicht annähernd gedeckt werden können, weil es an der nötigen Besucherzahl fehlt. Die Kosten des einzelnen Schwimmbades, die sich gegenwärtig auf rund 20 bis 30 Pf. Eintrittspreis stellen — die Selbstkosten sind meistens erheblich höher — , sind immer noch zu hoch, als daß sie der großen Masse derjenigen Bevölkerungsschichten, welche den größten Nutzen davon haben sollen, in der wünschenswerten regelmäßigen Widerholung erschwinglich sein können. Die Kostendifferenz muß der Stadtsäckel tragen, wenn er dazu imstande ist, was aber, wie gesagt, bei kleinen oder unbemittelten Gemeinden nicht der Fall zu sein pflegt. Ferner muß ein Schwimmbad immer mit Reinigungsbädern verbunden sein, in denen warmes Wasser und Seife zur Anwendung kommen kann. Ein Volksbad soll vor allen Dingen zur Reinigung des Körpers geeignet sein; kaltes Wasser ist dazu ebensowenig dienlich, wie Seife unentbehrlich ist. Das Schwimmbad allein kann daher diesen Anforderungen nicht gerecht werden (und soll es auch nicht!), wohl aber ein Brausebad oder ein Wannenbad, auch ein Schwitzbad. — Die Eigen- schaft, für sich allein ein wahres Volksbad zu sein, fehlt dem Schwimmbad auch um deswillen, weil es an sich schon soviel Zeit erfordert, daß es die Benutzung durch große Zahlen von Besuchern in kürzester Zeit nicht leisten kann, ganz abgesehen davon, daß viele Besucher zu den nur vereinzelt möglichen Schwimmhallen weite, eventuell kostspielige, zeitraubende Wege zurückzulegen haben. — Außerdem ist das Schwimmbad durchaus nicht jedermanns Sache; den vollen Genuß finden darin nur diejenigen, welche wirklich schwimmen können, während dem Nichtschwimmer (zu denen die ungleich größere Mehrzahl der Frauen gehört), wenn er auch im Schwimmbassin den für ihn geeigneten Raum findet, doch die Hauptsache, d. i. das Turnen im Wasser, die Wassergymnastik, entbehren muß. Eines schickt sich nicht für alle. Gerade die arbeitenden Klassen haben meistenteils in ihrer Berufs- tätigkeit genügend körperliche Bewegung; deshalb haben besonders ältere Personen dieser Art garnicht die Neigung, sich durch Schwimmen noch neue Anstrengungen aufzuerlegen. — Überdies gibt es Menschen, denen es nicht dezent genug erscheint, mit den verschiedenen Altersstufen zusammen sich nackt zu zeigen, andere, denen es unsympatisch, unappetitlich ist, mit so verschiedenen Leuten in ein und demselben Wasser zu baden, noch andere, denen aus Gesundheitsrücksichten das Schwimm- 309 bad nicht dienlich ist; die einen ziehen das Brausebad, die anderen das Wannen- bad vor. Was dagegen die Befürchtung anlangt, daß das Schwimmbad gefährlich werden könne, sei es durch Ertrinken oder durch Ansteckung in dem von Vielen gemein- schaftlich benutzten Wasserquantum, so ist dies wohl allgemein als übertrieben anerkannt; Unfälle, die ja überall Vorkommen können, sind gerade in Schwimm- bädern durch gute Einrichtungen und stete Aufsicht nahezu unmöglich zu machen, und die Gefahr einer Ansteckung ist in der Badeanstalt nicht größer als an anderen verkehrsreichen Punkten, weil Reinlichkeit und Sauberkeit jeder Badeanstalt in be- sonders hohem Grade eigen sein muß. Dergleichen Ausführungen, die in den Erörterungen über die Gestaltung der Volksbäder vielfach wiederholt und variiert worden sind, können selbstverständlich nicht dazu führen, das Hallenschwimmbad als für Volksbäder überhaupt ungeeignet etwa ablehnen zu wollen. Im Gegenteil! Wo die Verhältnisse es irgend gestatten, soll das Schwimmbad zu einem auch dem Volke leicht zugänglichen Preise ge- boten werden, jedenfalls aber stets neben den übrigen Badeformen; da jedoch eine Schwimmhalle nicht überall, und selbst in Großstädten nur vereinzelt, errichtet werden kann, so sind neben den Volksbadeanstalten mit Schwimmbädern auch kleinere, über die Stadt oder den Stadtbezirk verteilte Bäder ohne Schwimmhallen ein dringendes Bedürfnis. Von solchen Anschauungen geleitet, ging in den achtziger Jahren des vorigen Jahrhunderts von Norddeutschland eine Bewegung aus, welche die Lösung der Frage, wie die Volksbäder für den wirtschaftlich schwächsten Teil der Bevölkerung zu gestalten seien, in dem warmen Brausebad erkannte. Diese Badeform ist, wie wir wissen, nicht etwa erst eine Erfindung der Neuzeit, sondern war schon den alten Griechen bekannt, allerdings später völlig in Vergessenheit geraten. Ohne Zweifel hat das Brausebad den großen Vorzug für sich, daß man damit imstande ist, einer großen Zahl von Badelustigen in bequemster und schnellster Weise, mit geringster Wassermenge und deshalb für einen äußerst billigen Preis ein brauchbares Reinig- ungsbad zu gewähren, welches vom hygienischen Standpunkte aus betrachtet noch insofern als besonders empfehlenswert zu bezeichnen ist, als das von der badenden Person benutzte und dadurch verunreinigte Wasser sofort beseitigt wird, also mit dem Körper des Badenden nicht einmal längere Zeit hindurch in Berührung bleibt, wie es im Wannenbad geschieht. Um die Verbreitung dieser Badeweise, die vor allem da angezeigt ist, wo es sich um Massenbäder innerhalb kurzer Zeit handelt, wie in Arbeiterquartieren, Fabriken, Kasernen, Gefängnissen, Schulen u. s. w., hat sich bleibende Verdienste der unermüdliche Vorkämpfer für Deutschlands Volksbadewesen, Prof. Dr. Lassar in Berlin, erworben, der nicht nur durch Errichtung eines Brausebades auf der sogenannten Hygiene-Ausstellung 1882/83 zu Berlin den Beweis lieferte, daß man für 10 Pf. ein warmes Brausebad nebst Seife und Handtuch abgeben kann, sondern das Feld für die Verbreitung der Brausebäder dadurch freilegte, daß er uns erst sehen lehrte, wie dürftig es um das deutsche Badewesen überhaupt bestellt sei. Durch Umfrage bei den beamteten Ärzten (die jedoch bei weitem nicht alle Auskunft gaben) stellte er im Jahre 1886 fest, daß auf zirka 32 Millionen Einwohner nur 310 1131 Wannenbäder kamen, also durchschnittlich auf 30000 Einwohner erst ein Wannenbad! Und unter den vorhandenen Bädern waren neben ganz vereinzelten Musteranstalten recht viele von mangelhafter Beschaffenheit; noch mehr klagten über unzureichenden Besuch, und die meisten konnten nicht Volksbäder sein, weil die Bäderpreise für die arbeitenden Klassen viel zu hoch waren. Im Jahre 1900 ergab eine Wiederholung der Statistik das Vorhandensein von 2918 Wannenbädern oder durchschnittlich auf 18000 Einwohner (der Zählung von 1895) 1 Wannenbad. Nur etwa der dritte Teil aller Deutschen lebte in Orten mit Warmbad-Gelegenheit, die in 133 Kreisen Preußens (von 545 Kreisen insgesamt) noch gänzlich fehlte. Besser als solche Zahlen konnte nichts die dringende Notwendigkeit der Verbesserung der Zustände im Badewesen dartun; aber wenn Ziel und Devise der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder: „Jedem Deutschen wöchentlich ein Bad“, sich erfüllen sollen, so müßten in Deutschland nicht weniger denn 50000 Warmbäder im Be- triebe sein, wovon wir noch sehr weit entfernt sind. Mag man nun auch hier und dort die Erfahrung gemacht haben, daß Hallen- schwimmbäder — zweifellos die schönste aller Badeformen — in Verbindung mit Reinigungsbädern, Wannen-, Dampf- und Heißluftbädern den Anforderungen an ein modernes Volksbad, auch in bezug auf die Bäderpreise genügen können, so ist es doch bei weitem nicht immer der Fall, und es wird deshalb, wenn das Baden wieder zur allgemeinen Volksgewohnheit werden soll, neben solchen Haupt- anstalten noch einer Reihe von Volksbrausebädern bedürfen, welche je nach Lage mehr oder weniger mit Wannenbädern zu verbinden sind. Während der letzten beiden Jahrzehnte sind denn auch in den meisten deutschen Großstädten sowohl große Badeanstalten mit Schwimmbädern und allen übrigen Badeformen, als auch kleinere Volksbäder mit Brausen und Wannen errichtet worden; mittlere und kleinere Städte haben wohl bisweilen diesem Beispiel folgen und mehr oder minder reichhaltige Stadtbäder bauen können, mußten sich aber auch oft genug auf Wannen- und Brausebäder beschränken oder gar mit Brausebädern allein sich begnügen. Indessen sollten, wenn irgend erreichbar, Wannenbäder doch nicht ganz fehlen, weil das warme Bad in der Wanne zu den hervorragendsten Heil- mitteln gerechnet werden kann, und vielfach die Frauen den Brausebädern ent- schieden abgeneigt sind. Dagegen wird man auf die Anlage von Heißluft- und Dampfbädern oft und in den Badeanstalten der kleineren Städte in der Regel ver- zichten müssen, weil sie die Anlage erheblich verteuern, den Betrieb wegen er- forderlichen besonderen Personals erschweren und in Ermangelung einer aus- reichenden Besucherzahl allzu schlecht rentieren, obwohl nicht zu leugnen ist, daß auch diese Badeform für Kranke und Gesunde von größtem Nutzen sein kann. 311 I. Abschnitt. 1. Die öffentlichen Stadt- und Landbäder. A. Allgemeine Erfordernisse. Lage und Zahl der Badeanstalten. Die beschränkten Wohnungsverhält- nisse breiter Volkschichten bringen es mit sich, daß es einem großen Teil der Bevölkerung an genügender Gelegenheit zu körperlicher Reinigung fehlt. Teils leiden die kleineren Wohnungen unter Wassermangel; in der Regel fehlt — selbst gemeinsam für mehrere Wohnungen — jegliche Badeeinrichtung. Je weiter wir noch von dem erstrebenswerten Ziele entfernt sind, das Bad in jeder Wohnung oder doch wenigstens in jedem Hause eine Badeeinrichtung zur gemeinschaftlichen Benutzung durch alle Hausbewohner zu haben, desto mehr ist dem dringenden Bedürfnis durch Anlage öffentlicher Stadtbäder zu genügen, in denen die ver- schiedenen Arten von Bädern zu so billigem Preise geboten werden, daß auch der Schwachbegüterte sie in genügend häufiger Wiederholung genießen kann, ohne daß er — was eine wichtige Hauptsache ist — allzu viel Zeit darum zu opfern hätte. Von großer Bedeutung ist deshalb die Lage der Badeanstalt, die so gewählt sein muß, daß alle Bewohner des Ortes sie bequem erreichen können. Ein Bauplatz in der Mitte der Stadt (bezw. des Stadtbezirkes großer Städte), in der Nähe einer verkehrsreichen Straße oder begehrten Promenade, falls die Verkehrsverhältnisse günstig liegen, wird den Vorzug verdienen vor einem abgelegenen Platze, selbst wenn dieser erheblich billiger im Preise steht. Während man früher bestrebt war, die Badeanstalt in schön symmetrischer Anordnung des Grundrisses auf einem freien Gelände zu errichten, um sie womöglich mit Gartenanlagen umgeben zu können, hat in neuerer Zeit der Mangel und der hohe Preis derartiger Grund- stücke oft dazu geführt, auch mit eingebauten Bauplätzen fürlieb zu nehmen, was sogar auch insofern vorteilhaft ist, als der Aufwand für monumentale, architek- tonische Ausgestaltung der Außenfronten erheblich eingeschränkt werden kann. Auf Symmetrie des Grundrisses kann sehr wohl verzichtet werden; sind doch gerade bei Doppefanstalten die Raumgrößen auf beiden Seiten ohne weiteres meist nicht symmetrisch gleich. Selbst Bauplätze, auf denen man zu Oberlicht greifen muß, sind für Bäder recht gut brauchbar, und wenn auch Oberlichter durch Schweiß- und Tropfwasser lästig werden können, so ist das eine Schwierigkeit, die sich beseitigen läßt. Immer wird es sich empfehlen, statt einer großen Zentralbadeanstalt lieber mehrere kleinere Bäder, selbst von geringerer Vollständigkeit, zu errichten, und diese in geschickter Verteilung über das Stadtgebiet anzulegen, wodurch die Häufig- keit der Benutzung sich erleichtert, weil es dem Einzelnen bequemer gemacht wird, das Bad zu erreichen. Im Hinblick hierauf sind es j edenfalls die Volksbrause- bäder (mit einigen Wannen), welche die größte Beachtung verdienen. Erfahrungs- mäßig werden diese bisweilen sogar relativ stärker benutzt als die großen Schwimm- hallenbäder, für deren Besuch der Arbeiter im allgemeinen zu wenig Zeit übrig hat. So z. B. sind die Volksbäder in München und Magdeburg, deren Baukosten 24 000 bezw. 20000 Mk. betrugen, jährlich von rund 74 000 bezw. 70000 Personen 312 besucht werden, dagegen das Hohenstaufenbad in Köln bei 555 000 Mk. Baukosten nur von 256000 Personen.1 In den kleineren Anstalten ist also das Baukapital offenbar nützlicher angelegt; denn es hätten sich mit den Kosten des Hohenstaufen- bades 20 bis 25 Volksbäder schaffen lassen, in denen jährlich P/2 bis l3/4 Millionen Menschen würden baden können. In manchen Städten überwiegt aber doch deutlich die Benutzung der Schwimmbäder; es liegt also zweifellos eine örtliche Verschieden- heit vor, welche für die Wahl der Badeanstalten eines Ortes mitbestimmend ist. So waren im Jahre 1902 unter allen verabreichten Bädern die Schwimmbäder in Duisburg mit 50%, in Neuß mit 59,7%, in Gießen mit 60,2%, in Oberhausen mit 74,7%, in Hagen (Westf.) mit 75,3%, in Ronsdorf mit 80,3%, in Remscheid mit 81,3%, in Münster (Westf.) mit 81,7%, in Lennep sogar mit 94,6% vertreten, und dem entsprechend wurden damit hohe Einnahmen erzielt, obwohl der Wasser- verbrauch der Schwimmbäder mit durchschnittlich 750 1 pro Kopf des Badenden 10 bis 20 mal größer ist als bei Brausebädern und noch 21/2mal größer ist als bei Wannenbädern! Die Größe der Badeanstalt läßt sich nicht in Regeln fassen. Wenn sie auch mit Rücksicht auf die Einwohnerzahl der Stadt oder des Stadtbezirkes zu bemessen ist, so kommt doch noch eine Reihe von Faktoren hinzu, welche an verschiedenen Orten den Besuch der Bäder verschieden beeinflussen. Bisweilen spricht das örtliche Klima wesentlich mit, bisweilen mehr die Art der Bevölkerung, auf deren Besuch man rechnet. Je nachdem die Einwohnerschaft vorwiegend aus Beamten oder Kaufleuten, Fabrikanten oder Handwerkern, Kleinbürgern oder Arbeitern sich zusammensetzt, ist der Besuch der Bäder im ganzen und an ein- zelnen Tagen oder Tageszeiten verschieden. Je größer die Anzahl der Wohlhabenden und derjenigen ist, welche über ihre Zeit stets frei verfügen können, desto leb- hafter ist die Frequenz und desto gleichmäßiger verteilt sich der Betrieb über alle Tagesstunden; je intelligenter die Bevölkerung aller Schichten ist, desto stärker ist der Besuch der Bäder überhaupt — desto größer muß die Badeanstalt sein, desto mehr verschiedene Badeformen muß sie bieten. In Großstädten werden die öffent- lichen Badeanstalten allgemein mit Schwimmhallen ausgestattet; wenn auch neben diesen noch Volksbrausebäder mit einigen Wannen bestehen, so bilden doch zu- weilen die verabreichten Schwimmbäder den größten Teil aller Bäder. So entfielen im Jahre 1902 in den Anstalten der Stadt Berlin unter 2 200000 Bädern 38 °/0 auf Schwimmbäder, 32% auf Brausebäder und 30% auf Wannenbäder, woraus sich — gleiche Verhältnisse überall vorausgesetzt — die Notwendigkeit der Schwimmbassins in den Volksbädern überhaupt herleiten ließe. — Die kleineren Volksbrausebäder sollten mit Rücksicht auf die Rentabilität nicht weniger als 10 und mit Rücksicht auf das geringste Bedienungspersonal (ein Wärter und Frau) nicht mehr als 25 — 30 Zellen enthalten. Endlich wird die Größe der Bäder nicht zuletzt durch die Erwägung be- stimmt, bis zu welcher Höhe die Baukosten und die etwaigen Betriebszuschüsse aufgebracht werden können; indessen können bei einem praktisch und bescheiden angelegten öffentlichen Bade die Betriebskosten durch die Einnahmen sehr wohl gedeckt werden. 1 Veröffentl. der deutsch. Ges. f. Volksbäder. Berlin, Hirschwald. Bd. I, Heft 5, S. 44. 313 Die Kosten der Badeanstalt schwanken außerordentlich mit der Solidität und der Ausstattung des Baues. In den kleinsten Orten von 3000 Einwohnern und darunter wird man sich damit begnügen, in vorhandene Räume eine Bade- einrichtung mit einigen Wannen und Brausen für den Preis von 1000 bis 2000 Mk. einzubauen. Kleine und mittlere Landstädte, die noch auf ein Schwimmbad ver- zichten müssen, können einen Neubau mit ausreichenden Brause- und Wannen- bädern, letztere in zwei Klassen, mit ordnungsmäßigen badetechnischen Einrichtungen und in angemessener Ausstattung für 25 000 bis 45 000 Mk. nur dann herstellen, wenn Wasserleitung zur Verfügung steht; eine eigene Wasserbeschaffung würde die Baukosten entsprechend erhöhen. Mittelstädte müssen dafür schon mit einem Auf- wande von 50 bis 60000 Mk. rechnen. Kommt die Anlage eines Schwimmbades hinzu, was sich unter normalen Verhältnissen bei Städten von 10 bis 15 000 Ein- wohnern und weniger allgemein nicht empfiehlt, so wachsen die Kosten einschließlich der badetechnischen Einrichtung sofort auf 80 bis 100000 Mk. je nach der Reich- haltigkeit der übrigen Bäder. Welche Arten von Bädern man in die Anstalt auf- nehmen soll, bestimme man nach dem vom Sanitätsrat Dr. Kabierske in Breslau aufgestellten Grundsätze:1 » Duschen ist gut, Baden ist besser, das beste aber ist Schwimmen; es ist die Krone aller Wasseranwendungen hiernach wende man die irgend verfügbaren Mittel vorsichtig auf. Die allgemeine Anordnung der Badeanstalten wird sehr verschieden sein, je nachdem sie mit Schwimmbädern verbunden sind oder nicht. Die kleineren Volksbäder (ohne Schwimmbassin) erfordern schon die Eingänge, Warteräume und Korridore getrennt für Männer und Frauen, die Kartenausgabe möglichst gemein- schaftlich. Die rechteckige Gestaltung und Zusammenlegung der Räume, welche die beste Ausnutzung gewährt, bietet leicht auch die erforderliche Übersichtlichkeit der Abteilungen. Wenn bei den Bädern eine Klasseneinteilung eingeführt wird, sollen die badetechnischen Einrichtungen nur in der Ausstattung, nicht aber in der Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit verschieden sein. Auf schickliche Anordnung der Aborte ist Bedacht zu nehmen. Für die Anstaltswäsche ist eine Waschküche nebst Trocken-, Roll- und Plättraum, für den Betrieb ein bequem gelegener Kohlen- und • Aschenraum mit guter Zufuhr vorzusehen, für den verheirateten Wärter eine kleine Wohnung. Die öfter versuchte Verbindung der Volksbäder mit Turnhallen, Volksbibliotheken und Lesehallen, mit städtischen Bureaux, Feuerwehr, Straßen- reinigung u. s. w., mit Läden, Restaurants und Mietswohnungen kann zweckmäßig sein, wenn diese Raumgruppen von dem Bade völlig getrennt werden. Die Mög- lichkeit einer Erweiterung des Bades sollte stets gewahrt und schon im Entwurf so berücksichtigt sein, daß bei der späteren Ausführung keine Betriebsunterbrechung nötig wird. Im Äußeren kann auf reichere Ausstattung des Baues verzichtet werden, besonders wenn er nicht freistehend, sondern eingebaut oder noch besser auf dem Hof- oder Gartenplatz eines anderweit benutzten Vordergebäudes errichtet wird. Die innere Ausstattung soll behaglich, solide und so gehalten sein, daß die größte Reinlichkeit leicht durchzuführen ist. Komplizierter wird die Anlage großer Stadtbäder mit einer oder mehreren Schwimmhallen. Getrennte Eingänge werden, da größere Warteräume oder eine 1 Kabierske, Das Breslauer Hallenschwimmbad. Breslau 1899. Wilh. Gottl. Korn. S. 149. 314 deren Stelle vertretende Vorhalle von stattlichen Abmessungen nicht zu entbehren ist, nur für die Bäder zweiter oder dritter Klasse angelegt; von dieser Vorhalle sind auch die Heißluft- und Dampfbäder zugänglich, welche ohne Klassenteilung und für Männer und Frauen nur einmal eingerichtet werden. Auf diese Weise läßt sich die notwendige Übersichtlichkeit des Ganzen am leichtesten erreichen. Die Schwimmhallen bilden die Haupträume und werden für die Lage der übrigen Bäder, die auch in mehreren Etagen sich unterbringen lassen, bestimmend sein. Die Wannenbäder werden nach der jeweiligen Nachfrage durch Männer oder Frauen benutzt. Da sie bisweilen ausschließlich von Männern beansprucht werden, ist die Trennung in gesonderte Männer- und Frauenabteilungen nicht beliebt und nicht ratsam. Ruhe- und Wartezimmer, Rauch-, Lese- und Erfrischungsräume sind je nach Bedarf den einzelnen Abteilungen einzufügen; ein Frisiersalon mit gesonderter Damenabteilung sollte nicht fehlen. Im Kellergeschoß wird die Anstalts-Wäscherei große Räume erfordern, nicht minder die Kesselanlage und die Verteilungskammer für Wasser und Dampf; in etwa vorhandenen Obergeschossen oder Flügelbauten werden Bureauräume und Dienstwohnungen für Inspektor, Bademeister oder andere Beamte anzulegen sein. Sollte aus Mangel an Mitteln eine Badeanstalt noch nicht vollständig, etwa ohne Schwimmbad, erbaut werden können, so sind doch von Anfang an alle übrigen Einrichtungen so zu treffen, daß die spätere Vervollständigung ohne weitere Um- bauten des Bestehenden sich ermöglichen läßt. Die Ausstattung eines öffentlichen Hallenschwimmbades muß in würdiger Anpassung an die Örtlichkeit den Charakter des Monumentalen tragen. Eingebaute Grundstücke, welche sich, ohne Licht und Luft für die Räume zu beeinträchtigen, sehr wohl für eine Badeanstalt ausnutzen lassen, schränken im Interesse der Kosten- ersparnis die monumental zu gestaltenden Straßenfronten ohne sonstigen Schaden für die Anlage vorteilhaft ein. Das Innere soll bei einer gewissen Weiträumigkeit doch überall anheimelnd und behaglich, vor allem bequem und für die Einhaltung peinlichster Sauberkeit geschaffen sein; größte Sorgfalt — was bezüglich aller Bade- einrichtungen selbstverständlich ist — muß den Anlagen für Heizung, Lüftung und Beleuchtung gewidmet sein, welche die Annehmlichkeit des Aufenthaltes im Bade wesentlich bedingen und erhöhen. Wo sich ein so erheblicher Teil des öffentlichen Lebens und Verkehrs abspielen soll, ist auch ein gewisser Luxus in künstlerischer Fassung durchaus gerechtfertigt, um deswillen die Preise der Bäder für die un- bemittelten Kreise nicht gesteigert werden brauchen. Natürlich soll das Nützliche und Notwendige unter niedrigen Preisen nicht leiden. B. Die Bestandteile und Einzelheiten der Badeanstalten. 1. Die Schwimmhalle mit Zubehör. Wenn die Aussicht auf eine gewisse Rentabilität es irgend gestattet, und die Mittel zu beschaffen sind, sollte für jede größere Badeanstalt ein überdecktes Schwimmbad vorgesehen und so eingerichtet sein, daß ohne alle Einschränkung ein kompletter Winterbetrieb darin durchgeführt werden kann. Es bildet den Kern jedes vollkommen eingerichteten Stadt- und Volksbades und nimmt den stattlichsten 315 Hauptraum desselben ein. Wie das Schwimmbad das ursprünglichste aller Bäder so ist es auch unter der in der Schwimmhalle dargebotenen Form, d. h. mit den Annehmlichkeiten der voraufgehenden Vorwärmung und Reinigung des Körpers, das vollkommenste Bad und durchaus geeignet, das Bad im Freien zu ersetzen, zumal es die Geselligkeit gestattet, die bei den anderen Badeformen ganz oder fast ganz ausgeschlossen ist. Unabhängig von den Launen der Jahreszeiten und der Witterung kann man in der reinen, staubfreien Luft der lichtdurchfluteten, gleich- mäßig durchwärmten Halle die erfrischende Wirkung des gleichmäßig temperierten Wassers auf den Organismus sich gewähren und in schöner Umgebung genießen. Die freie Bewegung, die das Schwimmen geradezu herausfordert, und die man treffend das Turnen im Wasser genannt hat, regt Herz, Lunge und alle Muskeln zur Tätigkeit an, befördert den Stoffwechsel, die Entwickelung und Kräftigung, die Abhärtung und Widerstandsfähigkeit des Körpers in hohem Grade und vereinigt überhaupt alle günstigen Einflüsse gymnastischer Übungen auf den menschlichen Organismus in sich zum Kampfe gegen die gesundheitsschädlichen Einflüsse des modernen Kulturlebens und gegen die schleichenden Volkskrankheiten. Es liegt auf der Hand, daß die Vorteile des Schwimmens dem weiblichen Geschlechte ebenso nützlich und deshalb zu wünschen sind wie dem männlichen, vielleicht in noch höherem Grade, weil für die körperliche Ausbildung und Kräftigung der Frauen und Mädchen im allgemeinen noch nicht genug geschieht. Die Anlage besonderer Schwimmbassins für Frauen dürfte deshalb trotz der hohen Mehrkosten nur einem allzu berechtigten Wunsche entsprechen. Läßt sich dies nicht durchführen, so müssen den Frauen bestimmte Wochentage oder gewisse Tagesstunden (am besten einige vormittags und einige nachmittags) im Schwimmbad reserviert werden. Dieser einzig mögliche Ausweg führt aber doch oft genug zu Übelständen. Wer nicht immer zu derselben Zeit ins Schwimmbad geht, kommt gar zu leicht, wenn dasselbe gerade nur für das andere Geschlecht geöffnet ist, oder er muß sein Bad abkürzen, weil für das andere Geschlecht die Badestunden alsbald beginnen. Man hat deshalb im Westen Deutschlands, wo die Privatbäder in den Wohnungen noch weniger verbreitet sind als im Osten, damit begonnen, besondere Frauen-Schwimm- bäder anzulegen und in den neuesten Bädern der Großstädte des Westens, z. B. in Frankfurt a. M. und Hannover, ist man sogar dazu übergegangen, noch ein drittes (Männer)-Schwimmbad II. Klasse für Volksbäder zum Preise von 10 Pf. mit großem Nutzen einzurichten. Läßt sich anfänglich nach Lage der Verhältnisse überhaupt noch keine Schwimmhalle zur Ausführung bringen, während es für die Zukunft nicht unwahrscheinlich ist, so sollte sie im Entwurf schon vorgesehen werden, und zwar so, daß sie ohne wesentliche Änderung des Bestehenden und ohne Störung des Betriebes später einfach angebaut werden kann. Eine besondere Art von Schwimmbädern hat man da, wo es an Bädern im Freien fehlt, in den „Sommerbassins“, welche ohne jeden Überbau unter freiem Himmel angelegt werden (neben der Schwimmhalle). Ein solches Sommerbassin kann leicht wesentlich größer werden als ein bedecktes Schwimmbad und dadurch, daß man die Auskleidezellen nur an zwei bis drei Seiten anordnet, die vierte aber für den Zutritt von Sonne, Licht und Luft frei läßt und mit Buschwerk umpflanzt, außerordentlich anheimelnd und anziehend wirken. Beispiele dieser Art finden 316 sich im Städtischen Bade zu Münster (Westfalen), im Dianabad zu Wien und in der Badeanstalt zu Müllheim i. B. Was die Gestalt des Schwimmbassins anbelangt, so wird die rechteckige Form, eventuell mit abgerundeter Schmalseite oder mit abgerundeten Ecken, immer den Vor- zug verdienen, weil sich auf einer langgestreckten Wasserfläche am angenehmsten schwimmen, und weil sich das längliche Rechteck am besten für Schwimmer und Nichtschwimmer teilen läßt. Alle anderen Grundformen, wie Quadrat, Achteck und Kreis sind zwar auch möglich, müssen aber schon sehr groß sein, wenn sie prak- tisch brauchbar sein sollen. Auf einer kleinen Kreisfläche, von der noch ein Teil für Nichtschwimmer abgenommen ist, kann man sich nicht bequem und frei genug bewegen; große Bassins in Form des Kreises, Achtecks oder Quadrates erschweren und verteuern aber die überdeckende Dach- und Deckenkonstruktion, welche da- gegen über dem gestreckten Rechteck verhältnismäßig einfach ist. Außerordentlich schwer ist es, für das Schwimmbad die richtige Größe zu bemessen, was aber um so notwendiger, als diese von größtem Einfluß auf die Rentabilität der Badeanstalt ist. Wird es zu klein, so wird es für zahlreiche Be- sucher, die sich eben frei bewegen wollen, zu beengt, und sie meiden die Anstalt; wird es zu groß, so fühlen sich die wenigen Besucher auf der großen Wasserfläche einsam und verlassen, sie vermissen das anregende, reizvolle Leben und Treiben, das einen wesentlichen Anziehungspunkt einer richtig dimensionierten Schwimmhalle bildet. Wird das Schwimmbad zu groß angelegt, so sind es nicht so sehr die einmaligen höheren Baukosten — deren einmalige Ausgabe man bald verschmerzt — welche schädigen, als vielmehr die stets und ständig sich wiederholenden zu hohen Betriebskosten, welche das Unternehmen schädigen und gar zu leicht dazu führen, mit der Erneuerung des Wassers sparsamer umzugehen, als im Interesse des neu- zeitlichen Badebetriebes zu verantworten ist. Feste Regeln für die Größe eines Schwimmbassins lassen sich nicht geben. Nach Osthoff1 genügt durchschnittlich für den Schwimmer eine Wasserfläche von 3,5 qm, für den Nichtschwimmer rund 1,2 bis 1,3 qm. Unter der Annahme, daß die Hälfte der Badenden Schwimmer, die andere Hälfte Nichtschwimmer sind (was bei den Frauen sicher nicht zutrifft, da viel weniger Frauen nicht schwimmen können), ist für jeden Badenden im Durchschnitt eine Fläche von 1/2 (3,5 + 1,3) = 2,4 qm erforderlich. Da ferner für jeden Badegast einschließlich der Zeit für das Aus- und Ankleiden durchschnittlich 1/2 Stunde zu rechnen ist, so kann bei 15 Stunden täglicher Badezeit (von 6 Uhr morgens bis 9 Uhr abends) jeder Platz 2*15 = 30 mal benutzt werden; es entfällt daher auf die einmalige Benutzung eine Fläche von 1/30 • 2,40 = 0,08 qm. Unter der weiteren Annahme, daß täglich 2°/0 der Bevölkerung, d. h. von je 1000 Einwohnern 20 ins Schwimmbad gehen, wären für je 100 Einwohner 20 • 0,08 = 1,6 qm Wasserfläche erforderlich. Dieser Satz ist jedoch bei der Größenbestimmung des Schwimmbeckens nicht immer anwendbar, weil er für kleine Städte viel zu kleine Bassins liefert, brauchbar jedoch bei der Bestimmung der Anzahl der Auskleidezellen einer Schwimmhalle. Die Maße des Schwimmbassins werden daher am besten nach Er- 1 Osthoff, Bäder und Badeanstalten der Neuzeit. Leipzig 1887 (Carl Scholtze). S. 28. 317 fahrungssätzen gewählt. Unter ein gewisses Flächenmaß sollte man überhaupt nicht gehen, damit nicht der Wasserinhalt zu klein werde. Selbst in kleinsten Städten (unter 10 000 Einwohner) soll die Wasserfläche nicht weniger als 10 zu 7 m, ins- besondere die Breite nicht unter 7 m messen; mittlere Städte kommen mit 18 zu 8 bis 20 zu 9 m reichlich aus, und in Großstädten genügt ein Ausmaß von 24 zu 12 m, was natürlich nicht ausschließt, daß gelegentlich auch diese Maße noch über- schritten werden. So mißt das Sommerbassin in Münster 36 zu 15 m. Ober die vorhandene Wasserfläche wird so disponiert, daß etwa 2/5 für Nicht- schwimmer und 3/5 für Schwimmer bestimmt und danach die Wassertiefen an- Schwimmbassin zu Dortmund. Schwimmbassin zu Bremen. A Tonschicht. B Tonschicht. C Sandschicht. D Sandschlemmung. E Gerammter Schutt. F Fester Sand. Schwimmbassin in der Badeanstalt an dgr Wienstraße zu Wien. Bild 237. Längsschnitt einiger Schwimmbassins. geordnet werden, welche den Wasserinhalt bedingen. Die Abgrenzung beider Ab- teilungen erfolgt am besten durch ein Seil oder Netz mit Warnungstafel. Der Wasserinhalt des Schwimmbassins sollte auch in den kleinsten Anstalten noch mindestens 130 bis 150 cbm betragen. Die Tiefe wächst in der Abteilung für Nichtschwimmer von 0,70 bis 1,40 m, oder, wenn viele Kinder baden, von 0,50 bis 1,20 oder 1,40 m; in der Abteilung für Schwimmer fällt die Sohle des Bassins schneller auf die größte Tiefe ab, welche auf mindestens 2,5 bis 3,0 m zu bemessen, bei Sprunggerüsten von 3 bis 3,5 m Höhe über dem Wasserspiegel,, jedoch auf mindestens 3,75 m zu vermehren ist, damit der Springer nicht auf den Boden stößt. Die Wassertiefe sollte auf einer Tafel neben den Sprungbrettern stets bezeichnet sein. Der Übergang von einer Tiefe zur anderen ist niemals durch 318 Stufen, sondern durch eine Schräge zu bewirken, die jedoch nicht plötzlich steil abfallen darf, um nicht für Nichtschwimmer gefährlich zu werden. Man hat des- halb die Sohle entweder in einheitlicher Neigung oder in gebrochener Linie an- gelegt, wie die Beispiele Bild 237 zeigen. Bei den Schwimmbassins für Frauen ist eine große Tiefe zum Springen entbehrlich; Frauen lieben die Sprungübungen meist nicht, weil das Haar zu naß wird und zu schwer trocknet. Eine Tiefe von etwa 1,50 m ist zum Schwimmen schon völlig ausreichend und verbilligt den Betrieb. Im Querschnitt wird der obere Bassinrand um ca. 40 cm über die Seitenwand vorgekragt, was besonders für den Schwimmunterricht erwünscht ist. Um dem ermüdeten Schwimmer einen Stütz- punkt zu bieten, wurden früher Sitz- und Trittbretter unter Wasser und Stangen zum Anfassen über Wasser angebracht; erstere haben sich nicht bewährt. Jetzt werden in der Regel die Wandungen des Schwimmbassins etwa 1 m tief unter dem Wasserspiegel mit einem nach innen vortretenden Absatz versehen, welchen der Fuß be- quem erreichen kann, während die Hand nach einer ca. 15—20 cm hoch über Wasser befindlichen Holz- oder Messingstange greift. Die Konstruktion der Schwimm- becken geschah bisher in der Regel nach Bild 238 folgendermaßen. Auf einer Betonsohle, welche auf fest eingeschlämmtem Sand ge- wölbeartig ausgerundet, mit 30 cm Scheitelstärke zwischen den Fun- damenten der Schwimmhalle in dem beabsichtigten Bodengefälle eingestampft ist, werden die Seiten- wände des Bassins durch aufrecht stehende flache Kappengewölbe (unten 77 cm, oben 51 cm im Scheitel stark) auf- gesetzt; die Pfeiler der Schwimmhalle dienen als Widerlager der Gewölbe, welche bis zum Scheitel abgeglichen werden. Um diese Wand völlig wasserdicht zu machen, ist ein Zementputz von 3 cm Stärke aufgebracht, an der Oberfläche ge- bügelt und poliert, aber vor dem Abbinden mit einem Spritzbewurf von Zement- mörtel versehen. Nachdem der Boden mit einer Ziegelflachschicht belegt ist, werden Boden und Seitenwände bis zur Höhe des Wasserspiegels mit lichtblauen, darüber mit weißen oder gelblichen glasierten Platten bekleidet, wodurch das Wasser in köstlicher bläulicher Farbe schillert. . In Höhe des Wasserspiegels zieht sich um das Bassin bisweilen (wie in IS'Sif — fei* 1*1 Mm:m - - ms.- 50 -I— i — L Bild 238. Konstruktion eines Schwimmbassins in Mauerwerk. 319 Bildern 237 und 239) eine offene Überlaufrinne, in welche die oberste Schicht des Wassers ablaufen kann; in anderen Bädern dienen dazu Überläufe von 50 zu 55 cm Größe in der Schräge gemessen — zugleich Spucklöcher — die sich oberhalb des Wasserspiegels befinden, auf jeder Langseite 2 bis 4 Stück, welche in das Abfluß- rohr münden und auch die Abwässer des vorgekragten Umganges aufnehmen, dessen mit Platten belegter Betonfuß- boden durch einen Warmluftkanal so ifet weit erwärmt wird, daß ein Belegen mit Linoleum oder Matten entbehrlich ist. An der Schräge der Auskragung ist eine lang durchlaufende Holz- oder Messing- stange befestigt. (Vergl. Bild 238). In neuerer Zeit werden die Schwimm- becken vielfach in Betoneisen-Konstruk- tion ausgeführt. Bild 239 gibt den Schnitt an der tiefsten Stelle durch das so her- gestellte Bassin des Stadtbadehauses zu Göttingen.1 Der Baugrund erforderte die auffallend tiefe Fundierung. In Höhe des Wasserspiegels (60 cm unter dem Umgang) befindet sich eine Überlauf- rinne, welche auch vor den Spucklöchern vorbeigeführt ist, und 1,0 m tiefer bildet die nach innen vorspringende Bassinwand einen Auftritt von 18,5 cm Breite; die ganze Wassertiefe beträgt 3,0 m. Die Sohle besteht aus einer Betonplatte von 35 cm gleichbleibender Stärke und hat oben und unten in 40 cm Abstand lang und quer eingelegte Rundeisen von 10 mm Stärke. Die Seitenwände sind gegen die Hauptpfeiler der Schwimm- halle durch Betonpfeiler abgestützt, deren Abstände 3,44 und 1,54 m abwechselnd messen, und haben an der Sohle 20 cm, am Auftritt 15 cm und im oberen Teil 12 cm Stärke. An Eiseneinlagen sind in den Bassinwänden vorhanden: 1) auf 1 m des Höhenteils h1 (s. Bild 239): 6 Rundeisen von 7 mm und 4 von 10 mm Stärke abwechselnd und nach unten etwas enger verlegt; vertikale Verteilungsstäbe von 7 mm Stärke liegen alle 50 cm und unter dem Auftritt 3 Längseisen von 10 mm Stärke; 2) auf 1 m des Höhenteils h2: 12 Rundeisen von 10 mm und Verteilungs- stäbe von 7 mm alle 40 cm unten etwas enger; 3) auf 1 m des Höhenteils h3 .5 1 1 1 1 P * iiii M INI 1 II 1 Bild 239. Konstruktion eines Schwimmbassins in Eisenbeton. 1 Ausgeführt von Rob. Grastorf, G. m. b. H. in Hannover. 320 gleich weit voneinander 8 Rundeisen von 10 mm und alle 40 cm Verteilungsstäbe von 7 mm. In den Ansatz der Seitenwand auf den Boden sind förmige Rund- eisen von 10 mm Stärke in 40 cm Entfernung einbetoniert. Die Fundamentsohle hat vier Längsstäbe von 10 mm und alle 50 cm Quereisen von 7 mm Stärke erhalten. Da wo Bewegungen des Gebäudes infolge mangelhaften Untergrundes zu befürchten sind, wird die Eisenbetonkonstruktion gegen Risse und Undichtwerden der Schwimmbassins ziemlich große Sicherheit bieten. Im allgemeinen ist jedoch auf gutem, richtig behandeltem Baugrund und bei leidlich sorgfältiger Arbeit eine Undichtigkeit des Bassins nicht zu befürchten, wie die Erfahrung gelehrt hat. In Bergwerksgegenden können starke lokale Senkungen Vorkommen und die Dichtigkeit des Bassins arg gefährden; man hat deshalb dort, z. B. in Essen, das Schwimmbecken aus Eisen hergestellt1 und auf eisernen Keillagern montiert, welche angezogen werden können, sobald sie durch teilweise Lockerung eine stattgehabte Bodensenkung verraten. In jedem Falle wird es sich empfehlen, die Bassinwände von außen zugänglich zu halten, um etwaige Undichtigkeiten erkennen und beseitigen zu können, bevor durch auslaufendes Wasser größerer Schaden geschieht. Die Gestaltung der Innenflächen eines Schwimmbassins hat vor allen Dingen so zu erfolgen, daß es gründlich gereinigt werden kann; dies läßt sich mit Sicherheit nur da erreichen, wo eine Auskleidung mit glasierten Fliesen angebracht ist, die zwar teuer, aber in jeder Hinsicht und auf die Dauer befriedigend sind. Porzellan- fliesen sind auch einer Marmorbekleidung, welche durch Unreinigkeiten des Wassers schmutzig werden kann, ohne sich wieder reinigen zu lassen, entschieden über- legen und gewähren bei richtiger Farbenwahl den freundlichsten, schönsten Anblick. Sehr häßlich ist' ein Zementputz, der allmählich rauher und rauher wird und sich schließlich überhaupt nicht mehr reinigen läßt; er beläßt auch dem köst- lichsten Wasser nicht die schöne Durchsichtigkeit der Farbe und sollte in Schwimm- becken deshalb nicht mehr verwendet werden. An dem seichten Ende des Bassins führen ins Wasser Treppen, die aus nicht zu glatt bearbeitetem, hartem Haustein (z. B. Dolomit) oder aus Eisenbeton mit etwas rauhem Belag hergestellt werden. Für die Schwimmer sind an dem tiefen Ende des Bassins, am besten diagonal aus den Ecken, elastische Sprungbretter anzubringen, welche ca. 50 cm breit und mit Segeltuch überzogen etwa 1,0 bis 1,5 m über den Bassinrand vortreten. Große und tiefe Bassins erhalten außerdem wohl noch ein Sprunggerüst mit Sprungbrettern in 2,0 bis 3,5 m Höhe, in Aus- nahmefällen einen Sprungturm bis zu 7 m Höhe. Zum Aussteigen aus dem Wasser sind einige vertikal an den Seitenwänden befestigte Leitern erforderlich, deren Sprossen für den barfüßigen Schwimmer breit genug sein müssen. Über dem Wasser sollen allerlei Hängeapparate, Ringe, Trapez, Taue und dergl. zum Schwingen und Turnen, zu gymnastischen Übungen und zur Unterhaltung ange- bracht sein. Einige Rettungsstangen, und Rettungshaken oder Ringe dürfen nicht fehlen. Der Bassinrand muß etwa 0,40 bis 0,60 m über dem Wasserspiegel ange- ordnet sein; liegt er tiefer, so spritzt zu viel Wasser auf dem Umgang; liegt er 1 Auch das Admiralsgartenbad in Berlin hat ein Schwimmbassin aus Eisen. 321 höher, so wirkt er für manche Personen unbehaglich, was jedoch durch Vorkragen des Bassinrandes gemildert wird. Brüstungsgeländer sind nicht beliebt; nur einzelne Stellen erhalten kurze Geländer zum Überspringen und für den Schwimmunterricht, und zwar in einer Höhe von ca. 90 cm. Jedoch empfiehlt sich für den Schwimm- unterricht mehr die Aufhängung einer Schiene, an welcher mit Rolle und Seil, am Schwimmgurt hängend, der Schüler sich vorwärts bewegen kann. Über die Größen- und Tiefenverhältnisse von Schwimmbädern u. s. w. gibt folgende Tabelle näheren Aufschluß: Ort und Bezeichnung des Schwimmbades nach Eigentum bezw. Verwaltung Er- öffnet im Jahre Ein- wohner- zahl im Jahre 1900 D grc Länge m es Sc )ßte Breite m iwit - qm nmb Ti von m assir efe bis m IS In- halt rund cbm Bemerkungen Aachen (Akt.-Ges.) . . . . 1881 135000 17,5 8,5 145 0,80 2,: 5 160 Altona (Städtisch) .... 1882 162000 12,8 7,8 100 0,45 1,85 150 Ascher sieben (Städtisch) 1902 27000 20,00 10,00 200 0,80 3,00 475 30 Auskleidezellen. Augsburg (Städt.) , (Forster- sches Schwimm- u. Volksbad) 1901 92000 1 Massenauskleide- raum. Arch.: Steinhäuser. Schwimmbad für Männer . — — 24,40 12,00 290 1,00 3,00 550 92 Auskleidezellen. do. für Frauen . 17,00 8,00 130 1,00 2,80 240 1 Massenauskleide- raum. 64 Auskleidezellen. Badenweiler (Badeort) . . 1875 600 17,7 7,6 130 1,00 1,40 140 1 Massenauskleide- raum Barmen (Städtisch) .... — 142000 Arch . : Wi n chenbach . Schwimmbad für Männer 'i 1882 24,75 11,50 280 0,80 2,80 500 do. für Frauen / — (Akt.-Ges.) 1903 158000 12,30 24,0 9,30 11,0 100 260 0,80 0,70 1,80 3,00 130 480 Halbkreisförmig. Bautzen (G. m. b. H.) . . . 1898 25000 17,0 7,0 115 0,80 1,98 160 Berlin — 1188000 — Schillingstr. (A.-G.) . . . 1855 p 13,0 7,0 90 1,25 1,88 130 Sommerbetrieb. — Admiralsgartenbad (A.-G.) 1879 p 15,5 7,5 115 0,65 2,30 150 Eisernes Bassin. — Kaiser Wilhelmbad, Lützow- straße (Priv.) 1878 p 23,5 8,5 200 1,00 3,0 400 Betrieb eingestellt. — Städt.Volksbad,Baerwaldstr. 1901 1934000 20,50 9,00 180 1,00 3,80 420 30 Auskleidezellen. — Dennewitzstr. (Städtisch) . 1901 1934000 23,61 9,30 210 0,80 3,15 430 2 Massenauskleide- räume. — Oderbergerstr. (Städtisch) . 1901 1934000 21,61 9,30 210 0,80 3,15 430 Bochum (Städtisch). . . . 1894 66000 24,0 12,00 288 0,50 3,80 600 Architekt: Bluth. Bremen (Akt.-Ges.) .... 1877 153000 — — — — — — Architekt: G. Runge. Schwimmbad für Männer . — — 19,5 9,00 190 0,90 2,20 290 do. für Frauen . — — 14,25 8,10 115 1,60 2,00 200 Breslau (Akt.-Ges.) .... 1897 423000 21,00 11,00 230 0,90 3,00 450 Arch. : Werdelmann. Cannstadt (Städtisch) . . . 1900 30000 21,00 8,5 175 0,75 2,20 260 75 Auskleidezellen. Charlottenburg (Städtisch) 1898 210000 24,00 10,00 280 0,75 3,40 570 Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 21 322 Ort und Bezeichnung des Schwimmbades nach Eigentum bezw. Verwaltung Er- öffnet im Jahre Ein wohner- zahl im Jahre 1900 Des Scf größte Länge Breite m ! m lwin oj JZ T3 O r- * 3 i* s- qm imb; Tie von m issin :fe bis m s In- halt rund cbm Bemerkungen C h e m n i t z (Hedwigsbad, Pri v.) 1867 218000 Schwimmbad für Männer . 24,00 12,00 288 1,00 2,50 500 36 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. do. für Frauen . — — 13,50 8,00 108 1,25 3,00 230 80 Auskleidezellen. Cöln — 402000 , Architekt: Stübben. Hohenstaufenbad (Stadt.) . 1885 372000 — — — — — — ! Ausgef. von deVoss ^ & Müller. Schwimmbad für Männer . 23,00 11,00 250 0,70 u> o o 460 68 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. — Schwimmbad für Frauen . — — 18,50 8,00 160 0,70 2,50 250 56 Auskleidezellen. — Volksschwimmbad . . . — Volksbad, Fleisch m enger- — — 15,00 9,00 130 0,80 1,20 130 Auskleidebänke. gasse (Städtisch) .... 1902 402000 14,00 9,00 120 0,50 2,50 180 84 Auskleideplätze. 1 Massenauskleide- raum für Kinder. Colmar i. E. (Städtisch) . . 1902 28000 20,00 10,00 200 0,80 3,00 360 32 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. Dortmund S. (Städtisch) . . 1878 124000 24,00 12,00 280 0,75 3,75 600 — N. (Städtisch) 1892 142000 24,00 12,00 280 0,75 3,40 570 Dülken (Städtisch) . . . . Düsseldorf 1903 9500 234000 18,00 9,00 160 0,80 2,85 250 30 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. — Grünstr. (Städtisch) . . . 1888 ? Schwimmbad für Männer . — — 22,00 11,00 240 0,70 2,75 400 do. für Frauen . — — 12,50 10,00 125 0,80 2,30 190 — Miinsterstr. (Städtisch) . . 1902 — 22,00 11,00 240 0,65 3,25 460 Eisenach, Sophienbad (A.-G.) 1899 31000 17,60 8,20 140 0,80 2,80 250 28 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. Elberfeld (Städtisch) . . . 1887 157000 — — — — — — Schwimmbad für Männer . — — 23,40 11,40 265 1,40 2,80 550 do. für Frauen . — — 17,65 11,40 200 1,40 2,50 360 Essen (Städtisch) 1882 119000 23,50 11,85 280 0,75 2,50 480 Becken von Eisen. Frankfurt a. M. (Städtisch) . 1896 288000 — — — — — — Arch.: Dr. Wolff. Schwimmbad für Männer . — — 28,20 14,86 340 0,75 2,70 600 do. für Frauen . — — 18,60 10,40 180 0,70 2,70 300 — Volksschwimmbad . . . — — 12,00 11,45 120 0,75 2,70 220 Gera (Akt.-Ges.) 1893 47000 17,00 8,40 140 0,90 3,00 260 Gießen (Akt.-Ges.) . . . . 1902 20000 19,50 9,80 190 0,80 2,80 320 32 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. Glauchau i. S. (Städtisch) . 1902 24000 20,00 9,00 175 0,80 2,80 260 64 Auskleidezellen. 2 Massenauskleide- räume. 323 Ort und Bezeichnung . des Schwimmbades nach Eigentum bezw. Verwaltung Er- öffnet im Jahre Ein- wohner- zahl im Jahre 1900 Des Schwimmbassins größte Länge m Breite m (U -CxJ u n iS s [li qm Tiefe bis von m m In- halt rund cbm Bemerkungen Göppingen (Akt.-Ges.) . . Göttingen (Städtisch). . . Hagen (Westf.), (Akt.-Ges.) . Halberstadt (Städtisch) . . Hannover Hannov. Badehalle (A.-G.) Schwimmbad für Männer . do. für Frauen . — Städtische Badeanstalt an der Goseriede Schwimmbad für Männer . Schwimmbad für Frauen . — Volksschwimmbad . . . H ei lbronn (Städtisch) . . . Schwimmbad für Männer . do. für Frauen . Hildesheim (Akt.-Ges.) . . Schwimmbad für Männer . do. für Frauen . Itzehoe (Städtisch) . . . . Karlsruhe (Stiftung) . . . Städtisches Vierordtbad, Schwimmbad Kattowitz (Städtisch) . . . Krefeld (Städtisch) . . . . Schwimmbad für Männer . do. für Frauen . Fange nb erg a. Rh. (Städt.) . Leipzig Sophienbad (Privat) . . . Magdeburg Friedrichsbad (Akt.-Ges,). Schwimmbad für Männer . do. für Frauen . — Wilhelmsbad (Akt.-Ges.) . München, Müllersch es Volks- bad (Stiftung) Schwimmbad für Männer . do. für Frauen . Münster (Westf.), Städtisch) . Schwimmhalle Sommerbassin Neustadt a. H. (Akt.-Ges.) . 1899 1906 1890 1901 1867 1903 1892 1901 1886 1898 1873 1900 1896 1887 1897 1869 1860 1888 1898 1901 1888 1899 22000 35000 70000 43000 236000 38000 43000 16000 92000 100000 35000 107000 9800 400000 230000 18.50 19.50 21,00 25.50 20,00 11,00 28.50 21,20 22.50 9,50 8,65 11,00 11,00 7,70 6,20 175 168 230 275 154 70 22,00 16,00 507000 64000 19000 18,00 9,00 16,50 28,70 15.00 26,30 16,67 18.00 15,57 15,75 11,00 25,00 30,60 17,60 22,00 36.00 20.00 14.00 10.00 10,60 8,00 6,00 9,00 7,50 9,80 10,60 8,00 12,40 11,00 9,00 6,95 404 208 240 175 96 7,85 8,00 13,00 12,26375 10,70 11, 15, 10, 002 005 002 160 67 160 300 120 325 180 160 108 123 86 320 188 140 »40 !00 1,28 0,90 0,70 0,50 0,87 0,75 3,30 3,00 3,80 3,00 2,90 2,40 0,7! 0,71 0,8i 53 02 02 0,6i 0,61 03 03 0,81 0,91 0,9< 03 02 02 0,8 0, 02 802 1,002 802 702 0,803 0,802 0,703 2,002 ,00 ,40 ,60 ,50 ,00 ,00 ,50 ,80 ,80 ,75 !,80 5, 10 !,80 0,852,83 1,252,82 1,202,80 0,802,80 i,00 :,80 ,30 ,00 400 325 510 475 280 100 650 310 330 350 170 300 110 275 500 200 600 260 275 200 275 170 550 700 325 450 1000 0,753,501 400 Architekt: Jenner. Arch.: Th.Gersting. Arch.: Dr. Wolff. 96 Auskleidestände. 67 Auskleidezellen. 104 Auskleidestände. Achitekt: J. Durm. Arch.: J. Burkart. t 70 Auskleidezellen. / Monierkonstrukt. Architekt: Mareks. 75 Auskleidezellen. Arch.: Duvigneau. Architekt: Prof. Hocheder. 84 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. 68 Auskleidezellen. 1 Massenauskleide- raum. 220 Auskleideplätze. 300 Auskleideplätze. 21 * 324 Ort und Bezeichnung Er- Ein- Des Schwimmbassins des Schwimmbades nach öffnet wohner- zahl grö ßte . Bild 361. Sophien-Bad in Eisenach. 503 dem Umfange Lohnwäscherei in Hotelwäsche, wie Haushaltungs- und Leibwäsche, Gardinen u. s. w. einschließlich Plätterei und hat sogar eine Wäsche -Vermietung in Tischzeug und Küchenwäsche an Hotels, Vereine und Private als nutzbringende Abteilung eingerichtet. Bild 361 zeigt die Grundrisse der Anlage so, wie sie 1899 dem Betriebe übergeben wurde, Bild 362 den Längsschnitt durch die Schwimm- halle und den Querschnitt durch Vestibül und Schwimmhalle, entlehnt1 der vom Vorstande der Gesellschaft herausgegebenen Schrift: „Sophien-Bad in Eisenach. Hofbuchdruckerei Eisenach H. Kahle 1899“, auf welche hier verwiesen sei, obwohl sie durch die überraschende Entwickelung der Anstalt teilweise überholt ist. Die von Stein & Meyer in Gießen entworfene Anlage besteht aus einem Vorderhause, an welches sich — abweichend von vielen anderen Beispielen — die Schwimmhalle mit ihrer Langseite anschließt, während an deren beiden Schmal- seiten Anbauten für Wannenbäder liegen; außer dem Kesselhaus ist noch ein Nebenhaus errichtet. Der in der Mitte liegende Haupteingang führt in das Vestibül mit Kasse und Wäscheausgabe, nach links in das Wartezimmer und die Wannen- bäder I. und II. Klasse für Damen, nach rechts ebenso für Herren; von beiden Bild 362. Sophien-Bad in Eisenach. Seiten besteht ein Zugang zur Schwimmhalle. Aus dem Vestibül geht man auf einer Treppe abwärts in das Kellergeschoß, auf einer zweiten aufwärts in das Ober- geschoß. Das Kellergeschoß enthält 6 Brause- und 4 Wannenbäder III. Klasse, die große Wäscherei und Trocknerei, den Maschinen- und Apparatenraum, das Kesselhaus nebst Kohlenraum, das Obergeschoß einerseits den Ruheraum, das Dampf- und Heißluftbad, den Duscheraum mit anstoßendem Vollbad, Massage- und Abtrockenraum, andererseits die Wohnung des Verwalters. — Das Schwimm- bassin ist 17,60 zu 8,20 m groß und faßt bei 0,80 bis 2,80 m Tiefe rund 250 cbm Wasser; vor den Stiefelgängen liegen an den Langseiten 28 Auskleidezellen, an einer Schmalseite die Reinigungsräume mit 12 Fußbecken und 6 Brausen, darüber Raum für Massenauskleidung mit gesonderten Treppen für Bekleidete und Unbe- kleidete. — Die Wannenbäder I. und II. Klasse sind wenig verschieden, die III. Klasse ganz einfach gehalten. In der I. Klasse ist je eine Zelle für Kohlen- säurebäder mit dem Dr. Luhmannschen Apparat ausgerüstet. Die Ausstattung des ganzen Gebäudes ist solide und gediegen, freundlich und anheimelnd. Die badetechnische Einrichtung, von H. Schaffstädt in Gießen, ist eine der übersichtlichsten und zweckmäßigsten, welche diese Firma ausgeführt hat. Die 1 Mit Genehmigung des Vorstandes. 504 anfangs schwierige Wasserversorgung wurde bald durch den Bau einer eigenen Quellwasserleitung gesichert. Die Warmwasserbereitung erfolgt durch einen Gegen- stromapparat für stündlich 1 000000 W. E., der in der Regel zur Hälfte, bei Füllung des Schwimmbeckens zu drei Vierteln beansprucht wird und das Wasser nur bis 35° erwärmt; das Ausgleichsreservoir faßt 7 cbm. Für das Schwimmbecken ge- schieht die Umwälzung durch Pulsometer, die Erwärmung des ständigen Zuflusses durch Gegenstromapparat. Den erforderlichen Dampf liefern 2 Zweiflammrohr- kessel für 5 Atm. Betriebsdruck von je 45 qm Heizfläche; der Abdampf der Speise- pumpe wird in einem Gegenstrom-Vorwärmer für das Speisewasser ausgenutzt. Die Heizung erfolgt durch Dampf von 1 Atm., und zwar in den Wannen- bädern mittels Rippenöfen in Heizmänteln, in den übrigen Räumen, Schimmhalle und Schwitzbad in Rohrspiralen; die Lüftungs- Anlage beruht auf Temperatur- Differenz. Die Wäscherei wird mit Maschinenkraft getrieben und kann täglich 750 bis 1000 kg trockene Wäsche fertig machen, wozu 1 Wasch- und Spülmaschine, 1 Zentrifuge, 1 Trockenapparat mit 8 Kulissen, 1 Kastenmangel, 1 Plättofen mit 18 Plätteisen, 2 Einweichbottiche, 1 Laugenfaß, 1 Dampfkochfaß aufgestellt sind. Zum Betriebe dient eine Dampfmaschine von 20 PS., welche zugleich den Strom für die elektrische Beleuchtung der Anstalt liefert. Die gesamten Kosten des Baues und der Einrichtung haben die Summe von 360000 Mk. erreicht. Trotzdem hat sich die Anstalt so erfreulich entwickelt, daß nicht nur Veränderungen, sondern auch Erweiterungen stattfinden konnten. Ganze Flügel sind angebaut, ein medico-mechanisches Institut ist errichtet, ein Inhalations- raum, ein Undosa-Wellenbad, elektrische Lichtbäder und Soolbäder sind hinzuge- kommen; auch ein Luft- und Lichtbad ist angelegt, wodurch im Sommer das Hallenschwimmbad mit dem offenen Flußbad konkurrenzfähig wird. So ist das Sophien-Bad in Eisenach eines der vielseitigsten und bemerkenswertesten Stadt- bäder geworden. Die Verbindung von Badeanstalt mit Waschanstalt, in Deutschland im allge- meinen wenig beliebt, wurde in letzter Zeit selten ausgeführt. Je mehr aber die Gebäude zu Wohnzwecken ausgenutzt werden, desto schwieriger wird es, für Wasch- küchen und Trockenplätze zu sorgen. Neuerdings ist nach dem Vorbild von Eisenach die Lohnwäscherei in Meiningen mit bestem Erfolge der Badeanstalt an- gegliedert und für Nordhausen ernstlich in Erwägung genommen. In Beifort hat die neue Badeanstalt St. Georges, welche in getrennten Abteilungen je ein Schwimm- bad und Wannenbäder für Männer und für Frauen enthält, im Obergeschoß eine auch für Lohnwäscherei bestimmte Waschanstalt erhalten. 3. Das Volksbad in Gießen ist gleichfalls das Werk einer Aktiengesellschaft, welche die schöne und zweckmäßige Anlage gern und mit Recht als Musteranstalt hinstellt. Die Gründung des Unternehmens, welches einschließlich Grundstück und Einrichtung rund 200000 Mk. erforderte, erfolgte derart, daß von den Aktien die Stadtverwaltung für 50000 Mk. übernahm, während in der Bürgerschaft — Gießen zählte nur 26000 Einwohner — für 72000 Mk. Aktien sich verteilten; den Rest von 78000 Mk. gab die Landes- Versicherungsanstalt Darmstadt als Hypothek zu 3 °/0 Zinsen. Die Stadt übernahm ferner, die Aktien der Bürgerschaft innerhalb — 505 — 25 Jahren auszulosen und zum Nennwert anzukaufen; sie wird deshalb nach 25 Jahren Besitzerin des Bades sein. Bild 363 und 364 geben die von Stein & Meyer entworfene und ausge- führte Anlage im Grundriß1 wieder, der an Klarheit und Übersichtlichkeit nichts zu wünschen läßt und den Vorteil besitzt, kompendiös und doch erweiterungsfähig zu sein. Nach Bild 364 führt der Eingang im Erdgeschoß direkt zur Kasse nebst Wäscheausgabe und rechts und links zu den Abteilungen für Herren und Damen, Bild 363. Volksbad in Gießen. mit je 3 Wannenbändern I. Klasse und 6 desgleichen II. Klasse, die ebenso wie das von beiden benutzte Schwimmbad von dem betr. 'Wartezimmer aus zugänglich sind. Die Schwimmhalle (vergl. Bild 245) enthält ein Bassin von 19,50 zu 9,80 m Größe, das bei 0,80 bis 2,80 m Tiefe 320 cbm Wasser faßt, zwischen doppelten Umgängen an beiden Langseiten 32 Auskleidezellen und auf einer an der vorderen Schmalseite eingebauten Gallerie einen Massenauskleideraum, unter welchem die Reinigungsräume mit 12 Fußbecken und 6 Brausen liegen; 1 Unter- 1 Beide Bilder von der Dtsch. Gesellschaft f. Volksbäder freundlichst überlassen. 506 dusche, 1 Strahldusche und 2 Hochdruckbrausen vervollständigen die Einrichtung. — Links neben der Vorhalle führt eine Treppe ins Kellergeschoß, wo im Vorderbau ein Brausebad von 12 Zellen und die Wäscherei (mit elektrisch betriebenen Maschinen) nebst Trocknerei und besonderer Mattentrocknerei angeordnet sind; das Schwimmbassin umgeben der weite Apparatenraum, ein Reserveraum für Erweiterung, ein Kohlengelaß mit anstoßendem Kesselhaus, in welchem 2 Kessel ä 50 qm Heiz- fläche mit 5 Atm. Betriebsdruck den nötigen Dampf entwickeln. Rechts der Vor- halle gelangt man auf eigener Treppe zum Obergeschoß, welches ein vollständiges Dampf- und Heißluftbad mit Ruheraum und die Dienstwohnung des Verwalters enthält. Die gediegene Ausstattung der Räume macht überall den Eindruck der Be- haglichkeit, und da auf Erhaltung der Sauberkeit der größte Wert gelegt ist, so genügt der Bau in weitem Maße den hygienischen Anforderungen. Die von H. Schaffstädt ausgeführte badetechnische und maschinelle Anlage zeichnet sich durch leichte Übersichtlichkeit und sparsamen Betrieb aus. 4. Nord hausen. Eine sehr eigenartige Anlage bildet das Stadtbad in Nord- hausen (29000 Einwohner).1 Herren und Damen haben getrennte Eingänge zu Wannenbad-Abteilungen, welche im Erdgeschoß das Schwimmbad umgeben; auf der Herrenseite führt eine Treppe ins Obergeschoß zu dem Stiefelgang hinter den Aus- kleidezellen des 20,50 zu 8,20 m großen Schwimmbades von ca. 340 cbm Inhalt. Der sehr einfach gehaltene Bau ist in wesentlichen Teilen in Monierkonstruktion hergestellt; daß die Dächer in erheblicher Ausdehnung zugleich Decken sind, liegt nicht im Interesse der Wärmeökonomie. 5. Aschersleben, eine Stadt von 27000 Einwohnern, hat nach den Plänen von Stein & Meyer ein Schwimm- und Volksbad erbaut und 1906 eröffnet, welches ohne Grundstück rund 250000 Mk. erfordert hat. Es enthält ein Schwimmbad von 20 zu 10 m Größe und 0,8 bis 3 m Tiefe mit 30 Einzelzellen, einem Massen- Bild 365. Städtisches Schwimm- und Volksbad in Aschersleben. auskleideraum, 12 Fußbecken und 8 Brausen in den Reinigungsräumen, 18 Brause- und 21 Wannenbäder, ein vollständiges Heißluft- und Dampfbad, ein Moorbad und andere medizinische Bäder. Die Wasserversorgung geschieht aus eigenen Brunnen mit Dampfpumpen und ist mit einer Enteisenungsanlage verbunden. Die Wäscherei-Maschinen haben elektrischen Antrieb. Bild 365 (nach Schaffstädt] zeigt einen Blick durch die Schwimmhalle nach den Reinigungsräumen und dem darüber befindlichen Massenauskleideraum. Daß auch wesentlich kleinere Plätze imstande sind, eine Badeanstalt mit Schwimmbad zu errichten, die weitgehenden Ansprüchen genügt — allerdings wohl nur in Ausnahmefällen — zeigt das Beispiel der Stadt 6. Dülken (Rheinland), welche mit dem Bau des Kaiser Friedrichbades einen hervorragenden Beweis von Gemeinsinn ihrer nur 9500 Einwohner zählenden 1 Vgl. Genzmer, Bade- und Schwimmanstalten S. 157 in: Handb. d. Architektur IV. 5. Heft 3. Stuttgart 1899. Bergsträßer. % — 508 — Bürgerschaft geliefert hat. Der Bauplatz wird von drei Straßen begrenzt. Nach den in Bild 366 und 367 wiedergegebenen Grundrissen1 ist die Schwimmhalle dem Vorderbau nur lose angehängt. Der dreistöckige Vorderbau enthält in der Hauptachse eine stattliche Vorhalle mit Freitreppe, welche zum Erdgeschoß führt; neben derselben geht man ins Sockelgeschoß zu den Warteräumen, mit denen 4 Brausebäder und 3 Wannen III. Klasse für Frauen und 9 Brausebäder und 3 Wannen III. Klasse für Männer verbunden sind. Im Erdgeschoß befinden sich Bild 366. Kaiser Friedrich- Bad in Dülken. außer Geschäftszimmer und Kasse in getrennten Abteilungen hinter ie einem Warte- zimmer 4 Wannenbäder I. und II. Klasse und 2 Brausebäder für Frauen und 4 Wannenbäder I. und II. Klasse für Männer. In dem ausgebauten Dachgeschoß ist die Wohnung des Bademeisters und Maschinisten angeordnet. — Der Schwimm- hallenbau enthält im Sockelgeschoß die Wäscherei mit Handbetrieb und hat außer dem Apparatenraum noch große disponible Räume, in denen eventuell später ein Dampf- und Heißluftbad angelegt werden wird; im Erdgeschoß liegt das Schwimm- bad mit Bassin von 18 zu 9 m Größe, 0,80 bis 2,85 m Tiefe und rund 250 cbm 1 Nach Mitteilung des Verwalters Herrn Jungstand, jetzt in Viersen. — 509 — Wasser. 30 Auskleidezellen vor Stiefelgängen verteilen sich auf beide Lang- seiten, während im Hintergründe der Reinigungsraum mit 12 Fußbecken, 6 Brausen und 2 Zellen für Frauen angeschlossen ist, über demselben der Massenauskleide- raum mit einer Treppe für Bekleidete und einer zweiten für Unbekleidete. Von der räumlichen Gestaltung und Ausgestaltung der Schwimmhalle gibt Bild 368 eine Vorstellung (nach Aufnahme von H. Schaffstädt). Im Kesselhause liefern zwei Kessel ä 36 qm Heizfläche für 5 bis 6 Atm. Be- triebsdruck den Dampf. Durch einen Gegenstromapparat von 800000 W. E. stünd- licher Leistung, d. i. mehr als das Doppelte des Bedarfes, wird das Wasser bis auf 40° erwärmt; zum Ausgleich dient ein Warmwasserreservoir von 4 cbm Inhalt. Zur Füllung des Schwimmbeckens passiert das Wasser direkt den Gegenstromapparat; zur Umwälzung des Bassininhaltes dient eine vierfach wirkende Dampfpumpe von von 20 cbm stündlicher Förderung, deren Abdampf in einem Gegenstromvorwärmer bei der Kesselspeisung ausgenutzt wird. Das Kaltwasser wird durch zwei Pulso- meter von je 24 cbm stündlicher Leistung bei 20 m Förderhöhe aus eigenem Brunnen in einen Reservoir von 6 cbm Inhalt gehoben. 510 Die Heizung wird mit reduziertem Hochdruckdampf von 2 Atm. Spannung betrieben; für die Schwimmhalle ist Dampfluftheizung eingerichtet. Die Lüftung basiert auf Temperatur-Differenz. Die Kosten der Anlage ohne das Grundstück, welches als Geschenk gegeben wurde, aber einschließlich der Einrichtung, beliefen sich auf 145 000 Mk.; hiervon sind 44 000 Mk. durch freiwillige Gaben aus der Bürgerschaft und 16000 Mk. aus Überschüssen der Sparkasse zusammengebracht, während der Rest von 85 000 Mk. als hypothekarisches Darlehen von der Landesversicherungs-Anstalt der Rhein- provinz gegeben wurde. Zur Verzinsung und Tilgung des Anlagekapitals dürfen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Teilbeträge der Sparkassenüberschüsse ver- wendet werden. Bild 368. Kaiser Friedrich-Bad in Dülken. Schwimmhalle. In Dülken ist mit verhältnismäßig geringen Mitteln eine mustergültige Bade- anstalt geschaffen, die bei gediegener Ausstattung wenig Unterhaltung erfordert und bei einladender Behaglichkeit den Besuch fördert, der denn auch sehr bedeutend wurde, besonders seitens der zahlreichen Arbeiterbevölkerung. Das am 17. No- vember 1903 eröffnete Bad hat im Geschäftsjahr 1904/5 zusammen 58225 Bäder, darunter 41330 Schwimmbäder abgegeben; im täglichen Durchschnitt badeten 107 Personen, an einzelnen Tagen 900 bis 1000! Vom ersten Jahre ab ergab sich schon ein Überschuß, der allerdings zum Teil wenigstens darauf zurückzuführen ist, daß das städtische Wasserwerk für seine Zwecke auf dem Badeanstaltsgrundstück eine Dampfpumpe aufgestellt hat, deren Abdampf zur Warmwasserbereitung im Bade benutzt wird, während das Wasserwerk für das entnommene Wasser an die Badeanstalt noch eine Abgabe zu zahlen hat. 511 7. Quedlinburg eröffnete Ende 1 QX)2 eine ziemlich vollkommen eingerichtete Badeanstalt, die rund 180000 Mk. gekostet hat, ohne daß die Stadt, welche dazu ein mitten in der Stadt gelegenes Grundstück aus eigenem Besitz hergab, finanziell direkt in Anspruch genommen wurde. Durch ein Geschenk von 15000 Mk. mit der Verpflichtung, eine Schwimmhalle nicht fehlen zu lassen, wurde der Baufond gegründet und durch weitere Gaben alsbald auf 35 000 Mk. erhöht, bis die Stadt Anteilscheine ä 100 Mk. mit Gewinnbeteiligung bis zu 4% ausgab und dadurch 512 75000 Mk. aufbrachte; dies in einer Stadt von 24000 Einwohnern! Den Rest — 70000 Mk. — - gab die städtische Sparkasse als Hypothek zu 3y2 °/0. Der von Stadtbaurat Laumer entworfene und ausgeführte Bau zeichnet sich durch übersichtlichen Grundriß aus, den Bild 369 darstellt.1 Tritt man in die Vorhalle ein, so befindet sich links die Kasse mit dem Überblick über den ge- samten Verkehr, rechts ein Durchgang zur Treppe, welche abwärts in das fast ganz über Terrain liegende Sockelgeschoß führt, wo sich an einen Warteraum 5 Brause- bäder für Frauen und 1 1 für Männer anschließen. Außerdem liegen hier die Wäscherei und Trocknerei, Werkstatt, Apparatenraum und Heizkammern und ange- baut das Kesselhaus mit Kohlengelaß. Aus der Vorhalle gelangt man geradeaus in die Schwimmhalle, rechts und links zu Warteraumen für Frauen und Männer mit je drei Wannenbädern I. Klasse und 6 bez. 7 desgleichen II. Klasse, deren Zahl bald ver- mehrt werden mußte. Das Schwimmbecken ist 18 zu 9 m groß, 0,75 bis 2,80 m tief, hat zwischen doppelten Umgängen 32 Auskleidezellen, an der hinteren Schmal- seite den Reinigungsraum mit 8 Fußbecken, 5 Brausen und seitlich zwei Zellen für Frauen, ferner auf der darüber eingebauten Gallerie einen Auskleideraum für Schüler mit zwei Treppen zum inneren und äußeren Umgang. An der vorderen Schmalseite liegen zwei Wäscheräume. Reichliche Beleuchtung erhält die gewölbte Schwimmhalle durch Decken- und hohes Seitenlicht, sämtlich mit künstlerisch ge- haltener Buntverglasung. — Das Obergeschoß des Vorderbaues füllt ein komplettes Schwitzbad aus (Dampf- und Heißluftbad) mit großem Ruhe- und Duscheraum, letzterer mit zwei Vollbädern und allerlei Duschen; auch ist daselbst die Wohnung des Bademeisters eingerichtet. Die innere Ausstattung macht überall einen freundlichen, anheimelnden Ein- druck; die äußere Architektur schließt sich dem Charakter der Harzstädte an. 8. In Viersen (Rheinland) lagen die Verhältnisse ähnlich wie in Quedlinburg; eine Stadt von 23 000 Einwohnern, schuf sich eine Badeanstalt mit einem Kosten- aufwande von 250000 Mk., wovon 220000 Mk. einer Anleihe entnommen wurden. Der eingebaute Bauplatz wurde der Stadt geschenkt. Die Disposition des von Esser entworfenen Gebäudes ähnelt der des Stadtbades zu Dülken, ohne dessen Vollkommenheit in bezug auf Übersichtlichkeit und axiale Anordnung ganz zu er- reichen.2 (Vgl. die Grundrisse Bild 370.) An der Vorhalle im Erdgeschoß liegen Kasse und Wäscheausgabe, seitlich davon die Durchgänge zur Schwimmhalle, sowie drei Warteräume, von denen man links 5 Wannenbäder I. und II. Klasse für Männer, rechts 4 Wannenbäder I. und II. Klasse, ferner 5 Wannenbäder III. Klasse und 4 Brausebäder sämtlich für Frauen erreicht. Die Wannenbäder sind 2,90 zu 2,40 m groß und haben Kachelwannen, wie Bild 257 zeigte. Im Sockelgeschoß dient der Raum unter der Vorhalle als Wartezimmer und Auskleideraum für Schüler, mit dem 7 Wannenbäder für Männer und 19 Brausebäder (davon 16 für Schüler) ver- bunden sind, wie sie Bild 272 darstellt; die Zellen messen 2,40 m zu 1,10 m. Im rechten Flügel liegt die Waschküche mit Trocken- und Plättraum. Im Ober- geschoß des Vorderhauses ist eine Heilbad-Abteilung eingerichtet, deren Ruheraum L Nach: Veröff. d. Deutschen Gesellsch. f. Volksbäder II, S. 365. Berlin 1903. Hirschwald. 2 Nach Angaben des Verwalters Herrn Jungstand, von dem auch die Zeichnungen freundlichst überlassen wurden. 513 6 Plätze enthält; Dampf- und Heißluftbäder werden in Sitz- und Liegekästen (wie Bild 265 und 266) gegeben, medizinische Bäder in einer transportablen Wanne, elektrische Bäder in einem Kasten ähnlich Bild 277. Der Knet- und Duscheraum ist mit Vollbad und allerlei Duschen ausgestattet. Außerdem befinden sich im Obergeschoß noch die Wohnungen des Verwalters und Heizers. Der Schwimm- hallenbau enthält im Sockelgeschoß Trocknerei, Apparatenraum, Werkstatt, Kohlen- lager und Reserveräume. Das Schwimmbecken von Eisenbeton, im Wasser mit lichtblauen, darüber mit weißen Platten ausgelegt, ist 23 zu lim groß 0,80 bis 2,85 m tief und faßt 410 cbm Wasser; 8 Oberläufe, zugleich Spucklöcher, sorgen für Abfluß der obersten Wasserschicht. Es hat zu beiden Langseiten unten 40 Aus- kleidezellen und 64 offene Auskleideplätze über dem Reinigungsraum mit 12 Fuß- becken und 6 Brausen; links seitwärts befindet sich eine Zelle mit Bidet und Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. qq 514 Brause für Frauen. Den Aufbau und die Raumgestaltung des Gebäudes zeigen die Durchschnitte Bild 371; eine Ansicht der Schwimmhalle gibt Bild 372 (nach einer Aufnahme von H. Schaffstädt). Das in Höhe des Sockelgeschosses angebaute Kesselhaus enthält zwei Ein- flammrohrkessel von je 50 qm Heizfläche für 5 Atm. Betriebsdruck. Zur Wasserversorgung dienen zwei Brunnen, aus denen zwei Pulsometer das Wasser in ein Kaltwasserreservoir von 8 cbm Inhalt drücken, das zur Sicherheit noch aus der städtischen Wasserleitung gefüllt werden kann. Ein Gegenstrom- 515 apparat für stündlich 800000 W. E. erwärmt das Wasser bis 45°; der Überschuß des Warmwassers über den normalen Bedarf steigt in ein Reservoir von 6 cbm In- halt, während bei Füllung des Schwimmbeckens alles den Gegenstromapparat pas- sierende Wasser direkt einfließt. Die Umwälzung im Bassin besorgt eine vierfach wirkende Dampfpumpe, deren Abdampf zur Vorwärmung ausgenutzt wird, und deren Saugleitung einen Abzweig nach dem Brunnen erhalten hat; dies ermöglicht es, die Umwälzpumpe zur Füllung des Schwimmbeckens heranzuziehen, wodurch die Füllungsdauer abgekürzt wird. — Die Heizung erfolgt durch Radiatoren; für die Schwimmhalle ist Dampfluftheizung mit Dampf von 2 Atm. ein- gerichtet. — Die Wäschereimaschinen werden durch einen 4 PS- Elektromotor angetrieben; zum Trocknen der Wäsche dient ein Kulissenapparat, zum Trocknen Bild 372. Städtische Badeanstalt in Viersen. der Matten eine besondere Kammer. (Zu deren Ausrüstung vergl. Zeitschr. „Das Bad« Jahrg. 1906, No. 10, Breslau 1906, Wilh. Gottl. Korn.) Die Anstalt wird in ihren Einrichtungen noch vervollständigt durch ein kleines Luft- und Sonnenbad, welches hinter der Schwimmhalle auf einer von Gärten mit alten Bäumen begrenzten Fläche von 30 zu 26 m angelegt und durch eine Ein- friedigung von Bimsteindielen zwischen T-Eisen, mit wildem Wein berankt, gegen den Einblick abgegrenzt ist. Zum Auskleiden ist eine offene, gedeckte Halle mit einfachen Bänken für 20 Personen errichtet. Rasenflächen, mit blühenden Sträu- chern und Gewächsen und mit Springbrunnen versehen, wechseln mit Sandplätzen ab, auf denen Turngeräte, Stäbe, Hanteln, Keulen, Gewichtsteine für körperliche Übungen sich finden, nach denen eine Brause zur Abkühlung genommen wird. Tische und Stühle sind über das Plätzchen verteilt, das in seiner idyllischen Ruhe einen anheimelnden Aufenthalt gewährt. (Vergl. das Wilhelmsbad in MagdeburgS.339.) 33* Untergeschoß. Bild 373. Stadt- Badehaus in Göttingen. Erdgeschoß. — 516 517 Das Bad entspricht ebenso großen Anforderungen wie den gehegten Erwar- tungen. Im Geschäftsjahr 1907,08 wurden 78005 Bäder gegeben, darunter 48 392 Schwimmbäder (rund 71 °/0 Männer und 29° 0 Frauen); im Durchschnitt wurden täglich 215 Bäder, im Maximum (25. Mai 1907) wurden 1119 Bäder an einem Tage genommen. Dessau (55000 Einwohner) hat im Frühjahr 1907 mit 170000 Mk. Kosten ein städtisches Bad eröffnet, in welchem das Schwimmbad wesentlich überwiegt; bei ca. 270 qm Wasserfläche und 500 cbm Inhalt zählt es zu den größesten in Deutsch- land. Zum Auskleiden dienen 40 Zellen und 108 Schrankplätze auf der Gallerie. Außerdem sind nur noch 16 Wannenbäder eingerichtet. Die maschinelle und badetechnische Einrichtung stammt von Boerner & Herzberg in Berlin. Näheres Bild 374. Stadt- Badehaus in Göttingen. Schnitt durch Haupteingang und Schwimmhalle. siehe in Veröff. d. Deutsch. Gesellsch. f. Volksbäder, Bd. IV, S. 341, Berlin 1907, Hirsch wald. Aus der nicht mehr kurzen Reihe der städtischen Badeanstalten verdient noch besonders hervorgehoben zu werden das Stadt-Badehaus in Göttingen, das nach den Entwürfen und unter der Oberleitung des Stadtbaumeisters Jenner1 mit einem Aufwande von 318000 Mk. erbaut, am 21. Februar 1906 in Betrieb genommen wurde. Aus städtischen Mitteln und auf städtischem Grund und Boden errichtet, enthält das Gebäude alle Arten von Bädern, eine Schwimmhalle, Wannenbäder in drei Klassen, Kohlen- 1 Der Architekt, dem wir die Angaben und die Abbildungen über den Bau verdanken, hat darüber berichtet in der Hannov. Zeitschr. f. Arch. u. Ingenieurwesen 1906, S. 257, Wiesbaden. C. W. Kreidels Verlag. — 518 sälircbädcr, Brausebäder, Schwitzbäder und ein Hundebad; auf die Möglichkeit der Erweiterung durch ein Frauenschwimmbad wurde absichtlich verzichtet mit Rücksicht auf voraussichtlich geringen Besuch. Bild 373 gibt die Grundrisse. Der Verkehr konzentriert sich in der im Erdgeschoß belegenen achtseitigen Halle; links schließt sich ein Warteraum, rechts die Haupttreppe an und zwischen beiden liegt, an der Kasse (zugleich Wäschedepot) vorüber, der Eingang zur Schwimmhalle. Im Erdgeschoß sind links 7 Wannenbäder I. und II. Klasse für Frauen, rechts 2 Kohlensäurebäder und das Dampf- und Heißluftbad hinter dem großen Ruheraum mit 15 Kojen angeordnet. Im ersten Obergeschoß auf der rechten Seite des Hauses befinden sich 10 Wannenbäder für Männer und ein Salonbad; über dem Haupteingang liegt ein Geschäftszimmer, über dem Warte- raum ein Inhalationszimmer. Im übrigen ist das Geschoß noch nicht ausgebaut, 519 vielmehr soll der Raum über den Frauenbädern und über dem Schwitzbad für spätere Vermehrung der Wannenbäder, Einrichtung eines Lichtbades, eines medico-mechanischen Institutes und dergl. reserviert bleiben. Im zweiten Oberge- schoß ist ein Beratungszimmer der Verwaltung (gleichzeitig Vorratsraum), die Woh- nung des Verwalters und ein Zimmer für den Heizer eingerichtet. Im Unter- geschoß liegen links für Frauen 6 Wannenbäder III. Klasse und 2 Brause- bäder mit besonderem Zugang und Warteraum, rechts für Männer 5 Wannen- bäder III. Klasse und 6 Brausebäder nebst Wartezimmer, ferner unter den Schwitzbädern die Wäscherei nebst Trocknerei mit 6 Kulissen. Den Aufbau Bild 376. Stadt- Badehaus in Göttingen. Auskleideplätze in der Schwimmhalle. verdeutlicht der Schnitt Bild 374. Der Mittelflügel enthält die Schwimmhalle. Das Bassin, dessen Konstruktion in Eisenbeton Bild 239 zeigt, ist 19,5 m lang, 8,65 m breit, 0,90 bis 3,0 m tief und faßt ca. 325 cbm Wasser; der innere Um- gang ist infolge Vorkragung des Bassinrandes 1,30 m, der äußere 1,17 m breit. 32 unten gelegene Auskleidezellen sind 1,53 m tief. Auf den Längsseiten der Halle sind nach Bild 375 Gallerien um 70 cm vorgekragt und daselbst an den Außen- wänden 64 offene Auskleideplätze eingebaut. Bekleidet steigt man zu diesen auf der Treppe gegenüber der Kasse vom Stiefelgange aus hinauf, während man un- bekleidet auf den beiden hinteren Treppen abwärts in die Reinigungsräume mit 10 Brausen, 12 Fußbecken und rechts 2 Zellen mit Bidets erreicht, zwischen denen eine Wärmekammer liegt. Die Auskleideplätze der Gallerie sind in Bild 376 520 dargestellt1 und bestehen aus einer Bank mit Klappdeckel für Stiefel, darüber ein Kleiderschrank; in beiden befinden sich Heizrohrzüge, welche die von den Fenstern herabfallende kalte Luft abfangen sollen, aber auch eine Lüftung der Schränke und Trocknung der Kleider bewirken, weshalb Gitterfüllungen in die Tür und darüber eingesetzt sind. Diese äußerst zweckmäßige Einrichtung verdiente weiteste Ver- breitung. Bild 377. Stadt- Badehaus in Göttingen. Brausezelle. Die Wannenbäder unterscheiden sieh nach drei Klassen dürch die Ausstattung und Einrichtung; letztere besteht in der III. Klasse nur aus Stuhl, Hocker, Wand- bört, vier Kleiderhaken und Holzmatte; es fehlt über der Wanne die Brause, die in I. und 11. Klasse angebracht ist. Die Wannen sind überall versenkte Fliesen- wannen. — Die Brausezellen (vergl. Bild 377) sind durch Wände aus beidseitig 1 Nach Zeitschr. d. Hannov. Arch.- u. Ing.-Vereins 1896, S. 271. Wiesbaden. C. V. Kreidels Verlag. 521 glasierten Steinen abgeteilt und durch einen Vorhang geschlossen; die in den Terrazzoboden eingesenkte Fußwanne von 0,51 zu 0,57 m Größe ist nur 8 cm tief. — Die Schwitzbäder haben einen Ruheraum mit neun abgeteilten Kojen und sechs frei aufgestellten Ruhebetten und drei Sesseln und setzen sich aus einem großen Duscheraum mit Vollbad, Dampf-, Warmluft-, Heißluft-, Knet- und Ab- trockenraum zusammen. Der Inhalationsraum ist für Gesellschafts-Inhalation nach System Wasmuth eingerichtet. — Das Hundebad, nur vom Hofe aus zugänglich, hat nur einen Badebehälter, im übrigen die übliche Einrichtung in zwei Räumen. — Neben den Frauenbädern befindet sich auf dem Hofe ein bedeckter Stand für Fahrräder. — Die Wäscherei hat maschinellen Betrieb durch eine eigene Dampfmaschine und kann täglich 250 kg fertige Wäsche liefern. — Werkstatt, Trockenraum für Matten, Lagerräume u. s. w. sind in den Umgängen des Schwimm- beckens untergebracht. Die maschinelle und badetechnische Einrichtung, Heizung und Lüftung stammt von F. Mieddelmann & Sohn in Barmen. Den erforderlichen Dampf entwickeln 2 Kessel von 40 und 70 qm Heizfläche für 6 Atm. Betriebsdruck. Das Wasser wird lediglich der städtischen Trinkwasserleitung entnommen und durch Gegenstromapparate nur bis auf 40° erwärmt, weil es sehr hart ist. Zur Füllung des Schwimmbeckens fließt es direkt ein; für den übrigen Bedarf ist ein Ausgleichs- reservoir angeordnet, das mit dem Kaltwasserreservoir in gleicher Höhe steht, daher beide den gleichen Druck in den Leitungen bewirken. Zur Umwälzung des Schwimmbades dient eine Pumpe. Die Kondenswassergrube ist auf dem Hofe an- gelegt neben einem Reservoir zur Sammlung des Regenwassers von allen Dächern der Anstalt. Die Heizung erfolgt mit Niederdruckdampf, und zwar in der Schwimm- halle durch Rohrzüge (unten und oben), sonst in Einzelheizkörpern (Radiatoren);, zur Lüftung wird die Frischluft in den Heizkammern durch Hochdruckdampf von 3 Atm. vorgewärmt. Der in allen Teilen wohldurchdachte Bau ist mit Rücksicht auf seine Lage im Äußeren sehr einfach gehalten, im Innern jedoch bis ins kleinste künstlerisch durchgebildet, was in bezug auf die farbige Ausstattung besonders gut gelungen ist. Eine ebenso eigenartige wie schöne Lösung der Aufgabe hat Prof. C. Hoch- eder in dem Bau des Hallenschwimmbades zu Hermannstadt gefunden; die Bilder 378 geben die Grundrisse davon nach freundlichst überlassenen Druck- sachen von H. Recknagel in München, der die technische Einrichtung ausgeführt hat. Für eine mittlere Provinzialstadt bestimmt enthält das Bad im Erdgeschoß auf der linken Seite ein Schwimmbad von 21,0 zu 8,5 m Wasserfläche mit 16 Auskleidezellen unten und 18 dergl. oben auf der Gallerie, wo noch an der Seite ein offener Auskleideraum angelegt ist, dessen Zugang die Haupttreppe ver- mittelt. Unter letzterem befindet sich der offene Reinigungsraum und eine Zelle mit Bidet für Frauen. Der innere Umgang des Schwimmbeckens liegt hier hinter den Wandpfeilern. Der Zugang zur Schwimmhalle erfolgt vom Hauptvestibul aus an der Haupttreppe, Kasse und Wäscheausgabe vorüber. Die rechte Seite füllt das Schwitzbad aus; der Ruheraum hat 23 Kojen, der Brauseraum zwei große Voll- bäder und die üblichen Brausen und Duschen; das Dampfbad ist mit einem Wasserturm überbaut. Sonst sind noch kleine Räume für einen Arzt, für Licht- 522 bäder und für den Friseur vorgesehen. Im ersten Stock, der nur einen Teil des Erdgeschosses bedeckt, befinden sich 10 Wannen- und 7 Brausebäder; durch Bild 378. Hallenschwimmbad zu Hermannsladt. die geräumige Vorhalle an der Treppe hat man die nötige Verbindung mit der Gallerie der Schwimmhalle, von wo an der hintereren Schmalseite derselben zwei Treppen für Unbekleidete hinabführen. Im Kellergeschoß liegt die ausgedehnte 523 Wäscherei, Trocknerei und Plätterei, ein Trockeraum für Matten neben dem Schwimm- becken, der Maschinenraum und eine Filteranlage zur Reinigung des Badewassers. O ol « V Id s r g « r} Cr a. c,*>« . m il i T T f y Bild 379. Volksbad an der Oderberger Straße in Berlin. In dem seitlich angebauten Kesselhause entwickeln zwei Einflammrohrkessel ver- schiedener Größe den erforderlichen Betriebsdampf. Die Stadt Berlin hatte bis zum Jahre 1904 nur fünf Badeanstalten mit 524 Schwimmhallen im Betriebe: das Bad an der Schillingsbrücke (seit 1893), an der Turmstraße in Moabit (seit 1 892), an der Baerwaldtstraße (seit 1901), an der Oder- bergerstraße (seit 1901) und an der Dennewitzstraße (seit 1901). Der beiden ersteren ist oben S. 470 bereits Erwähnung getan. Für die Bäder an der Schillings- brücke und an der Baerwaldtstraße sind wegen der bedeutenden Zunahme des Verkehrs im Jahre 1902/3 Erweiterungen nötig geworden, weil der Tagesdurch- schnitt 1398 bezw. 1579 Bäder betrug, wofür weder die Einrichtungen noch die Räume genügten. In den genannten fünf Anstalten badeten im Tagesdurchschnitt 6015, im Maximum (31. Mai 1902) 19977 Personen ! Trotzdem erforderten in 1902/3 diese Bäder einen Zuschuß von 137340 Mk.! Unter 100 Besuchern sind fast durch alle Jahre gleichmäßig 75 männliche und 25 weibliche, woraus sich ein Schluß auf die Größe der Bäderabteilungen für Männer und Frauen ziehen läßt. Die drei neuen Bäder haben eine gewisse Ähnlichkeit in der Grundrißanord- nung: der in der Mitte der schmalen Straßenfront liegende Eingang führt in der Hauptachse durch eine Vorhalle mit zwei seitlichen Haupttreppen auf die langge- streckte Schwimmhalle, zu deren Seiten in tiefen Flügeln die Brause- und Wannen- bäder untergebracht sind. Auf die Anlage von Schwitzbädern ist in diesen An- stalten grundsätzlich verzichtet worden. Schmale Höfe gestatten die Zufuhr von Licht und Luft in ausreichendem Maße zu allen Räumlichkeiten der Anstalt. Das Volksbad an der Oderberger Straße, dessen Grundriß Bild 3791 wiedergibt, hat in völlig symmetrischer Anordnung neben dem Eingang die Kasse und Hilfskasse, zwei Wartesäle für Männer und Frauen und zwei Treppen je mit beson- derem Eingang von den neben dem Gebäude liegenden Zufahrten; diese Treppen führen zu den in den oberen Geschossen angeordneten Dienstwohnungen einer be- nachbarten Schule. An der tiefen und schmalen Vorhalle, welche ins Schwimm- bad führt, liegen — wiederum symmetrisch — zwei Haupttreppen, zwei Wäsche- depots und zwei Räume für Bademeister. Die Bäder sind so verteilt, daß links 1 Nach Veröff. d. Deutschen Gesellsch. f. Volksbäder, Bd. I, Heft 5, S. 16. 525 I die Frauen, rechts die Männer baden, und daß im Erdgeschoß die Brausebäder (nebst vier Wannen), im ersten Stock die Wannenbäder liegen; auf der Männer- seite sind die Zellen zu beiden Seiten eines Mittelganges angeordnet, wodurch ‘die notwendige größere Anzahl von Zellen gewonnen wurde. Für die Schwimmhalle, deren bedeutende Raumentfaltung aus Bild 380 1 ersichtlich ist, sind an den Ecken vier Treppen angelegt. Zu beiden Seiten des Schwimmbeckens (23,50 m lang, 9,30 m breit und 0,80 bis 3,15 m tief, 430 cbm Inhalt) sind im Erdgeschoß Bild 381. Volksbad an der Baerwaldtstraße in Berlin. 36 Zellen, auf der Gallerie zwei lange Auskleideräume mit 120 Schrankplätzen angeordnet, hinter demselben die geschlossenen Reinigungsräume, links eine Trocken- kammer für Matten und der Wasserturm, rechts ein Geräteraum und das Kessel- haus. Die Anstalt ist ein Werk des Stadtbaurats Ludwig Hoffmann; die maschi- nelle und badetechnische Einrichtung hat die Firma Pflaum & Gerlach in Berlin- Schöneberg ausgeführt. Das Volksbad an der Baerwaldtstraße läßt, wie der Grundriß2 Bild 381 1 Nach: Hoffmann, Neubauten der Stadt Berlin. Bd. II, Taf. 42. Berlin-New-York 1903. Bruno Hessling. 2 Die zugehörigen Abbildungen von H. Schaffstädt-Gießen freundlichst überlassen. 526 Bild 382. Volksbad an der Baerwaldtstraße in Berlin. Schwimmhalle. Bild 383. Volksbad an der Baerwaldtstraße in Berlin. Apparatenraum. zeigt, zwischen Kasse und Bureau hindurch den Besucher in eine Vorhalle treten, von der man links in die Männer- rechts in die Frauenabteilung — jede mit 527 Wartesaal — kommt und geradeaus zwischen den beiden Haupttreppen in die Schwimmhalle gelangt, wo am Eingänge zwei Räume für Bademeister liegen. Im Erdgeschoß sind die Brausebäder, zu denen auf der Frauenseite 6 Wannen kommen, im ersten Stock neben den geräumigen Wartehallen nur Wannenbäder untergebracht, insgesamt 64 Wannen- und 68 Brausebäder, welche sämtlich zu beiden Seiten eines Mittelganges liegen. Im obersten Geschoß des straßenseitigen Bild 384. Volksbad an der Baerwaldtstraße in Berlin. Bauteils befinden sich drei Dienstwohnungen. Das Schwimmbecken ist nicht groß und mißt nur 20,60 zu 8,20 m; sein Wert beruht jedoch auf der großen Länge, die zum Schwimmen erwünscht ist; zu beiden Langseiten sind nur 20 Aus- kleidezellen eingebaut und, da dies nicht genügt, an der Giebelseite der Halle seit- wärts der Aborte noch 10 Zellen in zwei Räumen. Zur Reinigung vor dem Bade ist ein großer Raum für Erwachsene, ein kleiner für Kinder vorgesehen, deren Einrichtung mit Fußbecken und Brausen Bild 244 veranschaulicht. Da die Reinigungsräume auch hier geschlossen sind, beeinträchtigen sie zwar nicht den Eindruck der Schwimmhalle, entbehren aber der übersichtlichen Beaufsichtigung 528 durch die Wärter. Die Gallerie ersteigen die Besucher bekleidet auf den Haupt- treppen, unbekleidet auf den Treppen am entgegengesetzten Ende der Halle und finden dort außer den offenen Gallerieplätzen noch einen Massenauskleideraum mit Schrankplätzen an den Wänden. Bild 382 gibt einen Einblick in die Schwimm- halle und ihre künstlerische Ausgestaltung. Unter den Brausebädern der Männer liegt im Kellergeschoß die maschinell betriebene Wäscherei, die Trocknerei, Roll- und Plättraum, Kammern für schmutzige Wäsche und Flickstube. Im erweiterten Hofe der Frauenseite befindet sich das Kesselhaus mit drei Zweiflammrohrkesseln und die Maschinenstube, zugleich Apparatenraum, dessen umfangreiche maschinelle Einrichtung, von H. Schaffstädt ausgeführt, Bild 383 erkennen läßt. Die Pumpen heben aus eigenen Brunnen das Wasser, das zunächst eine Enteisenungsanlage durchlaufen muß; außerdem besteht noch Verbindung mit der städtischen Wasser- leitung. Die Anstalt hat eine höchst bemerkenswerte architektonische Durchbildung erfahren, sowohl im Innern wie im Äußern; von der monumentalen Architektur, welche die Lage des Gebäudes an einer breiten, mit Bäumen geschmückten Prome- nadenstraße wünschenswert erscheinen ließ, gibt Bild 384 eine Vorstellung. Das Volksbad an der Dennewitzstraße in Berlin, wie die beiden vor- genannten Beispiele ebenfalls von Ludwig Hoffmann erbaut, mußte sich damit ab- finden, daß der mit der Schmalseite an der Straße belegene Teil des Bauplatzes unter die elektrische Hochbahn fällt, deren Höhenlage für die Höhe des Erdge- schosses maßgebend war; vergl. Bild 385. 1 Die Eingänge, für Frauen und Männer getrennt, führen an der zwischen beiden liegenden Kasse vorüber in die zwei- schiffige Vorhalle, aus der man links zu dem Warteraum, der Haupttreppe und den Bädern der Männer, rechts zu denselben Räumen der Frauen und in der Mitte unmittelbar zur Schwimmhalle gelangt. Der bis an die beiden Haupttreppen reichende Vorderbau bildet den Viadukt der zweigleisigen Hochbahn. Im Erdge- schoß sind in beiden Abteilungen Brause- und Wannenbäder, im Obergeschoß nur Wannenbäder untergebracht mit Ausnahme des seitlichen Flügelbaues, der Brause- bäder enthält. Da die Einzelbäder wegen Knappheit des Bauplatzes an den hoch- ragenden Schwimmhallenbau geschoben, und zur Gewinnung der nötigen Anzahl zu beiden Seiten eines Mittelganges gruppiert werden mußten, konnte die Tages- beleuchtung nicht so vollkommen ausfallen wie in den beiden vorigen Bädern. — Die Schwimmhalle enthält unter mächtigem Tonnengewölbe das Schwimmbecken von 22,50 zu 8,80 m Größe und 1,0 bis 3,20 m Tiefe; mit graugrünlichen Platten ausgekleidet, verleiht es dem Wasser eine prächtige Farbe, an welche die übrige Ausstattung des Raumes anklingt. Zwischen den beiden Umgängen liegen an den Langseiten der Halle 36 Auskleidezellen und vor der Mitte der Zellenreihen je eine Treppe zu den Gallerien, auf denen 108 offene Plätze mit Schrank eingebaut sind. Die beiden vorderen Haupttreppen münden auf eine Zuschauertribüne für Besucher von Schwimmfesten; an der hinteren Schmalseite der Halle liegen unten zwei geschlossene Reinigungsräume und Aborte, die oben nicht mehr überbaut sind. Bild 386 zeigt den Längsschnitt2 durch die Vorräume und durch die 1 Nach Hoffmann, Neubauten der Stadt Berlin, Bd. II, A IV. 2 Nach Hoffmann, a. a. O. Bd. II, Taf. 12. 529 Schwimmhalle. Das Kellergeschoß hat die Wäscherei, Trocknerei und die sonstigen Betriebsräume aufgenommen. Die genannten Badeanstalten Berlins enthalten sämtlich nur eine Schwimm- halle, die abwechselnd von Männern und Frauen benutzt wird und im Verhältnis zu dem Umfang des ganzen Bades nicht gerade groß zu nennen ist; erst die sechste Volksbadeanstalt der Residenz (auf dem Wedding) erhält neben dem Schwimm- bad für Männer auch eines für Frauen, jedoch nur mit ca. 210 qm Wasserfläche, obwohl der ganze Bau auf 1 500000 Mk. veranschlagt ist. Weit kleinere Städte, Provinzialstädte von weniger als 100000 Einwohnern haben Badeanstalten mit zwei Schwimmhallen errichtet, oder ihren Bau von vorn- Schleyer-Osthoff , Bäder ünd Badeanstalten. 34 530 herein so disponiert, daß eine zweite Schwimmhalle nachträglich angebaut werden kann. Zu den letzteren Städten gehört Colmar i. E. (28000 Einwohner), dessen städtisches Bad 1906 in Betrieb kam. Wie der von H. Schaffstädt mitgeteilte Grundriß (Bild 387) zeigt, ist hier Bild 387. Städtisches Schwimm- und Volksbad in Colmar i. E. eine streng symmetrische Anlage geplant, welche in der Mitte das Vestibül mit Kasse, Wäscheausgabe und Treppen, rechts die Frauen- und links die Männerab- teilung enthält, und zwar im Erdgeschoß Wannen-, im Untergeschoß Brausebäder nebst einigen Wannen. Die Männerschwimmhalle ist ausgeführt, die Frauenschwimm- halle von gleicher Größe projektiert; zwischen beiden liegen, durch einen Lichthof vom Vorderbau getrennt, die Schwitzbäder nebst Licht- und Medizinalbädern. Für das angehängte Kesselhaus besteht die Möglichkeit der Vergrößerung. In Hildesheim (43000 Einwohner) hat die Aktiengesellschaft »Hildes- heimer Badehallen" das bei der ursprünglichen Anlage 1886 erbaute Schwimmbad den Frauen überwiesen und 1901 ein größeres Männerschwimmbad hinzugefügt. Bild 388 gibt den Grundriß der ersten Anlage. Bild 388. Hildesheimer Badehallen. (Erste Anlage.) A A' ev. Vergrößerung, ß Schwimmbassin. C C’ Medizinalbäder. D Wannenbäder für Damen. D' Wannenbäder für Herren. E Wäscheraum. F Wartezimmer für Damen bezw. für Herren. G Kasse. H Wäscheausgabe. / Ruhe- betten. K Vorwäscheraum. L Kalte Dusche. L' Warme Dusche. M Dampfbad. N Kesselhaus. O Pulsometer. P Zisterne. Unter den Städten, welche in jüngster Zeit Badeanstalten mit zwei Schwimm- hallen, Wannen-, Schwitz- und Brausebädern errichtet haben, sind zu nennen: Duisburg, wo 1898 Quedenfeld mit 380000 Mk., Gelsenkirchen, wo 1904 Gen- schel mit 600000 Mk-, Bonn, wo 1906 Schultze mit 638000 Mk., Augsburg, wo 1903 Steinhäußer das Forstersche Volksbad, Heidelberg, wo 1908 Kuhn das Hallen- schwimmbad und Straßburg i. E., wo gleichfalls 1908 Beblo die städtische Bade- anstalt vollendet hat. Über das Hallenschwimmbad in Heidelberg hat der Erbauer ausführlich und unter Beigabe zahlreicher Abbildungen, welche die anmutende, behagliche Schön- heit des Baues ersichtlich machen, in der Deutschen Bauzeitung Jahrg. 1908, No. 46 berichtet. 34* 532 Bild 389, Forstersches Schwimm- und Volksbad in Augsburg. 533 Von der städtischen Anstalt » Forstersches Schwimm- und Volksbad in Augsburg“, deren Entstehung einer hochherzigen Stiftung der Familie Förster verdankt wird, stellt Bild 389 die Grundrisse dar. Es enthält zwei Schwimmbäder mit Zubehör, 34 Wannenbäder, ein Heißluft- und Dampfbad und Bild 390. Forstersches Schwimm- und Volksbad in Augsburg. ein Hundebad; Brausebäder sind nicht aufgenommen, weil für solche in der Stadt anderweitig genügend gesorgt ist. Man betritt das Gebäude im Untergeschoß, wo von der Vorhalle (mit Kasse und Wäscheausgabe) aus durch einen Warteraum 21 Wannenbäder zu erreichen sind, welche zum Teil in dem breiten Umgang um das Frauenschwimmbad liegen. Im übrigen enthält das Untergeschoß die große Wäscherei und Trocknerei, die Anlagen für Heizung und Lüftung, das Kesselhaus, 534 den Maschinen- und Apparatenraum, und mit besonderem Eingang vom Vorhof her das mit Schwimmbecken versehene Hundebad. Von der Vorhalle aus steigt man auf der im Turm liegenden Treppe zur Frauenabteilung mit Warteraum und 13 Wannenbädern auf der einen und der Schwimmhalle auf der anderen Seite, ferner auf einer zweiten Treppe zum Männerschwimmbad und zu den zwischen beiden Schwimmhallen eingebauten Schwitzbädern. Das Schwimmbassin für Männer ist 24,4 zu 12,0 m groß und 0,90 bis 3 m tief, hat 92 Auskleidezellen in zwei Geschossen, zwei Reinigungsräume mit 16 Fuß- Bild 391. Forstersches Schwimm- und Volksbad in Augsburg. Duschenraum. becken und 14 Brausen und darüber einen Massenauskleideraum; es ist mit Tonnen- gewölbe überdeckt, in welches für die hohen Seitenlichtfenster Stichkappen und Oberlichter einschneiden, und ebenso reich wie schön und solide ausgestattet. — Das Schwimmbecken für Frauen ist 17,0 zu 8,0 m groß und 0,90 bis 2,80 m tief, hat 64 Auskleidezellen in zwei Geschossen, einen Reinigungsraum mit sechs Fuß- becken und sechs Brausen, sowie zwei Zellen mit Bidets, darüber einen Massen- auskleideraum. Bild 390 gibt einen Blick durch die Frauenschwimmhalle auf den Reinigungsraum hin. — In beiden Schwimmhallen ist nur je eine Treppe für Be- kleidete und Unbekleidete angelegt. — Die Wannenbäder haben die übliche Ein- richtung mit Fliesenwannen. — Im Schwitzbad hat der durch Oberlicht erhellte Duschenraum mit zwei Vollbädern eine interessante Ausbildung erfahren, welche 535 Bild 391 zeigt. — Die Wäscherei ist auf maschinellen Betrieb eingerichtet. — Die Kessel- und Maschinenanlage, die badetechnische Einrichtung und die Anlagen für Heizung und Lüftung sind von H. Schaffstädt ausgeführt, dem wir die Abbildungen verdanken; an dem Bau, der ein Werk des Stadtbaurats Steinhäußer ist, wird die harmonische Durchbildung in allen Teilen rühmlichst anerkannt. II. Bäder ohne Schwimmhallen. Obwohl nicht zu bezweifeln ist, daß im Bade den höchsten körperlichen Nutzen und den höchsten Genuß das Schwimmen gewährt, obwohl unter allen „ Bädern die Schwimmbäder, wenn sie zu haben sind, erfahrungsmäßig am meisten begehrt werden, und obwohl die Erfahrung gelehrt hat, daß selbst kleine Städte von kaum 10000 Einwohnern bei richtigem Vorgehen und guter technischer Ein- richtung eine Badeanstalt mit Schwimmhalle bauen und im Betriebe erhalten können, so kommen doch Fälle vor — und unter diesen zählen alle noch kleineren Städte — in denen man gezwungen ist, mit einem Bade bescheidenen Umfanges anzufangen und zunächst mit Wannen- und Brausebädern vorlieb zu nehmen, wenn auch der spätere Anbau einer Schwimmhalle von vornherein im Projekt immer vorgesehen werden sollte. Andererseits sind dergleichen Badeanstalten neben den Hallenschwimmbädern aber auch eine Notwendigkeit in Großstädten. Ob dabei die Zahl der Wannen überwiegen, oder ob eine kleine Anzahl von Wannen nur ein Brausebad vervollständigen soll, hängt von der Badegewohnheit des Publikums und von anderen örtlichen Umständen ab. Außer den Anstalten mit Wannen- und Brausebädern werden auch reine Brausebäder gebaut, und von beiden Arten haben sich bereits typische Formen herausgebildet. Unter den folgenden Beispielen zeigen einzelne jedoch insofern mehr oder weniger Abweichung von dem Typus des vereinfachten Volksbades, als sie mit anderen Anlagen, welche eine Stadtverwaltung zu schaffen pflegt, in Verbindung gebracht sind, teils um Baukosten, teils um Betriebskosten zu sparen, oder welche das Ganze sonst wie rentabler zu machen bestimmt sind. Letzteres ist am ein- fachsten: Kann das Bad auf dem Hinterland eines tiefen Grundstückes erbaut werden, so bietet die Straßenfront Gelegenheit, aus dem Bau eines Wohn- und Geschäftshauses gute Einnahmen zu erzielen. Ist das nicht angezeigt, so kann man eine Bibliothek, Lesehalle, Turnhalle, eine Feuerwehrstation, Räume für die Straßen- reinigung oder eine öffentliche Bedürfnisanstalt mit dem Bad verbinden und da- durch an Baukosten sparen. Wichtiger ist jedoch die Ersparnis an den fortlaufen- den Betriebskosten, die sich in vielen Fällen dadurch erzielen läßt, daß der Ab- dampf oder das Kondensations- oder Kühlwasser benachbarter Dampfmaschinen eines städtischen Elektrizitäts- oder Wasserwerkes oder einer Fabrikanlage, die Wärme einer Müllverbrennungsanlage für das Bad ausgenutzt wird. Ferner muß die Bade- anstalt für einen gewissen Höchstbesuch eingerichtet sein, der aber im Volksbad erfahrungsmäßig nur in den Abendstunden oder Sonnabends erreicht wird, weil im allgemeinen diejenigen Volksschichten, für welche dergl. Anstalten bestimmt sind, besonders deren Frauen, vormittags keine Zeit zum Baden haben. Deshalb werden während eines großen Teils des Tages die Arbeitskräfte des Personals und die / — 536 — Betriebseinrichtungen nicht ausgenutzt, aber trotzdem muß wegen einiger weniger Besucher der Betrieb aufrecht erhalten werden, und darin liegt vielfach der Grund des wirtschaftlichen Mißerfolges bei Volksbädern. Zwar kann man bis zu einem gewissen Grade die entwickelte Wärme in Warmwasser aufspeichern, aber die Anlage arbeitet ökonomischer, wenn die überschüssige Wärme anderen Räumlichkeiten dienst- bar gemacht wird. Leihbibliotheken, Lesehallen, Turnhallen u. s. w. sind dafür, weil sie im Sommer keine Wärme gebrauchen , weniger geeignet als Volksküchen, Wasch- und Desinfektionsanstalten und Schulbäder, die denn auch in jüngster Zeit öfter in den Volksbäderbauten eine Stätte gefunden haben. Gerade die Schulbäder eignen sich dazu ganz besonders, weil sie auch in den Vormittagsstunden Winter und Sommer hindurch benutzt werden können, d. h. zu einer Zeit verhältnismäßiger Ruhe und geringer Inanspruchnahme der Betriebseinrichtungen in den meisten Bade- anstalten. a) Volksbäder mit Wannen und Brausen. 1. Die städtischen Wasch- und Badeanstalten in Metz.1 In Metz erinnern neben einigen kleineren zwei größere Anlagen daran, daß man in Frank- reich die Verbindung von Wasch- und Badeanstalt mehr liebt als bei uns und der einbringlicheren Waschabteilung den größeren Raumanteil überläßt. Bild 392 gibt den Schnitt und den Grundriß von der Wasch- und Badeanstalt an der Kapuzinerstraße, die im Jahre 1 867 eröffnet worden ist. Den Mittelbau nimmt überwiegend die Waschanstalt ein, während die Bäder bescheiden zur Seite gelegt sind; von einer gemeinschaftlichen Vorhalle, in welche der Kassenraum des Verwalters eingebaut ist, sind beide Abteilungen zugänglich. Die Waschanstalt enthält den Beuch- und Kesselraum (3), die Waschhalle (4) mit 192 Waschständen, jeder mit einem ovalen gußeisernen emaillierten Waschtrog von 70 zu 52 cm Größe bei 55 cm Tiefe ausgestattet, ferner zwei Kulissen-Trockenapparate (5, 6) mit Luftheizung, einen Raum (19) für Zentrifugen mit Handbetrieb und drei Aufenthaltsräume (21) für Waschfrauen. Zum Trocknen der Wäsche im Freien dienen die beiden kleinen Höfe (22), während über dem vorderen Mittelbau ein Trockenboden aufgebaut ist, dessen Wände in Holzjalousien aufgelöst sind. Im Keller befinden sich Kohlen- und Vorratsräume, sowie die Heizung der Trockenapparate. — Die Badeabteilung besteht aus je acht Wannenzellen nebst Warteraum und Abort für Männer und Frauen. — Endlich ist eine kleine Wohnung (8) des Wärters vorgesehen, dessen Frau die Besorgung der Badewäsche und die Bedienung in der Frauenabteilung obliegt. — Der meist eingeschossige Bau ist im wesentlichen durch Oberlicht, und zwar gut beleuchtet. Bild 393 stellt Schnitt und Grundrisse der Wasch- und Badeanstalt in der St. Avolder Straße dar, die 1870 eröffnet ward. Hier nimmt die Waschanstalt das ganze Erdgeschoß ein; Kessel und Heizung der Trockenapparate liegen im Keller, die Bäder im ersten Stock des Vordergebäudes, während die in 140 Wasch- stände (mit hölzernen Waschtrögen) zerlegte Waschhalle nur in der Mitte einen Aufbau trägt, welcher zwei Trockenböden übereinander enthält und so bemessen 1 Nach Osthoff. Bäder und Badeanstalten, S. 145. Leipzig, Karl Scholtze. — Zentralbl. d. Bauverwaltung 1886, S. 459 u. 464. Berlin, Ernst & Korn. 537 ist, daß seitlich noch Raum für die großen Oberlichter (12) verbleibt, die jedoch den Bau nicht so gut beleuchten wie im vorigen Beispiel. — Die Badeabteilung ist gänzlich verkümmert und besteht aus je acht Zellen mit Wannen für Frauen und Männer nebst Aborten; der Warteraum (9) liegt im Erdgeschoß neben der Treppe (8), die zu den Bädern hinaufführt. Bild 392. Wasch- und Badeanstalt in Metz (Grundriß). 1 Haupteingang. 2 Verwalter. 3 Beuchraum. 4 Waschhalle. 5. Trockenraum. 6 Trockenöfen. 7 Treppe zum Trockenspeicher über ab cd. 8 Dienstwohnung. 9 a Wartezimmer für Frauen. 9 b Wartezimmer für Männer. 12 Oberlicht. 13 u. 14 Vorplatz zu den Bädern. 15 Badezellen für Männer. 16 Badezellen für Frauen. 17 Beuch- bottich. 17 a Kessel. 18 Bottiche zum Wäschespülen. 19 Zentrifugen. 20 Kellertreppe. 21 Speisezimmer der Wasch- frauen. 22 Trockenraum im Freien. Über ab cd Trockenboden. Beide Anstalten haben Anschluß an die Wasserleitung und geben mittels Auslaufhahn nur kaltes Wasser in jeden Waschtrog; das warme Wasser wird aus besonderen Kesseln in Eimern herzugetragen und eimerweis bezahlt, ebenso die Lauge. Die Zentrifugen werden von Hand getrieben, die Trockenapparate mit Heißluft aus dem Keller geheizt. Die Wäsche hängt dabei über Messinghülsen, die verschiebbar auf fest gespannte Stahldrähte gezogen sind. Zieht man die 538 Hülsen aus dem Trockenraum hervor, so kann der Apparat beschickt werden; schiebt man sie mit der aufgehängten Wäsche zurück und schließt die in schmale Rahmen schlagenden, nur 10 cm breiten gußeisernen Türchen, welche 1,20 m hoch die Vorderwand bilden, so beginnt das Trocknen infolge der von unten ein- strömenden heißen Luft. — Der bemerkenswerte Reinertrag dieser Anstalt ergibt sich wohl ausschließlich aus dem Waschbetriebe; dem Badebedürfnis der Bevöl- ßild 393. Wasch- und Badeanstalt in Metz. 1 Eingang. 2 Verwalter. 3 Beuchraum. 4 Waschhalle. 5 Trockenraum. 6 Trockenöfen. 7 Treppe zum Trocken- speicher. 8 Treppe zu den Bädern. 9 Warteraum für Badende. 10 Trockenspeicher in zwei Geschossen. 10a Eisen- drähte zum Wäscheaufhängen. 11 Flur vor den Trockenräumen. 12 Oberlicht. 13 Vorplatz zu den Männerbädern. 14 Vorplatz zu den Frauenbädern. 15 Badezellen für Männer. 16 Badezellen für Frauen. 17 Beuchbottich. 18 Bottiche zum Wäschespülen. 19 Zentrifugen. 20 Kesselrohr aus dem Kellergeschoß. kerung genügen sie ganz und gar nicht und genügten sie niemals. Dennoch sind sie dadurch von Nutzen, daß sie den ärmeren Volksklassen die Besorgung der Wäsche aus den beengten Wohnungen entfernen und für wenig Geld dazu be- queme Einrichtungen bieten. — 539 — 2. Die Bade- und Waschanstalt in Augsbu rg,1 nach dem Entwurf von Grüner erbaut und 1879 eröffnet, dreht den deutschen Gepflogenheiten entsprechend das Verhältnis der Wasch- zur Badeabteilung um und rückt letztere in den Vorder- grund. Nach Bild 394 liegt in der Mitte des Hauptgebäudes das Vestibül mit der Kasse G, zwei Warteräumen F für Männer und Frauen und einer Treppe zu der im Oberstock befindlichen Wohnung des Verwalters. An den Mittelbau schließen sich zu beiden Seiten einstöckige Flügel an, welche für Frauen bezw. für Männer je 15 Wannenbäder enthalten, die durch 2 m hohe Holzwände abgetrennt sind. In jedem Flügel können wieder die sechs äußersten Zellen durch eine volle Glas- wand abgetrennt und im Winter außer Betrieb gesetzt werden, damit sich die übrigen desto besser heizen lassen. — An den Herrenflügel H stößt hinten die A Plätteraum. B Kesselhaus. C Trockenraum. D Waschhaus. E Frauenbäder. F F Wartezimmer. G Kasse. H Männerbäder. Waschanstalt an, welche in einem großen Raum mit 24 Waschständen eingerichtet ist; jeder Waschstand verfügt über drei Gefäße, davon zwei mit Dampf-, eines mit Kaltwasserzufluß versehen. Laugenfaß und Zentrifugen mit Handbetrieb vervoll- ständigen die Ausrüstung. Den Trockenraum C und der Roll- und Plättraum A sind in das anstoßende Kesselhaus B verlegt. — Die auf Erweiterung gebaute An- lage kostete ohne Grundstück, aber einschließlich der maschinellen und badetech- nischen Einrichtung sowie des Wäsche- und Möbelinventars 80000 Mk. 3. Das Bad am Praterstern in Wien2 wird hier genannt, weil es kein eigentliches Schwimmbad besitzt, obwohl es sonst ganz anderer Art ist. Die An- stalt, von welcher Bild 395 den Erdgeschoßgrundriß darstellt, wurde von Claus & Groß für eine Aktiengesellschaft mit einem Aufwand von etwa 2500000 Mk. erbaut 1 Journal für Gasbeleuchtung u. Wasserversorgung. Jahrg. 1879, S. 389. 2 Osthoff a. a. O. S. 158. — Allg. Bauzeitung S. 16. Wien, 1874. 540 und 1873 eröffnet; das Bad galt lange und mit Recht als das schönste und vor- nehmste in Wien wegen seiner großartigen Anlage, der Reichhaltigkeit seiner Dar- bietungen und wegen seiner reichen, prächtigen Ausstattung. Es bedeckt eine Fläche von beinahe 5000 qm! Der unregelmäßige Bauplatz bot den Architekten erhebliche Schwierigkeiten, deren Lösung zum Teil nur durch reichliche Anordnung von Oberlicht möglich war. Im wesentlichen für Schwitzbäder bestimmt, enthält die Anlage ein Herrenbad für ca. 400 und ein Damenbad für ca. 200 Personen, beide durch den an der kurzen Straßenfront belegenen gemeinschaftlichen Eingang zugänglich. An der langen Straßenseite befindet sich das Herrenbad, das man durch das zugleich als Frisiersalon dienende Foyer (6) betritt; hieran schließen sich die auf zwei Geschosse verteilten Auskleidekojen (15) und auf der anderen Seite des langen Korridors die Dampf- und Heißluftbäder mit den nötigen — hier recht großen — Bassins, Knet- und Abtrockenraum, Haarschneide-, Rasier- und Fußbe- Bild 395. Römisches Bad in Wien. A Kohlen. B Kesselhaus. C Verbindungsgang. D Maschinenstube. E Auskleidezellen für Damen. E Brunnen. O Abtrocknungsraum für Damen. H Mutterdusche. / Warme Luftbäder für Damen. V Frottierstube für Damen. K Warmes Damenbad. L Dampfbad für Damen. M Dampfbad für Herren. N Frisiersalon für Damen. O Lau. P Kalt. Q Lichthof. R Maschinen. S Rollkammer. T Aufzug. U Wäscherei für Bad und Hotels. V Duschensaal für Herren. W Haarschneidestube. X Pläsier. Y Rasierstube. Z Passage. 1 Laues Bassin. 2 Kaltes Bassin. 3 Frottierstube. 4 Warme Luftbäder für Herren. 5 Warmes Herrenbad. 6 Frisiersalon für Herren. 7 Vorsaal. 8 Haupttreppe. 9 Portier. 10 Ordination. 11 Kasse. 12 Vestibül. 13 Kaffee- Restaurant. 14 Abort. 15 Zellen für Herren. 16 Fußbehandlung. 17 Abtrocknung für Herren. 18 Besondere Dampf- und Wannenbäder. 19 Korridor. handlungskabinett. — Hinter dem Herrenbad liegt das ähnlich, aber in kleineren Verhältnissen gestaltete Damenbad, und wiederum hinter diesem das Kessel- und Maschinenhaus nebst Wäscherei, letztere nur für den eigenen Bedarf der Anstalt eingerichtet. — Außerdem besteht noch eine separate Kurabteilung mit Dampf- und Wannenbädern für Gäste, welche sogar im Hause selbst (in den oberen Ge- schossen) Wohnung finden, woselbst noch Mietswohnungen zur Erhöhung der Rentabilität angelegt sind. Neben dem Eingang ist endlich noch ein Kaffeerestaurant vorgesehen, das auch fremdem Publikum offen steht. — Den hohen Bau- und Ein- richtungskosten entsprechend mußten auch die Preise der Bäder recht hoch werden; deshalb konnte es nicht ausbleiben, daß das Bad ein Luxusbad wurde, weit ent- 541 fernt, im Dienste und zur Förderung der Volkswohlfahrt ein Bad für die unteren Volksklassen zu sein, die es dringend bedurften. KEssÄtmxrs; Wäscherei. HEISSE LUFT. WARME WEH KSTA'I SOU CHE VJiD MASSAGE VERANDA I VORRATS' RUHERAUN. WARTESAAL. MEDIGIN.I ADER VOLKSBAD IN ANKLAM. DAMPF LUFT. BAD RAUM WÄSCHE- ' DEPOT. STUBE KUCKE KA STUBE WARTEZ . UNTERGESCHOSS. Tf'.S'. Bild 396. Volksbad in Anklam. 4. Beispiel Das Volksbad in Anklam (ca. 14500 Einwohner)' ist ein typisches für die Einrichtung von Warmbädern in einer Provinzialstadt, wenn 4° Bild 397. Volksbad in Anklam. 542 auf die Anlage eines Schwimmbades verzichtet werden muß. Bild 396 zeigt die Grundrisse, Bild 397 den Querschnitt. Zwischen der Demminer Straße und dem Peenefluß auf einem 1,5 m tiefer als die Straße liegenden Wiesengrund im Jahre 1895 aus städtischen Mitteln erbaut, enthält das Gebäude im Untergeschoß, das rechts einen besonderen Zugang hat, ein Brausebad von acht Zellen nebst Wartezimmer und Aborten, die Wohnung des Bademeisters, Kessel- und Maschinen- haus, eine Dampfwäscherei sowie Vorrats- und Lagerräume. Im Obergeschoß, welches von der Straße aus mittels zweier überdeckter Freitreppen (s. Bild 398) zugänglich ist, befindet sich rechts die Herrenabteilung mit 3 Wannen 1. Klasse, 5 Wannen II. Klasse und im vorderen Eckpavillon 2 Zellen für medizinische Bäder, links die Damenabteilung mit 3 Wannen I. Klasse, 4 Wannen II. Klasse, Bild 398. Volksbad in Anklam. Hauptfront. Aborten und einem Warte- und Erfrischungssaal, der mit einer offenen Veranda Verbindung hat. Zwischen beiden liegt ein Dampf- und Luftbad, welches ab- wechselnd von Damen oder Herren benutzt und deshalb von der einen oder anderen Seite zugänglich gemacht werden kann. Von dem Ruhe- und Aus- kleideraum gelangt man in den durch Oberlicht erhellten Dusche- und Knet- raum, an den sich ein größeres Vollbad (vergl. Bild 399) in der Nische an- schließt; von hier aus sind das russische Dampfbad und das römisch-irische Warm- und Heißluftbad zugänglich. Aus den beiderseits angeordneten Wäsche- ausgaben wird die gebrauchte Wäsche durch Abwürfe direkt in das Untergeschoß zur Waschanstalt befördert. — Die maschinelle Einrichtung besteht aus zwei Röhren- kesseln mit Feuerbüchse von je 24,5 qm Fleizfläche für 5 Atm. Betriebsdruck und einer Dampfmaschine, welche das Wasser, da eine städtische Wasserleitung noch nicht existiert, ohne Filter aus der Peene in ein im Dachgeschoß aufgestelltes Reservoir (aus dem auch das Wasser für Straßenbesprengung entnommen wird) 543 hinaufpumpt und außerdem einen Ventilator zur Versorgung der Räume mit vor- gewärmter frischer Luft antreibt. Das Warmwasser wird unter Ausnutzung des Ab- Bild 399. Volksbad in Anklam. Seitenansicht und Längsschnitt. dampfes in zwei Vorwärmern, welche unter dem Druck des Kaltwasserreservoirs stehen, auf 70° und 35° erwärmt; das wärmere dient zur Bereitung der Wannen- bäder und für die Wäscherei, das weniger warme fließt zu den Brausen. — Das römisch-irische Bad besitzt Luftheizung, die übrigen Räume Dampfheizung mit frei- 544 stehenden Radiatoren und Dampf von 2 — 3 Atm. Spannung. Die Bademeister- wohnung hat Ofenheizung erhalten. — Die Architektur schließt sich (s. Bild 400) den örtlichen Vorbildern mittelalterlichen Ziegelbaues an. Trotz einfacher, aber solider Ausstattung des Gebäudes haben die Kosten wegen sehr schlechten Bau- grundes, der eine Fundierung mit liegendem Rost erforderte, und wegen umfang- reicher Einfriedigungen gegen 100000 Mk. betragen. Projekt und Ausführung lag in der Hand des damaligen Stadtbauinspektors Frobenius in Berlin, dem wir die Abbildungen verdanken. Die Entwickelung des Bades hat den Erwartungen nicht ganz entsprochen; trotz billiger Bäderpreise sind im Jahre 1903 nur 20543 und im Jahre 1904 nur t Bild 400. Volksbad in Anklam. 21654 Bäder abgegeben, d. i. etwa 60 Bäder im täglichen Durchschnitt, was zur Deckung der Kosten nicht ausreicht und deshalb einen städtischen Zuschuß erfordert. Es ist indessen zu berücksichtigen, daß es am Orte ausgezeichnete Flußbäder gibt, die sich im Sommer großer Beliebtheit erfreuen. 5. Das Volksbad in Einbeck ist nach einem ähnlichen Programm erbaut wie das zu Anklam; es enthält Wannen-, Brause- und Schwitzbäder, aber kein Schwimmbad. Nach Bild 401 gelangt man über eine Freitreppe im Erdgeschoß zur Vorhalle mit Kasse und Wäscheausgabe, an der sich sofort die Geschlechter trennen und durch ihren Warteraum zu den Bädern kommen; auf der Männer- seite sind 5 Wannen- und 5 Brausezellen, bei den Frauen 4 Wannen- und 2 Brausezellen, dazu auf jeder Seite ein Abort. Die von beiden Seiten zugäng- liche, mit Oberlicht erhellte Treppe führt zu den im Obergeschoß angelegten Schwitzbädern und zur Wohnung des Bademeisters. Die Schwitzbäder bestehen 545 ‘ 1 ff |_ T 1 _ | V/ORf (1 [ 1 ^IMM? R Kuchc ■ 4 aus einem Auskleide- .und Ruheraum, einem Duscheraum (ohne Vollbad), einem Schwitz- und einem Dampfraum nebst Abort. In dem Schwitzraum (Warmluft) ist ein Kastenbad für Heißluft aufgestellt. Im Kellergeschoß befindet sich die Kesselanlage und die Wäscherei. Die badetechnische Einrichtung von H. Schaffstädt in Gießen besteht aus zwei Niederdruckdampfkesseln, die einzeln in Betrieb zu nehmen und mit je 25 qm Heizfläche so groß bemessen sind, daß eine Erweiterung des Bades ohne wei- teres möglich ist. Die Wasser- versorgung erfolgt durch die städtische Wasserleitung, die Warmwasserbereitung durch einen Gegenstromapparat, der stündlich 12 cbm Wasser von 10° auf 40° erwärmen kann und den Überschuß von warmem Wasser in ein Aus- gleichsreservoir strömen läßt; letzteres ist mit Wasserstands- zeiger für den Heizer aus- gerüstet. In den aus galvani- siertem Schmiedeeisen her- gestellten Rohrleitungen ist das Zirkulationsprinzip durch- geführt, so daß an allen Bade- zapfstellen sofort warmes Wasser ausfließt, das durch Zumischen von kaltem Was- ser vermittelst Mischventil auf die gewünschte Temperatur gebracht wird. Die Wäscherei ist bei der geringen Größe des Bades auf Handbetrieb eingerichtet und enthält zwei Einweichbottiche, ein Koch- faß, Hand waschgefäße, Trockenanlage mit fünf Kulissen und eigener Feuerluft- heizung, sowie eine Kastenmangel. — Die Heizung und Lüftung ist in einfachster Weise eingerichtet, letztere auf Temperaturdifferenz. Die Stadt Einbeck hat mit dieser Anlage für ihre 7900 Einwohner ein durchaus brauchbares Bad geschaffen. 6. Das Volksbad am Steffensweg in Bremen,1 von welchem Bild 402 Grundriß und Schnitte darstellt, ist wie die große Anstalt am Breitenweg durch den Verein für öffentliche Bäder errichtet und am 8. August 1899 eröffnet worden, als sich die Notwendigkeit ergab, der zahlreichen Arbeiterbevölkerung in der neuen Stadt- 1 Die Abbildungen und Angaben über dieses Bad sind uns vom Verein für öffentliche Bäder in Bremen für diese Veröffentlichung freundlichst mitgeteilt worden. Schleyer-Osthoff , Bäder und Badeanstalten. Bild 401. Volksbad in Einbeck. 35 546 gegend des Freihafengebietes eine angemessene Badegelegenheit zu gewähren. Der von den Architekten Gildemeister und Sunkel entworfene und von dem Ingenieur F. Neu- kirch badetechnisch eingerichtete Bau hat 198933,37 Mk., das Inventar 6681,37 Mk., zusammen 205 614,74 Mk. gekostet. Die ganze Summe ist von einer hochherzigen -U»i i . i — _* ■ ■ — — I 4— >■S>fc -^PoRTM UNP^— p3f\ ^ÄNNiK: 11 ^RAüSfeH, 6 . JÜR f^AUeH: *| » » , 5 * n . : 1*| ßRAOSeN, 44 \\/aMN£K. 4 0 4 1 * M 5 40 "M- M. Bild 407. Wäscherei, die durch einen breiten Lichtgraben an der rückwärtigen Adlerstraße ausreichend beleuchtet werden. Das Bad liegt im Erdgeschoß und zerfällt in eine Männerabteilung von 24 Brause- und 5 Wannenzellen und eine Frauenabteilung von 5 Brause- und 6 Wannenzellen, jede Abteilung mit Abort und Warteraum, 554 der von der anstoßenden Kasse aus zu übersehen ist. Das Tageslicht empfängt das Bad durch Sheddächer; für die Abendbeleuchtung ist elektrisches Licht ein- geführt. Zum Betriebe des Bades und der Heizung dient Niederdruckdampf; die 555 Wäscherei hat Handbetrieb. Die Wohnung des Wärters, der zugleich Heizer ist, befindet sich im Dachgeschoß des Vorderhauses. Die Kosten des Bades (ohne Vorderhaus) einschließlich aller Einrichtung betragen etwa 73000 Mk. Die ganze Anlage ist so klar disponiert, daß sie als ein Normalbeispiel bezeichnet und zur Nachachtung empfohlen werden könnte. OßZRGTSCHOSS. Bild 409. Volksbad Nord in Kiel. 11. Das Stadtbad II in Kre- feld ist eine gleichfalls sehr übersicht- liche Anlage, deren Grundrisse (nach H. Schaffstädt) in Bild 408 wieder- gegeben sind; der Bau steht von allen Seiten frei. Die beiden Abteilungen für Männer und Frauen haben gleich großen Raum und trennen sich von der Kasse ab im Vorraum, der zu den Wartezimmern führt. Für Männer sind 3 Wannen- und 12 Brausezellen, für Frauen 6 Wannen- und 8 Brause- zellen vorhanden, auf jeder Seite ein Abort. Das Kellergeschoß hat die Niederdruckdampfkesselanlage nebst Kohlenraum, die Wäscherei und Dampftrocknerei, in der eine Kastenmangel steht, aufgenommen; der übrige Kellerraum ist zu einem Schulbad des Kölner Systems verwendet, mit 10 Wannen- zellen, jede mit Brause eingerichtet, von dem später die Rede sein wird. — Das Wasser wird aus eigenen Brunnen mit elektrisch angetriebenen Pumpen entnommen und nach Schaffstädtschem System erwärmt; die Wäscherei wird gleichfalls elektrisch betrieben. Das Bad wurde im Jahre 1900 eröffnet; der Besuch entsprach anfänglich den ge- XZLLEK CZSCHOSS . A~tv u z: tv-S 'T R A s s £ ■ 556 hegten Erwartungen noch nicht ganz; vermutlich, weil die umwohnende Bevölkerung noch nicht genügend an das Baden gewöhnt war. Immerhin badeten im Monat September 1900 schon 6037 Personen, davon an einem Tage (Maximum) 138; aber das Bad bedurfte noch im Jahre 1906 eines Zuschusses von 6200 Mk. wie im Vorjahre. 12. Das Volksbad Nord in Kiel wurde seitens der städtischen Behörden beschlossen, nachdem man an dem zwei Jahre früher erbauten Volksbad Süd (an der Prene) seine Erfahrungen ge- sammelt hatte. Der Bauplatz liegt auf einem Dreieckzwischen Knooperweg und Annenstraße; das Gebäude steht auf allen Seiten frei und besitzt außer dem Kellergeschoß ein Erd-, Ober- und teilweis ausgebautes Dachgeschoß. Nach den Grund- rissen1 Bild 409 sind im Keller- geschoß die maschinell betrie- bene Wäscherei, die Kessel- und Heizanlage, die Kohlen- vorräte, ein Raum für den Heizer und der Keller (K) für die Wohnung des Bademeisters untergebracht. Das Erdgeschoß hat die Zugänge, die Kasse und das Männerbad mit lOWannen- und 20 Brausebädern nebst Zu- behör, das Obergeschoß, das ebenso ausgestattete Frauenbad mit 7 Wannen und 4 Brausen nebst Zubehör aufgenommen, dazu im Flügel über dem Männerbrausebad die Wohn- ung des Bademeisters. Män- ner- und Frauenbad haben getrennte Eingänge und Treppen; außerdem besteht noch eine weitere Treppe für den Verkehr des Personals von der Wäscherei zum Männerbad und ein Wäscheschacht. Das Gebäude ist, wie Bild 410 zeigt (An- sicht von der Annenstraße), innen und außen zwar sehr einfach, aber sehr solide und dauerhaft ausgeführt. Der ca. 30 m hohe Schornstein hat doppelte Wandung er- halten, um aus architektonischen Rücksichten eine größere Stärke zu gewinnen; der ringförmige Hohlraum dient zur Abführung der Abluft aus dem Erdgeschoß und erhält durch den inneren Rauchkanal einen erheblichen Auftrieb. Mit dem Bade ist ein kleines Stationshaus für die Straßenreinigung STR.R (Aufenthalts- Bild 410. Volksbad Nord in Kiel. 2 Freundlichst mitgeteilt vom Stadtbauinspektor Dr. Michel. 557 und Geräteraum für Angestellte) und eine öffentliche Bedürfnis- anstalt für Männer und Frauen (AF und AM, PI) mit Raum W für die Wärterin verbunden. Das Bad hat rund 140000 Mk. er- fordert, die beiden Anbauten ca. 5400 bezw. 6600 Mk. 13. Das Volksbad am Hakelwerk in Danzig* 1 ist mit einem Schulbad und einer Turn- halle zusammengelegt und stößt mit dem linksseitigen Giebel an ein Schulgebäude. Vergl. die Grundrisse Bild 411. Das Schul- bad liegt im Erdgeschoß und ist von den übrigen Räumen des Gebäudes völlig getrennt; der Zugang ist in die Durchfahrt verlegt. Das Erdgeschoß enthält weiter noch die Kesselanlage und die Wäscherei. Im I. Stock liegt das Volksbad, das man auf zwei nebeneinanderliegenden Treppen erreicht, auf deren Austrittspodest die Kasse und Wäscheausgabe sich befindet, so daß von dort aus die beiden Warteräume zu übersehen sind. Das Männerbad ist mit 3 Wannen und 22 Brausen, das Frauenbad mit 8 Wannen und 7 Brausen ausgerüstet, beide mit Aborten. Den II. Stock nimmt in ganzer Fläche eine Turnhalle von 22,24 zu 13,0 m Größe und 8,70 m Höhe ein; für sie ist auf dem Hofe eine eigene Treppe an- gebaut, welche oben noch ein kleines Zimmer mit Abort für den Turnlehrer und unten Aborte für <» 1 Die Abbildungen sind uns von der Deutschen Gesellsch. f. Volks- bäder freundlichst zur Verfügung ge- stellt. — Veröff. d. deutsch. Gesellsch. f. Volksbäder. III, S. 2. fcmlftui 1 I i I I ■ I I * ^ 1 l i I lj Bild 411. Städtisches Volksbad am Hakelwerk in Danzig. Bild 412. Ländliches Bad. Entwurf der deutschen Gesellschaft für Volksbäder. 558 das Schulbad aufgenommen hat. — Höchst einfach und zweckmäßig ist der bade- technische Teil eingerichtet: 2 Niederdruckdampf-Walzenkessel von 35 qm Heiz- fläche schaffen den Dampf, der in einem Schaffstädtschen Gegenstromapparat das warme Wasser bereitet; überschüssiges Warmwasser wird von dem oben über der Turnhallentreppe stehenden Ausgleichsreservoir von 5 cbm Inhalt aufgenommen. Die Wäscherei ist für Handbetrieb, die Dampftrocknerei mit einem Apparat von 559 5 Kulissen eingerichtet, die Rolle fehlt nicht. — Die Zellen der Wannenbäder sind 2,10 zu 2,0 groß und enthalten gußeiserne emaillierte Wannen; die Brausebäder messen 2,0 zu 1,0 m und haben die übliche Einrichtung mit kalten und warmen Brausen nebst Fußwannen. Die Trennungswände sind 2,15 m hoch in Monier- konstruktion ausgeführt. Die Heizung erfolgt mit Niederdruckdampf in glatten Radiatoren mit direkter Frischluftzufuhr von außen; die Abluft wird durch Aspira- tion hinausbefördert. — An Personal hat die ganze Anstalt 1 Heizer, 1 Bade- meister, 1 Badefrau, 2 Waschfrauen, 1 Kartenverkäuferin, welche vormittags noch im Schulbade das Baden der Mädchen beaufsichtigt. — Es kostet 1 Wannenbad 30 Pfg., 1 Brausebad 10 Pfg., beide mit Seife und Handtuch. — Die Kosten des von Stadtbaurat Fehlhaber errichteten Gebäudes betragen 121000 Mk., wovon auf das Schulbad und das Volksbad je 40000 Mk., auf die Turnhalle 41 000 Mk. kommen. 14. Die Stadt Danzig führt eine zweite Anlage ganz ähnlicher Kombination bei einer Schule in Neufahrwasser aus;1 dieselbe enthält ein Schulbad, ein öffent- liches Wannen- und Brausebad und eine Turnhalle. Im Erdgeschoß sind die Be- triebsräume, Kesselhaus, Wäscherei und Trocknerei u. s. w.; ein Warteraum für Schüler und eine Wohnung für den Schuldiener angeordnet, im I. Stock alle Bäder, und zwar das Schulbad (24 Brausen, 48 Auskleidezellen) mit eigener Treppe, das Volksbad mit 3 Wannen und 12 Brausen für Männer und 5 Wannen und 3 Brausen für Frauen, jede Abteilung mit eigener Treppe, Warteraum und Abort, endlich im II. Stock die Turnhalle mit Lehrerzimmer, Geräte-, Ankleiaeraum und Abort. — Ähnlich •f ist das Wannen- und Brausebad Niederstadt in Danzig mit Schulbad und Turnhalle. 15. Den Entwurf eines ländlichen Bades veröffentlicht die Deutsche Gesellschaft für Volksbäder, Bd. III, S. 33 mit Bild 412. Dasselbe soll 2 Wannen-, 2 Brausebäder und ein kleines Dampfkastenbad nebst Knetraum und Warteraum enthalten, sämtlich im Erd- geschoß; das Dachgeschoß soll zur Wohnung des Bademeisters ausgebaut, die Warmwasser- bereitung und die Wäscherei in den Keller verlegt werden. Die Kosten des ansprechen- den kleinen Bauwerkes ausschließlich der Ein- richtung werden auf ca. 8000 Mk. veran- schlagt. 16. Für Volksbäder kleinsten Umfanges, wie sie sich zur Ausführung auf dem platten Lande eignen, hat die Königliche Regierung zu Minden, welche seit langer Zeit der Verbreitung des Badewesens .in Verordnungen und praktischen Vorschlägen das lebhafteste Interesse entgegengebracht hat, sehr bemerkenswerte Entwürfe aufgestellt und unterm 2. April 1904 veröffentlicht.2 Von diesen gibt 1 Vergl. Danzig und seine Bauten. S. 176. Berlin 1908. Wilhelm Ernst & Sohn. 2 Sonderbeilage zum 28. Stück des Amtsblattes der Kgl. Regierung zu Minden für 1904; abgedruckt in Veröff. d. Gesellsch. f. Volksbäder. Bd. III, S. 60 ff. 560 fast unverändert Bild 413 das Beispiel eines Dorfbades (Entwurf C) mit 3 Brausen und 2 Wannen, Warte- und Heizraum nebst Abort ohne Wärterwohnung. Eigen- artig, aber sehr zweckmäßig ist die Anordnung der Brausezellen ohne Auskleide- raum; das Auskleiden soll auf dem vor den Zellen herlaufenden Gange stattfinden. Statt der Schiebetüren, welche die Zellen abschließen, dürften gewöhnliche Tür- flügel oder einfache Vorhänge noch mehr zu empfehlen und billiger sein. Das Gebäude soll freistehend, nicht unterkellert, massiv unter Doppelpappdach errichtet werden, die Trennwände und die Wandflächen der Zellen aus weißglasierten Steinen, der Betonfußboden mit flachen Fußwannen. Die Brausen erhalten Mischventil, ebenso die gußeisernen emaillierten Wannen. Die Warmwasserbereitung erfolgt * Bild 414. Norwegisches Dorfbad (Badstubad). ^fre/vi tf/kf. J^ronZ/ieirn. im badeofenartigen stehenden Kessel mit direkter Feuerung. — Die Kosten sind zu 4900 Mk. veranschlagt. Ein ähnlich kleines Volksbad ist in der bayrischen Stadt Weißenborn, Reg.- Bez. Schwaben (2000 Einwohner), mit 2 Wannen und 2 Brausen errichtet und seit 1893 im Betriebe. Die Baukosten einschließlich Einrichtung betrugen 4400 Mk. Alljährlich hat sich ein Reinertrag ergeben, aus dem ein Reservefonds gebildet wurde. In Oberpörlitz (Sachsen-Weimar, 327 Einwohner) wurde 1907 ein Dorfbad •eröffnet, welches im Keller des Schulhauses eingerichtet ist, indem man durch Segeltuchwände 4 Zellen und einen Vorraum bildete. Es enthält 1 Wannenzelle mit dem Badeofen, der zugleich alle Abteile heizt, 2 Zellen mit temperierbaren Brausen, 1 Zelle mit 2 dergl. Brausen und einer kalten Brause unter dem Druck der Wasserleitung. Da man sich im Vorraum auskleidet, baden Männer und Frauen, 561 alt und jung zu verschiedenen Zeiten. Der Preis der Bäder ist für die Brause 10 Pfg., für die Wanne 15 Pfg. Die Kosten der Einrichtung des Ganzen betrugen 1200 Mk. Ein ländliches Dorfbad für Schwitzbäder, wie es in Norwegen selbst auf einzelnen Gehöften Eingang gefunden, nachdem es auf der Ausstellung zu Dront- heim 1902 im Betriebe vorgeführt und prämiiert worden ist, teilt Möinichen mit in Veröff. d. Deutsch. Gesellsch. f. Volksbäder, II, S. 86 ff. unter Beigabe von Bild 414. Hat man sich entkleidet, so begibt man sich in die Badestube, in welcher ein steinerner Ofen für die Wärme sorgt und faustgroße Steine so weit erhitzt, daß darauf gegossenes warmes Wasser verdampft; dadurch steigt die Temperatur der Raumluft auf 35 — 50°, ohne daß Sättigung derselben mit Feuchtigkeit eintritt. Man läßt sich nun auf den stufenförmig angeordneten Bänken nieder, gerät in Schweiß, seift sich ein und spült sich in dem Brauseraum mit warmem oder kaltem Wasser durch Übergießung ab, wozu nicht einmal eine Brause nötig und üblich ist. Vorzüge dieses Bades sind, daß der Landmann es sich selbst einrichten kann, ohne dazu kostspieliger und empfindlicher Apparate zu bedürfen, daß die Anlagekosten äußerst niedrig sind, besonders wenn es in ein bestehendes Gebäude eingebaut wird, und endlich, daß es im Betriebe noch billiger ist als das wohlfeile Brausebad. b) Volksbrausebäder. Als Volksbrausebäder sind diejenigen Badeanstalten zu bezeichnen, welche nur Brausezellen enthalten, während Wannen darin überhaupt nicht oder nur in verschwindend kleiner Zahl Vorkommen. Vergegenwärtigt man sich, was über den praktischen Wert und über den hygienischen Nutzen der Brausebäder oben (S. 352) gesagt ist, so erklärt es sich von selbst, daß in den letzten 2 bis 3 Jahrzehnten außerordentlich viele Brause- bäder entstanden sind, deren Errichtung die Stadtgemeinden als eine der hervor- ragendsten Aufgaben auf dem Gebiete der öffentlichen Gesundheitspflege ange- sehen haben. Wo reichhaltige, umfangreiche Badeanstalten wegen der hohen Kosten nicht errichtet werden können, oder wo sie der Entlastung bedürfen, da sind die kleineren, bescheidenen Brausebäder, die man auf viele Punkte des Stadtgebietes in größerer Zahl verteilt, besonders den wirtschaftlich Schwachen zu bequemer Be- nutzung für billiges Geld darbieten kann, ein durchaus brauchbarer Ersatz, der keineswegs als Notbehelf anzusehen ist; denn das Brausebad erfüllt den Zweck der Reinigung vollkommen einwandfrei, da das schmutzige Wasser sofort abfließt, ist billig im Betriebe, daher billig abzugeben, ist in kurzer Zeit zu nehmen, daher Massenbad, ist billig in der Anlage, daher auch der kleinsten Gemeinde erschwing- lich. Volksbrausebäder haben sich zu den unentbehrlichsten gemeinnützigen Ein- richtungen entwickelt, deren Nutzen die unteren Volksklassen, für die sie in erster Linie bestimmt sind, willig anerkennen, obwohl sie selbstverständlich auch Schwimm- bäder gern nehmen, wenn sie ebenso bequem und billig geboten werden. Die Verbreitung der uralten Brausebadeform und ihre Ausgestaltung als modernes Volksbrausebad wird dem f Prof. Dr. Lassar in Berlin verdankt, der die erste praktische Anregung dazu mit dem auf der Berliner Hygiene-Ausstellung Sehleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 35 562 1882/83 im Betriebe ausgestellten, von David Grove ausgeführten „ Volksbad" gab, dessen Anlage Bild 415 zeigt. Der von Thür entworfene, ganz aus Wellblech hergestellte Bau enthält für Männer und Frauen je 5 Brausezellen 1,65 zu 1,25 cm groß, an einem äußeren Längsgang von 75 cm Breite. Die durch wasserdichte Vorhänge abschließbaren Zellen haben nach der Mitte geneigten Betonfußboden mit Lattenrost, eine Sitzgelegenheit, darüber ein Eckbrett mit 3 Kleiderhaken, einen wasserdichten Schutzvorhang für die Kleider und einen kleinen Wandspiegel. Hoch- sitzende Fenster in der Seitenwand und Oberlicht in der gebogenen Dachfläche geben ausreichendes Tageslicht; für den Abend wurde Gaslicht eingeführt. Zur Lüftung sind 2 Deflektoren aufgesetzt. Die Brausen sind geneigt angeordnet und liefern Wasser von 28°, das durch einen vorn hinter der Kasse aufgestellten Ofen erwärmt und vermittelst der daselbst angeordneten Rippenheizkörper TR zum Trocknen der an Gestellen aufgehängten Wäsche (Handtücher) benutzt wurde. Am entgegengesetzten Ende befand sich ein hinten offener, mit weit überstehendem Dach versehener Raum, der als Wäscherei diente und eine Waschmaschine enthielt. Die Anlage kostete rund 6000 Mk. und sollte den Beweis erbringen, daß man für 10 Pf. ein Brausebad mit Handtuch und Seife abgeben kann. In den ersten 2 l/2 Monaten wurde das Bad von 7300 Personen, während der Dauer der Aus- stellung von weit mehr als 10000 Per- sonen benutzt, meistens von Männern, an manchen Tagen von mehr als 150 Per- sonen, und zwar nicht nur von neu- gierigen Ausstellungsbesuchern, sondern auch regelmäßig von Ausstellern und ihren Angestellten. Über die Absichten, welche zur Herstellung dieses Bades geführt haben, sagt Dr. Lassar, damals Privatdozent in Berlin, in dem „Bericht über die Allgemeine deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene etc." Bd. I, S. 340: „Die Landbevölkerung, die kleinen Landstädte, die Arbeiterkolonien der Fabriken sind es, denen vor allem Bäder geschafft werden müssen. Da nun Fluß- bäder nur beschränkten Volks- und Altersklassen zu eingeschränkter Jahreszeit ge- nügen, Wannenbäder zu so billigen Preisen, daß die eigentlichen Arbeiterkreise von ihnen ausgedehnten Gebrauch machen könnten, im allgemeinen nicht zu be- schaffen sind, und die überdachten Schwimmhallen einen unverhältnismäßigen Kapital- und Betriebsaufwand erfordern, so muß auf andere Weise Rat geschafft werden. Auch darf man nicht vergessen, daß das deutsche Volk erst lernen muß zu baden. Wo man sich seit Generationen daran gewöhnt hat, ohne ausreichende Anstalten oder ganz ohne sie zu existieren, da soll das Bedürfnis erst geweckt werden. Deshalb muß mit Rücksicht auf die angeborene Schlaffheit und Zurück- haltung der Menge die Anregung eine möglichst grelle sein und den eigentlichen w.s Bild 415. Lassarsches Volksbad auf der Berliner Hygiene-Ausstellung 18S2S3. 563 Interessenten recht nahe in das Auge gestellt werden. Postulat ist die Herstellung von Reinigungsanstalten, welche unter knappester Form, allgemeiner Zugänglichkeit und Erreichbarkeit alles für die umfassende Körperreinigung Nötige gegen ein minimales Entgelt, aber in würdiger und zugleich einladender Weise zu bieten vermögen. Und diese Bäder müssen geradezu auf der Straße stehen, damit die Vorübergehenden immer und immer wieder darauf hingeführt werden, sie zu be- nutzen. Diesen Gesichtspunkten sucht das vom Schreiber dieser Zeilen (Dr. O. Lassar) konstruierte Volksbad zu entsprechen." //Es soll die Möglichkeit dartun, weitesten Kreisen der Bevölkerung die Wohl- tat einer ausgiebigen körperlichen Reinigung zu verschaffen. Dasselbe erfordert so geringe Anlage- und (wie der Betrieb auf der Hygiene-Ausstellung gezeigt hat) Be- triebskosten, daß in geschlossener Einzelzelle ein warmes und kaltes Regenbad mit Seife und Handtuch für 10 Pfennige verabreicht werden kann. Auf diese Weise vermag zahlreichen Klassen der Bevölker- ung, welche einstweilen das warme Bad wie einen Luxus statt als Lebensbedürfnis betrachten müssen, ein Ersatz bereitet zu werden. Überall in Städten und auf dem Lande, auf öffentlichen Plätzen und an Knotenpunkten des Verkehrs, an Eisen- bahnstationen, in Schulen, Fabriken, Berg- werken, Kasernen, Asylen, Gefangen- anstalten lassen sich die Brausebäder ohne Schwierigkeit in Betrieb halten und werden in der Tat dahin führen, daß für Jeder- mann das Bad zur Gewohnheit wird." Die Zukunft hat Lassars Erwartungen mehr als bestätigt; die Volksbrausebäder haben sich über alle zivilisierten Länder verbreitet, und insbesondere ist die obige kleine Anstalt eine typische Form der Brausebäder geworden und geblieben, die, mehr oder weniger erweitert, vielfach zur Ausführung gekommen ist. Auf Veranlassung Lassars wurde ferner das Modell eines Volksbrause- bades in Pavillonform, wie es in einem Park oder auf einem Platze von allen Seiten freistehend auszuführen ist, durch Herzberg (Börner & Co.) hergestellt und bei dem internationalen Kongreß für Hygiene in Wien ausgestellt. Wie Bild 416 zeigt, ist es ein achteckiger Bau, in dem außen ein Gang herumläuft, der zugleich als Warteraum dient, während das mittlere Achteck nebst einem der Sektoren den Kesselraum und aie Wäscherei einnimmt. In dem Gang ist vor der Wäscherei die Kasse so eingebaut, daß seitlich getrennte Eingänge für Männer und Frauen verbleiben; auf der gegenüberliegenden Seite sind 2 Aborte angelegt. Kasse und Aborte teilen den Raum in 2 gleiche Abteilungen. Jeder der verbleibenden 7 Sek- toren ist durch eine Scheidewand geteilt, so daß sich je 7 Zellen für Männer und Frauen ergeben, die durch Schiebetüren nach dem Gang hin abgeschlossen werden, ln jeder Zelle wird durch einen wasserdichten Vorhang der Brauseraum von dem 36* Bild 416. Lassarsches Modell eines Volksbrausebades. 564 Ankleideraum abgeteilt. Der Brauseraum hat nach der Mitte geneigten Fußboden mit Lattenrost, eine feste, schrägstehende Brause für warmes, und eine Schlauch- brause für kaltes Wasser; der Ankleideraum enthält einen kleinen Sitz, 3 Kleider- haken, 1 Wandspiegel mit Kammkästchen. Die Wäscherei ist mit Wasch- und Spülgefäßen und Zentrifuge ausgestattet. Der Warmwasserofen steht unter dem Druck eines in der Mitte aufgestellten Reservoirs von ca. 1,5 cbm Inhalt. Der Schornstein ist in die Mitte verlegt und be- fördert in der ihn umgebenden achteckigen Laterne die Lüftung des Gebäudes. — Das Modell wird im Kgl. Hygiene-Museum zu Berlin aufbewahrt und ist der Ausgangs- punkt eines anderen Bautypus der Brause- bäder geworden, der sich gleichfalls weit verbreitet hat. Mit dem Bau von Volksbrause- bädern Lassarscher Art ging zuerst die Stadt Wien vor, die im Jahre 1887 in der Mondscheingasse für die umwohnende Arbeiterbevölkerung ein Brausebad mit 42 Zellen für Männer und 28 Zellen für Frauen im Erdgeschoß eines bestehenden Wohngebäudes, und zwar in den langen Seitenflügeln des tiefen schmalen Grund- stückes mit einem Aufwand von ca. 20 500 Mk. einrichtete.1 Seitdem sind in Wien noch 16 Brausebäder erbaut worden; alle zu- sammen verfügen über 374 Brausen und werden ebenso vom Mittelstand wie von den arbeitenden Klassen stark besucht. Als Besonderheit ist dabei zu erwähnen, daß in den Wiener Anstalten allgemein die Brausezellen von den Auskleideräumen ge- trennt sind; letztere enthalten pro Brause 3 bis 4 Auskleideplätze mit Bank und Kleider- kasten teils an den Wänden, teils in der Mitte eines größeren Raumes aufgestellt. Von den Brausezellen, 1,0 zu 0,80 m groß, vorn und oben offen, sind in der Abteilung für Männer je 6, in der Abteilung für Frauen je 4 zusammengelegt und gruppenweis durch 1,0 m breite Gänge zugänglich ge- macht. Im Jahre 1903 wurden diese Anstalten von 1705 614 Personen benutzt. Das „Volksbrausebad am Wilhelmitor “ in Braunschweig2 ist eine der ersten Anlagen dieser Art; es wurde 1890 nach dem Entwurf von C. Uhde erbaut und kostete mit Einrichtung 27000 Mk.; schlechter Baugrund verteuerte Bild 417. Volksbrausebad am Wilhelmitor in Braunschweig. 1 Vergl. Wochenschr. d. österr. Ing.- und Arch. -Vereins 1887, No. 47; 1889, No. 6. 2 Vergl. Gesundheits-Ing. 1892, No. 5. 565 den Bau um 2500 Mk. Nach Bild 417 zerfällt der quadratische Grundriß von 13,5 m Seite in eine Männer- und eine Frauenabteilung; letztere nimmt nur den vierten Teil der Fläche ein. Jede Abteilung hat eigenen Eingang, Warteraum und Abort; zwischen beiden liegt Kasse und Wäscheausgabe K. Für Männer sind 16 Brause- und 2 Wannenzellen, für Frauen 3 Brause- und 2 Wannenzellen vor- handen. Die Trennungswände sind von Holz; die in Beton mit Gefälle herge- stellten Fußböden der Brausezellen sind mit Lattenrost belegt. Bei L sind 3 Ein- Bild 418. I. städtisches Brausebad (am Friedrichsplatz) in Chemnitz. 1 Vorplatz. 2 Kasse. 3 Warteraum für Männer. 4 Warteraum für Frauen. 5 Umgang. 6 Zellen für Männer. 7 Zellen für Frauen. 8 Kloset. 9 Verbindungsgang. 10 Treppe. 11 Wirtschaftshof. Strömungen heißer Luft angelegt; die mittlere bei T wird zugleich zum Trocknen von Wäsche benutzt. Unter der Männerseite ist die Hälfte des Gebäudes unter- kellert, um die Luftheizung, die Warmwasserbereitung, die Wäscherei und Trocknerei unterzubringen. In der Mitte erhebt sich der Schornstein, an den sich das vier- seitige Kuppeldach anlehnt, welches in eine Lüftungslaterne übergeht und 4 kleine Oberlichter trägt, obwohl zahlreiche Fenster ringsum den allseitig freistehenden Bau gut beleuchten. Sehr ähnlich sind zwei einander gleiche Volksbrausebäder in Mann- heim,1 von Uhlemann entworfen und für je 25 000 Mk. ausgeführt. Der quadra- tische Grundriß hat 9,5 m Seite und enthält nur Brausebäder, 10 Zellen für Männer und 4 für Frauen. In der Mitte steht der Schornstein, umgeben vom 1 Schultze, Bau und Betrieb von Volksbadeanstalten, S. 15. Bonn 1893. Strauß. 566 Trockenraum. Dem Baderaum ist ein kleiner Warteraum für Frauen und ein doppelt so großer für Männer vorgelegt, jeder mit direktem Eingang von außen. Nur der quadratische Baderaum ist unterkellert und enthält im Keller die Heizungs- und badetechnische Einrichtung nebst Wäscherei. Sowohl die Braunschweiger wie die Mannheimer Anstalten erfreuten sich von Anfang an des regsten Besuches, waren aber bei dem billigen Preise von 10 Pfg. für ein Brausebad nebst Seife und Handtuch nicht imstande, sich selbst zu erhalten, sondern bedurften alljährlich eines schwankenden städtischen Zuschusses. Derselbe Bautypus kehrt im I. städtischen Brausebad am Friedrichs- platz in Chemnitz wieder und ist aus Bild 4 1 8 1 ersichtlich. Aus dem Vor- platz (1) gelangt man durch den Warteraum (3) auf einen .Umgang zu 12 Brause- zellen (6) der Männerabteilung, während an den Warteraum (4) für Frauen die Brausezellen — nur 2 — ebenso wie der Abort unmittelbar anstoßen. In der Mitte liegt die Kasse und die in den Keller führende Treppe, wo die nötigsten Betriebsräume untergebracht sind. Ein kleiner Wirtschaftshof ist angeschlossen. Der im Jahre 1900 eröffnete Bau ist ebenso knapp in den Maßen wie einfach, fast dürftig in seiner äußeren und inneren Ausstattung. Das städtische Volksbad in Essen a. d. Ruhr ist in Bild 419 dar- gestellt. Das Sockelgeschoß enthält die Niederdruckdampf-Kesselanlage, den Gegen- stromapparat für die Warmwasserbereitung und die für Handbetrieb eingerichtete 1 Veröff. d. Deutsch. Ges. f. Volksbäder, Bd. III, S. 378. — 567 — Wäscherei nebst Trocknerei und Nebenräumen. Alle Bäder liegen im Erdgeschoß, das man auf reichlich hoher Freitreppe ersteigt, um in ein kleines Vestibül mit Kasse zu gelangen. Daran stößt links die Männerabteilung mit Warteraum, 1 1 Brausezellen und Abort, rechts die Frauenabteilung mit Warteraum 5 Brause- und 4 Wannenzellen mit Abort. Im Mittelbau liegt noch eine kleine Wohnung Bild 420. Städtisches Volksbad in Magdeburg-Sudenburg. für den Heizer und die Treppe. Die badetechnische Einrichtung ist von H. Schaff- städt in Gießen, dem wir auch die Abbildung verdanken. Besonders klar kommt das System des Brausebades in dem städtischen Volksbad zu Magdeburg-Sudenburg1 zum Ausdruck; s. Bild 420. In der Mitte sind die Eingänge zu den Wartezimmern mit Kasse, dahinter Kesselhaus, 1 Nach Magdeburg. Festschr. z. 19. Versamml. d. Deutsch. Vereins f. öff. Gesund- heitspfl. Herausg. im Aufträge d. Stadt M. Magdeburg 1894. Albert Rathke. 568 Wäscherei u. s. w. angeordnet; rechts liegt die Männerabteilung mit 11 Brausen und 2 Wannen, links die Frauenabteilung mit 7 Brausen, 2 Wannen und den beiden Trockenräumen. Der Bau ist nicht unterkellert. An der Hinterseite befindet sich völlig getrennt ein Anbau mit Vorraum und 5 Wannenbädern für skrophulöse Kinder (Soolbäder). Der in einfachen, aber wirkungsvollen Formen gehaltene Ziegelbau ist 1890 mit einem Kostenaufwand 42000 Mk. vollendet und in Be- trieb genommen. Im Jahre 1903 wurden darin 42 537 Bäder gegeben, darunter 1672 Soolbäder. Bild 421. Städtisches Brausebad II auf dem Klagesmarkt zu Hannover. Einen wesentlichen Fortschritt bedeutet das von Rowald 1890 erbaute Brausebad II auf dem Klagesmarkt zu Hannover.1 Der kreuzförmige Grund- riß (s. Bild 421) besteht aus einem als Wartehalle dienenden, mit zentraler Kasse versehenen Mittelraum, an den sich 3 Zellenflügel anschließen, die von der Kasse aus bequem zu übersehen sind. Vorn in den einspringenden Ecken liegen, durch Windfang geschützt, die Eingänge für Männer und Frauen getrennt; hinten ist an den Mittelraum die Waschküche und eine kleine Nachtwachtstube für einen Wärter angelehnt, und zwischen Waschküche und Kasse eine Treppe eingeschoben, die vom Keller bis zum Obergeschoß reicht. Nur der Mittelraum ist unterkellert und mit dem Obergeschoß überbaut; letzteres enthält ein Warmwasserreservoir, Trocken- 1 Zeitschr. d. Arch.- u. Ing.-Vereins zu Hannover. 1891. Heft 8 u. Bl. 34. 569 boden und Plättstube, während im Keller Kessel und Kohlen untergebracht sind. Die Wasserversorgung erfolgt durch die städtische Trinkwasserleitung, die Er- wärmung durch eine Ofenheizung von 6 Öfen. Die Männerabteilung umfaßt 16, die Frauenabteilung 10 Brausezellen, die durch Holzwände abgeteilt und durch Türen abgeschlossen sind; auch zwischen Brause- und Ankleideraum ist eine selbst- schließende Tür angebracht. Beide Abteilungen sind mit Lattenrost auf dem Betonfuß- boden versehen. Die Brausen waren ursprünglich für ein abgemessenes Wasser- quantum von 25 Liter Warmwasser eingerichtet, die in ca. 8 Minuten ausliefen, wenn der Abfluß nicht unterbrochen wurde. Der in gelben Ziegeln mit braunen Glasuren ausgeführte Bau (Bild 422) ist sehr gefällig gruppiert und hebt sich von dem grünen Hintergründe einer Park- anlage sehr erfreulich ab; seine Kosten betrugen trotz gestörter Fundierung nur 32000 Mk. Da in jeder Zelle stündlich 3 Bäder möglich sind, können insgesamt 3-26 — 78 Bäder pro Stunde gegeben werden. Bild 422. Städtisches Brausebad II auf dem Klagesmarkt zu Hannover. Eine in jeder Hinsicht bemerkenswerte Lösung der Aufgabe bietet das vom Stadtbaumeister Luthardt erbaute II. städtische Brausebad in Chemnitz.1 Das auf dreieckigem Platz freistehende Gebäude enthält im Erdgeschoß (s. Bild 423) eine große Männer- und eine kleine Frauenabteilung, jede mit besonderem Ein- gang, Warteraum, Abort, und ausschließlich Brausen. Die Kasse liegt zwischen beiden Eingängen. Für Frauen sind nur 3 Brausezellen vorhanden, für Männer 12, die auf zwei getrennte Räume verteilt sind. Dadurch wird erreicht, daß bei schwachem Besuch, wie er in der Regel im Anfang der Woche stattfindet, der vor- dere Teil allein mit 6 Zellen im Betrieb gehalten werden kann, wozu nur einer der beiden Kessel und weniger Personal (der Bademeister allein) nötig ist. Im Keller sind die Kessel und Kohlenvorräte, die Warmwasserbereitung untergebracht und Räume für eine Wäscherei vorgesehen, die jedoch noch nicht ausgeführt ist. Die badetechnische Einrichtung geht von 2 Niederdruckdampfkesseln von je 10 qm Heizfläche mit Schüttfeuerung aus, welche Brennstoff für 4 Stunden faßt und in- zwischen keine Beaufsichtigung erfordert. Die Heizung geschieht durch Nieder- druckdampf in glatten schmiedeeisernen Rohren; dadurch, daß der Rauchkanal unter dem Fußboden entlang geführt ist (s. Bild 424), ergibt sich für die Zellen 1 Die Abbildungen sind uns von der d. Gesellsch. f. Volksbäder freundlichst zur Ver- fügung gestellt. Vgl. Bd. III, S. 378. Bild 423. II. städtisches Brausebad in Chemnitz. 570 noch etwas Fußbodenheizung. Die Wasserversorgung erfolgt durch die städtische Wasserleitung in ein Reservoir von 2 cbm Inhalt. Das Warmwasserreservoir hat nur 0,75 cbm Wasser, das bis auf 45° erwärmt wird, was aber genügt, um in jeder Zelle stündlich 3 Bäder von 40 Liter Warmwasser zu geben. Jede Zelle hat IC t kaltes und warmes Wasser in der Brause; die Fußwannen sind 45 zu 45 cm groß und nur 6 cm tief. Das Gebäude ist zwar einfach, aber sehr solide ausgeführt. Fußböden, Wände und Decken sind massiv, die Fußböden mit Terrazzo belegt, die Wände 1,80 m hoch mit glasierten Steinen verblendet, die Zellenwände 2,25 m hoch aus » Badeanstaltssteinen « (vergl. S. 357) hergestellt, das Moniergewölbe gegen Ab- 571 kühlung und Abtropfen mit Korksteinen abgedeckt; die Rohre für Kaltwasser sind aus verzinktem Schmiedeeisen, die für Warmwasser aus Kupfer. Für Abendbeleuch- tung ist elektrisches Licht eingeführt. Das Äußere des Gebäudes ist in ansprechender Weise gestaltet (s. Bild 425), einfach in den Einzelformen, wirkungsvoll und cha- rakteristisch im ganzen. Die Kosten einschließlich des Möbel- und Wäscheinventars beliefen sich auf ca. 53 000 Mk. — Das Bad wurde 1903 eröffnet und stets gut besucht, im Jahre 1904 von 54 623 Personen, im Tagesmaximum von 661 Per- sonen, von denen durchschnittlich 14°/0 Frauen sind. Wegen seiner schönen Gruppierung und malerischen Wirkung bekannt ist das von Plüddemann 1894 vollendete Volksbrausebad bei der Universitäts- brücke in Breslau, das aus Mitteln einer Stiftung errichtet wurde.1 Im Erd- 1 Vergl. Zentralblatt der Bauverwaltung 1895, S. 194. Berlin. Wilhelm Ernst & Sohn. 572 geschoß führen die Eingänge durch 2 getrennte Warteräume für Männer und Frauen an der Kasse vorüber zu einer Frauenabteilung von 6 und einer Männer- abteilung von 18 Brausezellen, jede Abteilung mit Abort; auch eine kleine Wäscherei liegt im Erdgeschoß. Im Obergeschoß befindet sich eine bescheidene Wärterwoh- nung, die Trocken- und Rollkammer. Ein Keller ist nur unter einem kleinen Teil des Gebäudes angeordnet und enthält den Raum für 2 verschieden große Nieder- druckdampfkessel, für Kohlen und für einen Schaffstädtschen Gegenstromapparat, der das Badewasser nur bis auf 35° erwärmt; überschüssiges Warmwasser steigt in den im Dachboden aufgestellten Ausgleichsbehälter. Die Trennungswände der Zellen sind von Pitch-pine-Holz mit Schiebetüren an der Gangseite. — Die Bau- kosten betrugen ca. 53 000 Mk. Bild 425. II. städtisches Brausebad in Chemnitz. Zur Hebung der Rentabilität bezw. zur Verminderung der Baukosten sind auch die Volks brausebäder mit anderen städtischen Anlagen zusammengelegt worden. Ein Beispiel bietet das Volksbad an der Marstallstraße in Magde- burg,1 das mit einer Desinfektionsanstalt und einer gesonderten Wannenbade- abteilung für skrophulöse Kinder verbunden ist. Bild 426 gibt deren Grundriß und Ansicht. Das Brausebad ist mit der Schmalseite bis an die Straße vorgerückt, wo sich die Eingänge nebst Kasse und Vorräume zu den beiden Abteilungen be- finden, also mit Trenuung der Geschlechter von Anfang an. Die Brausezellen — 8 für Frauen, 12 für Männer — sind 2,40 zu 1,25 m groß durch 2,20 m hohe Wellblechwände in den einheitlichen Baderaum eingebaut; die Trennungswand der beiden Abteilungen ist 3 m hoch. Bald lehrte der Besuch, daß für Frauen 4 Zellen genügten, und die übrigen 4 den Männern überwiesen werden konnten. Die Zellen haben die übliche Anordnung; die Fußböden sind mit Asphalt belegt, die Brauseräume mit Lattenrost. Die Abteilung für Skrophulöse ist mit 5 Wannen 1 Nach Deutsche Bauzeitung 1889, S. 77 und Magdeburg. Festschr. a. a. O. (Ab- bildungen). S. S. 567. 573 ausgestattet. Die Desinfektionsanstalt ist so weit zurückgeschoben, daß ein Vorhof für die Abfahrt desinfizierter Sachen verblieb; die Anfahrt erfolgt auf der entgegen- gesetzten Seite. Der zum Betriebe nötige Dampf kommt von der Kesselanlage eines Krankenhauses, auf dessen Grundstück das Volksbad errichtet ist. Die bade- technische Einrichtung ist von David Grove in Berlin und kostete ca. 6700 Mk., der Bau ca. 20000 Mk.; er ist vom Stadtbaurat Peters entworfen und aus- geführt. Ein anderes Volksbrausebad in Magdeburg1 (Nordfront) ist mit einer öffentlichen Bibliothek und Lesehalle und mit einem Schulbad verbunden worden. Bild 427 gibt die Einteilung des Erdgeschosses, in welchem das Männer- 1 Die Abbildungen von der D. Gesellsch. f. Volksbrausebäder freundlichst überlassen. — 574 — bad mit Warteraum, 17 Brausezellen, Abort und ein eigener Eingang neben der Kasse liegen, die mit dem Gelaß für Wäsche einen großen Raum einnimmt. Die Frauen haben einen besonderen Eingang und finden ihren Warteraum, das Bad von 4 Brausen und 4 Wannen nebst Abort im I. Stock (s. Bild 428). Jede der beiden Treppen führt zu der Lesehalle und Leihbibliothek, die gleichfalls im I. Stock liegen. Die Trennwände der Zellen sind, da Wellblech sich nicht bewährt hatte, 5 cm stark aus beidseitig glasierten Steinen aufgemauert. Im Untergeschoß ist ein Schulbad und ein Soolbad für Skrophulöse von 6 Fliesenwannen eingerichtet. Bild 427. Städtisches Bad mit öffentlicher Lesehalle und Bücherei in Magdeburg. Die Kosten für die ganze Anstalt und ihre Einrichtung (ausschließlich Bücher) haben 91 500 Mk. betragen. Das Lassarsche Modellbrausebad (Bild 416, S. 563) hat gleichfalls Eingang gefunden, wenn auch in geringerem Umfange, was darin begründet ist, daß die Konstruktionen in und über schiefwinkligen Räumen schwieriger und kostspieliger sind als über rechtwinkligen, und daß spitze Winkel weniger gut auszunutzen und weniger leicht zu reinigen sind. Überdies lassen sich nicht gut mehr als 14 Zellen in einem solchen Bau unterbringen. Das Modell wurde zuerst in die Praxis übersetzt 1888 in dem Brausebad 575 auf dem Mariansplatze zu Frankfurt a. M.;1 von den vorhandenen 14 Brause- zellen sind jedoch nur 4 den Frauen reserviert, weil sich inzwischen bereits überall gezeigt hatte, daß die Brausebäder überwiegend von Männern besucht werden. Der Bau ist ganz in Monierkonstruktionen ausgeführt, die Außenwand doppelt mit Luftschicht, die Trennwände der Zellen cm stark und 2,10 m hoch, die Trenn- wand zwischen Männer- und Frauenabteilung ist bis an die Decke und das innere Achteck bis über das Dach hinaufgeführt, letzteres als Laterne, um der Lüftung zu dienen. ’ Die Zellen sind nach außen durch Schiebetüren geschlossen, im Innern durch wasserdichte Vorhänge abgeteilt. Das warme Wasser wird in einem Zirkulations- ofen bereitet, der in einem kleinen Keller- raum steht (wo auch die Heizung statt- findet), und steigt in ein ca. 4 m hoch aufgestelltes Reservoir, aus dem selbsttätig kleine Behälter gespeist werden, welche in ca. 21L Minuten leer laufen, wenn die Brause in Tätigkeit gesetzt wird; das kalte Wasser wird nicht zugemessen. Einschließ- lich Inventar haben die Kosten des Baues 20000 Mk. betragen, welche der Bankier Stern gestiftet hat; den Bauplatz gab die Stadt. Bei dem Preis von 10 Pfg. pro Bad mit Seife und Handtuch erfordert der Betrieb einen geringen Kostenzuschuß seitens der Stadtverwaltung. Die Erfahrung lehrte, daß die Monier- konstruktionen sich doch nicht in dem er- warteten Maße bewährten; vor allem aber machte sich als ein Mangel des Grundrisses fühlbar, daß die schmalen Umgänge als Warteräume zu klein waren. Das Brausebad in der Früh- lingsstraße zu München, 1889 erbaut, vermied diese Fehler, indem durch Vor- ziehen einer Achtecksseite ein größerer Warteraum geschaffen wurde mit einem Eingang, der durch einen Windfang geschützt ist; erst im Innern trennen sich die Geschlechter; die Kasse liegt dem Eingang gegenüber. Wiederum sind von den vorhandenen 14 Brausezellen 4 für Frauen und 10 für Männer bestimmt und entsprechend abgeteilt. Die Außenwände sind in Monierkonstruktion ausgeführt und 5 cm stark mit Korkplatten bekleidet, alle Teile unterkellert; im übrigen gleicht das Gebäude dem Frankfurter Beispiel. Die Bild 428. Städtisches Bad mit öffentlicher Lesehalle und Bücherei in Magdeburg. 1 Vergl. Deutsche Bauzeitung 1888, S. 549. 576 Heizung geschieht durch Öfen, die Warmwasserbereitung durch einen Zirkulations- kessel von 3 qm Heizfläche nebst Warmwasserbehälter von 2 cbm Inhalt; das Kalt- wasserreservoir faßt 1,5 cbm Wasser. Die Brausen sind mit Meßvorrichtung für 45 Liter Wasser pro Bad eingerichtet. Die Baukosten haben 22 000 Mk. betragen. — Da die Anstalt nach Einrichtung und Gesamtanlage den heutigen Anforderungen nicht mehr entsprach, ist sie aufgehoben und Ende 1905 durch das Wannen- und Brausebad in Giesing ersetzt worden. Derselbe Typus findet sich noch einmal in dem Brausebad am Bavaria- ring zu München, das ebenfalls achteckig und etwas geräumiger als an der Frühlingsstraße, vor allem aber mit 4 Ausbauten in den Hauptachsen errichtet worden ist (s. Bild 429). 1 An der Eingangsseite, der eine Säulenhalle vorgelegt ist, be- findet sich das Vestibül mit den Eingängen rechts und links zu den Umgängen, die sich zu 2 Warteräumen erweitern; in dem hinteren Ausbau eine kleine Kammer und der Männerabort. Der Bau ist ganz unterkellert; im Keller liefert ein Nieder- druckdampfkessel von 12 qm Heizfläche den Dampf zur Heizung (Heizkörper mit lokaler Frischluftzuführung) und zur Warmwasserbereitung, die mittels Heiz- schlangen in 2 Reservoiren von je 1,5 cbm Inhalt erfolgt. Das Kaltreservoir hält gleichfalls 1,5 cbm. Die bauliche Herrichtung weicht von dem sonst Üblichen nicht ab bis auf die Wände der Brauseräume, die aus geschliffenen Marmorplatten her- gestellt sind; die innere Einrichtung nebst Aufbau ergibt sich aus dem Schnitt 1 Von der D. Gesellsch. f. Volksbäder freundlichst überlassen. 577 Bild 430. 1 Das Bad wurde mit einem Kostenaufwand von 37600 Mk. 1894 voll- endet. Die anfangs starke Frequenz hat sich vermindert von 54501 Bädern im Jahre 1901 auf 46308 im Jahre 1904, vermutlich infolge der Vermehrung der Badeanstalten in München. O Bild 430. Brausebad am Bavariaring in München. Der Übelstand zu kleiner Warteräume beim achteckigen Brausebad ist dadurch beseitigt worden, daß die Außenmauer quadratisch um den achteckigen Kern her- umgelegt ist, wodurch sich an den Ecken größere Räume ergeben, wie das Brausebad in St. Pauli2 zu Hamburg nach Bild 431 zeigt. Da es auf einem kleinen Eckbauplatz (an der Davidstraße und Kastanienallee) errichtet ist, wurde die Ecke abgestumpft und daselbst der Eingang, getrennt für Männer und Frauen mit Abort zwischen beiden, so angeordnet, daß man auf beiden Seiten an der übereckliegenden Kasse vorübergeht. Die Frauenabteilung hat 4 Zellen und 1 Warteraum, die Männerabteilung 10 Zellen und 2 Warteräume. Die Zellen sind in Monierkonstruktion eingebaut und durch eiserne Türen geschlossen; auch zwischen beiden Abteilen der Zelle, wo ursprünglich ein Gummivorhang angebracht war, der sich nicht bewährte, ist eine eiserne Tür später eingesetzt worden. Das innere Achteck rings um den Schornstein dient der Wäscherei; darüber sind die beiden Wasserreservoire von je 2,8 cbm Inhalt aufgestellt. In einem rechteckigen Keller- raum steht der Warmwasserkessel und die Luftheizungsanlage. Die ursprüngliche Einrichtung der Brausen auf 50 Liter abgemessenes Wasserquantum ist bald wieder 1 Von Herrn Bauamtmann R. Schachner in München freundlichst überlassen. 2 Nach Deutsche Bauzeitung 1895, S. 489. Schleyer-Osthof f, Bäder und Badeanstalten. 37 — 578 aufgegeben worden, nachdem sich überall herausgestellt hat, daß im allgemeinen soviel Wasser gar nicht verbraucht wird. Für den im Jahre 1893 eröffneten Bau gab der Staat den Bauplatz, die Baukosten und das zum Betriebe erforderliche Wasser unentgeltlich her, verpachtete aber den Betrieb an einen Unternehmer mit dem festgesetzten Preis von 10 Pfg. für 1 Bad nebst Seife und Handtuch. Die Anstalt kann im normalen Betriebe täglich 450 Bäder leicht abgeben, ist aber aus- nahmsweise an einem Tage schon auf 597 Bäder gekommen; im Jahre 1894 badeten darin 48138 Personen, d. i. durchschnittlich 132 Personen, die weniger dem Arbeiter- als dem unteren Bürger- stande angehörten. Später ist der Betrieb vom Staate übernommen und der Verwaltung der Wasser- werke unterstellt worden. Ohne Zweifel haben die Brausebäder für die allgemeine Wohlfahrt außerordentlich viel getan, in mancher Beziehung mehr, als man von ihnen erwar- tete. Als Reinigungsbad ist es vom hygienischen wie vom prak- tischen Standpunkt betrachtet un- übertrefflich und hat sich deshalb ein weites Feld erobert. Als Stadt- bad kommt ihm die Eigenschaft, klein und einfach zu sein, so daß es in derselben Stadt in größerer Zahl wiederholt werden kann, ganz besonders zustatten, ebenso die Möglichkeit, es an andere Anlagen und Betriebe anzuglie- dern, wodurch Betriebs- und Bau- kosten sich vermindern. Trotzdem darf man sich Bild 431. Öffentliches Brausebad in St. Pauli zu Hamburg. den Übelständen, die mit Brausebädern nun einmal verbunden sind, nicht ver- schließen. Das Brausebad kann weder das Wannen- noch das Schwimmbad ersetzen und ist nicht die Badeform, die allen Schichten der Bevölkerung genehm ist. Da in einer Anstalt zweckmäßig nicht mehr als 25 — 30 Zellen vereinigt werden, müßten große Städte eine übermäßige Anzahl von Brausebädern er- richten, wenn man sich nur auf diese beschränken wollte; für Berlin hat man diese Zahl auf 800 berechnet!! Endlich wird der Betrieb im Brausebad um so unübersichtlicher, je stärker der Besuch ist, weil sich dann immer weniger gut 579 Ordnung halten läßt, wenn viele Personen in den engen Gängen und naturgemäß kleinen Warteräumen sich zusammendrängen. Alles dies wird erst recht empfindlich, wenn man behufs besserer Ausnutzung der Brausen auf jede Brausezelle 2 oder 3 Auskleideplätze oder -Zellen anlegt, was öfter geraten, aber auch ebenso oft wieder abgeraten ist, weil Viele an dem Herumlaufen nackter Personen Anstoß nehmen. Brausebäder sind deshalb nicht das Endziel der Bestrebungen für Stadtbäder; wo die Verhältnisse es irgend erlauben, wird und muß man zum Bau von Wannen- und Schwimmbädern neben den Brausebädern kommen, wie es die Ausführungen einer ganzen Reihe von Städten bereits vorbildlich zeigen. 2. Stadt- und Landbäder für besondere Zwecke. A. Schulbäder. Wenn die Bestrebungen der öffentlichen Gesundheitspflege darauf gerichtet sind, die Badegewohnheit in immer weitere Kreise zu tragen, im Volke den ver- loren gegangenen Sinn für das Baden wieder zu wecken und die Abneigung und Gleichgültigkeit gegen Bäder zu verscheuchen, so kann das Ziel nicht besser erreicht werden als durch systematische Erziehung zum Baden, die bei der Schuljugend einsetzt. Wird der Jugend zum Bewußtsein gebracht, daß durch Reinlichkeit Wohlbefinden und geistige Frische gefördert werden, so ist zu erwarten, daß die Kinder die Wohltat der Bäder aus der Schule mit hinausnehmen in die Familie und in die Welt. Es ist daher ein naheliegender Gedanke, daß in den Schul- gebäuden, welche in neuerer Zeit alle möglichen hygienischen Verbesserungen er- halten, auch Bäder eingerichtet werden müßten, damit nicht schmutzige Kinder mit unreiner Haut, Krankheitskeimen an Körper und Kleidung wieder verderben, was die fortgeschrittene Technik zur Assanierung der Schulräume Gutes geschaffen hat. Die erste Anregung zur Errichtung von Schulbädern, d. h. von Bädern in Volksschulen, soll Prof. Dr. Flügge (früher in Göttingen) gegeben haben; jeden- falls ist es ein Verdienst des Oberbürgermeisters Merkel in Göttingen, diesem glücklichen Gedanken praktische Gestalt gegeben zu haben. In Göttingen entstand 1885 das erste Schulbad in Deutschland, das vom Stadtbaumeister Gerber aus- geführt wurde und allerorten ungeteilten Beifall fand, so daß in den seither ver- flossenen zwei Dezennien überall in Deutschland und weit über Deutschlands Grenzen hinaus, in Österreich, Dänemark, Schweden, vor allem in der Schweiz Schulbäder eingerichtet wurden, welche durchaus das gehalten, was sie versprochen haben. Sie haben sich vorzüglich bewährt und üben einen wohltätigen Einfluß auf die geistige, sittliche und körperliche Entwickelung der Kinder aus. Da das Baden nur unter Aufsicht der Schule stattfinden soll, ist die Feststellung von Wert, daß das Baden sich mit dem Unterricht sehr wohl vereinigen läßt und ihn in keiner Weise stört; ja es schafft sogar insofern einen unmittelbaren Nutzen für den Unterrricht, als das Brausebad nicht Erschlaffung, sondern Erfrischung bringt und deshalb zwischen die Unterrichtsstunden eingeschoben werden kann. Den Sinn für körperliche Reinlichkeit hat das Schulbad überall in hohem Maße gefördert, wobei sich die Kinder unbewußt gegenseitig unterstützen, indem sie aufeinander achten und z. B. selbst für ordentliche und saubere Unterkleider und Leibwäsche sorgen, 37* 580 die sich der Beaufsichtigung der Lehrer sonst entziehen. Vorläufig ist die Teil- nahme am Bade freiwillig und kann nicht erzwungen werden, darf sogar oft nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Eltern geschehen; aber überall hat sich ge- zeigt, daß die Teilnahme steigt, weil die Kinder im allgemeinen gern baden. Während sich gegenwärtig der Anteil der badenden Schulkinder auf durchschnitt- lich 75°/o aller Kinder schätzen läßt, gibt es in manchen Städten Schulklassen, in denen 94 — 95% der Kinder die Bäder besuchen, so z. B. in Hannover. Einen erheblichen und unmittelbaren Nutzen zieht die Schule aus dem Schulbade für sich selbst dadurch, daß der Gesundheitszustand der Kinder gehoben wird, daher die Schulversäumnisse, welche in der Mehrzahl der Fälle auf Krankheit zurückzuführen sind und durchschnittlich 4 — 5% der Kinder betragen, mit Ein- richtung der Schulbäder auf 1 — 2% zurückzugehen pflegen. Die Verbreitung der Schulbäder hat sich in ziemlich eigenartiger Weise vollzogen: auf die erste Anlage in Göttingen 1885 folgten die nächsten in Weimar 1888 und in Hannover 1889, in Köln und in Dülken (Rheinland) 1893, während in Berlin das erste Schulbad erst im Herbst 1892 eingerichtet wurde, dem weitere drei 1895 folgten; bis zum Jahre 1901 waren erst 11 Berliner Gemeindedoppel- schulen mit Brausebädern ausgestattet. In der Folgezeit war es ganz selbstverständlich, daß in den neueren Volks- schulhäusern größerer Städte Schulbäder einen Platz finden mußten und in älteren nachträglich eingerichtet wurden. So hatte Hannover 1908 unter 37 Volksschul- häusern 26 mit Brausebädern. — In Wien hat man auf die Anlage von Schul- brausebädern verzichtet; die Kinder können in den öffentlichen Brausebädern baden, wozu ihnen die Badekarten unentgeltlich geliefert werden. Damit begibt sich die Schule natürlich aber auch des Rechtes und der Möglichkeit, das Baden der Kinder zu beaufsichtigen. Die älteren Schulbäder sind sämtlich im Kellergeschoß des Schulhauses ein- gerichtet, wo sich geeignete Räume mit ausreichender Beleuchtung in der Regel leicht finden lassen, weil besonders in großen Schulgebäuden der Keller viele für Unterrichtszwecke unbenutzbare Räume enthält. Deshalb kann das Schulbad im Keller ohne weiteres und mit geringen Kosten eingerichtet werden und bietet noch den ferneren Vorteil, daß die Kinder nach dem Baden im Hause bleiben, also auch der Gefahr der Erkältung weniger ausgesetzt sind. Andererseits sind aber die Betriebskosten eines solchen Bades verhältnismäßig hoch, weil es an einem Tage nur 1 oder 2 Stunden lang benutzt wird. Es ist deshalb in neuester Zeit wiederholt das Schulbad mit anderen Anstalten in Verbindung gebracht der Art, daß der Betrieb des Schulbades sich in einen anderen Betrieb einschiebt; so z. B. sind Schulbäder mit Volksbädern zusammengelegt, deren Besuch vormittags sehr schwach ist, und deren Betriebseinrichtungen dem Schulbad fast ganz dienstbar sein können (vergl. die Volksbäder in Danzig S. 557, Krefeld S. 554, Magdeburg S. 575 u. s. w.). Wird dann noch (wie in Danzig) eine Turnhalle hinzugefügt, deren Dach und Fundamente, wenn das Gebäude nur Turnhalle ist, mangelhaft ausgenutzt werden, so muß die Kombination um so zweckmäßiger werden, als man dann nicht nötig hat, das Schulbad in den Keller zu verlegen, der vielmehr von der Kesselanlage und Wäscherei in Anspruch genommen werden kann. 581 Für Schulbäder kann allein die Form des Brausebades in Betracht kommen, weil es mit geringen Kosten in kurzer Zeit viele Kinder abzubaden gestattet; Wannenbäder benötigen mindestens zweimal soviel Zeit und sechsmal soviel Wasser wie Brausebäder. Wannen- und Schwimmbäder, die oft gar nicht unterzubringen sein dürften, erfordern zu hohe Anlage- und Betriebskosten und bieten nicht in so hohem Maße die beim Brausebad unbedingt vorhandene Sicherheit gegen Über- tragung von Krankheitskeimen und Infektion der Kinder. Als Zeitdauer für ein Brausebad genügen bei guter Ordnung und Disziplin 15 Minuten; in manchen Städten werden 20 Minuten und mehr gewährt. Die Temperatur der Brausen soll eine Minute lang 32 — 33° betragen und in der zweiten Minute langsam auf 19 — 21° heruntergehen. Das Wasser der Fußwannen soll bei Beginn des Bades 28 — 30° haben, der Baderaum 19 — 22° warm sein. Über die Anordnung der Bäder selbst sind die Ansichten geteilt. Die älteren bestehen aus einem Baderaum und einem Auskleideraum. Letzterer ist mit ein- fachen Bänken und darüber Kleiderhakenleisten an den Wänden entlang versehen; die Kinder gehen nackt oder mit Badehosen oder Badeschürzen angetan in den Baderaum, wo je 3 Kinder, unter einer Brause in einer Zinkschale stehend, ab- gebraust werden. Später wurden im Auskleideraum abgesonderte, vorn offene Auskleidezellen angelegt, während das Baden gemeinsam im offenen Baderaum ge- schieht. In anderen Fällen sollen die offenen Auskleideräume oder die Zellen im Auskleideraum nur dazu dienen, die Oberkleider abzulegen; dann enthält der Bade- raum abgetrennte, durch Vorhang geschlossene Brausezellen, vor denen die Kinder erst die Unterkleider ausziehen, wenn nicht noch kleine Auskleidezellen bei den Brausezellen angeordnet sind. Endlich hat man völlig getrennte Brausebäder, je aus Brause- und Auskleidezelle bestehend, ganz wie in den Volksbädern ein- gerichtet, weil gewisse Kreise in dem gemeinsamen Baden der Kinder eine Ge- fährdung der Sittlichkeit befürchten! Dadurch werden die Schulbäder wesentlich kostspieliger, die Beaufsichtigung der Kinder gestaltet sich viel schwieriger, und es ist fraglich, ob nicht durch die Isolierung der Kinder größere Gefahren heraufbeschworen werden. Den Kindern ist Prüderie völlig fremd; harmlos baden sie lieber gemeinsam als einzeln in abgeschlossener Zelle; in den neuen Volksschulen zu Nürnberg, wo gemeinschaftliche und Zellenbäder eingerichtet sind, suchen die Kinder überwiegend und mit Vorliebe das gemeinschaftliche Bad auf. Die neueren Schulbäder haben auf die Aufstellung runder Schalen aus Zink- blech, welche teuer in der Anschaffung und in der Unterhaltung sind, völlig ver- zichtet und haben dafür 20 — 25 cm tiefe, in den Fußboden versenkte Mulden ange- ordnet, entweder eine große oder mehrere schmale nebeneinander, deren Größe fast die ganze Fußbodenfläche des Baderaumes einnimmt; dieselben werden in Beton hergestellt, asphaltiert oder mit Zement abgebügelt, auch mit Terrazzo ausgelegt oder mit glasierten Platten bekleidet, wenn sie nicht (wie z. B. in Köln die Einzel- mulden) von Gußeisen emailliert zur Ausführung kommen. Die Einzelbrausen sind durch gelochte Rohre ersetzt worden. Die Kinder waschen sich auf dem Beckenrande sitzend die Füße und treten 582 alsdann unter die Strahlen der Brause. In Halle a. S. ist zur Warmhaltung der Füße sogar der ganze Fußboden des Baderaums geheizt. Köln hat durch den Ingenieur Oslender1 ein eigenes Schulbad, „das Kölner System ", ausgebildet, das in einer Kombination von Wannen- und Brausebad mit völliger Trennung der badenden Kinder besteht. Die Wände werden 1,65 m hoch ausgeführt, die Zellen sind zweiteilig und 1,0 m breit; der Auskleideraum ist 1,0 m tief, der Baderaum 1,25 m tief und enthält eine in den Fußboden versenkte, 24 cm tiefe Bademulde für 12 cm Wasserstand. Die Bademulde ist mit 1,15 m so lane. daß auch das größte Schulkind mit ausgestreckten Beinen darin sitzen kann; die Breite vermindert sich von 60 cm am einen bis 50 cm am anderen Ende. Zur besseren Ausnutzung des Rau- mes werden die Mulden dia- gonal gestellt, die breitere Seite nach der Tür, damit die in der Mulde sitzenden Kinder den Rücken nach außen wen- den. Da außerdem die übliche Brause angeordnet ist, steigt der Wasserverbrauch auf 100 Liter pro Bad. Das Kölner System hat meistens im Rhein- land Eingang gefunden, außer Köln z. B. in Aachen, Dülken, Krefeld, scheint sich aber sonst bei Stadt- und Schulverwaltun- gen das Feld nicht erobern zu sollen, wenigstens bis jetzt nicht. Bild 432. Schulbad in Göttingen. r>. ^ c u..iu a • r' •• i ^ Das Schulbad in Got- O Badeofen. R Reservoir, aa Absperrventile, nur vom Wärter zu hand- . ..... haben, bb Zuleitungsrohr, 32 mm weit, zu den 3 Duschen, cc Zirkula- tingen Vddient im histori- tionsröhren, 32 mm weit, dd Duschen, e Entleerungshahn, m Misch- gehen Interesse hier erwähnt hahn. 5 5 Zuleitung des kalten Wassers, 25 mm weit, sch Schwimmer im Reservoir, t Thermometer, z Zinkwannen mit Ablaßventilen. ZU Weiden, Weil eS das erste seiner Art ist, obwohl es durch die Entwickelung des Schulbadewesens und der Technik zum Teil wenigstens überholt ist. Es ist im Kellergeschoß einer Volksschule angelegt und besteht aus einem Aus- kleide- und einem Baderaum, jeder 5,12 zu 2,51 m groß; beide haben Asphaltfußboden und sind mit Lattenrosten bezw. Kokosmatten belegt. Die Badeeinrichtung ist wie in Bild 432 2 angeordnet. 3 Brausen sind über 3 flachen Schalen von Zinkblech (25 cm tief von 1,0 m Durchmesser für je 3 Kinder) angebracht; unter den Zink- schalen ist in den Asphalt eine Abflußrinne gezogen, die in die Entwässerung mündet. Das warme Wasser wird in dem Badeofen O, der zugleich den Raum heizt, ziemlich hoch erwärmt und steigt in das darüber aufgestellte Reservoir R von 1,28 cbm 1 Oslender, Schulbrausebäder. München und Leipzig 1897. Oldenbourg. 2 Osthoff a. a. O. S. 270. — Bericht über die 13. Versammlung des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege zu Breslau. 1886. 583 Inhalt, aus dem es durch das Fallrohr b zu den Brausen gelangt, deren Temperatur durch Zumischen von kaltem Wasser aus der Wasserleitung mit Hilfe des Thermo- meters reguliert wird. Der Wasserverbrauch pro Bad beträgt 28 — 30 Liter. Der Auskleideraum ist mit Bänken und Kleiderriegeln an den Wänden ausgestattet und wird durch einen Regulierofen geheizt. Die Kosten der Badeeinrichtung (ohne Bauarbeiten) betrugen nur 780 Mk. In einer zweiten Göttinger Volksschule wurde ein anderes System der Badeeinrichtung versucht, das Bild 433 1 darstellt, und zwar ohne Warmwasser- reservoir, wodurch sich die Kosten auf 550 Mk. ermäßigt haben. Das kalte Wasser tritt durch das Rohr s und Ventil a unten in den Ofen und aus diesem erwärmt in das Mischgefäß M, wo es mit Hilfe des Thermometers durch zugelassenes kaltes Bild 433. Schulbad in Göttingen. A Detail zu den Hähnen m. M Mischkasten (0,20m Durchmesser) von Kupfer. O Badeofen, dessen kupferner Röhrenkessel von 0,60 m Durchmesser und 1,70 m Höhe mit der Wasserleitung direkt in Verbindung steht, b Ver- teilungsrohr oberhalb der Duschen d, 40 mm weit, e Entleerungshahn, h Zuführungsrohr (35 mm weit) des heißen Wassers zum Mischkasten, k Abzweigung vom Zuleitungsrohr (19 mm weit) zum Mischkasten M. I Verbindungs- rohr mit Hahn zwischen r und h zum Ablassen der Luft beim Anheizen, m m Hähne für die Regulierung des heißen und kalten Wassers nebst Skala, rr Sicherheitsrohr von 5 m Höhe und 40 mm Weite, dessen eines Ende mit dem ünteren Teile des Ofens verbunden ist, während das andere Ende bei rl frei ausmündet. 5 Zuleitungsrohr der Wasserleitung, 19 mm weit (4 Aim. Druck) nebst Hauptabstellhahn a. t Thermometer, v Ventile zu den Duschen, 19 mm weit, z Zinkwannen von 1,00 m Durchmesser und 0,25 m Höhe. Wasser temperiert werden kann. Die Anlage wurde aber getadelt, weil nur bei dauernder Aufsicht des Wärters die Temperatur des Brausewassers auf richtiger Höhe zu halten ist, was ein Warmwasserreservoir leichter reguliert. Das Schulbad in der II. Bürgerschule zu Weimar wurde 1888 vom Stadtbaumeister Has in einem Neubau von 24 Klassen zu je 72 Plätzen, also für größeren Betrieb eingerichtet, wie Bild 434 zeigt. 2 Der Auskleideraum, von der Mädchen- wie von der Knabenseite aus zugänglich, ist 6,9 zu 3,0 m groß, mit Bänken und Kleiderhakenleisten ausgestattet und durch einen eisernen Ofen heizbar; der Asphaltfußboden ist mit Lattenrost belegt. Der Baderaum ist 4,7 zu 6,9 m 1 Nach Osthoff a. a. O. S. 273. 2 Nach R. Has. Die Badeeinrichtung in der neuen II. Bürgerschule in Weimar. Weimar, R. Berkmann. 584 groß und enthält 7 Brausen für warmes und 1 Brause für kaltes Wasser, je über einer Schale von Zink von 1 m Durchmesser für 3 Kinder. Die Warmwasser- bereitung erfolgt durch den an die Wasserleitung angeschlossenen Ofen (Röhren- kessel) H, welcher mit einem Mischgefäß zur Erzielung der auf 27 — 30° fest- gesetzten Temperatur verbunden ist; der Kessel bewirkt zugleich die Erwärmung des Baderaumes, die im Sommer durch entsprechende Lüftung zurückgehalten wird. Die kalte Brause K wird direkt aus der Wasserleitung gespeist, was bei den übrigen durch entsprechende Ventilstellung ebenfalls möglich ist. Bild 435 läßt in das Treiben der Kinder beim Baden einen Einblick tun. Bei 7 Schalen ä 3 Kinder können 21 gleichzeitig baden; im normalen Betriebe kann also, wenn man für das Bad 15 — 20 Minuten rechnet, in 3/4 — 1 Stunde eine ganze Klasse abgebadet werden. Die Kosten der Einrichtung, die sich in jeder Hinsicht gut bewährt hat, betrugen (ausschließlich Bauarbeiten) 1556 Mk. Die Berliner Gemeindeschulen haben eine Brausebadanlage erhalten, welche Bild 436 1 veranschaulicht; sie ist in zwei Räumen von 8,03 zu 6,40 m 1 Nach Veröff. d. Deutsch. Gesellsch. f. Volksbäder. Bd. I, Heft 5, S. 20. ( 585 Größe untergebracht, welche voneinander nicht getrennt sind. In dem einen Teil sind 20 vorn offene Auskleidestände aufgestellt, welche die Aufsicht nicht erschweren Bild 435. Schulbad in der II. Bürgerschule zu Weimar. und die Ordnung befördern; in dem anderen Teil befindet sich die asphaltierte Mulde von 4,5 zu 3,75 m Größe und 22 cm Tiefe, welche als Fußwaschbecken ^>ch n *. 1 1 QrundribS) . irtwreituw^» . p nla'g« Baderaun- © © © © © © © © © ©* © © © © © © 1© © © © 8 ,03 - Bild 436. Städt. Schulbrausebad in Berlin. dient. In 1,75 m Höhe über Fußboden sind 20 Brausen in zwei Doppelreihen aufgehängt, denen das Wasser aus einem vom Bademeister oder der Badefrau be- 586 dienten Mischapparat mit höchstens 30° entströmt. Der Mischhahn macht vermöge seiner Konstruktion eine höhere Temperatur oder gar ein Verbrühen unmöglich. Bei neueren Einrichtungen sind die Brausen durch kupferne Rohre ersetzt, welche so angebohrt sind, daß die Wasserstrahlen sich genügend ausbreiten und die Mulde decken können. Das aus der Wasserleitung entnommene Wasser wird vielfach durch Eiseleschd Gasanwärmer, deren kompendiöser Bau ihre Unterbringung im Baderaum selbst gestattet, entsprechend hoch erwärmt; diese Apparate sind an die Wasserleitung unter Einschaltung eines Rückschlagventils angeschlossen, und sind äußerst bequem und billig im Betriebe, weil sie beim Anzünden sofort die volle Leistung entwickeln, die beim Auslöschen sofort wieder aufhört, was bei Kohlen- feuerung niemals stattfindet. Die Raumheizung wird durch die Zentralheizanlage des Gebäudes besorgt. Die badetechnische Einrichtung erfordert einen Aufwand von ca. 4500 Mk.; die Betriebskosten für ein Bad einschließlich Gas, Wasser, Seife und Bedienung stellen sich auf 41/? Pfg. Das Baden erfolgt während der Unterrichtsstunden in Abteilungen von 20 Kindern. Da die Zeitdauer des Bades auf 15 Minuten festgesetzt ist, können in einer Stunde 4 Abteilungen oder 80 Kinder baden, wobei ein Lehrer oder eine Lehrerin die Aufsicht führt. In Danzig haben die Schulbäder sehr zweckmäßig neben städtischen Volksbädern eine Stätte gefunden, so daß gemeinschaftliche Betriebsein- richtungen vorteilhaft während des ganzen Tages ausgenutzt werden können. Das städtische Volksbad am Hakelwerk (s. Bild 411) enthält das Schulbad im Erdgeschoß; da es von der Durchfahrt her einen eigenen Eingang besitzt, ist es von den übrigen Abteilungen des Gebäudes (Volksbad und Turnhalle) völlig getrennt. Ein Warte- raum fehlt; Auskleiden und Baden geschieht in demselben Raum, dessen Mitte 24 Brausezellen einnehmen, jede 0,75 zu 0,85 m groß, während ringsum 48 ab- getrennte, vorn offene Auskleideplätze nebst erhöhtem Sitz für den beaufsichtigenden Lehrer verteilt sind; es sind doppelt soviel wie Brausen eingerichtet, damit stündlich eine viermalige Benutzung der Brausen gesichert ist, so daß stündlich 4 . 24 = 96 und an einem Vormittage 4.24.4 = 384 Brausebäder abgegeben werden können. Die Anlage so leistungsfähig zu machen, war notwendig, weil Knaben und Mädchen von sechs größeren und zwei kleineren städtischen Schulen das Bad be- nutzen, im Durchschnitt wöchentlich 2500 — 2700 Kinder, deren Bäder die Stadt sich mit 71/2 Pfg. pro Bad berechnen muß. Bei voller Beanspruchung verbraucht das Bad vormittags 384.50 = 19200 Liter — 19,2 cbm Wasser, meist warmes, was die Durchführung des Betriebes am Vormittage schon recht lohnend macht. Die Kosten der Anlage betragen, anteilig auf das Gebäude gerechnet, ca. 40000 Mk. In einer anderen Danziger Schule, an der Albrechtstraße in Neufahrwasser, Bild 437. Schulbad der Volksschule in der Niederstadt zu Danzig. 587 ist das Schulbad gleichfalls mit Volksbad und Turnhalle unter einem Dache ver- einigt, befindet sich aber im I. Stock, während im Erdgeschoß außer den nötigen Betriebsräumen ein Warteraum für die Kinder angelegt ist, von dem sie auf be- sonderer Treppe hinaufsteigen. Auch hier ist dieselbe Einrichtung: in ein und demselben Raume 24 Brausezellen und 48 Auskleideplätze nebst Sitz für den be- aufsichtigenden Lehrer. In der Niederstadt ist bei einem Danziger Schuletablissement wiederum die Kombination von Volksbad, Schulbad und Turnhalle durchgeführt. Das Schulbad, dessen Anordnung aus Bild 437 hervorgeht, liegt im Erdgeschoß und ist vom Volksbad völlig getrennt; es enthält 36 Brausezellen und 72 Auskleidestände, die sich auf 2 Räume verteilen. Außerdem ist noch ein Vor- und Warteraum hinzu- gelegt. Die Brausezellen haben die Fußwannen in den massiven Fußboden ver- senkt; die Trennwände sind in Monierkonstruktion hergestellt. Die Einrichtung ist die übliche. Bei dem schwankenden Warmwasserverbrauch fördert der an die Wasserleitung angeschlossene, durch Niederdruckdampf geheizte Schaffstädtsche Gegenstromapparat das überschüssige Warmwasser in ein Ausgleichsreservoir von 5 cbm Inhalt. Bei vollem Betriebe und stündlich viermaliger Benutzung der Zellen können in den 4 Vormittagsstunden 4.4.36 = 576 Kinder baden, wozu 28,8 cbm Wasser erforderlich sind. Das in Bild 428 dargestellte Volksbad mit Lesehalle in Magdeburg ent- hält ein Schulbad im Untergeschoß, dessen Beleuchtung durch einen breiten Licht- graben vor den Fenstern in ausreichendem Maße gewonnen ist. Das Bad besteht aus einer in Beton hergestellten, 20 — 25 cm unter Fußboden versenkten, mit Zement abgebügelten Bademulde, auf deren erhöhtem Rande sitzend die Kinder sich in flachem Wasser die Füße waschen können. Darüber befinden sich 5 Brausen, unter welche gleichzeitig 3 — 5 Kinder treten, nachdem sie sich eingeseift, um sich abzuspülen und in dem kühler werdenden Wasser sich abzuhärten. Das unfreund- liche Aussehen der großen Zementflächen würde durch Belegen mit hell glasierten Platten beseitigt werden. In Hannover wird in den Volksschulen der Brauseraum von dem Baderaum getrennt angelegt, beide meist im Kellergeschoß, aber gut beleuchtet und gut ge- lüftet. Auf Zellenteilung ist in beiden verzichtet; vielmehr enthält der gemeinsame Auskleideraum, dessen Fußboden mit Lattenrosten belegt ist, nur einfache Bänke und darüber Kleiderhakenleisten, und der Baderaum eine gemeinsame, 20 cm tiefe zementierte Bademulde, welche vom Fußboden nur einen schmalen Umgang übrig läßt. Über der Bademulde sind an drei unter der Decke aufgehängten Rohren 8 Kugelbrausen angebracht, welche das warme Wasser über die ganze Fläche aus- breiten. Die Warmwasserbereitung geschieht in einem Kessel, der im Winter durch Niederdruckdampf der Zentralheizung, im Sommer durch eine Kohlenfeuerung geheizt wird. — In 26 Schulbrausebädern der Stadt Hannover wurden im Jahre 1905 nicht weniger denn 368000 Bäder abgegeben; die Beteiligung der Kinder schwankt zurzeit noch in sehr weiten Grenzen, hier nur 40 °/0, dort bis zu 95% der Kinder, unter denen jedoch die Mädchen erheblich in der Minderzahl bleiben. In Frankfurt a. M. werden die Schulbäder, die früher mit 15 bis 18 Brausen für 30 bis 36 Kinder eingerichtet waren, neuerdings so groß angelegt, daß die 588 ganze Klasse von 60 Kindern gleichzeitig abgebadet werden kann.1 Die nötigen Räumlichkeiten liegen im Kellergeschoß und werden im Winter von der Zentral- heizung des Gebäudes, im übrigen durch einen Gasofen erwärmt; für Lüftung ist gut gesorgt. Der Auskleideraum, etwa so groß wie eine Klasse, bietet auf Bänken, die teils an den Wänden, teils im Raum mit den Rücklehnen aneinander aufgestellt sind, Platz für 60 Kinder. Der Baderaum von 44 bis 45 qm Fläche enthält im Fußboden vier Bademulden, je 4 m lang 1 m breit und 25 cm tief, darüber in der Längsrichtung dicht unter der Decke je drei kupferne Brauserohre, welche an der Unterseite zwei Reihen Brauselöcher haben, die im Abstande von 15 mm so stehen, daß die Wasserstrahlen die Breite der Mulde decken. Die Warmwasserbereitung erfolgt vom Fleizerzimmer aus durch einen Gasbadeofen von J. G. Houben Sohn Carl in Aachen, der unter dem Druck der Wasserleitung steht und in wenigen Minuten das Wasser genügend erwärmt. Der Fuß- boden des Bade raumes hat Gefälle nach den Mulden und ist mit Lattenrosten belegt, die Wände sind 1 m hoch mit Porzellan- platten bekleidet, darüber weiß gestrichen. Bild 438 zeigt die Anordnung des Bades in den Frankfurter Volksschulen. — Nach- dem die Kinder sich entkleidet haben, tritt die ganze Klasse (60 Kinder) an die Mul- den zum Waschen der Füße, was 3 bis 4 Minuten erfordert, sodann unter die Brause für 2 bis 3 Minuten; für das Bad (ausschließlich An- und Auskleiden) werden je nach dem Alter der Kinder 10 bis 15 Mi- nuten gerechnet. Die Kosten der Einricht- ung des Bade- und Auskleideraumes nebst allem Zubehör belaufen sich auf 4900 Mk. In München und in Nürnberg sind die Brausebäder der Volksschulen denen in Frankfurt a. M. sehr ähnlich und haben teilweis als Vorbilder gedient. Die Stadt Düsseldorf hat erst im Jahre 1905 mit der Anlage von Schul- bädern begonnen. In der neuen katholischen Volksschule an der Stoffeier Straße findet sich das erste, welches nach einer Ansicht im Zentralblatt der Bauverwaltung (1907, S. 234) den Frankfurter Schulbädern ziemlich nahe kommt. Die Kinder verteilen sich auf mehrere Bademulden und werden unter einzeln wirkenden Brauseköpfen ab- Bild 43S. Schulbad Frankfurt a. M. 1 Vergl. Koch. Bauart und Einrichtung der städt. Schulen in Frankfurt a. M. Frank- furt 1900. Auffarth. — Koch, Die neueren Schulgebäude der Stadt Frankfurt a. M. Frank- furt a. M. 1904. Auffarth. 589 gebraust. Auf die Anordnung von Zellen ist verzichtet, aber für die Knaben sind Badehosen, für die Mädchen Badeschürzen oder Badeanzüge vorgeschrieben. Das Kölner System der Schulbäder hat Oslender in seiner Schrift „Schul- brausebäder“ (München u. Leipzig. 1897. R. Oldenbourg) so eingehend erläutert, daß hier darauf verwiesen werden kann. Das Auskleiden erfolgt in zwei Ab- schnitten, da die letzte Hülle erst unmittelbar neben der Brause fallen soll. Die Anordnung wird verschieden getroffen. In der Schule am Gereons-Wall, deren Bad mit 12 Brausen eingerichtet ist, enthält der Baderaum an den Schmalseiten 12 abgegrenzte, offene Auskleidestände (63 cm breit und 53 cm tief) und in der Mitte zusammengelegt die 12 Auskleide- und Brausezellen, je 1 m lang und breit, mit Vorhang gegen den ringsum laufenden Gang abgeschlossen. In der Auskleide- zelle befindet sich ein Ecksitz mit Lattenrost darunter und ein Ecktischchen, in der Bild 439. Schulbad in Köln. Brausezelle die übliche trapezförmige Fußwanne nebst Sitzrolle und Brause. — Da- gegen besteht das Schulbad an der Ecke der Dreikönigen- und Zwirnerstraße aus einem Bade- und zwei Auskleideräumen. Der Baderaum enthält 16 Doppelzellen von 1 m Breite, die Brauseabteilung (1,25 m lang) die zum Sitzen eingerichtete, diagonal gestellte längliche Fußwanne, die Auskleideabteilung nur 1 m lang, einen Ecksitz und Ecktisch. Jeder der beiden Auskleideräume ist mit 16 offenen Aus- kleideplätzen versehen, wodurch an Zeit gespart wird, weil eine zweite Abteilung von Kindern sich bereits auskleiden kann, bevor die erste das Bad beendigt hat. Bild 439 gibt die Anordnung und Einteilung dieses Schulbades wieder. Die gleiche Anordnung der Zellen hat das auf S. 555 erwähnte Stadtbad II . in Krefeld. Wie Bild 408 zeigt, liegt im Kellergeschoß der Baderaum neben dem größeren Auskleideraum. Der Baderaum enthält 10 Doppelzellen mit länglichen Fußwannen, während der Auskleideraum mit 20 offenen Auskleideplätzen aus- gestattet ist. In Dülken (Rheinland) umfaßt das Schulbrausebad,1 welches schon 1893 1 Gemeinde-Verwaltungsblatt Jahrg. 1894, S. 133. 590 eröffnet wurde, zwei Ankleideräume und einen Baderaum, letzterer mit 12 Zellen eingerichtet, welche 1,50 m lang 0,80 m breit durch Wellblechwände abgetrennt und gegen den Gang durch einen Vorhang geschlossen sind; die Bademulden der Zellen sind 22 cm tief in Beton hergestellt. Zum Aufhängen der Unterkleider, welche die Kinder zur Schonung des Schamgefühls in die Badezelle mitnehmen müssen, ist ein Kleiderhaken angebracht; ein kleiner Sitz hat sich als entbehrlich erwiesen. Die Auskleideräume haben längs der Wände einfache Bänke und je 48 Kleiderhaken erhalten, so daß mehrere Abteilungen von je 12 Kindern nebeneinander baden können, obwohl jede Badezelle nur von einem Kind benutzt werden darf. _ — — L Bild 440. Schulbad in Aachen, (Volksschule im Bongard.) Die Fußböden sind mit Lattenrosten belegt. Die Heizung erfolgt im Baderaum durch den Badeofen, in den Ankleideräumen durch besondere Öfen, die Warm- wasserbereitung (bis auf 35 °) durch den Badeofen nebst Mischgefäß, die beide an die Wasserleitung angeschlossen sind. — Knaben und Mädchen baden an ver- schiedenen Tagen; im Interesse der Ordnung ist jedem Kinde seine Badezelle an- gewiesen und das Sprechen beim Baden streng verboten!! Jedem Kind wird etwas Seife, ein frisches Handtuch, dem Mädchen außerdem eine wasserdichte Badekappe von der Schule geliefert; trotzdem stellen sich die Kosten pro Bad im Durchschnitt nicht ganz auf 1 Pfg. Die Kosten der ganzen Badeanlage einschließlich Wäsche betrugen 1487 Mk. 59 Pfg. Eine etwas abweichende, aber bemerkenswerte Einrichtung hat das Brausebad der 591 Volksschule im Bongard zu Aachen, deren Anlage aus Bild 4401 hervorgeht Der im Keller belegene, etwa 9 zu 7 m große Raum ist nur zum Teil ausgenutzt. Bade- und Auskleidezellen sind so eingebaut, daß zu einer Brausezelle f zwei unmittelbar anstoßende Auskleidezellen h gehören, und von diesen zwei Gruppen von je 3 Brause- und 6 Auskleidezellen zusammengelegt sind. Die aus dem Brauseraum führenden Türen i sind durch eine Stange k zwangläufig so verbunden, daß immer die Tür des gerade Badenden offen und die andere Tür, hinter der eine zweite Person sich auskleidet oder wieder ankleidet, sicher geschlossen ist; verläßt der Badende die Brause, so schließt er hinter sich seine Tür und die gegenüberliegende Tür öffnet sich. Durch diese Einrichtung wird erreicht, daß die Kinder in der Brausezelle nicht Zusammenkommen können, und die Beaufsichtigung wird dadurch wesentlich vereinfacht. Damit man nicht von der einen Zellengruppe in die andere sehen kann, ist zwischen beide eine Scheidewand ss gestellt. In dem Brauseraum be- findet sich eine Fußwanne 1 von 67 zu 85 cm Größe und 12 cm Tiefe; die drei nebeneinander liegenden Fußwannen sind an ein gemeinschaftliches Abflußrohr m angeschlossen. Während des Abbrausens bleibt der Abflußhahn n geschlossen, es sammelt sich daher inzwischen das Brausewasser zum Waschen der Füße und wird erst abgelassen, nachdem das Brausen beendigt ist. Die Warmwasserbereitung geschieht vermittelst eines Gasbadeofens (von J. G. Houben Sohn Carl in Aachen), der im Hausflur des Erdgeschosses aufgestellt und durch einen schrankartigen Mantel geschützt ist. Der Badeofen steht auf einem Sammelbehälter c von 0,3 cbm Inhalt und ist mit Überlauf q versehen; die Warmwasserleitung d verzweigt sich zu den 6 Brausen und kann durch den Hahn g abgesperrt werden. Das Kaltwasser tritt bei o in den Ofen. Sobald die Gasflammen im Ofen angezündet sind, fließt sofort warmes Wasser in den Behälter c; mit dem Thermometer p kann ermittelt werden, wie der Zulauf o einzustellen ist, damit das Brausewasser in der gewünschten Temperatur ausfließt. Überwärmung oder gar Verbrühen ist ausgeschlossen. Die in Aachener Schulen mehrfach wiederholte Anlage gestattet in der Stunde 60 Kinder abzubaden; die Kosten der badetechnischen Einrichtung einschließlich Herstellung der Rohrleitung und der in Holz ausgeführten Zellenwände betragen etwa 2000 Mk. Die Bedienung ist äußerst einfach und erfolgt durch den Schul- diener oder dessen Frau unter Aufsicht des Lehrers oder der Lehrerin. Nicht minder wünschenswert als in städtischen Gemeindeschulen sind Bäder in den ländlichen Volksschulen, aber hier ohne Zweifel schwieriger zu beschaffen wegen der Kosten und schwieriger zu unterhalten in Ermangelung geeigneter Kräfte. Die Königliche Regierung in Minden macht zu dieser Frage in der S. 559 ge- nannten Verfügung gerade für den ungünstigsten aber meistens vorliegenden Fall, daß es nicht möglich ist, für das Bad ein besonderes Gebäude zu errichten, den praktischen Vorschlag,2 die im Wirtschaftsgebäude des Schulgehöftes vorhandene Waschküche dazu zu benutzen. Über einer die ganze Breite des Raumes ein- nehmenden flachen Fußwanne, die in Beton mit Abfluß hergestellt wird, werden 3 Brausen angebracht, die ohne feste Trennwände oder durch Vorhänge von Segel- 1 Von der Firma ij. G. Houben Sohn Carl in Aachen freundlichst zur Verfügung gestellt. 2 Veröff. d. Deutsch. Gesellsch. f. Volksbäder, Bd. III, S. 66. 592 tuch zellenartig abgeteilt benutzt werden können und von einem gemeinschaftlichen Absperrhahn abhängig sind. Das erforderliche Warmwasser wird in einem Bade- ofen bereitet, der nebst einem Mischgefäß mit der Kaltwasserleitung so in Verbin- dung steht, daß das ausfließende Brausewasser auf die gewünschte Temperatur ein- gestellt werden kann. Da eine Wasserleitung in den weitaus meisten Fällen nicht zur Verfügung steht, muß ein Reservoir auf dem Dachboden, gegen Frost genügend geschützt, aufgestellt und durch eine Pumpe, wahrscheinlich mit Flandbetrieb, gefüllt werden. — Die Kosten der badetechnischen Anlage einschließlich Fierrichtung des vorhandenen Raumes werden auf 1000 Mk veranschlagt. Sobald für das Dorfschulbad ein eigenes Gebäude aufgeführt werden sollte, dürfte es am zweck- mäßigsten um einige Wannen zu vermehren und als kleines Volksbad auszugestalten sein. Während im allgemeinen in Schulen ausschließlich die Brause- bäder Eingang gefunden haben, kommen ausnahmsweise auch andere Badeformen vor. Bild 441 zeigt die Badeanlage1 im Schullehrerseminar zu Bamberg (Kellergeschoß); es ent- hält 4 Brausebäder mit Auskleide- und Brauseraum A und B und 3 Wannen- bäder W, also den Um- fang eines kleinen Volksbades in einem Raum untergebracht. Die Vermehrung der Brausezellen würde mit Rücksicht auf schnelleren und wohlfeileren Betrieb entschieden zweckmäßiger sein. o * i 5 H S Sfibttt;. Bild 441. Badeanlage im Kgl. Schullehrer-Seminar in Bamberg. b) Fabrik- und Arbeiterbäder. Angesichts der stetig sich steigernden Ansprüche, welche die Entwickelung der Industrie an die Arbeiter der Neuzeit stellt, drängt sich immer mehr die Not- wendigkeit auf, für das Wohl der arbeitenden Klassen besser zu sorgen, nicht nur durch Verhütung gesundheitsschädigender Unfälle, sondern ganz besonders durch Schaffung von Wohlfahrtseinrichtungen zur Erhaltung der Gesundheit, zur Fern- haltung von Gewerbekrankheiten und zur Erfrischung nach getaner Arbeit. Das ist um so notwendiger, als gerade die besten, tüchtigsten und pflichttreuesten Ar- beiter den Schädigungen ihres Berufes am meisten ausgesetzt sind und deshalb am meisten darunter leiden. Die Gesundheit des Volkes, diese Quelle der Volkskraft, zu erhalten und zu heben, ist eine wichtige Seite der sozialen Be- strebungen, und dabei mitzuwirken ist nicht zuletzt das Baden berufen, weil diese Art der Körperpflege sowohl die Gesundheit kräftigt als auch den Sinn für 1 Von H. Recknagel in München freundlichst mitgeteilt. 593 Reinlichkeit und Ordnung überhaupt weckt und auf andere Gebiete überträgt. Unsere Arbeiterschaft selbst hat den Wert der Körperpflege längst erkannt; das Bedürfnis nach körperlicher Reinlichkeit ist bei ihr ebenso sehr im Steigen be- griffen wie das Streben nach besserer Ernährung und nach Verbesserung der sonstigen Lebenshaltung. Deshalb haben in richtiger Erkenntnis der hohen Wich- tigkeit dieser Sache viele gewerbliche Betriebe, zum Teil auf behördliche Anord- nung, für ihre Arbeiter eigene Bäder eingerichtet, welche ihnen unentgeltlich, bis- weilen auch gegen einen kaum nennenswerten Preis zur Verfügung stehen und von ihnen sogar während der Arbeitszeit ohne Lohnabzug benutzt werden können. Die Arbeiter sind infolgedessen in der Lage, vor dem Verlassen der Arbeitsstätte von Staub, Abfällen, Schweiß und sonstigen Absonderungen, welche daheim die Luft und die Gesundheit der Familie verschlechtern, sich zu reinigen und die Verschleppung von Infektionskrankheiten wesentlich zurückzuhalten, besonders wenn mit dem Baden ein Umkleiden verbunden wird. Daraus folgt, daß die Badeein- richtung einer Fabrik am zweckmäßigsten in der Nähe des Ausganges untergebracht wird oder bei größeren Betrieben in zentraler Lage, damit das Bad von allen Arbeitsstätten bequem zu erreichen ist. In ganz großen Betrieben hat sich jedoch auch die Dezentralisation bewährt; man errichtet an vielen gut verteilten Punkten eine größere Zahl kleinerer Bäder. In jedem Falle, auch wenn die Bäder in Ge- bäuden anderer Betriebszwecke eingerichtet werden, sollen sie im Erdgeschoß liegen. Als geeignetste Badeform kommt im wesentlichen das Brausebad in Betracht, das hygienisch am besten ist und die größte Leistung aufweist, in kurzer Zeit viele Personen abzubaden; letzteres ist da von höchster Wichtigkeit, wo wie beim Schichtwechsel Hunderte von Arbeitern fast gleichzeitig baden wollen. Die Ein- richtung wird bisweilen so getroffen wie in Volksbädern, wo zu jeder Brause- eine Auskleidezelle gehört; bisweilen legt man zu einer Brausezelle zwei Aus- kleidezellen. In anderen Fällen sind die Auskleidezellen von den Brausezellen ganz getrennt; es bestehen dann gesonderte Auskleidestände, von denen je drei zu einer Brausezelle gehören. Diese Anordnung ermöglicht es, No. 1 sich schon wieder ankleiden zu lassen, während No. 2 unter der Brause ist, und No. 3 sich aus- kleidet. Endlich kommen auch Einrichtungen vor, in denen zu einer großen An- zahl von Brausen eine viel größere Zahl von offenen Auskleideplätzen in gemein- schaftlichem Auskleideraum angelegt ist. Dabei findet aber eine Trennung der Arbeiter insofern statt, als für die jüngeren (unter 18 oder 20 Jahren) und für die älteren besondere Auskleideräume bestehen; bisweilen werden auch Verheiratete und Unverheiratete getrennt. Neben den Brausebädern werden öfter einige Wannenzellen eingerichtet, und dies besonders da, wo auch für Arbeiterinnen zu sorgen ist, die, wie das weib- liche Geschlecht überhaupt, das Brausebad nicht gerade lieben; indessen hat man auch die Beobachtung gemacht, daß Arbeiterinnen das Brausebad gern benutzen, wenn es, wie in den Volksbädern, in abgeschlossener Auskleide- und Brausezelle geboten wird, da ältere Arbeiterinnen sich den jüngeren nicht zeigen und mit ihnen nicht zusammenbaden mögen. Auch für Beamte und Werkmeister pflegen einige Wannen- und Brausebäder reserviert gehalten zu werden. Sehleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 38 594 Die Anlage von Arbeiterschwimmbädern ist gleichfalls, und zwar da empfohlen worden, wo aus dem Betriebe großer Dampfmaschinen in großer Menge das Kondensationswasser mit 30 bis 45° als gratis erwärmtes Badewasser benutzt werden kann. Abgesehen von vereinzelten Ausnahmen hat der Vorschlag jedoch noch keine Annahme gefunden; denn neben dem Schwimmbad müßte doch noch ein Brausebad zur Reinigung, wozu das Schwimmbad nicht geeignet ist, vorhanden sein. Letzteres hat sogar das hygienische Bedenken, daß das Wasser bald über- mäßig schmutzig wird und Krankheitsübertragungen befördern kann, wie z. B. Typhus und Wurmkrankheit der Bergarbeiter; die gemeinschaftlichen Badebassins sind deshalb manchmal direkt verboten worden. Außerdem dürfte das Schwimm- bad auch zuviel Zeit erfordern und reichlich kostspielig werden. Die Zeitdauer für ein Brausebad wird in der Regel auf 15 Minuten, für ein Wannenbad auf 30 Minuten bemessen. Die Häufigkeit des Badens ist ver- schieden und richtet sich nach der mehr oder weniger beschmutzenden Tätigkeit des Arbeiters oder nach der Gefährlichkeit der Stoffe, mit denen die Arbeiter zu tun haben. So z. B. müssen die in den Spandauer Munitionsfabriken beschäftigten Arbeiter, welche mit Blei, Zink, Quecksilber und ähnlichen gesundheitsschädlichen Präparaten hantieren, wöchentlich mindestens zweimal baden und erhalten dazu Handtuch und Seife umsonst; sie baden während der Arbeitszeit ohne Lohnabzug. Ähnlich in Porzellan- und Zementfabriken, Spinnereien u. s. w. Die übrigen Arbeiter baden wöchentlich einmal, zahlen aber für ein Wannenbad 10 Pfg., für ein Brausebad 5 Pfg. In manchen Betrieben wird zwar das Bad umsonst ge- liefert, aber für Handtuch und Seife 5 Pfg. gezahlt. Ein Verlust an Arbeitsleistung infolge des Badens wird nicht beobachtet, der Zeitverlust vielmehr durch die körperliche Erfrischung reichlich eingebracht. Der Betrieb eines Arbeiterbades stellt sich überall da billig, wo aus Kesseln oder Maschinen Dampf oder Abdampf oder Kühlwasser der Kondensatoren die Warmwasserbereitung erleichtern; andernfalls muß ein Dampfentwickler oder ein Badeofen aufgestellt werden. Die Größe des Arbeiterbades richtet sich sowohl nach der Zahl der Arbeiter als auch nach dem Grade der Verschmutzung, der dieselben ausgesetzt sind. Bei reinlicher Arbeit ist für je 20 bis 25 Arbeiter eine Wannen- oder eine Brausezelle anzulegen; bei ganz schmutziger Arbeit wird von Wannenbädern besser abgesehen und für je 10 bis 15 Arbeiter eine Brausezelle beschafft. Die Bäder der Berg- und Hüttenarbeiter, welche in großer Zahl fast gleichzeitig und in kurzer Zeit beim Schichtwechsel sich reinigen wollen, bedürfen besonderer Einrichtungen, von denen später die Rede sein wird. Die bauliche Herrichtung der Arbeiterbäder unterliegt zwar denselben Grund- sätzen wie die der Volksbäder, aber da die Kosten lediglich dem Besitzer zur Last fallen, und Fabrikanlagen nicht selten Veränderungen erfahren, so werden die Arbeiterbäder meistens weniger solide und aufwendig, wenn auch so zweckmäßig wie möglich ausgeführt. Das Bad besteht aus den nötigen Wannen- und Brausezellen nebst Aus- kleideraum, einer Zelle für den Wärter zur Unterbringung von Wäsche und Ge- räten, einem einfachen Warteraum und Abort. 595 Die Wannenzellen sollen 1,80 bis 2,0 m breit und 2,0 bis 2,50 m lang sein, die Brausezellen 1,10 bis 1,25 m breit und 2,0 bis 2,25 m tief. Die Trennwände von 2,0 bis 2,10 m Höhe werden der hohen Kosten wegen selten aus beiderseits glasierten Badeanstaltssteinen hergestellt; auch Monier- oder Rabitzwände, mit Porzellan platten bekleidet, werden noch reichlich teuer. Monierwände haben sich wesentlich besser bewährt als Wände von Wellblech. Ausreichend und nicht zu teuer sind Holzwände, deren schmale Bretter zwischen u -Eisen ein- gesetzt sind und wegen Beförderung der Lüftung und bequemer Reinigung des Fußbodens erst 10 cm überFußboden beginnen ; das Holz — Kiefern oder besser Pitchpine — wird mehrmals mit heißem Leinöl gestrichen, was haltbarer und ansehn- licher ist als Ölfarben- anstrich, welcher dem warmen Seifenwasser nicht widersteht. Soweit die Zellen an Gebäude- wände anstoßen, werden diese 2 m hoch sauber mit Zement geputzt, sel- tener mit weiß glasierten Steinen verblendet oder mit Porzellanplatten be- kleidet. Im Brausebad erfolgt die Trennung des Brauseraumes vom Aus- kleideraum am besten durch einen Wandabschnitt; Vorhänge sind zwar billiger, aber auch wenig haltbar. Die Türen werden in Holz ausgeführt, der Verschluß öfter durch den Klappsitz, wie er in den Zellen der Schwimmhallen üblich, sonst durch inneren Riegel. Im letzteren Falle ist ein hölzernes Sitzbrett anzubringen, darüber 3 Kleiderhaken und nahe der Brause eine Seifenschale. Der Fußboden wird in Beton hergestellt und mit Zementestrich oder Asphalt belegt; man kann ihn mit oder ohne Lattenrost ausführen und hat danach das Gefälle einzurichten. Bild 442 1 zeigt die Anordnung mit Lattenrost, wobei die Fußwanne fortbleibt. Innerhalb der Zelle liegt der Fußboden 5 — 6 cm tiefer als auf dem Gange und senkt 1 Die Bilder 442, 443, 444 sind uns von der Firma H. Schaffstädt in Gießen freund- lichst überlassen worden. Bild 412. Arbeiterbrausebad mit Lattenrost ohne Fußwanne. 38* 596 sich bis zu der offenen Abflußrinne, die in die Kanalisation eingeführt wird. Der Lattenrost liegt wagerecht und läßt sich zur Reinigung des Fußbodens aufheben; daß er trotz Anstrichs mit heißem Leinöl nur 5 — 6 Jahre dauert, ist ein nicht zu beseitigender Ubelstand. — Soll der Lattenrost fortfallen, so wählt man die in Volksbädern übliche Gestaltung mit Fußwanne (s. Bild 443) von ca. 60 bis 80 cm Größe und 12 cm Tiefe, die sich 6 — 8 cm hoch mit warmem Wasser füllt, bevor der mit Ablauf verbundene Überlauf in Tätigkeit tritt. Eine Sitzrolle von Zink- blech auf Eisenstützen ist nötig, damit der Badende sitzend die Füße waschen kann. Vom Gange ab hat der Fußboden der ganzen Zelle Gefäll nach der Fuß- wanne. Im Auskleideabteil ist zum Schutz gegen Er- kältung der Füße ein kleiner Lattenrost erwünscht, da der Fußboden kaum erwärmt sein wird. Die Brausen werden an der Trennwand der Zelle oder vor dem trennenden Vorhang so angebracht, daß ihre Strahlen nach außen gerichtet sind, also die Klei- der des Badenden nicht wohl treffen können. Für die Wannenbäder haben sich gußeiserne email- lierte Wannen recht gut be- währt; sie sind wesentlich billiger als Fliesenwannen und ungleich haltbarer als Zinkwannen. Man stellt sie über der Fußboden- entwässerung lose auf, damit man sie fortnehmen und den Boden reinigen kann. Über der Wanne wird meist eine Brause gewünscht. Die Bereitung des Warmwassers erfolgt in den meisten Fällen durch Dampf und kann zentral angeordnet werden wie in den Stadtbädern, wo kaltes und warmes Wasser durch ein in der Zelle liegendes Mischventil (z. B. wie Bild 275) beliebig temperiert in die Brause gelangen. Eine andere, vielfach ausgeführte Art der Wassererwärmung geschieht lokal, d. h. an der Brause selbst durch einen kleinen Schaffstädtschen Gegenstromapparat, den Bild 444 erläutert. Wenn durch das Ventil a Dampf eingelassen wird, so strömt er durch das unten offene Rohr- system b abwärts und gibt durch dessen Wandungen, indem er kondensiert, — Bild 443. Arbeiterbrausebad mit Fußwanne. 597 das Kondenswasser fließt unten frei aus — an das unten bei c eintretende und nach oben aufsteigende Wasser ab. Öffnet man also gleichzeitig die Ventile a und d, so fließt in die Brause warmes Wasser, dessen Temperatur sich an der Hand des Thermometers durch entsprechende Stellung der Ventile variieren, aber vermöge der Konstruktion des Apparates niemals über 35° steigern läßt, so daß Bild 444. Schaffstädtscher Gegenstromapparat für Brausebäder. Verbrühungen unmöglich sind. Der Apparat arbeitet völlig geräuschlos, weil der Dampf nicht in das Wasser strömt, und liefert sofort warmes Wasser, sobald nur der Dampf angestellt ist; er macht die Aufstellung eines Warm Wasserreservoirs und der Warmwasserleitungen entbehrlich, an deren Stelle er allerdings die Dampf- leitung nötig hat. Selbstverständlich kann der Gegenstromapparat auch zur Füllung von Wannen benutzt werden. 598 Das erste Fabrikarbeiterbad in Deutschland wurde von der Chemischen Fabrik Gebr. Heyl & Co. in Charlottenburg auf eigene Kosten errichtet und ihren Beamten und Arbeitern gratis zur Verfügung gestellt. Die Anlage ist, wie Bild 445 veranschaulicht, sehr einfach disponiert und nachträglich zwischen zwei Mauern eingebaut, so daß sie durch Oberlicht beleuchtet werden mußte; eine über dem Mittelgang aufgebaute Laterne sorgt für die Lüftung. Der verfügbare, 8,45 m breite Raum ist so ausgenützt, daß 10 Brausezellen (auf jeder Seite des Ganges 5) von 2,40 m Tiefe und 1,40 m Breite durch 2,5 cm starke Holzwände von 1,80 m Höhe abgeteilt sind. Jede Zelle ist durch ein kurzes Wandstück in zwei Teile zerlegt, den kleineren Auskleideraum mit Ecksitz und den größeren Brauseraum; über dem letzteren ist die Brause so angebracht, daß sie nach außen spritzt. Die Betonfußböden sind in den Zellen mit Lattenrosten belegt. Der zur Wasser- Bild 445. Arbeiterbrausebad der Firma Gebr. Heyl & Co. in Charlottenburg. Bild 446. Arbeiterbad zu Leinhausen bei Hannover. a Waschhalle, b Gang, c Wärterzimmer mit Wäscheschränken. d Badezimmer, e Brausen. / Auskleidezimmer, g Dampfbad. h Zimmer zum Nachschwitzen. erwärmung und Heizung erforderliche Dampf kommt aus dem anstoßenden Fabrik- gebäude.1 Ungefähr gleichzeitig wurde auf dem fiskalischen Werkstättenbahnhof in Leinhausen vor Hannover ein Arbeiterbad2 von Schwering erbaut, welches allerlei Reinigungsformen bietet; wie der Grundriß in Bild 446 zeigt, enthält der frei- stehende kleine Bau eine Waschhalle, vier Wannenzellen, eine Zelle mit 2 Brausen, ein Dampfbad mit Ruhe- oder Nachschwitz- und Auskleideraum und ein Wärter- zimmer. Die Waschhalle ist mit 12 gußeisernen, innen emaillierten Waschbecken ausgestattet, jedes mit Zu- und Abfluß. Von den Wannenzellen ist eine mit Fayencewanne versehen, während die übrigen drei gußeiserne, innen emaillierte Wannen erhalten haben; die Wassererwärmung erfolgte ursprünglich durch Dampf, 1 Vergl. Uhlands Ind. Rundschau. 1889, S. 259. 2 Zeitschr. d. Hannov. Arch.- u. Ing.-Vereins 1879, S. 184. 599 welcher durch ein am Boden rings am Rande der Wanne verlegtes gelochtes Kupfer- rohr in das Wasser eingelassen wurde, was natürlich starkes Geräusch verursachte. Die beiden Brausen liegen in gemeinschaftlicher Zelle nebeneinander und wurden durch Wasser gespeist, welches gleichfalls durch direkt eingeführten Dampf er- wärmt wurde, indem man vermittelst eines Dreiwegehahns im Zuflußrohr mehr oder weniger Kaltwasser und Dampf in Berührung brachte und das Warmwasser von je nach der Hahnstellung regelbarer Temperatur — aber nicht ohne erheb- liches Geräusch — den Brausen zuführte, die damals noch mehr als Anhängsel des Dampfbades, denn als selbständige Badeform betrachtet wurden, obwohl sie auch für sich allein benutzt werden konnten. Das Dampfbad ist von sehr be- scheidener Einrichtung, der Aus- kleideraum nur mit Bänken und Kleiderhaken, der Ruhe-(Nach- schwitz-)raum mit einigen Lager- plätzen und dem nötigsten Mobi- liar ausgestattet. Zur Heizung und Wassererwärmung kam der Dampf aus einem benachbarten Kesselhause; seine Spannung von 5 Atmosphären mußte mittels Druckminderer auf 1 Atmosphäre herabgesetzt werden. Die Kosten haben (im Jahre 1878) ca. 10700 Mk. betragen, wovon 7400 Mk. auf das Gebäude, 2800 Mk. auf die badetechnische und 500 Mk. auf die übrige Einrichtung (Möbel, Wäsche u. s.w.) entfallen. Seitdem sind seitens der Eisenbahnverwaltungen vielfach schon Badeeinrichtungen, und zwar nicht nur für die Arbeiter der Werkstätten, sondern auch für das Fahr- personal (für Zugbeförderung und Zugbegleitung) geschaffen worden; auf den Anfangs- und Endstationen der Züge, bei den Maschinen- und Wasserstationen, bei den Gasanstalten und bei den Übernachtungslokalen finden die verschieden- artigen Bediensteten unentgeltliche Gelegenheit zu körperlicher Reinigung nach beendigter Tagesarbeit. Diese Bäder sind wegen der geringen Anlage- und Unter- haltungskosten, wegen des geringen Raumbedarfes und wegen großer Leistungs- fähigkeit mit hygienisch durchaus befriedigendem Erfolge meistens als reine Brause- bäder ausgeführt worden, bisweilen mit Hinzunahme von 1 bis 2 Wannen, und gleichen dann völlig den entsprechenden Volksbädern der Städte. Bisweilen findet sich aber auch eine größere Zahl von Wannen, wie z. B. in einem Bade der Main- Neckar-Bahn auf der Station Darmstadt, welches Bild 447 darstellt. In dem freistehenden kleinen Bau betritt man zuerst einen Vor- und Warteraum und hat 7 Wannen- und 6 Brausezellen, jede völlig abgeschlossen. Die letzteren sind 600 durch Vorhänge in zwei gleiche Teile geteilt und haben die in Bild 443 erläuterte Einrichtung. Die Heizung erfolgt durch Dampf in Rippenrohröfen, die Warmwasser- bereitung lokal durch die in Bild 444 dargestellten Schaffstädtschen Gegenstrom- apparate, die auch das Wasser für die Wannen liefern. Beiläufig sei hier erwähnt, daß auch bereits damit begonnen ist, in den Bahn- höfen der großen Eisenbahnstationen Bäder für Reisende einzurichten, wie z. B. die Wannenbäder in den Hauptbahnhöfen zu München und Frankfurt a. M. Es scheint jedoch, als ob dafür noch nicht die richtige Form gefunden ist, und daß die noch zu hohen Preise einer ausgedehnteren Benutzung seitens des reisenden Publikums entgegen stehen. Vermutlich haben mehr oder weniger elegant ausgestattete Brause- bäder größeren Zuspruch zu erwarten. Unter den älteren Bädern für Fabriken nimmt eine besondere Stellung das Arbeiterbrausebad der Zementfabrik „Stern" (Toepffer, Grawitz & Co.) in Finkenwalde bei Stettin1 ein, weil es für die Arbeiter nur das System der Brausebäder festhält. In ein altes Kesselhaus eingebaut, welches mitten in der Fabrik liegt, ist es von allen Betrieben leicht erreichbar und enthält außer einem Raum A für den Wärter und einem Raum B mit Wanne und Brause für Beamte noch 12 Brausebäder für die Arbeiter. Die Anordnung der Bäder geht aus Bild 448 hervor. Alle Abteile sind durch Monierwände von 2,0 m Höhe geschieden, die Türen darin durch Vorhänge von Segeltuch ersetzt. Die Brausebäder sind durch ein festes Wandstück in Auskleide- und Baderaum zerlegt. Der Aus- kleideraum hat ein Ecktischchen und einen Ecksitz mit Kleiderhaken darüber, so daß die daran hängenden Kleider nicht naß werden können, der Baderaum unter der Brause einen Sitz und einen niedrig angebrachten Warmwasserhahn zum Waschen der Füße. In beiden Abteilen der Zelle be- decken Lattenroste den Fußboden, ohne den Abfluß des Wassers zu hindern. Das warme Wasser, dessen Entnahme in den Zellen nicht be- schränkt ist, wird im Wärterraum A bereitet, wo sich in der Höhe das Kaltreservoir R befindet mit einem geräuschlos arbeitenden Dampfwasserwärmer und Schwimm- kugelhahn, der den Zufluß aus der Wasserleitung begrenzt. Das warme Wasser wird durch einen Mischhahn auf eine Temperatur von 30 bis 31° gebracht und so mit Hilfe eines Thermometers dauernd gehalten. Alle Rohrleitungen sind im Wärter- zimmer abzusperren. Hochsitzende Seitenfenster geben die Tagesbeleuchtung, Gas- licht die Abendbeleuchtung. Die Heizung erfolgt durch Dampf in glatten Rohr- zügen, die Lüftung durch die Klappflügel der Fenster. Die Kosten betrugen un- gefähr 4500 Mk. und machen sich durch starken Besuch des Bades seitens der Arbeiter gut bezahlt. Die Benutzung des Bades ist für die Arbeiter, die sich Wäsche und Seife mitbringen, unentgeltlich — Herleihen eines Handtuches kostet 5 Pfg. — und soll Bild 448. Arbeiterbrausebad der Zementfabrik „Stern“ in Stettin-Finkenwalde. 1 Vergl. Deutsche Bauzeitung 1893, S. 177. 601 die Dauer von 15 Minuten pro Bad nicht übersteigen. Für die einzelnen Gruppen der Arbeiter sind gewisse Badezeiten angesetzt; für die schmutzigsten Betriebe (Ofen- und Koksarbeiter, Packer) alle Tage nachmittags von 3 bis 6 Uhr, für die übrigen wöchentlich nur je zwei Stunden eines Nachmittags. Sonntags morgens können Frauen baden. A o A 2. * H 5 AO JVfTR.- Bild 449. Kleinere Bäder der Fabrik Friedr. Krupp in Essen. Sehr bemerkenswert sind die zahlreichen Bäder, welche die Firma Friedr. Krupp1 in Essen errichtet hat, und die in verschiedener Größe, fast ausschließlich oder doch im wesentlichen Brausebäder enthaltend über das Fabrikgebiet verteilt sind. Bild 449 gibt davon einige typische Beispiele, denen eine eigenartige Ver- bindung von je zwei Auskleideräumen mit einer Brausezelle gemeinsam ist, wo- durch eine bessere Ausnutzung der Brause ermöglicht wird, weil sich der erste 1 Nach Veröff. d. Deutschen Gesellsch. f. Volksbäder, Bd. II, S. 79. Berlin 1903, Hirschwald. 602 CRPCi€fCH0/s. Bild 450. Projekt eines Arbeiterbades mit Lesehalle für Friedr. Krupps Arbeiterkolonie Friedrichshof. Besucher schon wieder ankleiden kann, wenn der zweite unter der Brause steht. In dem ersten Bade, das zwei Wannen und 4 Brausen enthält, ist die Trennwand der beiden Auskleideräume so geknickt, daß sich die Sitze in die Wandnischen 603 verschieben, aber noch Wandflächen zur Anlage von Türen zu der gemeinschaft- lichen Brausezelle verbleiben, deren Einrichtung die übliche ist. Der Mittelgang ist vor den Wannenzellen zu einem kleinen Warteraum erweitert und mit Bänken versehen. — In dem zweiten Beispiel sind nur 4 Brausen mit 8 Auskleidezellen angelegt; da letztere 1,0 m lang und breit sind, ist der Brauseraum 2,0 zu 1,0 m groß. Auf dem Gang ist eine Bank für Wartende aufgestellt. — Das dritte Bei- spiel ist ein Bad mit 2 Wannen und 8 Brausen nebst 16 Auskleidezellen und ist mit einer größeren Abortsanlage verbunden. Die Wannenzellen sind von dem Bild 451. Arbeiterbad der Chemischen Fabrik „Rhenania“ in Stollberg bei Aachen. Brausebad völlig getrennt; letzteres ist mit einem Warteraum und einem Gelaß für den Wärter versehen. — Alle drei Bäder erhalten das Tageslicht durch Seiten- fenster, welche über den Trennwänden der Zellen sitzen. Die Heizung und Warmwasserbereitung erfolgt durch Dampf, die Lüftung durch Schlote auf der Dachfläche. Den Entwurf einer Badeanstalt für ihre Arbeiterkolonie Friedrichshof, für Männer und Frauen bestimmt und mit einer Lesehalle verbunden, hatte die Firma Friedr. Krupp in Essen 1902 auf der Industrie- und Gewerbeausstellung in Düsseldorf unter ihren Wohlfahrtseinrichtungen für Arbeiter ausgestellt; dasselbe 604 ist in Bild 450 1 wiedergegeben. Das Erdgeschoß hat drei Eingänge, von denen zwei rechts lind links von einem Raum für den Wärter zu den Bädern führen, denen Vor- und Warteräume vorgelegt sind; für Frauen sind 3 Wannenzellen 3,10 zu 2,0 m groß nebst Abort (unter der Treppe) vorhanden, für Männer ebenso 3 Wannenzellen nebst Abort und 15 Brausebäder mit 15 Auskleidezellen. Der dritte Eingang führt zur Treppe nach dem Obergeschoß, wo sich die Bücherei, die große Lesehalle, ein Lesezimmer für Raucher, Garderoben mit Abort für Männer und Frauen befinden. Im Keller sind die Kessel und Boiler, die Wäschereiräume und ein kleines Zimmer für den Heizer nebst Abort untergebracht. Der mit ein- fachen Mitteln in Ziegeln mit Putzflächen und einigem Fachwerk durch geschickte Verteilung der Massen wirkungsvoll gestaltete Bau könnte für manches städtische Bad ein vortreffliches Vorbild sein. Bild 452. Arbeiterbad des Aachener Hütten-Aktien-Vereins Rote Erde. Eine sehr klare Anordnung bietet das für Männer und Frauen bestimmte Arbeiterbad der Chemischen Fabrik „Rhenania" in Stolberg bei Aachen; s. Bild 45 L Die Frauenabteilung besteht aus 3 Wannen- und 3 Brauseabteilungen, die völlig getrennte Männerabteilung aus 20 Brausezellen. Letztere sind durch Monierwände voneinander geschieden und durch einen wasserdichten Vorhang wieder in Brause- und Auskleideraum geteilt, die Fußböden wie in Bild 442 mit Lattenrosten belegt. Lokale Gegenstromapparate besorgen die Warmwasserbereitung. Die Heizung erfolgt durch Dampf in Rippenkörpern, an denen sich die direkt zu- geführte Frischluft erwärmt, die Entlüftung durch Schächte über Dach. Die bade- technische Einrichtung ist von H. Schaffstädt in Gießen ausgeführt. Das Arbeiterbad des Aachener Hüttenvereins Rote Erde, welches Bild 452 darstellt, ist ein reines Brausebad, dessen Einteilung insofern bemerkenswert ist, als 1 Von der Deutschen Gesellsch. f. Volksbäder (vergl. deren Veröff. Bd. II, S. 73) freund- lichst zur Verfügung gestellt. 605 9 Brausezellen mit Auskleide- und Baderaum (durch Vorhang getrennt) und 1 8 Brause- badezellen ohne Auskleideräume angeordnet sind, durch deren Fortfall mitten in dem an eine Mauer angelehnten Gebäude der Raum gewonnen ist, um 42 offene Auskleideplätze aufzustellen, wodurch sich die 18 Brausen erheblich stärker aus- nutzen lassen. Die geschlossenen Zellen werden gern von den älteren Arbeitern aufgesucht, die offenen Plätze verbleiben den jüngeren. Als Beispiel eines ganz großen Arbeiterbades mit Brausen und Wannen möge zum Schluß das der Zuckerraffinerie Fr. Meyers Sohn in Tangermünde Bild 453. Arbeiterbad für Herrn Fr. Meyers Sohn Zuckerraffinerie, Tangermünde. genannt sein, s. Bild 453. Es enthält 44 Brausebäder in zwei getrennten Abteilungen für Männer und Frauen; jede Abteilung hat besonderen Eingang und Warteraum, jedes Brausebad einen Auskleideraum und einen etwas größeren Baderaum mit Fuß- wanne. Eine weitere Abteilung enthält Wannen- und Schwitzbäder in zwei Gruppen, jede mit eigenem Eingang und Vorraum; die eine Gruppe mit 2 Wannen und Dusche- raum, die andere mit 3 Wannen und Duscheraum, zwischen beiden ein größerer Raum mit Schwitzkasten, einer Wanne und Brausen und ferner ein kleinerer Raum mit Lichtkasten bad. Die Beleuchtung erfolgt bei Tage nur durch Oberlicht, abends durch elektrisches Licht, die Heizung größtenteils durch Dampf in Rippenrohren, welche in Fußbodenkanälen liegen, in den Schwitzbädern durch Dampföfen, die Wasserversorgung durch ein Kalt- und ein Warmreservoir, die nahe der Dach- 606 fläche möglichst hoch aufgestellt sind. Den Brausen und Wannen wird kaltes und warmes Wasser zugeführt, dessen Ausflußtemperatur durch ein Mischventil reguliert wird. Die badetechnische Einrichtung rührt von H. Schaffstädt her und bietet keine Besonderheiten mehr. In den Betrieben, bei denen sich alle Arbeiter stark verunreinigen, wie in Kohlenzechen, Bergwerken und dergl. müssen die Reinigungs- und Badeeinricht- ungen so beschaffen und so ausgiebig sein, daß beim Schichtwechsel möglichst alle Leute, bisweilen Hunderte in kurzer Zeit sich reinigen und möglichst baden können. Die Einrichtungen für die Bergwerksarbeiter, welche von ihnen „Waschkauen“ genannt werden, waren früher recht einfach, wie nach Bild 454 das Bad der Zeche König1 in Oberschlesien zeigt. Es ist ein Doppelbad, dessen rechte Hälfte für Beamte, dessen linke Hälfte für die Arbeiter bestimmt ist; jede Hälfte hat eigenen Eingang. Die Arbeiter kleiden sich in D aus, baden zu etwa 15 bis 20 Mann gemeinschaftlich in dem 1,3 m tiefen Wasser des Bassins A und kehren durch den Dusche- raum C zu ihren Kleidern zurück. Den Be- amten stehen zwei Wannen B, ein Vollbad A, der Duscheraum C und der Auskleideraum D zur Verfügung, also verhältnismäßig sehr viel mehr Raum und günstigere Badegelegenheit als den Arbeitern. Bild 454. Bad der Zeche König in Oberschlesien. Bild 455. Badeanstalt der Zeche Prosper b. Oberhausen. A Vollbad. B Galerie. Einen wesentlichen Fortschritt schließt die Badeanstalt der Zeche Prosper bei Oberhausen insofern in sich, als sie, obwohl für eine Belegschaft von 2000 Mann berechnet, jedem Arbeiter einen verschließbaren Aufbewahrungsort für die Gruben- und die Straßenkleidung bietet; der Arbeiter ist deshalb in der Lage, nach der Reinigung im Bade die reine Straßenkleidung anzuziehen und die Arbeitskleidung bis zur nächsten Arbeitszeit an Ort und Stelle trocknen zu lassen. Nach Bild 455 ist in die 50 m lange 14 m tiefe Halle, die durch Oberlicht erleuchtet ist, eine auf Säulen ruhende Galerie eingebaut, welche durch die in der Mitte befindliche Treppe B zu ersteigen und über den beiden Badebassins A mit weiten Ausschnitten durch- brochen ist. Die Bassins haben je ca. 40 qm Wasserfläche und 1 m Wasserstand. Das Umkleiden sowie das Aufbewahren der Kleider findet auf der Galerie und unter derselben statt. Der ganz in Stein und Eisen ausgeführte Bau galt früher 1 Osthoff a. a. O. S. 267. — Einrichtungen zum Besten der Arbeiter auf den Berg- werken Preußens. Bd. II, S. 79. Berlin, Ernst & Korn. 607 als Muster (vergl. Osthoff a. a. O. S. 269), dürfte aber jetzt nicht mehr ausgeführt werden, also nur noch historisches Interesse beanspruchen. Das Knappschaftsbad zu Eisleben enthält neben Wannenbädern ein vollständiges römisch-irisches Bad nebst Dampfbad; letzteres ist jedoch nachträglich aufgegeben und zu einem Doppelwannenbad umgebaut worden. Von dem Vor- Bild 456. Knappschaftsbadeanstalt zu Eisleben. A Apodyterium. B Tepidarium. C Warteraum. D Lavacrum mit Vollbad. E Sudatorium. und Warteraum C (s. Bild 456) 1 gelangt man rechts zum Wannenbad (6 Wannen) und links zum Schwitzbad, dessen Apodyterium A sechs Ruhelager füllen, anstoßend der Warm- und Heißuftraum B und E, der Duscheraum D mit Vollbad und nebenan Abort. Die Heizung geschieht durch Dampföfen, in den Schwitzräumen durch glatte, längs der Wände nahe am Fußboden liegende Rohre, die Vorwärmung der Frischluft mittels Rohren, welche durch den Fuchs der Kesselfeuerung geführt sind und in dem Hohlraum unter Fußboden endigen, die Entlüftung durch den Dachboden. Indessen auch diese Anlage mit ausgesprochener Be- vorzugung der Schwitzbäder dürfte heute nur selten Nachahmung finden. Seitdem die gemeinschaftlichen Bassin- bäder, deren Wasser nur allzu schnell schlammig wird, als hygienisch bedenklich und sogar als Ansteckungsort für die Wurmkrankheit der Bergleute erkannt sind, seitdem man erfahren hat, daß Brausebäder als Massenbäder obenan stehen und die körper- liche Reinigung mindestens ebenso gründlich, wie alle anderen Bäder gestatten, werden neuerdings für die Be- triebe mit großer, die Arbeit gleichzeitig verlassender Arbeiterzahl in der Regel Brausebäder angelegt und außerdem noch umfangreiche Waschgelegenheiten und Um- kleideräume hinzugefügt, wenn die Art der Arbeit naß oder besonders schmutzend ist. Die Waschgelegenheit besteht in einer Reihe von Kippwaschbecken (Wasch- Bild 457. Kippwaschbecken. 1 Osthoff a. a. O. S. 268. 608 . 7 , , derselben muß so groß sein, daß • • Rild 457 1 darstellt. Die Z . CTiißeisernen, innen Batterien) wie sie Bild 45 entstehen kann. Die guße ,m ihre Benutzung nicht leicht btre 44 cm brelt| 13 cm nei, .... w/dQrlihecken von ca. uäncren an zwei Zap er .... hängen an zwei Zapfen drehbar in einer sogenann- ten Tasche von Eisenblech, 48 cm breit, in welche sich beim Umkippen des Beckens das Wasser er- gießt und entweder in eine offene Fußbodenrinne oder durch ein Abflußrohr abfließt. Der Wasserzufluß erfolgt mittels Hahn aus einem Rohre, welches über den Waschbecken entlang läuft; Zufluß von warmem Wasser ist sehr erwünscht. Die Waschbatterien wer- den entweder an den Wänden befestigt, wie in Bild 458, oder frei un Raume aufgestellt, wie in Bild 459, je nach- dem man die Aus- kleideplätze und Klei- derständer an den Wänden oder frei in Raume unterbringei will; die Anordnun; in der Mitte des Rar mes wird meist b< vorzugt, weil die Obe sichtlichkeit nicht k det, besonders wei für die Kleider v< schließbare Schrän gewählt werden, e g Einrichtung, die Lj doch viel Raum i I große Kosten •dert ^BUd457,458 nach der Schaffs erben Ausführungsv 609 Falls neben Männern auch Arbeiterinnen beschäftigt werden, müssen für diese getrennte Räume mit besonderen Eingängen angelegt werden. Die Räume müssen mit Warmwasserleitung versehen, im Winter heizbar und stets gut zu lüften sein; außer guter Tagesbeleuchtung ist für ausreichende Abend- beleuchtung zu sorgen. Zum Trocknen nasser Kleider müssen geeignete Vorrichtungen vorhanden sein; am einfachsten sind Dampf- öfen, welche von Trocken- gestellen umgeben sind. In den großen Bergwerksbetrieben bedient man sich jetzt jedoch meistens der von Göhmann & Einhorn, G. m. b. H. in Dresden- Dortmund, eingeführten Klei- deraufzüge, wie in Bild 460 dargestellt.1 Die Kleider wer- den an Schnur- oder Ketten- zügen aufgehängt, in die Höhe gezogen, und die Schnur oder Kette an „Schnurleisten", die 1,0 bis 1,50 m hoch an Wand sitzen, eventuell mit Hilfe eines Vorhängeschlosses befestigt; letztere Art verhindert Dieb- stahl. Jeder Aufzug trägt die Nummer der Kontrollmarke des betreffenden Arbeiters. Da der Abstand der Aufzüge mit 40 cm ausreicht, lassen sich auf kleinem Raum die Kleider vieler Leute unterbringen und der Raum selbst noch zum Umkleiden benutzen, wobei sich die Arbeiter gegenseitig kontrollieren können, so daß auch Diebstahl kaum möglich ist. Die unter der Decke hängenden Kleider trocknen, sofern für Lüftung und Heizung richtig gesorgt wird, während der Arbeitszeiten ohne Belästigung der Leute völlig aus. Für Arbeiter-Brausebäder mit Waschbatterien mögen folgende Beispiele ge- nannt sein. Dr. R. Nahnsen &Co., Sprengstoffwerke, haben in der Fabrik zu Dömitz a. E. ein Arbeiterbad erbaut (s. Bild 461), welches aus zwei völlig gleichen Abteilungen Bild 460. Kleideraufzüge in den Waschkauen für Bergleute. 1 Nach Veröff. d. D. Gesellsch. f. Volksbäder, Bd. II, S. 104. Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 39 610 für Männer und Frauen besteht. Jede Abteilung enthält vier geschlossene Brause- bäder mit Auskleideraum und 12 Waschstände, die an der Wand befestigt sind. Die Brausebäder haben Fußwannen und lokale Wassererwärmung nach Schaffstädts System; die Waschgelegenheit ist die aus Bild 457 u. 458 ersichtliche Art. Die Buderusschen Eisenwerke (Sophienhütte) in Wetzlar haben in Jf. ST. Bild 461. Arbeiterbad der Sprengstoffwerke Dr. R. Nahnsen & Co., Dömitz a. E. Bild 462. Badeanstalt der Buderusschen Eisenwerke’ (Sophienhütte) in Wetzlar. einem Fabrikgebäude eine Badeanstalt nach Bild 462 eingerichtet mit 1 Wannenbad, 10 Brausebädern in ganz geschlossenen Auskleide- und Badezellen und 2 doppel- seitigen, frei im Raum stehenden Waschbatterien von zusammen 24 Becken wie Bild 459. Die Firma C. Heckmann in München hat in ihrem Werk Aschaffenburg das in Bild 463 wiedergegebene Bad in einem Fabrikbau angelegt. In dem ge- meinschaftlichen Bade- und Aus- kleideraum sind 3 Brausebadzellen mit Fußwannen und Auskleide- raurr) durch Tür verschließbar durch 2,0 m hohe Holzwände abgeteilt; an der äußeren Längs- wand ist eine Waschbatterie von 12 Becken angebracht, und von der Decke hängen 120 Kleider- aufzüge herab, so daß für die Benutzer der Waschbecken der Bild 463. C. Heckmann in München, Werk Aschaffenburg. ganze Hauptraum zum Umkleiden übrig bleibt. Infolgedessen gestaltet sich die kleine Anlage, deren technische Ein- richtung sich aus Schaffstädtschen Apparaten zusammensetzt, äußerst leistungsfähig. rroüeüüüoeüüe' * 1 1 71 Lp ?J 1 — -Hg i Mm -fl "äääiläilililililäJJx' / määläläällir h 0 ' iia, yir.ä. l I f f- f f f 611 Badeanstalten, welche speziell für Bergarbeiter bestimmt sind, müssen bei jedem Schacht angelegt werden, wo Bergleute regelmäßig ein- und ausfahren, dürfen aber laut Verordnung der Bergbehörden (z. B. im Oberbergamtsbezirk Dortmund * vom 12. März 1900) nicht mehr gemeinschaftliche Bassinbäder enthalten. Da bei so großen Zahlen von Arbeitern — es sind oft 300 bis 500, selbst 1000 Mann und darüber — die Anlage von Zellenbädern praktisch unmöglich, und mit der Rei- nigung zweckmäßig das Umkleiden verbunden wird, ist es üblich geworden, das Waschen oder Brausen und das Umkleiden in getrennten Räumen vorzunehmen und dabei nur die jugendlichen Arbeiter (bis zu 18 Jahren) von den älteren zu trennen. Vom Standpunkte der Sittlichkeit ist dagegen nichts einzuwenden, weil die Leute bei der Arbeit unter Tage ohnehin fast nackt gehen. Die frühere Gepflogenheit, das Arbeiterbad in die Nähe der Arbeiterwohn- ungen zu verlegen, um auch den Familien die Wohltat des Bades zu gewähren, ist wieder verlassen worden, weil der größte Wert der Anlage auch von den Arbeitern selbst darin erkannt ist, daß sie sofort nach dem Schichtwechsel baden und sich umkleiden können; das Bad gehört gewissermaßen zum Betriebe und wird deshalb nicht nur mit Umkleideräumen, sondern auch mit der Lampenstation und Marken- kontrolle, mit Zechenstuben, Aufenthalts- und Verwaltungsräumen vereinigt. Deshalb wird die Anlage öfter so getroffen, daß die aus dem Schacht kommenden Leute in einem geschlossenen Verbindungsgange (zum Schutz gegen Erkältung) zunächst in die Lampenstation kommen, wo die Grubenlampen abgegeben, aufbewahrt, ge- füllt und eventuell repariert werden, und dann in den Umkleideraum gelangen, wo an Kleideraufzügen die Straßenkleider, gut getrocknet und gelüftet, zum Anziehen bereit hängen. Hier entkleidet man sich, hängt die Grubenkleider vorläufig zu den Straßenkleidern, legt sich das Handtuch an Stelle einer Badehose um, geht in den anstoßenden Brauseraum, wo das Handtuch an einen Haken gehängt wird, und tritt unter eine Brause. Nach gehöriger Benetzung verläßt man die Brause, seift sich eventuell mit Hilfe eines Anderen ein, braust sich erst warm, dann kalt ab und begibt sich mit umgelegtem Handtuch zu den Kleidern zurück, wo man sich abtrocknet und umkleidet. Die Brausen zweigen sich in großer Zahl von einem lang durchlaufenden Rohrstrang nach zwei Seiten ab und werden durch den Wärter im ganzen oder gruppenweise vom Apparatenraum aus bedient, nachdem die vor- schriftsmäßige Wassertemperatur durch Mischgefäße erzielt worden ist. In manchen Bergarbeiterbädern hat man die Anlage großer offener Brause- räume nicht für schicklich gehalten und hat zur Wahrung des Schamgefühls Brause- zellen nicht entbehren zu können geglaubt. Um bei dieser Anordnung das bei den Leuten übliche »Puckeln", d. h. sich gegenseitig beim Reinigen des Rückens behilflich zu sein, noch zu ermöglichen, hat man die Zellen für zwei Personen eingerichtet und 2,60 zu 1,50 m groß gemacht; die Trennungswände werden dabei 2,0 m hoch, beginnen aber erst 0,50 m über Fußboden, um dessen Reinigung und die Luftzirkulation zu erleichtern. Die Zellenabteilung hat sich jedoch entschieden weniger bewährt; es ist dabei nicht zu vermeiden, daß Einzelne warten müssen und schließlich des Wartens müde ohne Bad und Umkleidung nach Hause gehen, um sich in enger Wohnung, oft unter gröblichster Verletzung des Schamgefühls mangelhaft oder garnicht zu reinigen. 39* 612 Die Zellen vermindern die Übersichtlichkeit und vermehren die Anlagekosten er- heblich, ohne wirkliche Vorteile zu bieten. OseRgescHpfs ; QftUNmfs . ,? ? ? n ? f y V 9 ? 9 ? 9 ? f ; ? 9 ? ? 9 9 ? ? 9 9 9 9 ?. SfeHfOn X»-T feKe ARS-tlTfeR. .9 9 9 9 9 ??. »•#uKe/\u- (JMKL£l7fcRAUr»f lÖNfcfcRfe FÜR ÄLT£R£ AR.frtlTfeR. . ARP£.1TUV * -pURtKüi h n- 1 ft.«» m * w; =i'M wfMl j 8* I Mpill Bild 525. Schlammbad in Bad Nenndorf. 682 also im neun- bis zehnstündigen Badebetriebe jede Zelle täglich etwa siebenmal besetzt, und mit den vorhandenen 16 Zellen können 112 Vollbäder gegeben werden. Der Baderaum enthält die feststehende Reinigungswanne mit Brause darüber, die Längsachse senkrecht zur Schlammwanne, die aus der Wannenbahn in die Zelle eingefahren wird; die 1,25 m hohe Öffnung hat zum Schutz der Kanten einen Rahmen von Winkeleisen, in den der zweiflügelige Türverschluß schlägt. Bild 525 erläutert den Standplatz der Wannen, der gegen den Zellenfußboden durch eine Einfassung von geschliffenem Granit gesichert ist; für guten Abfluß daselbst ist dadurch gesorgt, daß offene Abflußrohre unter den Wannen in eine offene Rinne münden, welche sich unter den Baderäumen in einem lang durchlaufenden Röhren- tunnel T befindet, dessen Anordnung aus dem Querschnitt Bild 526 hervorgeht. Bild 526. Schlammbad in Bad Nenndorf. Querschnitt. Die Reinigungswanne wird durch ein Badeventil, mit dem sie fest verbunden ist, warm und kalt gefüllt. In den warmen Zufluß ist der Wäschewärmer einge- schaltet, bestehend aus einem in einem Schränkchen gelagerten Kupferzylinder, 21 cm weit, 70 cm lang, den das warme Wasser beim Füllen der Wanne durch- fließt, während darüber die Wäsche aufgehängt wird. Die Entleerung der Wanne erfolgt durch ein Ventil in den im Fußboden ausgeschnittenen Trichter. Der Baderaum hat eine gediegene Ausstattung erhalten: Den Fußboden von Terrazzo mit Einfassungen von geschliffenem Granit, die Wände 1 m hohe Fliesen- bekleidung und darüber Anstrich in Ölfarbe mit Bernsteinlack. Die Beleuchtung erfolgt durch hohes Seitenlicht. An Mobiliar stehen nur zwei kleine Schemel von Eichenholz darin. Der Ruheraum ist durch eine 2,25 m hohe Rabitzwand auf abgefalzter Schwelle von geschliffenem Granit abgetrennt und erhält durch eine bis zum Deckengewölbe reichende Verglasung genügende, aber indirekte Beleuchtung, welche mehr zur Ruhe nötigt als anregt. Der Raum hat die Ausstattung eines behaglichen Schlaf- zimmers und deshalb Holzfußboden erhalten (Stabfußboden in Asphalt); die Wände sind mit Ölfarbe gestrichen. Die Möbelausstattung bildet ein Ruhebett, ein Nacht- 683 tisch, ein Spiegel mit Konsolbrett, ein Schemel, ein Waschtisch auf Wandkonsolen und eine Kleiderhakenleiste. Die Salonbäder unterscheiden sich von den übrigen nur durch bessere Möbel- ausstattung, Tische, Stühle, Waschtisch mit Marmorplatte, Gardinen und Portieren. Mit besonderer Sorgfalt ist die Lüftung und Heizung des Gebäudes behandelt worden. Eine ausgiebige Lüftung war wegen der widerlichen Gerüche der Schlamm- bäder und wegen der starken Schweißabsonderung der Kranken dringend geboten, und da letztere gegen Zugluft sehr empfindlich sind, und Maschinenkraft ohnehin vorhanden sein mußte, wurde eine Drucklüftung eingerichtet. Wie Bild 524 zeigt, wird die Frischluft vor dem Mittelbau entnommen und durch einen Schrauben- ventilator V in eine Heizkammer H und durch Kanäle weiter in die einzelnen Räume mit 0,28 bis 0,30 m Geschwindigkeit geblasen; die Bade- und Ruheräume er- halten stündlich dreimaligen, die übrigen Räume zweimaligen Luftwechsel. Die Luft tritt in den Ruheräumen oben unter der Decke ein und abwärts ziehend am Fußboden der Bodenräume aus, wo sie in den Röhrentunnel verschwindet, der im Mittelbau durch zwei große Aspirationsschächte entlüftet wird; dadurch ist erreicht, daß die üblen Gerüche sich in den Räumen nicht verbreiten können. Da an kalten Tagen im Mai und September oft Heizung nötig ist, wurde die Heizkammer mit Perkins-Rohrspiralen, durch die mittels Dampf die Frischluft entsprechend vor- gewärmt werden kann, reichlich ausgestattet und so eine völlig ausreichende Dampf- luftheizung geschaffen. (S. Bild 527.) Die übrigen Bauteile enthalten die Betriebsräume, zu deren Erläuterung wir dem Schlamme auf dem Wege durch die ganze Anlage folgen wollen. Der Schlamm wird aus den natürlichen Fundstellen, wo er schon in Schwefel- wasser eingesumpft ist, von zufälligen Beimengungen (Steine, Holz, Wurzelwerk) beim Ausgraben befreit und zu dem linksseitigen Schlammlager, einer vorn offenen überdachten Grube, angefahren, in deren Mitte ein Riffelwalzwerk steht, welches durch die Maschine angetrieben wird. Hier wird der Schlamm im Herbst unter Zusatz von Schwefelwasser eingemahlen und mit dem Schwefel wasser der Quellen während des Winters überrieselt. Die innige Berührung des Schlammes mit Schwefelwasser sowohl im natürlichen Lager wie in den Maschinen gestattet jedoch auch, den Badestoff unmittelbar vor dem Gebrauch zuzubereiten. Zu diesem Zwecke wird der Schlamm auf einer über der Grube befindlichen Laufbrücke zur Mühle gebracht, bestehend aus zwei eng stehenden Riffelwalzen und darunter zwei Walzen mit Reißklauen und Messern. In dieser Maschine werden alle festen Teile zer- malmt und alle etwaigen Fasern auf das feinste zerkleinert; die völlig homogene Masse fällt nun in einen tiefer stehenden Bottich (2 m weit, 1,50 m hoch) mit langsam laufendem Rührwerk, welches unter Zusatz von Schwefelwasser den Bade- stoff zur richtigen Konsistenz verrührt. Von da fließt der Schlamm in den noch tiefer stehenden Montejus M, ein bimförmiges kupfernes Gefäß, aus dem er durch Dampf von 2 r/2 Atm. Spannung im geschlossenen Kupferrohr K bis in die Schlamm- küche gedrückt und in dem 1 m hoch stehenden Bottich mit Rührwerk (s. Bild 528) aufgefangen wird. Letzteres hat die Entmischung, d. h. die Trennung der festen von den flüssigen Teilen zu verhindern. Der darüber auf dem Eisengerüst stehende Bottich wird durch einen Dampfstrahl-Apparat — Pumpen haben im Schwefel- 6S4 wasser keine Dauer — mit Schwefelwasser gefüllt und versorgt damit alle Maschinen und alle Wannen, die es etwa noch nötig haben. Aus dem unteren Bottich werden die untergefahrenen Wannen durch einen 10 cm weiten Hahn gefüllt. - 685 - Der Badestoff ist bis dahin noch kalt; da die Wannen fünfmal benutzt, also viermal aufgewärmt werden, ist die Erwärmung überhaupt in die Wanne verlegt worden und geschieht durch Dampf-Rührwerke, von denen 4 Stück an der Längs- wand der Schlammküche angebracht sind. Bild 529 stellt diese interessante Ein- richtung dar. Das O-förmige, fein gelochte Kupferrohr R ist an einer hohlen, verti- kalen Achse AB befestigt, welche von der Riemenscheibe C aus durch konische Bild 528. Schlammbad in Bad Nenndorf. Bottich mit Rührwerk; darüber Schwefelwasserbottich; an der Wand Dampf-Rührwerke für Erwärmung der Wannen. Räder D gedreht wird und den oben eingelassenen Dampf durch das Kupferrohr in den Schlamm gelangen läßt. Zu gründlicherem Durchrühren ist an dem Kupfer- rohr in der Mitte das ebene Blech E und unten das schraubenförmig gebogene Blech F angesetzt, letzteres um etwaigen Bodensatz aufzurühren. Um den Apparat in die Wanne zu bringen, läßt er sich in dem Gelenk B mit Hilfe des Holzgriffes K in die horizontale Lage emporschlagen und, nachdem die Wanne untergefahren, wieder herabschlagen und durch die halbkreisförmigen Bügel H feststellen. Wird nun der Antriebsriemen von dem Leerlauf m auf die Scheibe C eingerückt, und — 686 — das Dampfventil geöffnet, so dreht sich der Quirl, und der Dampf strömt in die Badeflüssigkeit. Wegen der schlechten Wärmeleitung des Schlammes muß die Wanne hin und her bewegt und die Bewegung so begrenzt werden, daß der Apparat an die Wendung der Wanne nicht anstößt; es sind deshalb unter den Rührwerken | | förmige Führungsschienen in den Fußboden eingelassen, und an der Wand die beiden Hebel h angebracht, über die das Rad der Wanne nicht hinausgehen darf. Wird der Dampf abgestellt, so sorgt ein Luftventil L für selbst- tätige Belüftung. Die Leistung der Rührwerke ist so bedeutend, daß eine kalte Wanne damit in 1 1/2 Minuten, eine aufzuwärmende in 3/4 Minuten auf 37 bis 40° erwärmt wird. Nach fünfmaligem Gebrauch wird die Wanne durch die neben dem Kessel- haus belegene Wannenbahn in das rechtsseitige Schlammlager gefahren, über 687 Trichter- Öffnungen im Fußboden in die Grube entleert und nun zurück auf den Hof geschoben, wo sie zu gründlicher Reinigung ausgewaschen und abge- spritzt wird. Zur Wasserversorgung sind zwischen den Treppen in Höhe des I. Stocks in der Schlammküche 2 Bottiche für kaltes, 1 Bottich für warmes Wasser aufge- stellt, welches durch eine Dampfschlange erwärmt wird. Bild 530. Schlammbad in Bad Nenndorf. Trockenkammern mit ausgezogenen Kulissen. Unter den Bottichen sind 2 Dampf-Trockenkammern mit je 5 Kulissen ein- gebaut. Bild 530 zeigt diese Einrichtungen. An der Verbindungsbrücke zwischen dem Schwefelwasser- und den Süßwasserbottichen ist die Transmission befestigt, die den Ventilator antreibt; elektrischer Antrieb war noch nicht möglich. Zum Betriebe wurde eine Dampfmaschine von 12 PS. und 2 Cornwallkessel von je 40 qm Heizfläche und 6 Atm. Betriebsdruck aufgestellt. Die gesamte maschinelle und badetechnische Einrichtung stammt von der Firma Rietschel & Henne- berg in Berlin, welche schon zu den Entwurfsbearbeitungen hinzugezogen wurde. 688 Die Baukosten einschließlich Mobiliar haben rund 325 500 Mk. betragen. Die Einrichtungen bewährten sich und fanden in ärztlichen Kreisen1 so viel Beifall, daß die Anlage 1900 — 1901 durch einen an der Herrenseite angeschlossenen Zellenflügel mit 16 neuen Badezellen auf 32 Zellen erweitert werden mußte, in denen täglich über 200 Schlammbäder gegeben werden können; eine Erweiterung der Kessel-, Maschinen- und Schlammgrubenanlagen war damit verbunden. Da auch jetzt noch nicht die Nachfrage gedeckt war, wurde 1904 ein neues Schlamm- badehaus errichtet, welches jedoch insofern vereinfacht wurde, als bei den Zellen die Ruheräume in1 Fortfall kamen , und die Reinigungswannen durch Brausen ersetzt wurden, eine Anordnung, welche nur von solchen Kurgästen benutzt werden kann, welche fähig sind, von der Schlammwanne bis zur Brausezelle zu gehen. Im übrigen ist die Art des Betriebes dieselbe geblieben, insbesondere die Erwärmung des Schlammes in der Wanne als das Charakteristische beibehalten worden. Das Moorbad in Langenschwalbach ist ein domänen-fiskalischer Neubau, der im Jahre 1903 bis 1905 unter Leitung von Böttcher durch Krücken ausgeführt ist und die Betriebseinrichtungen der Beschaffenheit des Moors und der Örtlich- keit vortrefflich angepaßt hat. Der Langenschwalbacher Moor wird in den Hochtälern ringsum gewonnen, wo eisenhaltige Quellen ihr Wasser in Wiesenmoore ergießen und mit den orga- nischen Verwesungsprodukten der Vegetation die Bildung des braunen, filzigen Badestoffes veranlassen, in dem sich neben feinen Quarzkörnchen und Eisenocker in der Hauptsache pflanzliche Teile befinden, so daß das spezifische Gewicht des dortigen Moorbades nur 1,10 ist. Der Moor wird im Sommer gestochen und bleibt, der Verwitterung ausgesetzt, bis zum nächsten Jahre an der Luft liegen, wodurch verschiedene in Wasser unlösliche Bestandteile löslich aufgeschlossen werden, und die Entwickelung von Humus-, Ameisen- und Essigsäure beför- dert wird. Bild 531 stellt den Grundriß des Moorbadehauses dar, das hart an den Bergabhang gerückt ist. Der Haupteingang E führt in das Vestibül V, das durch die Warteräume W und die Räume R für Rollstühle erweitert ist, und zur Kasse K, 1 Berliner klin. Wochenschrift 1892, No. 41. — Monatsschr. f. prakt. Balneologie 1896, No. 6, S. 191. 689 neben der das Wäschelager WL und ein Durchgang D sich findet Rechts und links liegen am Gange G je 10 schön ein- gerichtete Badezellen, darunter ein Salon- bad S von besonders eleganter Ausstattung, ferner Abort und Wärterzimmer Z. Jeder Badezelle ist ein nur durch halbhohe Wand abgeschlossener Ruheraum vorgelegt. Die in der Moorküche fertig gemachte Wanne wird durch ein unter den Fenstern liegendes Türchen (s. linke Seite) von der niedrigen Wannenbahn W aus eingefahren, an die sich in der Mitte die Moorküche O nebst Maschinen- und Kesselhaus M und K an- schließt; der Schornstein steht auf dem Berge und ist durch einen langen, stark ansteigenden Fuchs F mit den Kesseln verbunden. Für die Unterbringung des Rohrwesens ist unter der Wannenbahn ein Tunnel angeordnet worden. Bei Anlage der Betriebsräume sind die Höhenunterschiede des Bergabhanges mit Vorteil so ausgenutzt worden, daß der Moor nicht gehoben zu werden braucht. In den oben am Berge stehenden Moor- schuppen (s. Bild 532) wird im Winter der für die nächste Saison erforderliche Moor angefahren und zur Bäderbereitung mittels Rutsche S auf das Transportband B geleitet, welches ihn auf den Oberboden der Moorküche fördert, von wo er in Walzenmühlen W fein gemahlen wird und weiter in die Rührbottiche R fällt, in denen er durch maschinell betriebene Rührwerke mit warmem Mineralwasser (kohlensaures Stahlwasser des Adelheid- brunnens) zu bademäßiger Konsistenz ver- rührt wird. Die geforderte Temperatur erhält der Moor, nachdem er aus den Bottichen durch starke, an der Wand her- abgeführte Rohre mittels Hahn in die Wannen abgezapft ist, erst in diesen durch die nach dem Nenndorfer Muster aus- gebildeten kleinen Dampfrührwerke P. Nunmehr kann die Wanne in die Zelle gefahren und das Bad genommen werden. Das Reinigungsbad wird hier gleich- Schleyer-Osthof f , Bäder und Badeanstalten. 44 Bild 532. Moorbad in Langenschwalbach. Querschnitt. 690 falls in Mineralwasser gegeben und wirkt deshalb sehr erfrischend. Da man in Langenschwalbach den Moorinhalt der Wanne grundsätzlich nur einmal benutzt, wird die Wanne nach dem Bade sofort mit Hilfe einer einfachen Kippvorrichtung in einer der unter dem Hofe befindlichen teils offenen, teils überwölbten Moor- gruben GR entleert und in dem Reinigungsschuppen MR für das nächste Bad ge- reinigt. Der abgebadete Moor wird aus den Gruben abgefahren. Für Mineralwasser befindet sich unter dem Hofe ein Sammelbehälter O, in den man neben dem Kesselhause einsteigen kann; ein Süßwasserbehälter Q liegt noch oberhalb des Moorschuppens in genügender Höhe. (S. Bild 532.) Während die Zellenflügel des Gebäudes einstöckig sind, ist der Mittelbau durch ein Obergeschoß überbaut, welches außer einigen Verwaltungsräumen die Dienstwohnung des Bademeisters enthält. Die sorgfältigst durchdachten Einrichtungen haben sich aufs beste bewährt und bezeugen, wie die Staatsverwaltung überall erfolgreich bemüht ist, den Heil- schatz der Quellen nutzbar zu machen und dem Kurorte diejenige Bedeutung wieder zu gewinnen und dauernd zu sichern, die er verdient und die in Gefahr war, verloren zu gehen. III. Abschnitt. Die Freibäder. Die Anlage der Bäder im Freien ist in erster Linie von dem Vorhandensein eines geeigneten Badewassers abhängig und kann an Flüssen und am Meere stattfinden. Außerdem werden zu den Freibädern auch noch die Licht- und Luft- bäder gerechnet, die sich in neuester Zeit wachsender Beliebtheit erfreuen. Das Badewasser muß vor allen Dingen frei von allen Verunreinigungen sein. Dem Meere ist diese Eigenschaft überall eigen, ausgenommen in der Nähe von Hafenplätzen und an Flußmündungen, wo die Abfälle aus dem Schiffsverkehr trotz der Selbstreinigung des Meeres infolge der überaus lebhaften Bewegung des Wassers dieses oft unglaublich verunreinigen. Als weiteres Erfordernis kommt noch hinzu, daß der Badestrand von einwandfreier Beschaffenheit sein muß. Am besten eignet sich ein allmählich abfallender, rein sandiger Strand, der keine Steine enthält; ein klippenreicher Strand kann dem Badenden ebenso leicht gefährlich werden wie eine vorhandene Strömung. Endlich sollten bei der Anlage eines Seebades solche Stellen vermieden werden, an denen das Meer regelmäßig Steine oder Seetang auswirft; letzterer verbreitet bald einen häßlichen Geruch. Flüsse, Seen und Teiche haben in Regel eine brauchbare Beschaffenheit zum Baden. Wird vom Ufer aus gebadet, so sind die Anforderungen ähnlich wie bei den Seebädern zu stellen; sandiger Grund ohne Steine und ohne grobe Wurzeln ist zu verlangen. Hauptbedingung ist, daß das Gewässer tief genug ist und eine genügende Wassermenge führt. Das Wasser ist meistens geeignet. Nur Gebirgs- flüsse sind oft zu kalt, führen bisweilen viele Sinkstoffe mit und haben nicht selten zu starke Strömung, was alles das Baden unmöglich macht. Kaltes Wasser kann in flachen Rinnsalen oder Bassins durch Luft und Sonne erwärmt werden; daselbst 691 setzen sich bei verminderter Geschwindigkeit auch die Sinkstoffe ab. Künstliche Erwärmung wird im Betriebe zu teuer. Mangelnde Tiefe läßt sich durch Anstauen in einem größeren Bassin beseitigen, wobei sich auch die starke Strömung mäßigt. In norddeutschen Gewässern kann die Wasserpest (anacharis alsinastrum) die beste Badegelegenheit unbrauchbar machen, weil diese stark wuchernde Wasserpflanze dem Schwimmer gefährlich wird. In Flußläufen wird das Wasser durch städtische und Fabrik-Abwässer, obwohl sie ungeklärt nicht eingelassen werden dürfen, dennoch oft so arg verunreinigt, daß bestehende Badeanstalten aufgegeben werden müssen; neue Flußbäder sollen deshalb stets oberhalb der Städte und Fabriken angelegt werden. Licht- und Luftbäder lassen sich überall auf einem Platze in geschützter Lage einrichten und gewinnen dadurch wesentlich, daß sie in Verbindung mit Wasser- bädern angelegt werden. Je nach der Beschaffenheit des Wassers und des Badeplatzes ergeben sich nach den obigen Anforderungen äußerst verschiedenartige Gestaltungen der Freibäder. Sind die Bedingungen nicht gegeben, so lassen sie sich oft künstlich schaffen; bisweilen bleibt nur übrig, auf dem festen Boden ein Bassin auszuheben, das durch Grundwasser, eine Quelle, einen Bach oder die Wasserleitung gespeist wird. Die bauliche Anordnung des sonstigen Zubehörs ist dann sehr einfach. Ist offenes Wasser vorhanden, so wird die bauliche Anordnung der Bade- anstalt von dem Wasserstande und seinen Schwankungen abhängig sein. Wenn der Wasserstand nicht oder nicht erheblich schwankt, wie in fast allen unseren Seen und Teichen und auch in manchen Flüssen, sowie in denjenigen Meeren wo Ebbe und Flut nicht erheblich bemerkbar sind, wie z. B. in der Ost- see, im adriatischen und östlichen Mittelmeer, können feste Bauten auf Pfählen im Wasser errichtet und durch Brücken zugänglich gemacht werden. Vorausgesetzt ist dabei, daß die Badeanstalt geschützt genug liegt, um nicht durch Eis zerstört oder bei Sturm weggeschlagen zu werden; es werden deshalb die Bauten der Seebäder wegen des Wellenschlages oft nur provisorisch für die Dauer der sommer- lichen Badezeit aufgeschlagen und vor Eintritt der Herbststürme wieder abge- brochen. Wenn darauf Wert gelegt wird, daß sich der Wechsel des Wasserstandes an den Bauten überhaupt nicht bemerklich machen soll, wird die Badeanstalt auf Prähme oder andere schwimmende Konstruktionen gesetzt, oder es werden die Baulichkeiten so weit auf das Ufer hinaufgeschoben, daß das Hochwasser sie nicht mehr erreicht. Letzteres ist auch da nötig, wo Ebbe und Flut den Wasserstand stark verschieben, wie z. B. an der Nordseeküste, und wo starker Wellenschlag die Bauten gefährdet. In diesen Fällen badet man auch vielfach aus Badekutschen oder Badekarren. Über den Wert der Freibäder im offenen Wasser kann kein Zweifel be- stehen: sie übertreffen himmelweit die Wannen- und Brausebäder, weil sie Gelegen- heit bieten zum Schwimmen, dem „Turnen im Wasser." Schwimmen im Freien setzt des Körpers ganze Muskulatur in Tätigkeit, fördert die Abhärtung und ent- wickelt Mut und Tatkraft; Schwimmen in der gedeckten Halle ist nur der durch 44* 692 unsere klimatischen Verhältnisse gebotene Ersatz dafür und Notbehelf. Je höher die Bäder im offenen Wasser bewertet werden, desto mehr wird gegen die Ver- unreinigung der Gewässer und für die Reinhaltung derselben von Fäkalwässern der Städte und von Abwässern der Fabriken getan werden, was als wirksamer Schutz gegen die Verbreitung gefährlicher Infektionskrankheiten längst erkannt ist. A. Freibäder in künstlich geschaffenen Bassins. 1. Bade- und Schwimmanstalt des Elisabeth-Regiments im Grune- wald. Wie in Ermangelung eines offenen oder irgendwie fließenden Wassers ein brauchbares Schwimmbad hergestellt werden kann, hat Major v. Kuczowski mit der Anlage einer Schwimmanstalt für das Königin Elisabeth-Regiment im Grunewald bei Berlin-Spandau gezeigt. 1 Etwa 400 m von der Spree entfernt, wurde ein läng- lich-rundes Bassin von 10000 qm Wasserfläche, 140 m lang 100 m breit, durch- schnittlich 2,50 m tief, an einzelnen Stellen bis zu 5 m tief ausgeschachtet; zahl- reiche, dem Boden entquellende Wasseradern halten das Bassin dauernd gefüllt und liefern soviel Wasser, daß eine Geschwindigkeit des Zu- und Abflusses von etwa 100 m stündlich beobachtet wird. Obwohl das Wasser mit etwa nur 10° aus dem Boden kommt, erwärmt es sich in der Sonne auf durchschnittlich 22°, bevor es durch einen Kanal abfließt. Um die Verunreinigung des Bassins möglichst zu verhindern, ist es Vorschrift, daß alle Badenden zuvor die Latrine benutzen und unter den auf dem Abzugs- kanal eingerichteten Duschen sich abseifen und reinigen müssen. Da im täglichen Durchschnitt 600 Mann baden, mehr als 1000 Mann aber bequem baden könnten, so ist diese Vorsicht durchaus am Platze. Neben dem Wasserbecken sind an Bauten errichtet: eine Auskleidehalle für Offiziere, mit Zimmer für den diensthabenden Offizier, zwei große, offene Aus- kleidehallen für Mannschaften, eine Musikhalle, eine Kantine, ein Duscheraum, eine Latrine (mit Tonnensystem), einige Brücken, ein Aussichtsturm und ein Eiskeller, in welchem 6000 Zentner Eis für die Bedürfnisse des Garnison-Lazaretts und des Regiments Platz finden. Die Baukosten lassen sich wegen Heranziehung der eigenen Arbeitskräfte nicht gut feststellen; die entstandenen Ausgaben bewegen sich zwischen 20000 bis 30000 Mk. Die Anlage läßt sich durch Verpachtung der Eisnutzung, wofür 1000 Mk. jährlich geboten sind, sogar noch etwas rentabel machen. 2. Die Bade- und Schwimmanstalt für das Kadettenhaus zu Köslin ist ein Beispiel dafür, wie sich ein Bach zur Anlage einer Schwimmanstalt aus- nutzen läßt; Bild 533 2 stellt dieselbe im Grundriß und Durchschnitt dar. Der Lauf des Mühlbaches von etwa 8 m Breite ist zu einem Bassin von 40 m Länge und 15 m Breite = 600 qm Wasserfläche erweitert, welches in dem kleineren Teil für Nichtschwimmer 0,95 bis 1,20 m, in dem größeren Teil für Schwimmer 1,70 bis 2,30 m Wassertiefe durch entsprechende Gestaltung der Sohle erhalten hat. 1 Vergl. Veröff. d. Deutschen Gesellsch. f. Volksbäder, Bd. III, S. 302. 2 Aus „Zentralblatt d. Bauverwaltung“, Jahrg. 1898, S. 525. Verlag v. Wilhelm Ernst & Sohn, Berlin W. 693 Die Seitenwände des Bassins sind durch hölzernes Bohlwerk mit Rammpfählen befestigt. Der Erdaushub ist zur Aufhöhung des Ufers verwendet, welches in einem rechteckigen Platz von ca. 48 zu 30 m durch einen Bretterzaun umgrenzt wird, an dessen Nordseite ein Holzbau die nach Süden offenen beiden Auskleidehallen für je 60 Kadetten, einen Raum für den diensthabenden Offizier, für Schwimmlehrer Bild 533. Bade- und Schwimmanstalt des Kadettenhauses zu Köslin. und Geräte enthält. In den Ecken befinden sich zwei Aborte. Die beiden Ufer des Mühlbaches sind innerhalb der Anstalt durch zwei Brücken verbunden. — Über die Baukosten ist nichts bekannt geworden; dieselben können bei der Ein- fachheit und Anspruchlosigkeit der Anlage, die aber trotzdem ihren Zweck voll- kommen erfüllt, nicht bedeutend sein. 3. In Mehadia bei den Herkulesbädern in Ungarn (an der Banater Militärgrenze) wurde dem Mangel einer Kaltwasser-Badeanstalt in anderer Weise 694 abgeholfen. Da das eisige Wasser des schnell strömenden Cernaflusses zum Baden nicht geeignet war, wurde eine Mischung des Wassers der stark salzhaltigen Her- kulesquelle, einer Thermalquelle von 59°, mit dem überschüssigen Wasser der kalten Trinkquelle in Aussicht genommen und dadurch ein kristallklares, dem Meerwasser ähnliches Mineralwasser gewonnen, welches auf konstanter Temperatur gehalten werden kann und in solcher Menge zufließt, daß ein großes Schwimm- becken täglich damit neu gefüllt werden kann. W. v. Doderer erbaute dazu die Badeanlage, Marienbad genannt, welche Bild 534 1 darstellt. Den Hauptteil bildet das große Schwimmbassin, im ganzen 26,5 m lang, 11,4 m breit, 2,37 bis 1,25 m tief, in dem halbrunden Teil für Nichtschwimmer 1 m tief; es faßt etwa 630 cbm Bild 534. Das Marienbad in den Herkulesbädern bei Mehadia. A Schwimmbassin. A‘ Überdecktes Badebassin. B Auskleidezellen. C Bedeckter Gang. D Kühlreservoir. E Russ. Bad. F Korridor. G H Gesellschaftsbad. J Wartesalon. K Vorhalle. L Diener. M Kasse. N Verbindungsgang. O Hotel. P Zellen. Q Veranda. R Veranda. 5 Wäsche. Wasser und ist unter Wasser mit steinernen Sitzen versehen. Aus dem benach- barten Hotel Rudolfshof oder direkt von der Straße gelangt man durch die Vor- halle K an der Kasse M und einem Dienerzimmer L vorüber, einerseits zu einem Wartesalon J, andererseits zu den bedeckten Gängen C. Vor der geraden Schmal- seite des Bassins liegen in 2 Geschossen je 10 und in dem halbrunden, über- dachten Abschluß nochmals 20 Auskleidezellen. Eine mit Schlingpflanzen berankte Veranda R stützt mit Futtermauer das Terrain des 1,6 m höher liegenden Gartens. Durch ein Rohr von 47 cm Weite läßt sich das Bassin in 3/4 Stunden entleeren; i Osthoff a. a. O. S. 203. 695 die Quellen füllen es in ca. 10 Stunden von neuem. Das Schwimmbad wird von beiden Geschlechtern zu verschiedenen Zeiten benutzt. Zum Schutze gegen den vorherrschenden Wind und gegen zu heftigen Sonnen- schein ist vor der Südseite des Bassins ein kleines Badehaus angelegt worden, das durch den Wartesalon I zugänglich ist und außer 9 Wannenbädern ein Ge- sellschaftsbad und ein russisches Bad nebst Aborten enthält. Die in den Fußboden versenkten Wannen, 1,42 m lang, 0,95 m breit und 0,95 m tief, sind aus poliertem Marmor hergestellt und mit Einsteigtreppe und Sitzbank versehen; über jeder Wanne befindet sich eine kalte Dusche, die aus den in den Eckpavillons des Schwimm- bades aufgestellten Reservoiren gespeist werden. In den vier inneren Wannen- bädern dient heißes Thermalwasser zum Anwärmen des kalten Quellwassers; die 5 äußeren Wannen sind für warme Mineralwasserbäder bestimmt. Das Mobiliar dieser Bäder besteht aus Polstersofa, Toilettentisch mit Spiegel, 2 Stühlen und einigen Kleiderhaken. Hinter den Wannenzellen liegt das Gesellschaftsbad, das den Damen offen steht, wenn im großen Schwimmbecken die Herren baden; es enthält zwischen 8 Auskleidezellen ein Bassin von 5,68 zu 3,80 m Größe und 0,95 m Tiefe, mit Marmor ausgelegt und mit Treppen und Sitzstufen von Marmor versehen. Da kaltes und warmes Mineralwasser zugeleitet ist, lassen sich beliebig temperierte Bäder darin herrichten. Neben demselben liegt eine Duschezelle und weiter ein russisches Dunstbad, das vom Schwimmbad her zugänglich ist und den Dampf aus dem in das anstoßende Kühlreservoir D einströmenden heißen Thermal- wasser empfängt, das hier von 59° auf durchschnittlich 47° abgekühlt wird, also zum Baden noch viel zu heiß sein würde. So einfach die Ausführung auch im einzelnen ist, so schön wirkt die ganze Anlage durch die eigenartige Gruppierung der Bauteile, die sich aus den verschie- denen Höhenlagen des Bauplatzes wie von selbst ergab. Die Baukosten haben (um die Mitte der sechziger Jahre) etwa 114000 Mk. betragen. 4. Die Stadt Meerane i. S. (25000 Einwohner) hat sich ein interessantes Freibad1 geschaffen, sobald dort eine ausgiebige Wasserleitung, welche das erfor- derliche Wasser liefern kann, in Betrieb genommen war. Die Anlage besteht in einem Bassin von 60 zu 20 m Größe, das unter Benutzung eines Teiches ausge- hoben und in Sohle und Böschungen mit Ziegeln und Zementmörtel ausgepflastert wurde; es faßt 1860 cbm Wasser. Die eine Hälfte (30 zu 20 m groß) für Schwimmer hat 2,50 bis 1,50 m Wassertiefe und ist durch einen Lattenzaun von der anderen Hälfte getrennt, welche von 1,50 bis 0,65 m tief ist und in der Mitte (bei ca. 0,85 m Tiefe) durch ein Seil in zwei Abteilungen für Erwachsene und Kinder geteilt ist. Auf Pfeilern liegt 50 cm über Wasser ein für den Winter abnehmbarer Umgang aus Latten, 2,5 m breit, davon 1 m über das Bassin reichend mit Geländer an der Wasserseite. An den Lattengang stoßen 70 geschlossene Auskleidezellen, je 1,5 m breit und 2,0 m tief, unter schrägem Dach 3,0 bis 2,5 m hoch, vorn durch Tür verschließbar, ferner eine Reihe offener Zellen, zwei Duscheräume für Erwachsene und für Kinder, Aborte und Geräteräume, zwei Räume zum Trocknen der Bade- wäsche, Kasse, Erfrischungsraum, zwei Waschräume, in denen allein Seife verwendet 1 Vergl. Techn. Gemeindeblatt Jahrg. 1905, S. 346. Berlin W. 8. Karl Heymanns Verlag. 696 werden darf, und endlich eine kleine Wohnung des Bademeisters. Diese Bauten umschließen das Bassin, sind aus leichtem Kreuzholz mit Brettbekleidung und Kar- bolineum-Anstrich aufgeschlagen und stehen auf Pfeilern und Trägern. Da das Leitungswasser zum Baden zu kalt ist, sind oberhalb des Bades zwei Bassins von je 200 cbm Inhalt angelegt, in denen Luft und Sonne das eingelassene Wasser erwärmen; sie werden abwechselnd und so benutzt, daß in 24 Stunden ca. 50 cbm Wasser ständig an dem seichten Ende des Badebeckens zufließen und Bild 535. Thermal-Schwimmbad zu Müllheim i. B. am tiefen Ende in einer offenen Sammelrinne abfließen. Nur die Duschen geben Wasserleitungswasser unmittelbar. Die Badeanlage erfreut sich reger Benutzung. Im ersten Sommer 1904 badeten an 132 Tagen 13 794 Personen, d. i. 105 im Tagesdurchschnitt; die Höchstzahl eines Tages betrug 876 Bäder, obwohl die Einzelpreise für die Bäder mit geschlossener Zelle für Erwachsene 30 Pfg., für Kinder 15 Pfg., für Arbeiter 15 Pfg., mit offener Zelle 20 bezw. 10, und 10 Pfg. nicht gerade sehr niedrig sind. — Die Baukosten haben 31700 Mk. betragen. 5. In Müllheim (in Baden), einem Städtchen von 3000 Einwohnern, hat Lueger eine kleine Badeanstalt mit Schwimmbad erbaut, welche in Ermangelung von Süßwasser einer Thermalquelle von 20° und 10 bis 11 cbm stündlicher Ergiebig- 697 keit ihre Entstehung verdankt. Bild 535 gibt davon Grundriß und Schnitt.1 Neben dem Eingang E liegen vier Wannenbäder, die aus der Wasserleitung versorgt werden, vor ihnen eine offene Halle, die durch ein Wartezimmer W und den Heiz- und Kesselraum K begrenzt wird; über W und K ist das Warm- und Kaltwasser- reservoir aufgestellt. Das Schwimmbecken von 21,5 zu 12 m Größe wird von einer gedeckten Halle umzogen, die an den Langseiten 28 Zellen Z und zwei offene Auskleideräume A enthält. Dem Eingang gegenüber befindet sich der Duscheraum D mit verschiedenen Brausen und Duschen und darunter ein Sturzbad, welches das Wasser aus dem Schwimmbecken erhält. Die erforderlichen Reinigungsräume R sind in die beiden Eckbauten gelegt und emp- fangen ihr Wasser aus dem Überlauf des Schwimmbeckens. Ein Geräteraum G und ein Abort vervollständigen die Anlage. Die Wannenbäder sind heizbar, und zwar durch Dampf aus dem Kessel K, der auch mittels Kupferschlange in dem darüberstehenden Reservoir das nötige Warmwasser bereitet. Die Kopfbauten sind in ausgemauertem Fachwerk, die Zwischenbauten in Bretterwänden ausgeführt. Gegen den Einblick in das Bad ist auf der Dachkante Bild 537. Thermal-Schwimmbad zu Müllheim i. B. 1 Vergl. Lueger, Lexikon der gesamten Technik. 2. Aufl. Bd. I, S. 443. Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlagsanstalt. Bild 536. Thermal-Schwimmbad zu Müllheim i. B. 698 ein Leinwandsegel aufgespannt. Bild 536 gibt die äußere, Bild 537 1 die innere Ansicht des zwar einfachen, aber recht gefälligen Bauwerkes wieder. Die ganze Anlage einschließlich des Grundstückes und des Ankaufes der Quelle hat nur den geringen Kostenbetrag von 35000 Mk. erfordert. 6. Die städtische Badeanstalt in Durlach ist neben den Pfinz erbaut worden, weil das Flüßchen zeitweis zu wenig Wasser führt und sonst zum Baden zu kalt und oberhalb der Stadt schon zu sehr verunreinigt ist. Nach Bild 538 2 besteht die Anlage aus einem Männerbad und einem Frauenbad, beide völlig ge- trennt; nur der gemeinschaftliche Eingang führt durch ein kleines Verwaltungs- gebäude an der Kasse vorüber. Das Männerbad setzt sich aus einem offenen Schwimmbad und einem großen Luft- und Sonnenbad zusammen. Das Schwimm- becken ist 31 zu 13 m groß und faßt bei 0,85 bis 2,4 m Wasserstand 561 cbm Wasser; aus Beton ist es mit hellblauen glasierten Platten ausgekleidet, der Rand 1 Beide Bilder nach dem Plakat des Thermal-Schwimmbades von Rob. Höhne, Lithogr. Anstalt und Steindruckerei in Müllheim i. B. 2 Nach Deutsche Bauzeitung. Berlin 1908, S. 482. 699 mit Granitplatten abgedeckt. An den Wänden ist 1,30 m unter Wasser ein Absatz, 20 cm über Wasser eine Stange für ermüdete Schwimmer angebracht. Auf beide Langseiten verteilen sich zwei offene Auskleideräume und 34 Zellen, 1,3 zu 1,5 m groß, alle von einem Stiefelgang aus zugänglich und hinten durch den Klappsitz verschließbar. In jeder Zelle befindet sich ein Schränkchen für Wertsachen mit Spiegel darüber und einige Kleiderhaken; den Boden bedeckt ein Lattenrost. Der Umgang ist mit roten Tonplatten im Gefälle zu den Abflüssen belegt. Vor den Schmalseiten des Bassins liegen in besonderen kleinen Hallen zwei Reinigungs- räume, einer für Männer mit 6 Fußbecken und 6 Brausen, der andere für Kinder mit 7 Brausen und 5 Mulden im Fußboden mit 10 cm Wasserstand; das darin Bild 539. Städtische Badeanstalt in Durlach. Schwimmbad für Männer. benötigte warme Wasser wird durch Niederdruckdampf im Keller des Verwaltungs- gebäudes bereitet. Die Aborte sind mit denen des Frauenbades zusammengelegt. Das Frauenbad ist dem vorigen ähnlich eingerichtet und gleichfalls mit einem geräumigen Luft- und Sonnenbad verbunden. Das Schwimmbecken mißt 25 zu 12 m und faßt bei 0,85 bis 1,80 m Tiefe 340 cbm Wasser. Zur Reinigung vor dem Bade ist nur eine Halle mit 6 Fußbecken und 6 Brausen eingerichtet. Zum Auskleiden dienen 31 geschlossene Zellen und zwei offene Hallen. Wie im Männer- bade befinden sich über den Einsteigetreppen 2 Hochdruckbrausen mit Wasser- leitungsanschluß. Bild 539 stellt einen Blick durch das Männerschwimmbad dar.1 Die Wasserversorgung der Schwimmbecken erforderte besondere Sorgfalt. In der Regel wird das Wasser der Pfinz entnommen und fließt durch ein 40 cm weites Rohr in die Vorkammer eines Filters und weiter in das Filter selbst, das zwischen dem Schwimmbad und dem Sonnenbad der Frauen Platz gefunden hat und groß genug ist, um die Becken täglich ein- bis zweimal mit filtriertem Wasser 1 Nach Deutsche Bauzeitung. Berlin 1908, S. 481. zu füllen. Führt die Pfinz nicht das nötige Wasser, so wird es mittels elektrisch angetriebener Pumpe dem eigenen Brunnen entnommen. Das frische Wasser wird den Bassins an der Langseite unten zugeführt, und da das gebrauchte oben durch die in 5 m Abstand angeordneten Spucklöcher abfließt, ist für die ständige Er- neuerung gut gesorgt. Zur Erwärmung des zu kalten Badewassers ist hinter dem Männerschwimm- bad eine Einrichtung geschaffen worden, bestehend aus einem ca. 360 m langen, flachen, gewundenen Kanal, den das Wasser langsam durchfließt, wobei es durch Luft und Sonne etwas, und zwar im sommerlichen Durchschnitt um reichlich 2°, Bild 540. Städtische Badeanstalt in Durlach. Vorwärmer und Blick auf das Sonnenbad für Männer. erwärmt wird; Bild 540 1 stellt diese Anordnung dar, zugleich mit einem Blick auf das Luft- und Sonnenbad der Männer. Den Luft- und Sonnenbädern sind große Flächen eingeräumt, welche teils gärtnerisch behandelt und mit Rasen und Bäumen bepflanzt, teils als Sandwege und Sandplätze belassen sind; zum Auskleiden sind auf jeder Seite zehn verschließ- bare Zellen und eine offene Halle angelegt. Bänke sind angemessen verteilt; einige Turngeräte laden zu körperlichen Übungen ein. In der Männerabteilung ist eine an die Wasserleitung angeschlossene Hochdruckbrause mit Körtingscher Streudüse aufgestellt. Die Einfriedigung und Trennung der Abteilungen ist in Stein-Eisenkonstruktion ausgeführt und durch Anpflanzungen angemessen verdeckt. Die Kosten der zum Sommer 1907 eröffneten Anlage, die eine durch- 1 Nach Deutsche Bauzeitung 1908, S. 486. Berlin. 701 schnittlich 1,5 m hohe Anschüttung des Geländes erforderte, beliefen sich einschließlich Grundstück und voller Einrichtung an Mobiliar, Wäsche und Geräten auf 135 000 Mk. Die Anstalt erfreut sich lebhaften Besuches; an einzelnen Tagen haben mehr als 950 Personen gebadet Erwachsene zahlen 30 Pfg., Kinder 15 Pfg. für Schwimm-, Luft- und Sonnenbad von ein- stündiger Dauer. Mittwochs und Sonnabends von 4 bis 6 Uhr hat die Schuljugend unentgeltlich Zu- tritt; nach 6 Uhr gibt man Volksbäder für 10 Pfg. Nach den Ergebnissen des ersten Betriebsjahres dürfte die Anstalt einen städtischen Zuschuß nicht nötig haben, sondern sich selbst erhalten können. 7. Die Stadt München1 besitzt drei Frei- bäder mit künstlichen Schwimmbecken. Das älteste, das Männerfreibad an der Schyrenstraße in den Anlagen rechts der Isar gelegen, wurde um das Jahr 1865 eingerichtet, wie das Bild 541 darstellt. Von der Isar zweigt sich Wasser ab, um zunächst in ein landschaftlich gestaltetes, ausgedehntes, flaches Klärbecken zu gehen, in welchem es die Sinkstoffe absetzen und sich anwärmen soll, und fließt von da im offenen Graben in das Badebecken für Knaben und längs desselben in einem geschlossenen Kanal zu dem Badebecken für Männer. Wie die Zuflüsse, so sind auch die Abflüsse aus beiden Becken getrennt. Beide Bassins sind 18,85 m breit; das für Männer ist 166 m lang und 1,30 bis 1,80 m tief, das für Knaben 99 m lang und 0,60 bis 1,20 m tief. Für die Männerabteilung sind zu beiden Seiten des Bassins 32 verschließbare Auskleidezellen, 102 Kleiderkästen und ca. 340 Auskleideplätze in ge- deckten, vorn offenen Hallen nebst den nötigen Aborten vorhanden; für die Knabenabteilung sind ca. 260 Auskleideplätze in offenen Hallen und einige Aborte angelegt. Rings um die Becken sind Ka- stanien gepflanzt, deren breite Kronen Schatten spenden, zwischen denen 12 Hochdruckbrausen mit Leitungswasser verteilt sind. Die Wohnung des Bademeisters bildet eine besondere Baugruppe. 1 Nach „Münchens öffentl. Badeanstalten". Zu- sammengestellt von R. Schachner, Städt. Bauamtmann. München 1905. — Vom Stadtbauamt München sind uns die Klischees zu Bild 541 — 543 freundlichst überlassen. Bild 541. Städtisches Männerfreibad in München, Schyrenstraße 2. 702 Bild 542 gestattet einen Einblick in das Bad, dessen Becken nicht ganz gefüllt dargestellt ist. Mit dieser Badeanlage wurde im Jahre 1901 ein Licht- und Luftbad von ca. 325 qm Fläche verbunden, was jedoch zu Unzuträglichkeiten und dahin führte, daß im Jahre 1903 ein wesentlich größeres Licht- und Luftbad zwar anstoßend, aber doch völlig getrennt eingerichtet wurde, wovon später die Rede sein wird. Das Frauenfreibad, in den Anlagen des linken Isarufers gelegen, hat eine dem vorigen Beispiel ähnliche Einrichtung; es ist mit einer hohen Bretterplanke eingefriedigt. Das abgeleitete Isarwasser passiert erst ein Klär- und Vorwärmungs- becken, bevor es in das 96 m lange und 19,5 m breite Badebassin einfließt, welches Bild 542. Städtisches Männerfreibad in München, Schyrenstraße 2. für Frauen und Mädchen in zwei Teile geteilt und mit zwei eingebauten Bade- hütten versehen ist. An der Langseite des Bassins liegen 31 verschließbare Zellen und zwei offene Hallen zum Auskleiden, sowie die nötigen Aborte. Den Eingang zum Bade deckt ein Häuschen für den Aufseher. Bild 543 gibt eine Vorstellung von der Anlage und ihrer landschaftlich schönen Umgebung. Auch mit dieser Anstalt ist ein kleines Licht- und Luftbad verbunden, welches im Jahre 1904 hinzu- gefügt wurde. Das dritte der städtischen Freibäder von München liegt bei Maria-Einsiedel an der Isartalbahn und unterscheidet sich von den vorigen dadurch, daß das fast 2200 qm große Schwimmbecken von 1,40 bis 1,45 m Tiefe keine regelmäßige Ge- stalt hat. Oberhalb des Bassins befinden sich 12 Badehütten für Frauen mit ge- trenntem Eingang und zugehörigem Duscheplatz. Zum Auskleiden dienen auf der — 703 — einen Seite des Bassins 12 geschlossene Zellen, auf der anderen Seite eine offene Halle von 44,75 m Länge. Im Anschluß hieran wird ein Licht- und Luftbad er- richtet, das sich gegenwärtig (1908) noch im Bau befindet. Ähnliche Anstalten mit künstlich hergestellten Bassins sind die Militär-Schwimm- schule in Karlruhe und die Männer- und die Damen-Schwimmanstalt in Leipzig. 8. Tummelbäder für Schüler und Schülerinnen. Erfahrungsmäßig werden die Freibäder von Kindern ungleich stärker als von Erwachsenen besucht, und oft entwickelt sich in den Abteilungen für Kinder ein so lebhaftes und aus- gelassenes Treiben, daß es Erwachsene stören kann. Man hat deshalb für die Schulkinder besondere ,/Tummelbäder" eingerichtet mit ganz flachem Wasser, in Bild 543. Städtisches Frauenfreibad in München, in den Isaranlagen. dem auch die Kinder der untersten Klassen ungefährdet baden können, wie denn überhaupt die Einrichtung in erster Linie für diejenigen bestimmt ist, die noch nicht schwimmen können. Die erste Anlage dieser Art dürfte in Königsberg i. Pr. geschaffen sein, wo eine Abteilung des Oberteiches, 50 zu 12 m groß für Kinder reserviert ist, die in Gruppen bis zu 150 Kindern so zum Bade geführt werden, daß eine Gruppe sich bereits ankleidet, während die zweite sich im Wasser befindet, wofür etwa 10 Minuten gewährt werden. Auf diese Weise können im Sommer mehr als 1000 Kinder in 2 bis 2x/2 Stunden gebadet werden. Das Aus- und Ankleiden geschieht auf Ufer- plätzen der recht breit angelegten Bassinumgänge. In der höchst einfachen Königsberger Anstalt badeten 1897: 100842 Kinder; 1899: 81304 Kinder; 1901: 122144 Kinder. 704 Bild 544 1 gibt eine Ansicht von dem Tummelbad für Mädchen in Schaff- hausen, Bild 545 1 von dem Tummelbad für Knaben in Helsingfors, wo längs des Bassins allerdings schon offene Auskleidehallen angeordnet sind. Bild 544. Tummelbad für Mädchen in Schaffhausen. Bild 545. Tummelbad für Knaben in Helsingfors. In der Kallenbachschen Flußbadeanstalt zu Breslau sind als Tummelbäder für Volksschüler völlig mit Brettern ausgedielte Bassins von etwa 100 qm Wasserfläche 1 Von der Deutschen Gesellsch. f. Volksbäder (Bd. III, S. 619) freundlichst überlassen. 705 angelegt, deren Umgänge bis zur Einfriedigung so breit sind, daß darauf das Aus- und Ankleiden einer großen Kinderzahl bequem möglich ist. Obwohl die Wasser- fläche verhältnismäßig klein ist, haben an heißen Sommertagen darin doch schon 2500 Kinder gebadet. Die Kosten werden bei starker Benutzung auf 2 Pfg., bei geringer Benutzung auf 3 bis 4 Pfg. pro Bad veranschlagt. B. Freibäder in Seen und Flüssen. Da in unseren Seen, die in der Regel einen Abfluß haben, der Wasserstand im Laufe des Sommers sehr wenig schwankt, lassen sich die Badeanstalten über dem Wasser fest auf Pfählen errichten und werden so weit ins Wasser vorgeschoben, daß die für Schwimmer gewünschte Wassertiefe von 3 bis 4 m erreicht wird, und daß die Badeanstalt jedenfalls außerhalb des Gürtels von Schilf liegt, welcher die Ufer meist umsäumt. Eine Brücke verbindet die Badeanstalt mit dem festen Lande, einige Treppen oder Leitern dienen dem Verkehr von und zu dem Wasser. Für Nichtschwimmer wird ein Badeplatz am sandigen Ufer eingerichtet oder ein Bassin von wechselnder Tiefe aus Lattenböden und Lattenwänden eingebaut. Wird vom Bild 546. Konstruktion einer schwimmenden Fluß- Badeanstalt. Ufer aus gebadet, so werden die Aus- und Ankleidegelegenheiten auf festem Boden in offene Hallen mit einigen verschließbaren Zellen verlegt, die von Holz und oft nur provisorischer Art so einfach ausgeführt sind, daß sie für den Winter fort- genommen werden, wenn nicht beabsichtigt wird, sie für die Eisbahn auszunutzen. In den Flüssen werden die Badeanstalten wegen schwankenden Wasserstandes, und damit man sie vor dem Eisgang in Sicherheit bringen kann, schwimmend kon- struiert. Prähme von Holz, Pontons von Eisen oder zylindrische Hohlkörper von Holz oder Eisen werden mit Balkenlagen verbunden, auf denen die Laufgänge und die in leichtem Holzwerk hergestellten Aufbauten der Auskleideräume aufgeschlagen werden. Bassins sind mit ihrer Langseite in die Richtung des Stromes zu legen und desto länger zu gestalten, je stärker die Strömung ist, damit der Schwimmer nicht allzu schnell an das Ende des Bassins getrieben wird. Zum Schutze gegen treibende Gegenstände und grobe Verunreinigungen muß das Bassin mindestens auf der Stromseite, besser noch auf allen Seiten durch tief eintauchende Gitter begrenzt sein; Bassins für Nichtschwimmer erhalten unter Umständen überdies noch einen Lattenboden. Bild 546 zeigt die Konstruktion eines derartigen Bades, welches durch Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 45 706 die eisernen Schwimmkörper S getragen wird und mit Bassins aus Lattenwänden und Lattenboden versehen ist. Für den Winter läßt es sich leicht abbauen und in Sicherheit bringen. Wegen der Strömung sind ausreichende Verankerungen anzubringen, und zum Schutz gegen treibende Schiffsfahrzeuge, Hölzer und dergl. einige Schutzpfähle einzurammen. Wenn die Schwimmer im freien Strom baden sollen, so ist für dieselben ein bestimmter Bezirk durch verankerte schwimmende Balken, Gitter, Kähne oder Taue abzugrenzen. In allen diesen Bädern müssen selbstverständlich die zur Rettung etwa unter- sinkender Personen nötigen Erfordernisse, wie Rettungsgürtel, Stangen, Leinen, ein Boot und vor allem Leute vorhanden sein, welche sie zu gebrauchen verstehen. Bild 547. Strand- Badeanstalt in der Außen-Alster zu Hamburg. A Hallen. B Kabinette. C Zimmer f. d. Badewärter. D Rettungszimmer. E Durchgang. 1. Die Badean stalt H ohenfelde in der Außen-Alster bei Hamburg, für Männer und Knaben bestimmt, ist darauf eingerichtet, daß vom Ufer aus ge- badet wird, auf dem die Kabinenbauten errichtet sind; Bild 547 gibt deren Grundriß und Ansicht wieder.1 Damit die Badeanstalt dem benachbarten Villenquartier nicht lästig werde, ist sie auf einer bis ca. 1 m über Wasser künstlich aufgeschütteten Insel erbaut und dadurch vom festen Lande genügend abgerückt worden, mit dem sie durch eine Brücke verbunden ist. Das Bassin ist bei ca. 3000 qm Fläche 0,60 bis 1,50 m tief, kann also von Schwimmern und Nichtschwimmern benutzt werden; es ist ausgebaggert und der Grund mit einer Sandschicht beschüttet, der Rand durch ein leichtes Bohlwerk eingefaßt. Zum Auskleiden dienen drei acht- eckige offene Hallen mit 272 unentgeltlich zu benutzenden Sitzplätzen, 64 Bank- plätze und 18 verschließbare Zellen für je eine oder zwei Personen, welche eine geringe Vergütung zahlen. Außerdem ist ein Zimmer für den Wärter und ein 1 Nach Osthoff a. a. O. S. 228. — 707 — Rettungsraum zur Behandlung Verunglückter angelegt. Die Aborte befinden sich in einem besonderen s kleinen Bau. Alle Baulichkeiten sind auf massiven Funda- menten in Holz errichtet und gewähren inmitten des Buschwerkes, welches die Insel bedeckt, ein anziehendes Bild. Um den Einblick von der Außen-Alster her zu verhindern, ist eine Bretterplanke, die im Winter abzunehmen ist, an Ramm- pfählen befestigt, davor gesetzt. Die von Plath entworfene Anlage ist im Jahre 1869 von Rambke und Horst mit einem Kostenaufwande von 26400 Mk. ausgeführt worden und fand so viel Beifall und Zuspruch, daß im Jahre 1883 ein großes Schwimmbassin von ca. 3500 qm Wasserfläche und 2,0 bis 2,60 m Tiefe in sorg- fältiger Ausstattung weiter in die Außen-Alster hinein vorgebaut werden mußte. Bild 548 1 veranschaulicht im Grundriß die Gesamtanlage, welche noch weitere 16000 Mk. erfordert hat. Ähnliche Strandbadeanstalten besitzt Hamburg noch an der Veddel, am Stein- wärder Ufer, in der Bille u. s. w.; alle sind unentgeltlich zu benutzen. 2. Die alte Militär-Schwimmanstalt zu Angermünde ist ein Beispiel für eine Badeanstalt auf Pfählen im tiefen Wasser. Wie Bild 549 zeigt, führt vom Ufer aus durch den ca. 30 m breiten Schilfgürtel des Münde-Sees eine Holz- brücke zu der ca. 25 m langen und 8 m breiten Plattform, welche auf der einen Seite um 6 m vorgezogen ist, um für Sprungübungen eine größere Wassertiefe zu gewinnen. Die ca. 60 cm über Wasser liegende Plattform trägt an der durch eine Brettwand geschlossenen Landseite einen Auskleideraum O für Offiziere und einen Raum U für den diensttuenden Unteroffizier und die Geräte; zum Auskleiden der Mannschaften sind an den Wänden einfache Bänke aufgeschlagen. Zwei Treppen und zwei Leitern stellen die Verbindung mit dem Wasser her. Für den Schwimm- 1 Hamburg und seine Bauten, S. 217. Hamburg 1890, Otto Meißner. 45* 708 unterricht ist die Plattform an der Seeseite mit kräftigem Geländer versehen. Ein Abort ist auf dem festen Lande angelegt. Die Anstalt wurde seitens des Militärs teils aus dienstlichen Rücksichten, teils aus dem Grunde aufgegeben, weil die Beschaffenheit des Badeplatzes nicht ge- stattete, auch dem Badebedürfnis der Nichtschwimmer Rechnung zu tragen; der Seeboden war nicht sandig genug, und der Wuchs des Schilfes allzu kräftig. 3. Die Alsterlust in Hamburg, 1887/88 durch G. Thielen in der Außen- Alster mit einem Aufwande von 456000 Mk. erbaut, ist vielleicht die größte und vornehmste Badeanstalt, welche als fester Bau auf Pfählen über dem Wasser steht. Bild 549. Alte Militär- Schwimmanstalt zu Angermünde. (Etwa 900 Pfähle sind dazu gerammt worden!) Bild 550 1 läßt die Anordnung der großartigen Anlage erkennen. Man erreicht sie vom Ufer aus auf einer Brücke, von der Wasserseite her mittels Dampfbooten, die an der vorgelagerten Terrasse q an- legen, welche mit einem Restaurant verbunden ist. Zwischen zwei gleich großen Schwimmbecken für Herren und Damen, 38 zu 24 m groß und 0,70 bis 3 m tief, deren Grund mit Sandschüttung versehen ist, deren 912 qm haltende Wasser- fläche durch Wellenräder in Bewegung gehalten wird, führt ein stattlicher Durch- gang in das reich ausgestattete Restaurant. Rings um die Schwimmbecken ziehen sich in zwei Geschossen die von Stiefelgängen aus zu betretenden Auskleidezellen, denen ein innerer Umgang für Entkleidete vorgelegt ist. Zu jeder Abteilung ge- hören einige Einzelbadezellen, Dusche- und Reinigungsräume, Räume für Bedienung, Personal und Wäsche u. s. w., alles in vortrefflicher Einrichtung. Die Anstalt hat eigene Kessel und Maschinen für die elektrische Beleuchtung und die Heizung des Restaurants; die Entwässerung ist mittels Düker an die städtische Kanalisation an- geschlossen. 1 Nach Hamburg und seine Bauten, S. 220. Hamburg 1890, Otto Meißner. 709 4. Das Städtische Donaubad in Wien1 wurde von Berger mit dem bedeutenden Kostenaufwand von ca. 1350000 Mk. erbaut und 1876 eröffnet. Mit Rücksicht auf die Schiffahrt durfte die Anstalt nicht in den Strom selbst gesetzt werden, sondern es wurde dafür am Ufer ein Bassin von 175,4 zu 48,7 m Größe ausgehoben und auf allen Seiten mit Mauern eingefaßt, von denen die flußseitige zugleich Kaimauer ist. Ein vom Flusse abzweigender gewölbter Kanal von 4,74 m Breite und 4,25 m Höhe besorgt die Zuführung, ein gleicher um 1 1 cm tiefer liegender Kanal die Abführung des Wassers in dem Maße, daß es sich täglich etwa 30 mal erneuert. Da die Donau zeitweise viel Sinkstoffe im Bassin ablagert, muß es alljährlich zweimal ausgebaggert werden; ein größeres Gefälle wäre er- wünscht, um herumschwimmende Schmutzteile schneller zu beseitigen. Die Sohle des Bassins ist der natürliche Kies. Die Anstalt besteht aus dem eigentlichen Bade mit 5 Bassins und 15 Einzel- bädern, dem dreigeschossigen Verwaltungsgebäude mit Kasse, Restaurant, Cafe- haus u. s. w. und dem Maschinenhäus mit Dampfmaschine von 16 PS., welche die Pumpe für die 32 Duschen und die Wäscherei treibt; an den vier Ecken sind noch Pavillons errichtet, welche Räume für das Personal, für Geräte, das Rettungs- zimmer u. s. w. enthalten. Das eigentliche Bad ist von Holz aufgeführt, die übrigen 1 Osthoff a. a. O. S. 250, Fig. 116, 117. — Berger, Das städtische Bad an der Donau in Wien. Wien 1876, Ed. Hügel. 710 Bauten massiv. Die Disposition geht aus Bild 551 hervor. Pfahlwände zerlegen die Wasserfläche in ein abwechselnd von Herren oder Damen zu benutzendes großes Schwimmbassin und vier kleinere Bassins für Nichtschwimmer. Das große Bassin A, 74,75 m lang, 44,17 m breit, ist bis zum Kiesboden bei Null-Wasser- stand 3,8 m tief; es ist von einer 2,2 m breiten Plattform rings umgeben, welche auf Pontons 55 cm hoch über Wasser schwimmt und dadurch die Schwankung des Wasserstandes unmerklich macht. Die Auskleidezellen befinden sich in großer Zahl auf dem festen Podium. — Von den übrigen 4 Bassins sind 2 für Männer und 2 für Frauen bestimmt. Diese Bassins haben Böden von Holz und sind an den Seiten durch eiserne Gitter abgeschlossen, welche einen 2,05 m breiten, ringsum laufenden Gang tragen. Die so gebildeten Badekörbe können durch Schrauben Bild 551. Städtisches Donaubad zu Wien. A Gr. Schwimmbassin. B Männerbad I. Klasse. B‘ Männerbad II. Klasse. C Frauenbad I. Klasse. C' Frauenbad II. Klasse. D Kessel. E Maschinen. F Waschhaus. G Restauration. H Kaffee. 1 Eingänge. 2 Kassen. 3 Dienst- wohnungen und Wachen. 4 Zellenbäder. 5 Einlauf. 6 Auslauf. für eine Wassertiefe von 1,0 bis 1,6 m gehoben und gesenkt, für die nötige Baggerung aber auch ganz herausgehoben werden, wobei der Auftrieb von 8 unter- gebauten Pontons die Last vermindert. Die Bassins I. Klasse haben verschließbare Zellen, die der II. Klasse offene Auskleideräume mit Kleiderschränken. Die zwischen dem Schwimmbad und den Bassinbädern angeordneten Einzelzellen haben einen Badekorb von 4,6 zu 2,5 m, der sich nach Wunsch tief oder flach einstellen läßt. Die ganze Anstalt verfügt über 5314 qm Wasserfläche und bietet mit 344 Aus- kleidezellen, 928 Kleiderschränken und 15 Einzelzellen Platz für 1287 Badegäste, für jeden durchschnittlich 4,1 qm Wasserfläche. Die Anlage ist von eingefriedigten Gartenanlagen umgeben und hat eine charakteristische künstlerische Durchbildung erfahren, welche durch den Wechsel von Stein- und Holzbau recht reizvoll geworden ist; einen besonderen Schmuck 711 bilden die leichten offenen Hallen, welche auf den drei Landseiten zwischen den massiven Eckpavillons eingebaut sind. Der Mittelbau enthält im Erdgeschoß eine große Halle und eine 2. Kasse, im I. Stock die Wohnung für den Badearzt, Wäschelager und Werkstatt. In den beiden turmartigen Aufbauten des Mittelbaues stehen 2 Wasserreservoire von zusammen 68 cbm Inhalt. Die Stadt Wien besitzt noch ein zweites Flußbad dieser Art, welches weiter oberhalb an der Donau errichtet ist, und eine Anzahl Privatbäder. Bild 552. Das schwimmende Frauenbad auf der Hunte zu Oldenburg. A I. Klasse. B Zelle. C Wartezimmer. C‘ Badefrau. D Zelle. E Raum III. Klasse zum Auskleiden. E' Raum II. Klasse zum Auskleiden. E Schwimmbassin für II. u. III. Klasse. G Eingang. 5. Die Badeanstalten auf der Hunte zu Oldenburg. Da die Hunte bis nach Oldenburg hinauf der Wirkung der Flut unterworfen ist und zweimal täglich den Wasserstand um 1 m, bei Springflut um mehr als 2 m ändert, konnten Flußbadeanstalten nur schwimmend angelegt werden. Sie wurden zwar beseitigt, nachdem 1883 ein Stadtbad in Betrieb genommen war, verdienen aber als brauch- bare Vorbilder hier noch erwähnt zu werden. a. Das Frauenbad ist von Osthoff 1879 entworfen und ausgeführt; Bild 552 stellt es im Grundriß und Querschnitt dar. Der 16,0 m lange und 9,5 m breite Aufbau wurde von 6 hölzernen Pontons getragen und mittels verschiebbarer Ringe an 3 Rammpfählen in ihrer Lage gehalten ; zum Winter wurde sie in einen Hafen 712 gefahren, weshalb die beiden vorderen Pontons (wie punktiert angedeutet) spitz zulaufen. Die Pontons der einen Seite sind 2,5 m breit und 1,2 m hoch, die der anderen Seite 3,0 m breit und 1,1 m hoch; die beiden vorderen sind 5,5 m, die übrigen 4,5 m lang. Die darüber gelegten Balkenlagen sind so angeordnet, daß ein einzelner Ponton behufs Dichtens und Teerens herausgenommen werden kann. Zu den beiden Eingängen führten zwei bewegliche Laufbrücken, welche dem Wechsel des Wasserstandes folgten. Zwischen den Pontons befinden sich Bild 553. Das schwimmende Männerbad auf der Hunte zu Oldenburg. A Wartezimmer. B Badewärter. C Zellen. D Gang. ein Schwimmbassin von 8,5 zu 4 m, 2 Badezellen von 2,2 zu 1,8 m, 1 desgleichen von 2,4 zu 1,6 m und 1 desgl. von 2,2 zu 2,0 Wasserfläche. Die Bassins hatten hölzerne Böden (im Schwimmbassin für zunehmende Tiefe), welche mit Ketten an den Balken aufgehängt und mit Steinen und Eisenbarren beschwert waren. Zum Schwimmbad F gehören der offene Auskleideplatz E und 5 verschließbare Zellen E' [1,8 zu 1,8 m groß], während die Badezellen zum Auskleiden groß genug waren. Der Eingang zu den Zellenbädern führte durch ein angenehm ausgestattetes Warte- zimmer C, dem auf der gegenüberliegenden Seite das Zimmer der Badefrau C entsprach. Die Wände waren sämtlich von Holz, außen 3 cm, innen 2 7 2 cm stark; das Dach war mit Pappe gedeckt. Alle Räume, ausgenommen C und C', waren durch Oberlicht erhellt. 713 Die Kosten einschließlich des gesamten Inventars beliefen sich auf 6451 Mk. oder 42,5 Mk. pro Quadratmeter. b. Das Männerbad ist in den Konstruktionen dem vorigen sehr ähnlich, es ist gleichfalls von Osthoff entworfen und 1880 ausgeführt worden. Bild 553 stellt es dar. Das Bad war 21,35 m lang und 10,5 m breit und bestand aus 2 Teilen, die voneinander gelöst und zum Winter einzeln in den Hafen gefahren wer- den konnten. Acht Pontons, 3,3 m breit und 1,4 m hoch, die beiden vorderen zugespitzt 6,26 m, die übrigen 5 m lang, trugen den in Holz aufgeführten Oberbau, der am Eingang das Wartezimmer A und das Zimmer des Wärters B und im übrigen 8 Zellen enthielt, deren Badebassin 3,0 zu 1,80 m maß und hölzernen Boden hatte. Ausgestattet war jede Zelle mit Waschtisch, Spiegel, 2 Stühlen, Kleiderhaken und Stiefelknecht. Die Kosten der ganzen An- lage betrugen ca. 8700 Mk. oder gegen 39 Mk. pro Quadratmeter. 6. Die Städtische Fluß- badeanstalt an der Oberspree zu Berlin, oberhalb der Cuvry- straße, ist ebenso reizvoll ausge- bildet wie zweckmäßig eingerich- tet. Bild 554 veranschaulicht den Grundriß. Das Bad enthält bei 40 m Länge und 22 m Breite zwei durch einen herausgehobenen Mittelbau ge- trennte Abteilungen für Männer und Frauen mit gleich großen Schwimm- bassins, deren in 5 Teile zerlegter geneigter Boden die Wassertiefe von 0,60 bis 2,50 m zunehmen läßt. Der Aufbau ruht auf 8 hölzernen schwimmenden Prähmen und enthält zum Auskleiden in der Männerabteilung 26 verschließbare Zellen und 105 offene Plätze mit Schränken, in der Frauenabteilung 21 Zellen und 112 ebensolche Plätze, letztere in jeder Abteilung für Kinder, ln dem er- höhten Mittelbau wird die Badewäsche getrocknet. An der Kasse K trennen sich die Eingänge, F für Frauen, M für Männer und führen durch den Vorraum E an der Kontrolle C vorüber zu den Umgängen, Bild 554. Städtische Flußbadeanstalt an der Oberspree zu Berlin. UY 1X1.1 ft 714 an denen die Brauseräume B, die Qeräteräume Q, die Aborte und die Wärter- zimmer W liegen; V ist ein Vorratsraum. Durch eine Anzahl eingerammter Pfähle wird die Anstalt gegen die Stöße etwa antreibender Schiffe geschützt und zugleich in richtiger Lage gehalten. Im Äußeren erscheint der zierliche Bau in Fachwerk, die Gefache mit Brettern ausgesetzt, alles aus Yellow- pine- Holz, die Dächer mit Schindeln von Zypressen- holz eingedeckt. Bild 555 1 läßt erkennen, wie vorteilheft sich das Ganze in die landschaftlich schöne Umgebung einfügt. Nach den Entwürfen von Rohde und Stahn mit einem Kostenaufwande von 96000 Mk. einschließlich der ganzen Ein- richtung ausgeführt, wurde die Anstalt im Sommer 1895 in Benutzung genommen. Bild 555. Städtische Flußbadeanstalt an der Oberspree zu Berlin. 7. Die Thiebesche Flußbadeanstalt im Rhein zu Bonn.2 Die nach den Wasserverhältnissen des Rheins schwimmend angelegte Anstalt besteht aus einem Herren- und einem Damenbad. — Das Damenbad stellt Bild 556 dar. Es enthält in der Mitte ein überdachtes Schwimmbassin von 14,15 m Länge und 8,18 m Breite, umgeben von Umgängen, die an den Langseiten 1,25, an den Schmalseiten 1,50 m breit sind; durch einen geneigten Holzboden, welcher durch Flaschenzüge gehoben werden kann, wird die Wassertiefe von 1,0 bis 2,30 m festgelegt, während die Seitenwände aus senkrechten Eisenstäben gitterartig gebildet werden. Zu beiden Langseiten des Bassins liegen 26 Auskleidezellen, die nur 1,44 zu 0,77 m groß sind, an den Schmalseiten 2 Salonbäder 4,30 zu 3,22 m groß mit Einzelbad von 2,5 zu 2,2 m, ferner zwei Doppelzellen und eine Anzahl 1 Nach „Berlin und seine Bauten“, Bd. II, S. 544. Berlin 1896, Verlag von Wilhelm Ernst & Sohn. 2 Osthoff a. a. O., S. 238, 239. 715 Einzelzellen. Das Bad dieser Zellen findet in einem Badekorb mit festem Boden und 2 festen Seitenteilen statt, während in der Richtung des Stromes die Seiten durch Gitter abgeschlossen sind; die Wassertiefe beträgt 1,0 bis 1,4 m. Sieben Zellen enthalten warme Wannenbäder mit Brausen, die aus dem Heizraum mit Bild 556. Thiebesche Badeanstalt im Rhein zu Bonn (Grundriß des Damenbades). A An- und Auskleidezellen. B Schwimmbassin. C Wäsche. D Kasse. 1 Wärterin. 2 Heizraum. warmem ^Wasser versorgt werden. Ein von der Strömung getriebenes Schaufelrad treibt die Pumpe, welche das Wasser in das Duschereservoir hebt. — Kasse und Wäscheausgabe liegen am Eingang. Die ganze Anstalt ruht auf zwei langen und zwei kurzen Pontons; zwei Bild 557. Thiebesche Badeanstalt im Rhein zu Bonn (Grundriß des Herrenbades). A An- und Auskleidezellen. B Schwimmbassin. noch kürzere sind unter den Heizraum geschoben. Die Pontons sind durch eine Balkenlage verbunden, welche die hölzernen Zellenaufbauten zu tragen hat. Das Herrenbad — siehe Bild 557 — - ist einfacher gestaltet und enthält ein Schwimmbad von 39,7 m Länge und 8,8 m Breite, an dessen Langseiten hinter 1,65 m breiten Umgängen 73 Auskleidezellen liegen, davon drei für mehrere Per- sonen; die Wassertiefe nimmt von 1,0 bis 2,3 m zu. Die Konstruktion des Bassins ist dieselbe wie im Damenbad. An den Schmalseiten desselben verbreitern sich die Gänge bis auf 2,05 m; daran liegen vier Einzelbäder, Duscheräume, Wärter- zimmer, Wäscheausgabe und die Kasse. Zwei lange und zwei kurze Pontons tragen die ganze Badeanstalt. LLlLlLLLLLLLLlLlLLLLU-LLLLlLLLLI' , . .jil : i : : l l zu Ir «" .71 i r- kE ' v— ( InrT 716 8. Das Henri IV.-Bad auf der Seine zu Paris1 ist ein schwimmendes Flußbad von erheblich größeren Dimensionen als das vorige Beispiel. (S. Bild 558.) Das Schwimmbecken ist unbedeckt, hat eine Länge von 77,7 m bei 14,8 m Breite und ist in der Mitte zur Verbindung beider Langseiten von einer Brücke überspannt, auf welcher um 13 Stufen erhöht ein Pavillon steht, darunter zwei Postamente zum Ab- 41) ? ? ]£ 710 3Q 4Q 5P.M. Bild 558. Henri IV.-Bad auf der Seine zu Paris. 1 Depot für Wertgegenstände. 2 Stube der Schwimmmeister. 3 Springboden. 4 Restaurant. 5 Wendeltreppen. 6 Küche, darunter Pontonkeller. 7 Kammer. 8 Treppenhäuser. 9 Offene Galerie. 10 Utensilien. 11 Wäsche. 12 Wartesalon am Eingänge. 13 Bureau. springen der Schwimmer. Ein Drittel bis ein Viertel des Bassins ist für Nichtschwimmei bestimmt und hat durch einen geneigten Boden 0,50 bis 1,90 m Wassertiefe er- halten; an der flachen Seite führt in der ganzen Bassinbreite eine Treppe in das Wasser, und an der tiefsten Stelle hängt ein Holzgitter von dem Boden schräg bis auf die Flußsohle herab, um zu verhindern, daß ein Schwimmer beim Tauchen unter den Boden geraten könne, da die Schwimmer die ganze Tiefe des Flusses zur Verfügung haben. Zur Abhaltung treibender Gegenstände und zur Sicherung der Badenden, die auch nicht unter die Pontons gelangen dürfen, ist ein Drahtnetz von 10 zu 15 cm Maschenweite ausgelegt, welches auf der Flußsohle durch Ge- 1 Osthoff a. a. O., S. 240, 241. — Vergl. Nouvelles Annales de la Construction 1873, S. 98, PI. 4L 717 wichte festgelegt und an den Seiten des Bassins in die Höhe genommen und schwimmend befestigt ist; nur bei den Nichtschwimmern befindet sich der Holz- boden. Der Umgang liegt 1 m über Wasser, ist 2,9 m breit und erweitert sich an der unteren Schmalseite zu einem Springboden, der ebenso wie die Umgänge zum Schutze gegen Ausgleiten mit Teppichen oder Strohmatten belegt ist. Die vier Bassintreppen reichen bis 1 m unter Wasser herab und sind gleichfalls mit Stroh- matten belegt aus demselben Grunde. Zum Auskleiden sind 376 Zellen, je 1,90 m lang, 0,90 m breit und 2,0 m hoch in zwei Geschossen angeordnet; vier Treppen führen zu den oberen hinauf. An der unteren Schmalseite liegen der Eingang mit Wartezimmer, Kasse, Depot für Wertsachen, Wäschelager, Zimmer des Bademeisters, Restauration und Aborte. — Die ganze Bauanlage schwimmt auf zwei Längs- und zwei Querpontons aus Eichenholz, 4,35 m breit, die durch Balkenlagen miteinander verbunden und durch eingerammte Pfähle in ihrer Lage gehalten werden; letztere sichern zugleich die Anstalt gegen den Stoß treibender Schiffe. C. Freibäder in der See. (Seebäder.) Wenn mit den Seebädern feste Auskleidezellen verbunden werden sollen, so können sie entweder schwimmend wie in den schwimmenden Flußbadeanstalten angelegt oder auf Pfählen oberhalb des Wassers oder in festen Bauten auf dem hohen Uferrande untergebracht werden. Schwimmende Seebadeanstalten sind jedoch nur da möglich, wo sie gegen Seegang genügend geschützt verankert werden können. Alle diese Formen sind zur Ausführung gekommen. 1. Das -Seebad im Hafen von Triest „Bagno Maria", von den Ingeni- euren Gebr. Stradhof entworfen und ausgeführt, gehört zu den schwimmenden Seebadeanstalten; Bild 559 1 gibt den Grundriß und Durchschnitt der eigenartigen Anlage. Der hölzerne Aufbau ruht mittels Balkenlagen auf einen eisernen Schwimm- körper aus Kesselblech, dessen Form und Lage im Grundriß punktiert angedeutet, und dessen eiförmiger Querschnitt aus dem Durchschnitt ersichtlich ist; er ist 1,93 m hoch, 1,53 m breit und hat eine Gesamtlänge von 161,2 m, die durch wasserdichte Querwände in 36 Kammern abgeteilt ist, um bei Undichtigkeit einer einzelnen Stelle Sicherheit zu bieten. Vier kräftige Anker halten den Bau auf dem gewählten Platze, der nur zu Wasser zu erreichen ist. Der Aufbau ist 48,2 m lang, 25,0 m breit; sein Fußboden liegt ca. 70 cm über Wasser. Die Außenwände enthalten zwischen doppelter Bretterverschalung zur Aussteifung ein Eisenfachwerk aus 10/50 mm starkem Flacheisen. Nur die Zellen und sonstigen Räume haben ein Dach erhalten (von Holz); die Gänge und Bassins sind unbedeckt, können aber zum Schutz gegen Regen und Sonne durch Segeltuch überspannt werden. Betritt man die Anstalt an der Landungstreppe, so geht man zwischen Kasse 1 und Wäschelager 3 zum Warte- und Cafesalon 2. Den Matrosen dienen die Zimmer 4 zum Aufenthalt. Rechts liegen die Damenbäder, links die Herrenbäder, 1 Osthoff a. a. O.’ S. 234, Fig. 103, 104. — Allg. Bauzeitung. Wien 1859, S. 231, Bl. 288, 289. 718 und zwar 21 Einzelzellen für Herren, 16 desgl. für Damen und 4 Familienbäder. In der Mitte befindet sich das Schwimmbad A für Herren und B für Damen; vom Herrenschwimmbad aus kann man auch in das offene Meer springen; außerdem sind bei 5 Ausgänge für Freischwimmer auf der Herren- und Damenseite vor- gesehen, wodurch die zu geringe Größe der Bassins unschädlich wird. Die kleinen und großen Bassins sind mit Badekörben versehen, deren Boden von Holz, deren Seitenwände aus Rundeisengittern mit 15 bis 20 cm Abstand der Stäbe gebildet sind; Bild 559. Badeanstalt im Hafen von Triest. 1 Kasse. 2 Kasse-Halle. 3 Wäsche. 4 Matrosen. 5 Ausgänge für Freischwimmer. 6 Sprungturm. 7 Turngestell. 8 Dusche. 9 Sprungbrett. die Badekörbe lassen sich vom Gange aus nach Wunsch der Badegäste heben oder senken; die Zwischenwände zwischen den Einzelzellen C reichen bis unter den Boden der Badekörbe hinab. Für die Winterszeit wird die ganze Badeanstalt in eine völlig geschützte Lage gefahren. 2. Die Herrenbadeanstalt zu Heringsdorf.1 Das Ostseebad Herings- dorf besitzt 3 Badeanstalten, welche nach dem gleichen Prinzip angelegt wurden, als Mitte der siebziger Jahre der Aufschwung des Bades begann. Bild 560 stellt das Herrenbad dar. Nach den Erfahrungen der schweren Sturmfluten vom No- 1 Osthoff a. a. O. S. 226, Fig. 95—97. — Vergl. Deutsche Bauzeitung 1881, S. 498. 719 vember 1872 mußte für einen festen Bau der Fußboden auf Pfählen 4 m über den gewöhnlichen Wasserstand der Ostsee gelegt werden. Auf hoher Freitreppe gelangt man durch den vorderen Balkon und den Eingang E in die nach der Seeseite offene Halle, von der eine Treppe in das 28 m breite flache Bassin B für Kinder führt. An den symmetrisch angeordneten Gängen liegen 56 Badezellen, 2 Wäschelager D, 2 Geräte- räume C und 2 Aborte. Die Zellen, 2,0 m tief, 1,50 m breit und 2,50 m hoch, sind mit Pultdächern gedeckt; die Gänge sind unbedeckt und geben den Zellen durch die nach dem Gange auf- schlagenden Fenstertüren das Licht. Zur Lüftung sind durch die Außenwand kleine Schlitze eingeschnit- ten. Bild 561 zeigt die Anordnung der Zellenflügel im Durchschnitt. Die Gänge sind, wo die Zellen auf- hören, noch weiter ins Meer hinaus verlängert und schließen das Bassin A für Erwachsene ein; sie endigen mit Treppen im tiefen Was- ser. Um vom Lande her den Einblick in die Bassins zu hindern, sind zwischen den Pfählen teils Holz- jalousien, teils Holzgitter eingesetzt, wodurch zugleich diearchitektonische Wirkung des Baues wesentlich ge- hoben wird. Bild 560. Herrenbad zu Heringsdorf (Ostsee). 3. Das Ostseebad ^4 Bassin für Erwachsene. B Bassin für Kinder. C Gerätschaften. D Wäsche. E Eingang. Hl Halle. Sandvig. Inmitten der Granitklippen, welche die Nordspitze der Insel Bornholm in großer Zahl umsäumen, befindet sich in der Aasand- Bucht ein zwar kleiner, aber ausgezeichnet schöner sandiger Badestrand, den sich das Seebad Sandvig dienstbar gemacht hat; gegen Süd-, West- und Nordwind geschützt, würde ihn bei Nordost- und Ostwind der Seegang stören, wenn nicht in einiger Entfernung vorgelagerte Granitzacken die Kraft der Wellen brächen; deshalb konnte die Baulichkeit ganz in der Nähe des Wassers errichtet werden, ohne einen hohen Unterbau nötig zu haben. Der Badeplatz wird durch zwei 720 buhnenartig vorspringende felsige Rücken, die bis an die Oberfläche des Wassers reichen, in einem Abstande von ca. 90 m begrenzt; mitten zwischen beiden ca. 35 m von der Wasserlinie entfernt ist das anspruchslose Badehaus errichtet, dessen Anlage Bild 562 wiedergiebt. Beiderseits des Mittelbaues, welcher einen Warte- raum mit der Kasse und Wäscheausgabe enthält, liegen 2 Flügel mit je 13 Zellen von 1,90 m Tiefe und 1,40 m Breite; vor dem ganzen Bau, der sich auf 3 Reihen von Pfählen nur 0,80 bis 1,0 m hoch über die Sand- fläche erhebt, und aus leichtem Kreuzholz mit Brett- bekleidung besteht, zieht sich ein 1,10 m breiter Gang hin, zu dem 5 Treppen hinaufführen. Die Zellen sind vorn 2,0 m, hinten 1,85 m hoch, haben neben der 0,70 m breiten Tür ein schmales Fenster und zur Ein- richtung eine feste Bank, einen Ecktisch mit Spiegel darüber, einige Kleiderhaken und einen Stiefelknecht. Die kleine Anstalt wird zeitweis von Herren, zeit- weis von Damen benutzt, dient aber auch zu gewissen Tagesstunden als Familienbad. Zu diesem Zweck darf zum Auskleiden die eine Seite des Hauses nur von Damen, die andere Seite nur von Herren benutzt werden. Alle Badenden haben im un- durchsichtigen, von der Schulter bis zum Knie geschlossenen Badeanzüge zu er- scheinen, und bald entwickelt sich auf dem Sandplatze vor dem Badehause und in dem durch natürliche Grenzen eingeschlossenen Badeplatze ein ebenso lebhaftes Bild 561. Herren -Badeanstalt zu Heringsdorf an der Ostsee (Durch- schnitt). Bild 562. Ostseebad Sandvig auf der Insel Bornholm. wie harmloses Treiben, über das nur übertriebene Prüderie sich zu entrüsten ver- mag, während ein ernstlicher Anlaß, dagegen einzuschreiten, nicht vorliegt. 4. Das Ostseebad Göhren auf Rügen. Göhren hatte längere Zeit hin- durch ein Herren- und ein Damenbad provisorischer Art, dessen hölzerne Auf- bauten von dem schwachen Unterbau im Winter abgenommen wurden, bis in der Sylvesternacht 1904/5 eine Sturmflut alles zerstörte. Dies wurde die Veranlassung, auf kräftigen Rammpfählen drei neue Anstalten, ein Damen-, ein Herren- und ein 721 Familienbad zu bauen, welche schon im Sommer 1905 in Betrieb genommen werden konnten. Bild 563 stellt das Herrenbad dar,1 das ca. 50 bis 60 m von der Wassergrenze etwa 2 m hoch über dem schönen sandigen Strande errichtet ist. Der Haupteingang a führt an der Kasse b vorüber auf den 2 m breiten un- gedeckten inneren Umgang, an dem bei c die Kartenkontrolle und bei d die Wäscheausgabe stattfindet. Nach beiden Seiten folgen 10 Zellen c von 1,50 zu 1,50 m Größe und in den Eckbauten f je ein größerer Kinder-Auskleideraum, der im Notfälle auch zum Wäschetrocknen benutzt wird. Die anstoßenden Flügel, welche einen Vorplatz von ca. 48 m Breite einschließen, sind um 65 cm tiefer angelegt und mit je 10 Zellen besetzt, deren Zahl jedoch leicht vermehrt werden kann; sie sind bis über das Wasser hinausgeführt, und der linksseitige Flügel nach weiterer Senkung um 4 Stufen noch etwa 10 m weit bis zu der Plattform 1 verlängert, von 1 Nach einer freundlichst überlassenen Aufnahme des Herrn Regierungs-Baumeisters v. Lüpke. Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 46 — 722 — dem eine Treppe in das tiefere Wasser führt. Der letztere Teil ist, da seine Zer- störung durch Wellenschlag leichter möglich ist, in mehr provisorischer Ausführung hergestellt Auch die Aufbauten der vorspringenden Flügel sind, weil sie noch stark gefährdet, abnehmbar eingerichtet, und zwar bildet jede Zelle ein transpor- tables Häuschen, dessen 4 Eckstile sich über zwei am Unterbau befestigte Längs- schwellen schieben lassen. So könnten selbst die Unterbauten der Flügel von den Wellen fortgeschlagen werden, ohne den Hauptbau in Mitleidenschaft zu ziehen, weil sie mit diesem nicht fest verbunden sind. Der Hauptbau dagegen ist so kräftig konstruiert, daß er bei seiner Höhenlage auch der schweren Sturmflut Trotz bieten kann. Die Ausstattung des Bades ist sehr einfach. Alle Gänge und Treppen, die mit nacktem Fuß betreten werden, sind mit Läufern von Sackleinwand bespannt. Die durch ein festes Fenster in der Außenwand beleuchteten und durch eine mit Bild 564. Herrenbad in Göhren auf der Insel Rügen. Brettschieber verschließbare Öffnung zu lüftenden, mit Pappdach gedeckten Zellen enthalten eine kleine Bank, ein festes Wandbrett mit Randleiste, darüber einen Spiegel, einige Kleiderhaken und eine Fußmatte. Die äußere Wirkung gestaltet sich durch die Gruppierung der Bauteile und die verschiedene Behandlung der Dächer trotz aller Einfachheit ganz erfreulich (s. Bild 564), würde aber noch gewinnen, wenn der Unterbau der Pfähle durch Gitterfüllungen oder dergleichen geschlossen wäre, wie es beim Damen- und beim Familienbad durch Bespannung mit Sacktuch geschehen ist. Das Damenbad ist dem Herrenbad sehr ähnlich; beide haben je 40 Zellen. Das Familienbad dagegen ist erheblich größer und hat 80 Zellen, von denen 40 für den Winter abnehmbar sind. Seine Grundriß-Anordnung [ist insofern verändert, als vom Haupteingang aus sogleich die Trennung der Geschlechter erfolgt, die nur im Wasser, nicht auf dem sandigen Vorplatz wieder Zusammenkommen dürfen. Knaben über 8 Jahre alt gelten als Herren, Mädchen über 8 Jahre gelten als Damen; einzelne Damen und einzelne Herren werden nicht zugelassen. Das Baden ist auch hier nur im undurchsichtigen, von der Schulter bis zum Knie reichenden Bade- 723 anzuge gestattet. Obwohl diese Bestimmungen, welche jede Verletzung der Schick- lichkeit völlig ausschließen, gewissenhaft gehandhabt werden, wiederholen sich zeitweis aus gewissen Kreisen (fast regelmäßig bei den Synoden) die Anträge bei den zuständigen Behörden, dahin zu wirken, daß die Familienbäder im Interesse der Sittlichkeit geschlossen werden mögen. Noch auf der Synode zu Stettin (Herbst 1908) wurde ein dahingehender Antrag wiederum gestellt, aber unter starkem Widerspruch maßgebender Persönlichkeiten abgelehnt. 5. Das Seebad Cuxhaven1 ist eine Anlage, bei welcher wegen der Ge- . % Zeiten und der Heftigkeit des Seeganges der Bau der Auskleidezellen so hoch auf das Ufer gerüekt werden mußte, daß das Wasser im Sommer nicht hinaufreicht; für den Winter wird der Kabinenbau abgebrochen und in Sicherheit gebracht. Seit 1816 ist Cuxhaven Seebad. Die ersten Einrichtungen bestanden aber nur aus zwei, seit 1826 aus fünf Badekarren, die mit zwei Pferden bespannt auf sogenannten » Badebrücken", d. i. hölzerner Rampen, ins Meer gefahren wurden, weil ein allmählich abfallender Badestrand nicht vorhanden ist, das im Abbruch liegende Ufer vielmehr durch ein Deckwerk von Granitfindlingen geschützt wird, auf dem nicht gebadet werden kann. Da auf den fünf Brücken während einer Tide nur 50 bis 60 Bäder möglich waren, genügte die in der Unterhaltung recht kostspielige Anlage bald nicht mehr; sie wurde vorläufig als Damenbad beibehalten und im Jahre 1855 durch eine andere, das Herrenbad, erweitert, neben welcher 1882 das Damenbad neu errichtet wurde, welches Bild 565 2 veranschaulicht. Durch zwei aus dem vor- handenen Uferdeckwerk vorspringende Mauern ist ein Badeplatz von 25,0 m Länge und 8,60 m Breite eingeschlossen, in den gewissermaßen unter Nachahmung des natürlichen Badestrandes zwei Rampen von je 4,30 m Breite mit Neigung 1 : 20 und 1 : 16 V2 zum Grund hinabführen, der durch ein 2,0 m breites, sanft ansteigendes Betonbett gegen den Angriff der See, besonders der rücklaufenden Wellen, ge- schützt ist. Eine 20 cm starke Betonschicht umgiebt noch hoch oben die Mauern, um hinaufgeschlagenes Wasser unschädlich abzufangen. Eiserne Geländer begrenzen die senkrechten Mauern oben und die Rampen an der äußeren Seeseite und dienen den Badenden zugleich als Halt gegen die Wellen, wenn sie die passende Wasser- tiefe aufsuchen wollen; die senkrechten Geländerpfosten sind so hoch, daß sie auch bei Flut aus dem Wasser hervorragen. Drei Treppen schaffen die Möglichkeit, die Podeste der Rampen und den Grund des Badeplatzes auf kürzestem Wege zu erreichen. Der in Holzwerk hergestellte Kabinenbau enthält 21 Auskleidezellen nebst Warteraum und Abort; die Kasse befindet sich in einem Nebenbau zwischen Herren- und Damenbad. Während diese Baulichkeiten seitens der Badegesellschaft, welche den Betrieb gepachtet hat, durch den Architekten Schumacher ausgeführt sind, wurden die in das Gebiet des Wasserbaues fallenden Unterbauten seitens des Staates Hamburg hergestellt, und zwar mit einem Aufwande von 24000 Mk. Bei der exponierten Lage des Bades gestaltete sich die Ausführung sehr schwierig und erforderte 1883 Ergänzungen, welche noch weitere 23 900 Mk. gekostet haben; die Kosten des Ka- binenbaues sind dabei nicht eingerechnet. 1 Vergl. Deutsche Bauzeitung 1885, S. 437. 2 Osthoff a. a. O., S. 230, Fig. 100 bis 102. 46* 724 Obwohl also Cuxhaven über sandigen Badestrand nicht verfügt, genießt es den Vorzug, daß im Wechsel der Gezeiten doch der Salzgehalt des Seewassers schwankt, zwischen 1,35 und 2,27 °/0, und deshalb die Annehmlichkeit bietet, stärkere oder schwächere Seebäder zu nehmen. (In der Ostsee beträgt der Salzgehalt nur 0,75 °/0, in der Nordsee dagegen 3,25 °/0.) A Mittleres Hochwasser. B Mittleres Niedrigwasser. C Sand. Bild 565. Seebad Cuxhaven (Damenbad). A Lageplan. B Herrenbad. C Damenbad. D Kasse. E Mauer. F Steinböschung. G Deichböschung. H Stein- höft. / Pfahlwand. 6. Das Seebad Borkum. Borkum, das unter den ostfriesischen Inseln am weitesten nach Westen vorgeschobene Eiland, besitzt einen so vortrefflichen, breiten sandigen Badestrand, daß die baulichen Einrichtungen für Bäder sich auf ein sehr geringes Maß einschränken können. Der Strand ist so eben, so fest und für See- wasser so durchlässig, daß nach Rückgang der Flut ohne alle künstlichen Hilfs- mittel die allerbeste Strandpromenade gegeben ist; bei Hochwasser oder hohem Seegang wird die Promenade auf die Krone der Schutzmauer verlegt, welche in Verbindung mit zahlreichen Buhnen in kilometerlanger Ausdehnung die Westseite der Insel gegen die Angriffe der See schützt. Gebadet wird an drei Stellen, am Herren-, Damen- und Kinder-Badestrand, und zwar entweder aus Badekutschen, die als bewegliche Badezellen in das Wasser 725 hineingefahren werden, oder von einem am hohen Uferrande aufgeschlagenen Bau provisorischen Charakters, der abgeteilte Auskleidezellen enthält Eine Badekutsche (s. Bild 566) ist eine auf zwei oder vier breiten Rädern stehende Hütte von 1,60 zu 1,30 m Grundfläche und 2 m Höhe. In der Hinterwand befindet sich die Eingangstür, vor welcher eine Treppe, da der Fußboden ca. 70 cm hoch über dem Sandboden liegt, schwebend befestigt ist. Das durch ein festes Fensterchen beleuchtete Häuschen ist mit Sitz, Tisch, Spiegel, Kleiderhaken und Stiefelknecht ausgerüstet und wird von ein oder zwei Mann, nachdem der Badegast ein gestiegen, so weit in die See gefahren, daß der Fußboden eben noch trocken bleibt, bei Wellenschlag aber auch am Rande des Wassers gehalten. Die Badekarren (Badekutschen) sollen von dem Quäker Benjamin Reale im Jahre 1750 erfunden und in Mar- gate (England), einem der ältesten See- bäder, zuerst benutzt worden sein. 50 Jahre später waren Badekarren schon in allen englischen Seebädern im Gebrauch, und man rühmte an ihnen, daß ein geschickter Führer sie bis zu jeder gewünschten Tiefe in die See fahren könne. Nach älteren Bild 567. Badezeit des Herrenbades in Borkum. Abbildungen haben die Badekarren von Anfang an die noch heute übliche primitive Gestalt gehabt, haben sich also in keiner Weise entwickelt oder vervollkommnet. Die andere Art zu baden erfolgt in der Art, daß man sich in einer Zelle des Kabinenbaues entkleidet und über den sandigen Vorstrand in das Wasser geht. Bild 567 stellt den provisorisch aufgeschlagenen Holzbau des Herrenbades dar, der 23 Einzelzellen und vier Doppelzellen enthält, alle mit Vorhang abgeschlossen und 726 sehr einfach eingerichtet. In der Mitte der ca. 1,5 m über Terrain auf Pfählen stehenden Baulichkeit sind zwei Tische für reine und gebrauchte Badewäsche auf- gestellt, außerdem einige flache Holzkübel W, in denen man von den Füßen den mit- geführten Sand abspült, bevor man sich ankleidet. Der i; Badestrand“, d. h. der von Herren oder von Damen zu benutzende Teil des Strandes, wird durch Stangen mit Fähnchen abgesteckt; eine bestimmte Fahne zeigt an, ob gebadet werden kann, was von dem Stande der Flut abhängig ist. Bild 568 1 gibt einen Überblick über den Herren-Badestrand mit der Promenade auf der Uferschutzmauer, einem Badezeit und einer Reihe von Badekutschen. Im Wasser findet eine Begrenzung des Badeplatzes nicht statt; durch Stangen oder Fähnchen pflegt nur bezeichnet zu werden, wie weit der Schwimmer hinausgehen Bild 568. Badestrand von Borkum. darf, um nicht von der Strömung des stark fallenden Wassers ins Meer getrieben zu werden. In der Nähe eines Badestrandes werden zeltartige Bauten als Wartehallen zum Schutze gegen Regen und Wind, Zelte für Wäsche und Aborte aufgeschlagen. Auf dem „neutralen“ Strand, zwischen dem Damen- und Herrenbad gelegen, werden Bänke, Strandkörbe und kleine Strandzelte zum bequemen Genuß der stärkenden Seeluft aufgestellt. 7. Das Seebad Norderney, durch die Insel Juist ^von Borkum getrennt, ist im Besitze der preußischen Domänenverwaltung während der letzten drei Jahr- zehnte zu ungeahntem Aufschwung gelangt dank seiner freien Lage und seines vorzüglichen Badestrandes. Die Einrichtungen für Bäder sind denen von Borkum sehr ähnlich. Von einer mächtigen Uferschutzmauer, welche die Nordwestspitze der Insel deckt, erstrecken sich zwölf Buhnen bis an den Rand des Niedrigwassers durch den reinen, ebenen festen Badestrand, auf welchem Badezelte mit abgeteilten 1 Nach einer Ansichtskarte unbekannten Verlages. 727 Einzelzellen und zahlreiche vierrädrige Badekutschen zur Verfügung stehen. Ein Teil ist als Damenbad, ein anderer als Herrenbad re- serviert. Auf der Krone der Ufermauer liegt die elektrisch beleuchtete Strandpromenade; der See- steg, eine eiserne Landungs- brücke, die sich 2 m über Hochflut 175 m weit ins Meer erstreckt zu einem Quersteg von 95 m Länge, an den Enden mit Platt- formen von ca. 300 qm Fläche, gestattet die See- luft aus erster Hand zu genießen. 8. Das Seebad Zoppot1 gehört gegen- wärtig zu den am besten eingerichteten Ostsee- bädern; es verfügt über zwei Seebadeanstalten und ein Warmbad. Die See- badeanstalten, die nörd- liche und die südliche genannt, sind im wesent- lichen von gleicher Anord- nung des Grundrisses, die Bild 569 (nördliches See- bad) veranschaulicht Das Herren- und das Damen- bad sind zwar getrennt, aber durch das zwischen, beiden liegende Familien- bad zu einer einheitlichen Baugruppe verbunden, deren Mittelbau .an der Landseite ein geräumiges, vornehm und geschmack- voll eingerichtetes Restau- o n. CU o N c •o Gt ja iF.EÄSTRVXlT. Bild 583. Pferdeschwemme in Salzburg. beschäftigt sind, ihnen warme Bäder zu geben, sie mit den herrlichsten Salben ein- zureiben und mit allerlei „ Wohlgerüchen sie zu beräuchern". Bei uns ist am besten für 1 Nach „Wiener Bauhütte". Aufn. der k. k. Akademie. Wien. Oscar Weigel. 741 das Baden des Hundes gesorgt, und die Einrichtung der Hundebäder in öffent- lichen Badeanstalten ist oben (s. S. 419) eingehend besprochen worden. Den übrigen Haustieren werden mit Rücksicht auf die Kostspieligkeit der Einrichtungen und des Betriebes regelmäßige warme Reinigungsbäder nicht gegeben. Dagegen sind die Heilanstalten der Tiere in tierärztlichen Hochschulen, Tierkliniken und dergl. mit gewissen Bädern ausgestattet. Am häufigsten ist der „Wasserstand für Pferde"; derselbe ist in einer Stallabteilung mit fester Standbegrenzung angelegt und besteht in einer Schwemme von 20 bis 40 cm Tiefe, die bisweilen nach der Stallgasse flach ausläuft; sie wird mit Wasser von bestimmter Temperatur, eventuell mit medikamentösen Zusätzen, so hoch gefüllt, daß mindestens der Huf bedeckt ist, Bild 584. Wasserstand für Pferde im Spital der Tierärztlichen Hochschule zu Hannover. dessen Erkrankung meist darin geheilt werden soll. Bild 584 stellt einen Wasser- stand im Spital der neuen Tierärztlichen Hochschule zu Hannover dar, wo die Stände zweiteilig angelegt sind, um die Vorderbeine allein oder anders baden zu können als die Hinterbeine. Andere Stände werden als „Dunkelstände" in un- beleuchteten oder künstlich zu verdunkelnden Räumen eingerichtet; auch das Dampf- bad findet Verwendung, indem ein Stand zum Schwitzkasten überbaut und mit Dampfzuführung versehen wird. Ein Heißluftbad für Pferde hat die große Nord-Pferdebahn-Gesellschaft zu London in ihrer Pferde-Heilanstalt Totteridge ausgeführt, bestehend aus einem Waschraum, zugleich Aufenthaltsraum der Stallknechte, mit Zufluß von warmem und kaltem Wasser, ferner einem Warmluftraum von 60 bis 65 0 und einem Heiß- luftraum von 70 bis 77°. Die Räume sind mit Ständen versehen, in denen die Pferde festgemacht werden können. Für Heizung und Lüftung ist bestens gesorgt. Ähnliche Bäder haben die Besitzer großer Fuhrparks in London mehrfach angelegt. 742 Kranke Hunde werden wie in Stadtbädern gebadet; für die kleineren und kleinsten Hunde bedient man sich transportabler kleiner Badewannen, die auf einem Fußgestell stehen, um in bequemer Handhöhe benutzt zu werden. Über Einrichtungen für Tierheilbäder in der neuen Tierärztlichen Hochschule zu Hannover berichtet deren Erbauer in der Zeitschrift für Bauwesen Jahrg. 1902, S. 171 und 323, Taf. 23 bis 27; Abbildungen davon enthält auch die Festschrift: Dammann u. Hesse. Die neue Kgl. Tierärztliche Hochschule in Hannover. Berlin. 1899. Aug. Hirschwald. S. 53, 54, welcher unser Bild 584 entlehnt ist. Quellenangaben und Berichtigungen. Nachträge und Ergänzungen. Zu Seite 4. Bild 1 aus: Merckel, Ingenieurtechnik im Altertum. Berlin, Julius Springer. (Vergl. Bild 51.) Zu Seite 5. Bild 2 von der Deutschen Orient-Gesellschaft aus deren „Mitteilungen" (No. 28, Septbr. 1905) freundlichst überlassen. Zu Seite 10. Über das Badewesen der Ägypter werden uns die Ausgrabungen der Ägypter voraussichtlich in nicht zu ferner Zeit näheren Aufschluß geben, nachdem ein erster Schritt dazu getan ist. Nach den „Mitteilungen" der D. O.-G. (No. 34, Septbr. 1907) ist bei Et-Till in Unterägypten aus der Zeit der 18. Dynastie ein Wohnhaus aufgedeckt worden, in welchem sich ein Gemach befindet, das nach seinem Ausbau nur als Badezimmer angesprochen werden kann. Der kleine, nicht weit vom Schlafzimmer gelegene Raum, dessen Fußboden und Wände mit Kalksteinplatten belegt sind, hatte im Fußboden einen Abfluß, von dem das gebrauchte Wasser mittels einer gedeckten Rinne aus dem Hause in ein kleines, außen vorliegendes Reservoir geleitet wurde. Da von einer Wanne nichts gefunden worden ist, muß man sich das Bad als eine Übergießung mit einigen Krügen Wasser vorstellen. Ein kleines Nebengemach dürfte als Aus- und Ankleideraum gedient haben. Zu Seite 15. Wie Bild 11 sind auch Bild 12, 19 und 28 dem Werke: „Wiegand & Schräder, Priene. Berlin 1903, Reimer" mit Genehmigung der Kgl. Museen in Berlin entlehnt. Zu Seite 35. Nach athenischen Mitteilungen der Archäologischen Zeitung sind von den alten Bädern in Aidepsos auf Euböa durch Zufall bei Anlage von Weinbergen weitere Reste aufgefunden worden, welche durch Kalksinter- Ablagerungen der Thermalquellen selbst überdeckt waren und nun von dieser schützenden Hülle befreit worden sind. Man fand einen Rundbau, der zwar als Baderaum anzusprechen ist, aber keine in den Fußboden versenkten Badebassins enthält, wohl aber zwei von oben kommende Röhren erkennen läßt, die das Badewasser vermutlich einzeln stehenden Badewannen zuführten. Wie all- gemein in unseren heutigen Kur- und Heilbädern scheint man sich also dort ebenfalls der Wannenbäder bedient zu haben. Daß der Rundbau eben ein Reservoir getragen habe, ist nicht zu erweisen, ist aber auch nicht erforderlich, weil die Quelle nicht un- erheblich höher liegt, also auch leicht in die Bäder direkt geleitet werden konnte. Mit dem Baderaum ist ein Vorraum, vielleicht Warteraum, verbunden, der durch eine Säulen- architektur geschmückt* war; darin befanden sich allerlei Skulpturwerke, teils Widmungs- geschenke von geheilten Patienten, teils Stiftungen der Badeverwaltung für das kaiserliche Haus, darunter eine ebenso schöne wie interessante Statue' des Antinous, des Lieblings Kaiser Hadrians, als Dionyses dargestellt. Neben diesem offenbar für das bessere Publi- kum bestimmten Badehause befand sich in Aidepsos noch ein Bad zweiter Klasse, welches umfangreichere, aber einfachere Einrichtungen aufzuweisen scheint. 744 Bei den Aufräumungen hat man zur Beseitigung der Kalksinterschicht auch Spreng- ungen ausgeführt, vielleicht auch zu dem Zwecke, die Quellen ergiebiger zu machen, um den Besuch und die Leistung der Bäder zu heben. Leider ist das Experiment miß- glückt; denn während die Quellen bisher sehr reichlich flössen, vermutlich so wie im Altertum, sind sie nach den Sprengungen einstweilen fast ganz ausgeblieben. Nun wird man zufrieden sein, wenn die Quellen sich bis zum bisherigen Wasserquantum wieder aufschwingen, was im Interesse ihrer durch Jahrtausende bewährten Heilwirkung zu wünschen wäre. Zu Seite 59. Bild 43 nach „Canina, architettura antica." Rom 1844. Zu Seite 64. Bild 47 nach käuflichen Photographien. Zu Seite 68. Bild 50 nach einem Holzschnitt unbekannter Herkunft. Zu Seite 73. Die Aufnahmen zu den Bildern 54, 55, 56, 58, 59, 60, 62, 63, 64, 65, 67, 68, 71, 72, 73 hat mir Herr Dr. Ing. G. v. Cube freundlichst besorgt. Zu Seite 75. Die Bilder 57, 66 und 69 stammen aus: „Overbeck-Mau, Pompeji. Leipzig 1884. Wilhelm Engelmann. (4. Auflage.) Zu Seite 89. Der Verlagshandlung Ernest Leroux verdanke ich die Reproduktion der Bilder 75, 76a, 79, 80, 81, 83, 118, 119, 120, 137. Zu Seite 118. Bild 96 — 98, 100, 102, 107, 109, 110, 127 — 132 teils nach eigenen, teils nach fremden Aufnahmen. > Zu Seite 165. Bild 134, 136 nach käuflicher, Bild 135 nach eigener Aufnahme. Zu Seite 169. Fußnote 2 zu ergänzen: Beylie, l'habitation byzantine. Paris 1902. Ernest Leroux. (Vergl. Ergänzung zu Seite 89.) Zu Seite 211. Bild 173, 180, 184, 185 wird der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder aus deren „Veröffentlichungen". Berlin 1905. August Hirschwald. Bd. III, Heft 3 verdankt. Zu Seite 243. Bild 190, 193 aus der Zeitschrift „Denkmalpflege". Berlin 1902. Wilhelm Ernst & Sohn. Mit Genehmigung der Verlagsfirma. Zu Seite 252. Bild 195 aus: Schulz, Deutsches Leben im 14. und 15. Jahrhundert. Wien und Prag 1892. F. Tempski (Leipzig, G. Freitag), mit Genehmigung des Verlages. (Vergl. Seite 222.) Zu Seite 254. Bild 197 nach reproduzierter Zeichnung unbekannter Quelle. Zu Seite 261. Bild 200 nach: Allgemeine Bauzeitung. Wien 1884, R. v. Waldheim, mit Ge- nehmigung der Verlagsanstalt. Zu Seite 269. Bild 213 nach: Deutsche Bauzeitung 1869. Seite 284, mit Genehmigung des Verlages reproduziert. Zu Seite 270. Die drei Bilder 214 nach Photographien des Kunstverlages Albert Brüning in Berlin, mit dessen Genehmigung. Zu Seite 273. Dr. Pascal Josef Ferro, Sr. Königl. Apostol. Majestät Rat, erster Stadt- und Gerichtsarzt zu Wien, nimmt das Verdienst, den gesundheitlichen Wert des kalten Badens von neuem hervorgehoben zu haben, nicht für sich allein in Anspruch; vielmehr nennt er in seiner, zu Wien i. J. 1790 in zweiter vermehrter Auflage erschienenen Schrift des Titels: „Vom Gebrauch des kalten Bades" seine verdienstvollen und erfolgreichen Vor- kämpfer, die nachdrücklich die Bedeutung des Wassers für die Gesundheitspflege und für die Medizin in Erinnerung gebracht und verfochten haben, nachdem es lange Zeit hindurch in Vergessenheit geraten war. In jener Schrift heißt es: „Endlich gab Sigmund Hahn, ein Schweidnitzer Arzt, im Jahre 1732 in seiner Abhandlung vom Peterswalder Brunnen, und einige Jahre darauf in seiner ,Psychrolusia veteri renovata' überzeugende Data vom trefflichen Nutzen des frischen Wassers. Zu gleicher Zeit schrieb auch sein Sohn Joh. Sigmund Hahn seinen , Unterricht von Kraft und Wirkung des frischen Wassers', der seines starken Abgangs wegen im 43. und darauf im 54. Jahre wieder von neuem mußte aufgelegt werden. Ihnen gebührt eigentlich der Preis vor allen anderen deutschen 745 Ärzten, daß sie die ersten gewesen sind, die mit offener Stirn das alte Vorurteil verlacht und deutschweg den Gebrauch des frischen Wassers, als eines in sehr vielen Krankheiten, ja sehr oft einzigen Heilmittels, öffentlich angeraten haben." Hiernach waren also Hahn, Vater und Sohn diejenigen, die in Deutschland zu gleicher Zeit, wie Rousseau in Frank- reich, das Vorurteil gegen die Anwendung des kalten Wassers energisch bekämpft haben. Daß sie nicht in allen Volkskreisen Erfolg hatten, darüber unterrichtet uns Goethe. Erst 100 Jahre später (1813) konnte ein Prießnitz, obwohl Laie in der Heilkunde, mit seinen Wasseranwendungen sich dauernd einen Namen machen, während seine Vorläufer, die Ärzte Hahn, Vater und Sohn, fast vergessen wurden. Zu Seite 275. Bild 216 wie auch 217, 218 und 336 nach Handb. d. Architektur IV, 5. Heft 3 mit Genehmigung des Verlages A. Kröner. Zu Seite 292. Die Bilder 225 bis 229 von der „Magdeburger Bade- und Waschanstalt, Akt- Ges." freundlichst überlassen. Zu Seite 324. Zeile 8 von unten lies ,,in etwa 7 Stunden" statt „5 Stunden". Zu Seite 440. Zeile 6 von unten lies „I. Bäder mit Schwimmhallen" statt ,,a) Bäder . . ." Zu Seite 446. In der Stadt Plauen ist der Bau einer neuen Badeanstalt im Werke. Zu Seite 531. Neue Badeanstalten sind in den letzten Jahren noch gebaut worden bezw. be- finden sich im Bau oder in Vorbereitung in Neuwied, Iserlohn, Jena, Düsseldorf (2. Anstalt), Darmstadt, Berlin (Kaiserbad, Verein der Wasserfreunde), Pforzheim, Aachen, Altona, Halle u. a. Zu Seite 548. Zeile 1 von unten lies „Jahrg. 1908" statt ,,1903". Zu Seite 579. Zeile 11 von oben lies ,,a) Schulbäder" statt „A. Schulbäder". Zu Seite 698. Bei der städtischen Badeanstalt zu Durlach ist versehentlich der Name des Architekten nicht genannt; sie ist ein WTerk des Herrn Stadtbaumeister Hauck in Durlach. Literatur. Behrend, Dr. Fr. J., Die öff. Bade- u. Waschanstalten, ihr Nutzen u. Ertrag. Berlin u. Cassel 1854. Birgl und Lobeck. Meyer, A. u. Robertson, H., Über öffentliche Badeanstalten. Deutsche Vierteljahrsschr. f. öffentl. Gesundheitspfl. Bd. XII, 1880, S. 180. Deutsches Bauhandbuch. Bd. II, 2. Teil, XII. Öffentliche Badeanstalten von J. Stübben, S. 812. Baukunde des Architekten. II. 3. Berlin 1900. Toeche. VI. Öff. Badeanstalten. Neu bearb. von R. Schultze. Osthoff, Bäder und Badeanstalten der Neuzeit. Leipzig. Karl Scholtze. Vergriffen. Stübben, J., Das Badewesen in alter und neuer Zeit. Centralbl. f. allgem. Gesundheitspfl. 1883, S. 251. — Reiseberichte über auswärtige Badeanstalten. Aachen, 1880. Marggraff, H., Badewesen und Badetechnik der Vergangenheit. Sammlung gemeinverständ- licher wissenschaftl. Vorträge, herausgeg. v. Virchow u. v. Holtzendorff. Heft 380. Berlin 1881. — Moderne Stadtbäder. Deutsche Zeit- u. Streit-Fragen. Herausgeg. v. E. v. Holtzendorff, Heft 163/164. Berlin 1882. Klasen, L., Grundrißvorbilder von Gebäuden aller Art. Leipzig. Abt. IV., S. 273. Bade- und Waschanstalten. Kuntze, O., Vortrag über Reinlichkeit, Hautpflege, Bäder und die öffentl. Gesundheit u. s. w. Plauen i. V. 1884. Über die Anlage von Badeanstalten. Praktischer Masch. Konstr. 1884, S. 173. Von der Einrichtung öffentlicher Bade- und Waschanstalten. Rombergs Zeitschrift f. prakt. Baukunst 1862, S. 217. 746 Heusner, Über Badeanstalten. Korr. Bl. d. niederrh. Ver. f. öffentl. Gesundheitspfl. Bd. XII, 1880, S. 126. Rouget de Lisle, Die öffentlichen und privatlichen Wasch-, Bleich- und Badeanstalten Frank- reichs und Englands. Deutsch von C. H. Schmidt. 2. Aufl. 1856. Badeanstalt für Schwimm- und Einzelbäder. Prakt. Masch. Konstr. 1882, S. 301. Bericht über die allgemeine deutsche Ausstellung auf dem Gebiete der Hygiene und des Rettungswesens in Berlin. 1882—1883. Herausgeg. v. P. Boerner, I. Band, Breslau 1885. S. 329, Bade- und Waschanstalten. Veröffentlichungen der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder. Berlin 1899. A. Hirschwald. Bd. I— IV. V erscheint. Martin, Deutsches Badewesen in vergangenen Tagen. Jena 1906. Diederichs. (Mit Literatur- Verzeichnis von 700 Nummern.) Bäumer, Geschichte des Badewesens. Breslau 1903. Marcuse, Bäder- und Bade wesen. Stuttgart 1903. Enke. Thomas Murner, Badenfahrt. Straßburg 1514. Neudruck 1887 erl. von Martin. Straßburg. Heitz. Kochendörffer, Zum mittelalterl. Badewesen. Zeitschr. f. deutsche Philologie. Bd.24. Halle 1892. Handbuch der Hygiene und der Gewerbekrankheiten. Herausgeg. v. Pettenkofer u. v. Ziemßen. II. Teil, 2. Abt. Bäder, von A. Schuster. Leipzig 1882. Falger, Über Bade-Einrichtungen in öffentlichen Anstalten mit besonderer Rücksicht auf Straf- anstalten. Vierteljahrsschr. f. gerichtl. u. öff. Medicin, Bd. III, S. 149. Muster- Bade- Einrichtung für Kasernements, Schul -Pensions -Anstalten, Arbeitshäuser u. s. w. Rohrleger u. Gesundheits-Ingenieur 1880. S. 219* Über Volksbadeanstalten. Deutsche Bauzeitung 1879, S. 450 Volksbad von David Grove. Baugewerks-Ztg. 1883, S. 613. Einige Notizen über die Anlage von Schwimmbassins. Wochenblatt f. Arch. u. Ing. 1881, S. 7. Das römisch-irische Bad. Haarmanns Zeitschrift f. Bauhandwerker 1867, S. 157, 181, 201. Falke, Bäder im Mittelalter. Westermanns illustr. deutsche Monatshefte, Bd. XI, S, 35. Stuhlmann, C. W., Die Bäder u. das Badeleben von ehedem. Reform 1880. Zappert, Badewesen mittelalterlicher und späterer Zeit. Archiv f. Kunde Österreich. Geschichts- quellen. Bd. 21. Wien 1859. Vetter, Leo, Moderne Bäder, erläutert am Stuttgarter Schwimmbad. Stuttgart 1894. G. J. Göschen. — Das Bad der Neuzeit. Stuttgart u. Leipzig 1904. Deutsche Verlagsanstalt. Klinger, J. H., Die Badeanstalt. Wien, Pest, Leipzig 1891. A. Hartleben. Roose, H., Warmwasserbereitungs- Anlagen und Badeeinrichtungen. München u. Berlin 1905. R. Oldenbourg. Schulz, Deutsches Leben im 14. u. 15. Jahrhundert. Wien, Prag 1892. F. Tempski. Janssens, Bains et lavoirs publics. Bruxelles 1855. Wichelhausen, Bäder des Altertums, insonderheit der alten Römer. Mannheim 1807. 1851. Förster, Mitt. über Wasch- und Badeanstalten. Zeitschr. d. öst. Ing.- u. Arch.-Vereins 1857, S. 207. Lassar, Dr. O., Über Volksbäder. Braunschweig 1888. — Die Kultur-Aufgabe der Volksbäder. Berlin 1889. Mildner, R., Badeanstalten und deren innere Einrichtung. Sonderdruck (Zeitschr. d. Ver. deutscher Ing.). Berlin 1892. Schultze, R., Bau und Betrieb von Volksbadeanstalten. Bonn 1893. Strauß. Haberstroh, Volksbadeanstalten. Haarmanns Zeitschr. f. Bauhandw. 1895, S. 121. Wolff, Das Brausebad u. s. Einrichtung in Volksbadeanstalten, Kasernen, Gefängnissen Fabriken und Schulen. Dtsche. Viertel], f. öff. Gesundheitspflege 1894, S. 407. Israel, Volksbadeanstalten. Fortschr. d. öff. Gesundheitspfl. 1893, S. 169. Bäumer, W., Über römische Bäder. Allg. Bauzeitg. Wien 1877, S. 39, 45. Confeld, Das altröm. Bad u. s. Bedeut, f. d. Heilkunde. Darmstadt 1863. Über Badeanstalten. Corresp.-Bl. d. niederrhein. Ver. f. öff. Gesundheitspfl. 1880. Rinderspacher, Das Offenbacher Stadtbad. Offenbach 1887. Seibold. 747 Wolff, Dr. C., Das städt. Schwimmbad in Frankfurt a. M. (Fortschritte der Architektur No. 11.) Stuttgart 1 897. Bergsträßer. Magdeburger Bade- und Waschanstalt. Festschrift. Magdeburg 1898. Baensch jr. Wolff, Dr. C., Städt. 'Badeanstalt an der Qoseriede in Hannover. Sonderdruck. Wiesbaden 1905. C. W. Kreidels Verlag. Krüger, Soolbad in Lüneburg. Zeitschr. d. Hann. Arch.- u. Ing.-Vereins 1908, S. 237. Wies- baden. C. W. Kreidels Verlag. Magdeburg, Festschr. z. 19. Vers. d. D. Ver. f. öff. Ges. Magdeburg 1894. Rathke. Runge, G., Die öffentliche Badeanstalt in Bremen. Bremen 1877. Badeanstalt in Bremen. Deutsche Bauzeitung 1877, S. 383. Öffentliche Badeanstalt in Bremen. Böttcher, E., Bauten u. Denkmale i. Staatsgeb. d. Freien u. Hansestadt Bremen. Bremen 1887, S. 30. Stübben, J., Das Kaiserbad zu Aachen. Aachen 1881. — Das Kaiserbad zu Aachen. Wochenblatt für Arch. u. Ing. 1881, S. 27. — Das Projekt einer öffentlichen Kalt wasser -Badeanstalt mit bedecktem Schwimmbad in Aachen. Korr. Bl. d. niederrh. Ver. f. öff. Gesundheitspfl. Bd. XII, 1880, *S. 27. — Badeanstalt in Köln. Centralbl. f. allgem. Gesundheitspflege, II. Jahrg., 7. u. 8. Heft, 1883, Bonn. Durm, J., Das städtische Vierordtbad in Karlsruhe. Berlin 1875. Städtisches Vierordtbad in Karlsruhe. Deutsche Bauzeitung 1875, S. 57. Durm, J., Das städtische Vierordtbad in Karlsruhe. Ztschr. f. Bauwesen 1874, S. 123. Eine neue Bade- u. Waschanstalt in Magdeburg. Allgem. Bauzeitung 1860, Nitizbl. S. 399. Eine neue Bade- und Waschanstalt in Magdeburg. Rombergs Zeitschrift für prakt. Baukunst 1860, S. 331. Badeanstalten in Berlin. Berlin u. seine Bauten I, S. 363. Harms, E., Das Kaiser-Wilhelmsbad in Berlin, Baugewerks-Zeitung 1876, S. 749, 764. Das Admiralsgartenbad in Berlin. Baugewerks-Zeitung 1874, S. 684, 698. — Berlin u. seine Bauten. Bd. II, S. 538. Berlin 1896. Ernst & Sohn. — Prakt. Masch. Konstr. 1879, S. 439. Schwimmhalle im joachimthalschen Gymnasium zu Berlin. Wochenblatt f. Arch. u. Ing. 1881, S. 19. Das Friedrichsbad in Baden-Baden. Baden-Baden 1878. Neues Badehaus in Hannover. Deutsche Bauzeitung 1867, S. 297. Winchenbach, Die Barmer Badeanstalt. Centralblatt f. allg. Gesundheitspfl. 1882, S. 379. Bäder von Dresden. Die Bauten von Dresden, S. 250. Grüner, H., Öffentl. Bade- u. Waschanstalt für die Stadt Augsburg. Journal f. Gasb. u. Wasservers. 1879, S. 389. Bade- und Waschanstalt in Hamburg. Zeitschr. d. Arch. u. Ing. Ver. zu Hannover III, S. 371. Die neue Badeanstalt für Nürnberg. Deutsche Bauzeitung 1879, S. 177. Braun, A., Das Soolbad in Donaueschingen. Deutsche Bauzeitung 1882, S. 280. Wiebe, Die städtische Badeanstalt zu Essen a. d. Ruhr. Zeitschrift d. Arch- u. Ing. Ver. zu Hannover 1883, S. 501. Marmorbad in Kassel. Deutsche Bauzeitung 1869, S. 284. Marchand, Das Marmorbad in der Karlsaue zu Kassel. Kassel 1905. Busse, C., Badehaus in Bad Oeynhausen bei Rheme. Zeitschr. f. Bauwesen VIII, S. 133. Bade- und Heilanstalt des Dr. Schiobig in Zwickau. Deutsche Bauzeitung 1874, S, 113. Neue Wasch- und Badeanstalt zu Altona. Deutsche Bauzeitung 1882, S. 273. Engelhardt, Die öffentliche Bade- u. Waschanstalt zu Neustadt a/Orla. Deutsches Wochenbl. f. Gesundheitspfl. u. Rettungswesen 1885, S. 169. Osthoff, G., Über die Begründung einer öffentl. Badeanstalt in Oldenburg. Oldenburg 1881. Vermehren & Dorn, Das Soolbad Segeberg. Deutsche Bauzeitung 1886, S. 253. Waldow, Die neue Moorbade- Anlage zu Bad Elster. Deutsche Bauzeitung 1886, S. 301, 309, 313. Wagner, W., Die öffentlichen Wasch- und Bade- Anstalten in Metz. Centralblatt der Bau- verwaltung 1886, S. 459, 464. 748 Kuranstalt u. Bad Wilhelmshöhe. Wochenblatt f. Arch. u. Ing. 1883, S. 338. Baumgartner, Das neue Badehaus in Hall in Oberösterreich. Allg. Bauzeitung 1864, S. 281. Bäder in Wien. Winkler, Techn. Führer durch Wien, 2. Aufl. S. 164. Die städtischen Badeanstalten in Wien. Baugewerks-Zeitung 1876, S. 358, 360. Das römische Bad in Wien. Baugewerks-Zeitung 1873, S. 558, 572. Schleyer, W., Das Schlammbad in Bad Nenndorf. Berlin 1896. Wilhelm Ernst & Sohn. Knoblauch, B., Arbeiter-Badeeinrichtungen. Berlin. Carl Heymann. Römisches Bad in Wien. Deutsche Bauzeitung 1875, S. 188. Clauß u. Groß, Römisches Bad am Praterstern in Wien. Allg. Bauz. 1874, S. 16. Das Raitzenbad in Ofen. Allgem. Bauz. 1873, S. 37. Bade- und Waschanstalt in London. Rombergs Zeitschrift f. prakt. Baukunst 1874, S. 245. Die Rotherhithe Bäder und Waschanstalt in London. Baugewerks-Zeitung 1881, S. 212. Öffentliche Bade- u. Waschanstalt in Paris. Rombergs Zeitschrift f. prakt. Baukunst 1870, S. 223. Bade- und Waschhäuser in Brüssel. Zeitschr. f. Bauwesen VI, S. 273. Schultze, F. O., Das Schwefelbad Acque albule bei Tivoli. Deutsche Bauzeitung 1883, S. 452. Angelroth, H., Das Schwefelbad Acque albule bei Rom. Centralblatt d. Bauverwaltung 1883, S. 44. Genzmer, Bade- und Schwimmanstalten (Handb. d. Architektur IV, 5, Heft 3. Stuttgart 1899. A. Kröner). Wolff, Dr. C., Öffentl. Bade- und Schwimmanstalten. (Sammlung Göschen.) Leipzig 1908. G. J. Göschen. Schachner u. Wimmer, Münchens öffentliche Badeanstalten. München 1908. Kabierske, Das Breslauer Hallenschwimmbad. Breslau 1899. Wilh. Gottl. Korn. Oslender, Schulbrausebäder. München u. Leipzig 1897. R. Oldenbourg. Ballu et Cagnat, Timgad, une eite africaine. Paris 1897. Ernest Leroux. Gsell, Les monuments antiques de l’Algerie. Paris 1901. Palladio, Le terme dei Romani. Vicenza 1797. Rossi. Geymüller, Documents inedits sur les thermes d’Agrippa, le Pantheon etc. Lausanne 1883. Blouet, Les thermes d' Antonin Caracalla ä Rome. Paris 1828. Paulin, Les thermes de Diocletien. Paris 1890. Muthesius, Bade- und Waschanstalt, Volksbücherei in Shoreditch-London. Zentralbl. d. Bau- verwalt. 1900, S. 74 ff. Die Badeanlagen in Neuenahr. Zentralbl. d. Bauverwalt. 1900, S. 97 ff. Volksbad in Berlin, Oderbergerstr. Zentralbl. d. Bau verwalt. 1903, S. 60. Volksbad in Berlin, Baerwaldtstr. Deutsche Bauzeit. 1901, S. 633. Rublack, Über zweckm. Durchbildung der Wände in Badeanstalten. Zentralbl. d. Bauverwalt. 1906, S. 543. Fuhrmann, Volksbad in Pirna. Deutsche Bauzeit. 1898, S. 151. Fellner & Hefiher, Das Kaiserbad in Karlsbad. Deutsche Bauzeit. 1899, S. 81. Schulbrausebäder, Zentralbl. d. Bauverwalt. 1907 in Düsseldorf, S. 234; in Stettin-Grabow, S. 570. Inhalatorium in Bad Nauheim, Zentralbl. d. Bauverwalt. 1904, S. 160. Kuhn, Hallenschwimmbad in Heidelberg. Deutsche Bauzeit. 1908, S. 309 ff. Hauck, Städt. Badeanstalt in Durlach. Deutsche Bauzeit. 1908, S. 482 ff. Bad Nauheim, Die Neuanlagen in — . Zentralbl. d. Bauverwalt. 1909, S. 2. öffentl. Schwimm- und Volksbäder Arbeiter-Bade- und Wascheinrichtungen Schul- und Mannschaftsbäder = Sanitäre Einrichtungen jeder Art = für Kur- und Krankenhäuser Hotels, Sanatorien, Villen, Schlösser u.dgi. Zentralheizungs- und Lüftungsanlagen jeden Umfangs liefert als Spezialität H. Schaff staedt • Giessen Filialen: Berlin, Leipzig, Breslau, Wiesbaden, Königsberg i. Pr., Aussig a. d. E. Feinste Referenzen. Man verlange Preislisten. Ingenieurbesuche. Prof. Junkers Gas-Apparate. Sie geben sofort warmes Wasser, sind leicht und bequem zu handhaben und verbrauchen wenig Gas. Ihre Haltbarkeit ist unbegrenzt, die Installation einfach und die Anlagekosten gering. Ausführliches enthalten die Bro- schüren 41 und 42, die Interessenten kosten- los erhalten wie auch jede Auskunft von ]unkers & Co., Dessau T. Warmes Wasser für Wannen- und Brausebäder, wie überhaupt für jeden Zweck im Haushalt und im Wirt- schaftsbetriebe grosser Anstalten, sowie für berufliche, gewerbliche und sanitäre Zwecke bereiten am zweckmässigsten Abbildung aus der Broschüre Warmes Wasser. Bad'Clster 500 Meter über dem Meer, gegen Winde geschützt, inmitten ausgedehnter Wald- ungen und Parkanlagen, an der Linie Leipzig — Eger. Besucherzahl: über 12000. Saison: 1. Mai bis 30. September, dann Winterbetrieb. — 15 Ärzte. Bad-Elster berühmt durch seine Glaubersalz- quelle, alkalisch - salinischen Eisen- wässer, Eisen - Mineral - Moorbäder, kohlensaure Stahl- und Mineralbäder. Im Albertbade alle Arten der Hydrotherapie, Lichtbehandlung, Massage etc. Medico-Mechan- isches Institut. Inhalatorium. Grosses Sonnen- und Luftbad. bewährt sich bei Frauenkrank- heiten, allgemeinen Schwächezuständen, Blutarmut, Bleichsucht, Herzleiden (Terrainkuren), Erkrankung der Verdauungsorgane (Verstopfung), der Nieren und der Leber, Fettleibigkeit, Gicht und Rheumatis- mus, Nervenleiden, Lähmungen, Exsudaten. Prospekte und Wohnungs -Verzeichnis postfrei durch die Bad-Elster Königl. Badedirektion. BAD HALL in Ober-Österreich. Jod-Brombad ersten Ranges. 0 0 Alteste und heilkräftigste Jod -Quelle in Europa. Gegen Frauenkrankheiten, Exsudate, chronische Entzündungen, Gicht und Rheumatismus, Skrophulose, Syphilis erworbener und ererbter Natur und deren Folgekrankheiten etc. etc. ======= Auskünfte und Prospekte von der Verwaltung. = Saison vom 1. Mai bis 30. September. Sanatorium Dr. v. Gerstel auch im Winter geöffnet. Erstes und berühmtestes Moorbod der Welt Franzensbad _ _ •• Hervorragendstes Herzheilbad Österreichs. Besitzt die stärksten Stahlquellen, leicht verdauliche Säuerlinge, alkalische Glaubersalzwässer, Lithionsäuerlinge. 14 Mineralquellen, 4 große städtische Badeanstalten mit natürlichen kohlen- säurereichen Stahl-, Mineral-, Sool- und Strombädern, den heilkräftigen Moorbädern, Dampf- und Heißluftbädern, elektrischen Wannen- und Licht- bädern, Medico-mechanisches Institut, Inhalatorium. Größtes, in Qualität unerreichtes Moorlager des Kontinents. (Pro Saison 150000 Moorbäder.) Indikationen: Blutarmut, Bleichsucht, Skrophulose, Rheumatismus, Gicht, Katarrhe der Atmungsorgane, Harnorgane und Verdauungsorgane, habituelle Stuhlverstopfung, Nervenkrankheiten, Neurasthenie, Hysterie, Frauenkrankheiten, Exsudate, Herzkrank- heiten, Insufficienz des Herzens (Herzschwäche), chronische Herzmuskel- und Herz- klappenentzündungen, Neurosen des Herzens, Fettherz. ===== Saison vom 1. Mai bis 30. September. = = Prospekte gratis durch das Bürgermeisteramt. In der Vor- und Nachsaison billigere Zimmerpreise. — Franzensbad, die freundliche „Gartenstadt", besitzt zahlreiche elegant eingerichtete Hotels und Logierhäuser, Post-, Telegraphen- und Zollamt, interurbanes Telephon, Kolonnade, Kurhaus, Theater, elektrische Beleuchtung, täglich dreimal Konzert der Kurkapelle, Lawn-Tennisplätze, Golfs etc. Kirchen aller Konfessionen. Interessante Umgebung mit prachtvollen, durchwegs ebenen Spaziergängen. Heckei &. Nonweiler Gegründet 1870 [I nhaber: J. M I EDEL und E.SCH M I DT Gegründet 1870 Metz Fernsprecher No. 932 Telegr.-Adr.: HECKEL NONWEILER Lager in Installations - Materialien und gesundheitstechnischen Gegen- ständen Central-Heizung Gas-, Wasser- und Dampf- Leitungen Sanitäre Einrichtungen! Saarbrücken Fernsprecher No. 78 Telegr.-Adr.: H ECKELNONWEI LER Mechanische Werkstätte Blechwarenfabrik, Bauklempnerei Bank-Konto : G. F. Grohe- Henrich & Co., Saarbrücken KÄUFFER & Co. Obere Austraße Nr. 1 MAINZ -ernsprecher Nr. 229 Spezialfabrik f. Heizung:- u. LOftungsanlagen oller Systeme, Kesselschmiede, Apparatebau " =1 Besteht seit 1866 1 . Spezialität: Badeanlagen aller Art Warmwasserheizungen I Niederdruckdampfheizungen Warmwasserheizungen mit zwangläufiger Zirkulation Heizungen mit reduziertem Hochdruckdampf Abdampfheizungen (Vakuum- heizungen) Fernheizwerke (Dampfspannung beliebig) Fernwarmwasserheizungen Fernwarmwasserversorgungen Kurbäder, Volksbäder, Schwimmbäder, Arbeiter- Brausebäder, Schulbäder Gesundheitstechnische Anlagen Hochdruck-Rohrleitungen für alle Zwecke :: Niederdruck- dampfkessel :: Warmwasserheizkessel :: Speisewasser- vorwärmer :: Oegenstromapparate :: Reservoire :: Boiler :: Schwere Blecharbeiten :: Autogene und Feuerschweißung Essen a. d. Ruhr Frankfurt a. M. Karlsruhe i. B. Maxstraße 1. Weserstraße 7. Kriegsstraße 69 a. Fernsprecher 740, Fernsprecher 13671. Fernsprecher 1570. Köln a. Rhein M.- Gladbach Hetz Deutscher Ring 18. Lüpertzenderstraße 55. Moreaustraße 2 I. Fernsprecher 2432, Fernsprecher 388. Fernsprecher 1236. Über 5000 Anlagen ausgeführt :: :: Prospekte kostenlos -jl E ■ =. — . 7.1=3[ix^ !□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□ Kurort PA RÄ D mit seinen Eisen-Alaun-Bädern, schwefelig-alkalischen, eisen-arsenhaltigen und eisenhaltigen Mineralwassertrinkkuren steht allein in ganz Europa. Wasserheilanstalt etc., Heilwirkung bei Krankheiten der Verdauungs-, Harn- absonderungs-, männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane, Erkrankungen des Nervensystems, Skrophulose, Bleichsucht, chronisch-rheumatischen Leiden, Gicht, Rachitis und in der Rekonvaleszenz unübertrefflich. Reine, staubfreie, milde Qebirgsluft, schöne Ausflüge, Sport. Mit allem modernen Komfort eingerichtet. Von Budapest per Bahn in 4 Stunden erreichbar. = Saison vom 15. Mai bis Ende September. =========== Nähere Auskünfte erteilt auf Verlangen die Badedirektion. — ■■ Hg ui ■ i Mp ^ TnTB.B B"H" Bf 1"|"B p iji - ■ F m ' m *■ — «w Jjs. I BRD SCHOEMBÜMMbeiZug, schweJ Wasserheilanstalt, Sanatorium zur Behandlung von Nerven-, Magenkrankheiten, Zirkulationsstörungen etc. Vorzüglich eingerichtet. Sonnige, windgeschützte, ruhige, idyllische Lage. 700 m über Meer. | Illustrierte Prospekte gratis und franko. \ Dr. med. Hegglin. | l J Schleyer-Osthoff, Bäder und Badeanstalten. 48 Bad SALZUFLEN (Lippe). Fürstl. kohiensfiurereiclies Sol-Thermalbad und Iuhalatorium. Triirk-, Bade- und Inhalationskur. Kurhaus, Theater, Konversationshaus. Herrliche Umgebung, Teutoburger Wald. Prospekte unentgeltlich durch Fürstliche Bade -Verwaltung. ( // enlza, Wi een 1 . (jOeiÄß/U'LJICU Kail UIU ICLUIIIK. uncj Begründer des städtischen Elektrotechnikums zu Teplitz. 2 Bde. 1 Mit 1060 Abbildungen. Preis broschiert M. 30.—, elegant gebunden M. 35. — . 48* F. BUTZKE & C2., Aktiengesellschaft für Metall-Industrie, Berlin S. 42. Filiale Hamburg. Sämtliche Armaturen für Badewesen und Hydrotherapie in hygienisch einwandfreien Formen und modernen, vornehmen Ausführungen. Spezialität: Sicherheits- Bade- Misch häh ne unübertroffener Konstruktionen für alle Zwecke ! Für alle Druckverhältnisse geeignete Mischhähne zur Erzielung jedes Wärmegrades, von der Grundtemperatur des Kaltwassers bis zur be- liebig bestimmbaren Höchsttemperatur, bei vollem Wasserdurchlauf. Mischhähne zur Beseitigung der durch Änderung des Leitungsdruckes oder der Wasserentnahme herbeigeföhrten Temperaturschwankungen. Einrichtungen für Fabrik-, Schul- und Anstalts-Bäder. Brause- und Dusche-Apparate. Klosett- und Wasch- tisch-Armaturen Centr allie! znn^en Badeanstalten und Desinfektoren Arendt, Mildner & Evers, g. m. b. h. Hannover -Vahrenwald Über tausend Anlagen seit Jahren im Betriebe bewährt. Feinste Referenzen. ■ Prospekte kostenfrei. I cMinMHtr, UolKsböder und flrbelterbflder Ausführung der maschinellen Einrichtung nach eigenem, seit 25 Jahren bewährtem System Frledr. HletUelnm & Sohn, Barmen Älteste Spezialfirma Deutschlands Bisherige Ausführung 45 städtische Badeanstalten mit Schwimmbädern, darunter: Städtische Badeanstalt München (Carl Müllersches Volksbad) Städtische Badeanstalt Straßburg i. Eis. Städtische Badeanstalt Frankfurt a. M. Städtische Badeanstalten Düsseldorf Städtische Badeanstalt Bonn Hallen-Schwimmbad St. Gilles-Brüssel Fiallen-Schwimmbad Breslau Städtisches Hallen-Schwimmbad Darm- stadt Ferner eine große Anzahl von städtischen Volksbädern, Mannschaftsbädern etc. Fabrikation sämtlicher Badegarnituren und Apparate nach eigenen bewährten Modellen, worüber Prospekte und Preislisten gerne zur Verfügung stehen. Friedrich Bergmann Gegr. 1871. Hamm (Westf.) Telefon 82. Specialität: Brausebäder und Waschanlagen für Fabriken etc. im Anschluß an Hochdruckdampfleitungen. Kostenanschläge kostenlos. DAVID GROVE- Königlicher Hof-Ingenieur BERLIN SW. 48, Friedrichstrasse 24 »■■■■■■■»■■■■■■■■■■ Filialen in: ■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■■ BRESLAU FRANKFURT a M. DANZIG Neudorfstr. 20 Rohrbachstr. 12 Pfefferstadt 72 = Vertreter in allen grösseren Städten = Fabrik: Charlottenburg, Kaiserin Augusta-Allee 5 Viele Preise, Auszeichnungen und behördliche Referenzen. Be- und Entwässerungs-, Qasleitungs-, Zentralheizungs- sowie Lüftungs-Rnlagen Volksbadeanstalten . . . . Haus - Badeeinrichtungen Brausebäder und Waschanlagen für Kasernen, Fabriken . . . . U nterrichtsanstalten Hydro - therapeutische . . Einrichtungen für Krankenhäuser Aseptische Wasch- . . . . anlagen für Ärzte Bau und Einrichtung kompletter Badeanstalten! Zahlreiche Ausführungen im In- und Auslande! Preisgekrönte Entwürfe! Anfertigung von Projekten und Kostenanschlägen kostenfrei und für den Auftraggebenden unverbindlich. Wasserversorgung nebst Klär- und Enteisenungsanlagen sowie Kanali- sationen für Städte und Güter. Abwässerreinigungs-Anlagen nach allen Systemen, Klosetts, Pissoirs, Beleuchtungs- und Vakuum-Anlagen. Dampfkochapparate, Feldbacköfen, Trockenapparate, Feuerlösch-Anlagen, Entstäuber. □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ Fritz Kaeferle, Hannover Berlin □ Breslau □ Danzig □ Hamburg □ Köln □ Mainz □ Stuttgart □□□□□□□□□□□□□□□□□ Straßburg i. Eis. usw. □□□□□□□□□□□□□□□□□ Gesamte technische Einrichtung für: Schwimm- und Brausebäder Arbeiter-Bade- und Wasch-Einrichtungen Heizungs- und Lüftungs-Anlagen nach eigenen bewährten Systemen und Patenten Die kompletten technischen Einrichtungen sind geliefert resp. bestellt für: Die königlichen Badeanstalten in Bad Bertrich, Bad Nenndorf und für das Schwimmbad der Kadettenanstalt Plön. Die Eisenbahn-Badeanstalten in Cannstatt, Halberstadt und Heilbronn. Die städtischen Badeanstalten in Hannover, Bad Harzburg, Kellinghusen, Mül- heim-Ruhr, Minden i. W., Neuhaldensleben, Westerland-Sylt, Marienbad-Hannover, Ludwigsbad-Kiel, Hermannsbad-Wilhelmshaven. Schul- und Mannschaftsbäder usw. Herstellung von Materialien für Badeanstalten und Heizungen usw. in eigener Fabrik. □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □ □□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□□ mt | 1 Villeroy & Boch Mettlach Merzig Dresden Wallerfangen Wadgassen Schramberg Septfontaines Dänischburg empfehlen ihre seit vielen Jahren rühmlichst bewährten: = keramischen Erzeugnisse: = Mettlacher Bodenplatten, glasierte Wandplatten für Innen- und Außenverwendung, Verblendsteine, Brunnen aller Art, Feuerton- und Fliesen -Badewannen, sowie Wasserleitungs- Sanitäts-Artikel. Spezialität: Plattierung von Schwimmbassins Vor- u. Kostenanschläge werden gratis ausgearbeitet ===== Fabriklager in folgenden Städten: = Berlin C., Kurstraße 31 Cöln a. Rh., Komödienstraße 33/40 Dresden-A., Waisenhausstraße 8 Frankfurt a. M., Weserstraße 17 Hamburg, Rödingsmarkt 79 Leipzig, Markgrafenstraße 6 Mainz, Kaiserstraße 24 München, Schwantalerstraße 9 Nürnberg, Adlerslraße 33 Wien IX/1, Porzellangasse 45 ► I Karl Brix • Kiel öefunbbeitstecbnircbe Gnricbtungen Fernfpredjer ITr. 1255. r«ra EjdKgwf1 ^^SSg^ÄiKÄ^ V: - «/,•»«•«: • rt.i^^/^tf-v’vs- v r'’'*- v >-'r ’■ 1 ‘ < CV .' v . ?^’\ i -r- . ^ i'U ";< ■■- : •• >• i? l»S * '^‘^•^?'»','4^.;; >“?v •£->. *3 v*>* ' •• *SV £ * *? !£'/. « * * '■ ■ / v'-v -rvVvr *i.v:rf .i -'.• , 'S ^ *£'?$ ^ ■' fc'K .n ‘•f^f >■£?, yS\ |]j|pj*^ — '*/;.<■ V, , '%;-• *> f : ® K&iiM %&£$£ S* • W ";>S .•• - ."• .. ': -,/-■ ....... •. . SK^:‘: - . - - mmm, ■v\ • o*-y v ■ ■ ÄW;iäHH?-5; 'Y.VYr>' / “': %m t&tst *ir<:-' .Sa« »»■g» mm mm mm Mg jN H 4tilila4^wpqfflga * i^WcSS* ÄliiiBRl ;44m4ls'^: Iil müßt $W§Wm Mt lllil i«i ft Jf&J Mf ff* r :■ . t : i w, i* wWW.vxo'i v;»Iä*»w?! ®l«§Äw^ SIllSiÄÄli Kl fij: jfiK i f v Äi illÄi MW H| lÄfellfe Wfflgm ifs HIt mmm MMB^tsMra MSK äswssmSsskS' ®wll! illllSSll IkÄlil» Illiili ;««i